TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/8 2001/21/0149

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Veröffentlicht am 08.11.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des H in Graz, geboren am 5. Mai 1972, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 6. August 2001, Zl. Fr 582/2001, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen - nach seiner Behauptung - sudanesischen Staatsangehörigen, gemäß den §§ 31 Abs. 1, 33 Abs. 1 und 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus.

Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen folgendermaßen:

Der Beschwerdeführer sei seinen eigenen Angaben zufolge am 19. April 1998 in einem Lkw versteckt in das Bundesgebiet eingereist. Sein Asylantrag sei mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 1. Februar 2001, rechtswirksam erlassen am 6. Februar 2001, abgewiesen worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 4. April 2001 abgelehnt. Seit diesem Datum halte sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, weil er über keinerlei Bewilligung nach dem Asyl- oder Fremdengesetz verfüge und die ihm seinerzeit zuletzt mit einer Gültigkeitsdauer bis 14. Juni 2001 erteilte vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Asylgesetz 1997 mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens erloschen sei. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße, die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Ein geordnetes Fremdenwesen sei für den österreichischen Staat von eminentem Interesse. Das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei noch zusätzlich in der Form verletzt worden, dass sich der Beschwerdeführer bei der Einreise der Hilfe eines Schleppers bedient habe. Das persönliche Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich sei angesichts seines noch keineswegs langen Aufenthaltes in der Dauer von über drei Jahren, wovon ca. ein Jahr unrechtmäßig gewesen sei, nicht so stark ausgeprägt, dass es schwerer zu gewichten wäre als das maßgebliche öffentliche Interesse. Durch die Ausweisung komme es zu keinem relevanten Eingriff in sein Privat- bzw. Familienleben, zumal er im Bundesgebiet keine nahen Angehörige habe. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet Prospekte verteile, könne keinen derart bedeutsamen wirtschaftlichen Integrationsgrad bewirken, dass dieser der Erlassung einer Ausweisung entgegenstünde. Die Ermessensübung der Behörde habe sich davon leiten zu lassen, von welchem Gewicht die Störung der öffentlichen Ordnung sei. Lediglich in Fällen, in denen die öffentliche Ordnung nur ganz geringfügig berührt werde, werde im Licht einer gesetzmäßigen Ermessensübung von der Erlassung einer Ausweisung abzusehen sein. Die Ermessensentscheidung gemäß § 33 Abs. 1 FrG vermöge unter Berücksichtigung von § 37 Abs. 1 FrG eindeutig nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers auszuschlagen, zumal seine nicht so stark ausgeprägten persönlichen Interessen an einem Weiterverbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an der Erlassung einer Ausweisung eindeutig zurückzutreten hätten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerde tritt der Ansicht der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufhalte und der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG verwirklicht sei, nicht entgegen. Unter Berücksichtigung des unbestritten gebliebenen Sachverhalts, insbesondere des rechtskräftigen negativen Abschlusses des Asylverfahrens, hegt auch der Verwaltungsgerichtshof gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

Das Schwergewicht der Beschwerde liegt im Vorwurf, die belangte Behörde habe die Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG unrichtig vorgenommen. Als Verfahrensmangel rügt sie in diesem Zusammenhang, die belangte Behörde hätte von Amts wegen entsprechende Ermittlungen in die Wege zu leiten gehabt, inwieweit die über ihn verhängte Ausweisung in sein Privat- und Familienleben eingreife. Der Beschwerdeführer sei in seinem Heimatland einer politischen Verfolgung ausgesetzt. Weiters hätte er bei seiner Vernehmung darlegen können, dass er bei einer namentlich genannten Firma als Zeitungskolporteur einer Beschäftigung nachgehe.

Dieses Vorbringen vermag die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen. Wenn auch die Begründung des angefochtenen Bescheides diesbezüglich widersprüchlich ist, lässt sie doch an Hand der durchgeführten Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG erkennen, dass die belangte Behörde einen in diesem Sinn mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Privatleben annimmt. Das Vorhandensein familiärer Beziehungen im Inland wird auch in der Beschwerde nicht behauptet, weshalb gegen die Ansicht der belangten Behörde, mit der Ausweisung sei kein Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers verbunden, keine Bedenken bestehen. Dass der Beschwerdeführer als Zeitungskolporteur beschäftigt ist, nahm die belangte Behörde ohnehin - in ähnlicher Weise - an, indem sie dem Beschwerdeführer ein Einkommen aus der Verteilung von Prospekten zugestand. Unbeachtlich ist der Beschwerdehinweis auf eine dem Beschwerdeführer in seinem Heimatland drohende Gefahr, weil mit der Ausweisung nicht darüber abgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er allenfalls abgeschoben werde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1999, Zl. 98/21/0250). Soweit die Beschwerde der belangten Behörde in allgemeiner Form Ermittlungsfehler, insbesondere die Unterlassung der Vernehmung des Beschwerdeführers vorwirft, legt sie nicht dar, zu welchen Feststellungen die belangte Behörde bei Vermeidung der Verfahrensfehler hätte gelangen können, die zu einem für den Beschwerdeführer günstigen Ergebnis geführt hätten. Die Verfahrensrüge entbehrt daher der Relevanz.

Als Kriterien für die Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG verbleiben somit der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland seit April 1998 und seine Beschäftigung. Da zum einen die teilweise Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Beschwerdeführers lediglich auf einem letztlich ungerechtfertigten Asylantrag beruhte und der Beschwerdeführer über keine familiären Bindungen in Österreich verfügt, zum anderen jedoch den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2000, Zl. 99/21/0137), kann der Ansicht der belangten Behörde, die Ausweisung des Beschwerdeführers sei im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten, nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut ist im Fall einer auf § 33 Abs. 1 FrG gestützten Ausweisung eine Interessenabwägung nach § 37 Abs. 2 FrG nicht vorzunehmen.

Betreffend die durch § 33 Abs. 1 FrG eingeräumte Ermessensentscheidung unterliegt die belangte Behörde einem Irrtum, wenn sie meint, dass lediglich in Fällen, in denen die öffentliche Ordnung nur ganz geringfügig berührt werde, von der Erlassung einer Ausweisung abgesehen werden könnte. Ungeachtet dessen kann auch diesbezüglich eine Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht gesehen werden, ist doch kein Umstand ersichtlich, der die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zur Abstandnahme von der Erlassung einer Ausweisung Gebrauch zu machen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren abzuweisen.

Wien, am 8. November 2001

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Ermessen VwRallg8 Ermessen besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001210149.X00

Im RIS seit

18.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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