Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohnehorst über die Berufung der Gemeine S., S., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. N. S., I., vom 21.12.2007, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 19.12.2007, Zl 3.1-250/00-R-8, betreffend die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Aufstellung eines Schiförderbandes gemäß § 67h in Verbindung mit § 66 Abs 4 AVG 1991, wie folgt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Mit Ansuchen vom 30.11.2007 beantragte die S. GmbH und Co. KG, G., S., die betriebsanlagenrechtliche Genehmigung zur Verlegung des Standortes des mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 20.12.2006 genehmigten Betriebes eines Schiförderbandes auf Grundstück XY, KG S., an den neuen Aufstellungsort GSt XY, KG T.
Zu diesem Ansuchen führte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 19.12.2007 eine mündliche Verhandlung durch. Da die Anlage gegenüber dem bisherigen Aufstellungsort unverändert bleibt, erhob der gewerbetechnische Sachverständige gegen die Bewilligung keine Einwände, wenn die von ihm vorgeschlagene Auflage vorgeschrieben wird. Der Vertreter der Gemeinde Seefeld äußerte sich bei dieser Verhandlung dahingehend, dass eine Zustimmung für die Benützung des Grundstückes Nr XY nicht bestehe.
Im Zuge dieses Ortsaugenscheines kam es zur mündlichen Bescheidverkündung, wobei die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck die am 06.12.2007 erstattete Anzeige über die Standortverlegung des Schiförderbandes, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilige beeinflusst, gemäß § 345 Abs 8 Z 6 in Verbindung mit § 81 Abs 2 Z 9 GewO nach Maßgabe des Projektes und der Vorschreibung einer gewerbetechnischen Auflage zur Kenntnis nahm.
Dagegen richtet sich die Berufung der Gemeinde S. vom 21.12.2007, in welcher im Wesentlichen vorgebracht wird, dass die Gemeinde bei der mündlichen Verhandlung eingewendet hätte, dass eine Genehmigung der Berufungswerberin als Grundstückseigentümerin des Grundstückes XY, KG T., nicht vorliege. Die Annahme der Erstbehörde, dass durch die Änderung der Betriebsanlage keine Verschlechterung des Emissionsverhaltens der genehmigten Betriebsanlage eintrete und deshalb die Voraussetzungen des § 81 Abs 2 Z 9 GewO 1994 vorlägen, sei unrichtig. Gegenständliche Betriebsanlage sei ursprünglich auf der GSt XY KG S. (Eigentümer A. S.) errichtet gewesen und werde nunmehr auf GSt XY KG T. verlegt, welches sich im Eigentum der Berufungswerberin befinde. Damit ergebe sich für diese ein vollkommen neuer Tatbestand, zumal sie nun durch die Betriebsanlage direkt betroffen werde. Damit liege eine Gefährdung ihres Eigentums im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 GewO auf der Hand. Eine substantielle Gefährdung des Rechtsgutes Eigentum in seinem Bestand werde dadurch, dass auf der Grundparzelle der Berufungswerberin nun eine Betriebsanlage errichtet und betrieben wird, evident anzunehmen sein. Durch die genehmigte Betriebsanlage, die der öffentlichen Nutzung dienen solle, werde die Substanz des Eigentums ganz eindeutig bedroht, zumal die Benützer der Betriebsanlage sich laufend auf der Grundparzelle der Berufungswerberin aufhalten würden, und diese daher zweifellos beschädigt werden würde. Die Erstbehörde habe über die Einwendungen der Berufungswerberin nicht abgesprochen und entgegen § 357 GewO nicht auf Einigung hingewirkt. Die Erstbehörde habe offenbar übersehen, dass die Berufungswerberin nicht die Stellung eines Nachbarn im Sinn des § 75 Abs 2 GewO sondern als Eigentümerin der betroffenen Grundparzelle aufweise. Die Frage, ob eine Zustimmung des Grundeigentümers vorliege, sei eine von der Behörde gemäß § 38 AVG zu klärende Vorfrage. Durch deren Unterlassung sei das Verfahren mangelhaft geblieben und werde beantragt, der Berufung Folge zu geben und den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, dass das Ansuchen auf Genehmigung der Betriebsanlage auf GSt XY KG T. abgewiesen werde, in eventu Bescheidbehebung und Zurückverweisung an die Erstbehörde zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung.
Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:
Gemäß § 67h Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) gilt in den Angelegenheiten des § 67a Abs 1 Z 1 AVG der § 66 AVG mit der Maßgabe, dass der Unabhängige Verwaltungssenat dann gemäß § 66 Abs 4 AVG in der Sache zu entscheiden hat, wenn die belangte Behörde dem nicht bei der Vorlage der Berufung unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Ein Ausschluss der Befugnis zur Sachentscheidung durch die Erstinstanz ist nicht erfolgt.
Nach § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194 idF BGBl I 60/2007 (GewO 1994) als maßgebend anzusehen:
?§ 74
(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1.
das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,
2.
die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3.
die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4.
die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5.
eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
(3) Die Genehmigungspflicht besteht auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.
§ 75
(1) Unter einer Gefährdung des Eigentums im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 ist die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes des Eigentums nicht zu verstehen.
(2) Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.
§ 77
(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, dass bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen bestehen.
§ 81
(1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.?
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 20.12.2006, Zl 3.1-250/00-R-4, wurde der S. GmbH und Co KG die betriebsanlagenrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Schiförderbandes auf GSt Nr XY, KG S., erteilt. Eigentümer dieses Grundstückes ist A. S.
Der nunmehr beantragte Aufstellungsort des Schiförderbandes befindet sich auf GSt Nr XY, KG T., welches im Hälfte Eigentum der Gemeinde S. und der S. GmbH und Co KG steht.
Bei der aufgrund des Ansuchens vom 30.11.2007 durchgeführten mündlichen Verhandlung gab der Vertreter der Gemeinde Seefeld folgende Stellungnahme ab:
?Eine Zustimmung für die Benützung des GSt Nr XY besteht nicht.?
Unter den in Frage kommenden Schutzinteressen des § 74 Abs 2 GewO 1994 wird in der Berufung die Z 1, und hier die Gefährdung des Eigentums angesprochen.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass durch eine nach § 77 bzw 81 GewO 1994 erteilte gewerbebehördliche Genehmigung der Errichtung und des (allenfalls geänderten) Betriebes einer Betriebsanlage in bestehende zivilrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen dem Inhaber der Betriebsanlage und dem Eigentümer der Grundfläche, auf der die Betriebsanlage errichtet werden soll, nicht eingegriffen wird. Die Gewerbeordnung 1994 stellt bei der Normierung der Voraussetzungen für die Genehmigung einer Betriebsanlage erkennbar auf die Auswirkungen der Betriebsanlage, dh auf jene Gefährdungen, Belästigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen ab, die von der errichteten und betriebenen Betriebsanlage ausgehend auf ihre Umgebung, insbesondere die Nachbarn samt ihrem Eigentum und ihren dinglichen Rechten, einwirken. Hingegen bildet die Frage der Vereinbarkeit der Errichtung des Projektes mit dem im Eigentum der Nachbarn stehenden Grundstücke und den damit verbundenen (dinglichen oder obligatorischen) privatrechtlichen Rechten keinen Gegenstand des gewerberechtlichen Genehmigungsverfahrens. Dies ist eine ausschließlich in die Zuständigkeit der Zivilgerichte fallende Frage des privaten Rechts (vgl zu alledem VwGH 14.04.1999, 98/04/0140, 19.5.2002, 2001/04/0104).
Die Betriebsanlage muss daher aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften (zB aufgrund des Produktionsprozesses kommt es zu schweren Erschütterungen, die dazu führen können, dass das Nachbarobjekt beschädigt wird) eine Gefahr für das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte des Nachbarn darstellen. Es kommt also hier auf die Art und Wirkungsweise der Anlage an (etwa Sprengungen aus einem Steinbruch). Kann demnach eine Gefahr für das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte des Nachbarn nicht ausgeschlossen werden, wäre die Genehmigung zu versagen.
Daraus ergibt sich, dass der Einwand des Grundeigentümers, die bloße Errichtung einer Betriebsanlage erfolge ohne seine Zustimmung, im gewerblichen Betriebsanlagenverfahren ohne rechtliche Relevanz ist. Hier wird nämlich nicht auf die speziellen Auswirkungen der Anlage abgestellt, sondern lediglich die Unvereinbarkeit der Anlage mit bestehenden privatrechtlichen Rechten (dem Eigentum) vorgebracht und war der Grundeigentümer diesfalls auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.
Die Berufungswerberin behauptet, dass durch den Aufenthalt der Benützer des Schiförderbandes auf der in ihrem Miteigentum stehenden Grundparzelle diese zweifellos beschädigt werden würde. Dieser Einwand ist jedoch irrrelevant, weil die Gewerbeordnung 1994 Eigentumseingriffe nur dann schützt, wenn diese eine bestimmte Intensität überschreiten.
So ist etwa unter Gefährdung des Eigentums gemäß § 75 Abs 1 GewO 1994 jedenfalls die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes nicht zu verstehen. Von einer Gefährdung des Eigentums kann in der Regel nur gesprochen werden, wenn dieses in seiner Substanz bedroht ist. Ferner, wenn der Betrieb der Anlage, jedwede Nutzung des Eigentums unmöglich machen würde, weil in diesen Fällen der Mangel der Verwertbarkeit der Substanzvernichtung gleichgehalten werden muss (VwGH 20.10.1976, 137/71). Ein solcher Mangel (Verlust) der Verwertbarkeit ist nicht nur dann anzunehmen, wenn jedwede auch nur entfernt denkbare Nutzung des Eigentums unmöglich ist, sondern vielmehr bereits dann, wenn die nach der Verkehrsanschauung übliche bestimmungsgemäße (Sach-)Nutzung oder Verwertung ausgeschlossen ist (VwGH 25.6.1991, 91/04/0004, 21.11.2001, 98/04/0075). Wendet sich der Nachbar gegen das Projekt aus dem Grunde der Eigentumsgefährdung, hat er durch ein konkretes Vorbringen geltend zu machen, dass durch die Betriebsanlage sein Eigentum über eine bloße Minderung des Verkehrswertes hinaus in seiner Substanz, wozu auch der Verlust der Verwertbarkeit zählt, bedroht ist (VwGH 12.11.1996, 96/04/0137, 11.11.1998, 96/04/0135).
In der mündlichen Verhandlung wurde jedoch seitens der nunmehrigen Berufungswerberin nur vorgebracht, dass von ihrer Seite keine Zustimmung des im Miteigentum mit der Konsenswerberin stehenden Grundstückes vorliegt. Damit hat sie nicht geltend gemacht, dass das Grundstück durch die Betriebsanlage in seiner Substanz bedroht wird. Hinsichtlich der weiteren Vorbringen (Berufung) ist Präklusion eingetreten, sodass die späteren Ausführungen das Vorbringen bei der mündlichen Verhandlung nicht ergänzen können.
Der vorliegenden Berufung konnte aus diesen Gründen kein Erfolg beschieden sein.