TE UVS Niederösterreich 2008/01/29 Senat-FR-08-0014

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Veröffentlicht am 29.01.2008
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Spruch

Gemäß §80 Abs6 FPG liegen die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vor. Die Aufrechterhaltung der Schubhaft ist unverhältnismäßig.

Text

Am 22.01.2008 legte die Bezirkshauptmannschaft X den gegenständlichen Fremdenpolizeiakt zur Haftprüfung vor, mit dem Antrag, die Schubhaft zu überprüfen und der Verlängerung zuzustimmen. Ergänzend hat die Bezirkshauptmannschaft X ausgeführt, dass der Fremde am 26.07.2007 von den Niederlanden nach Österreich überstellt worden sei und am 27.07.2007 einen Asylantrag gestellt habe. Das Ausweisungsverfahren sei am 01.08.2007 eingeleitet worden und über D***** O**** die Verhängung der Schubhaft angeordnet worden. Am 10.08.2007 sei vom Bundesasylamt ein Bescheid gemäß §68 AVG erlassen worden, welcher am 27.08.2007 ebenso, wie die Feststellung gemäß §8 AsylG über die Zulässigkeit der Abschiebung nach Liberia, rechtskräftig geworden sei. Am 03.10. 2007 sei bei der Botschaft der Republik Liberia um ein Heinreisezertifikat angesucht worden. Am 12.12.2007 habe ein Botschaftsangehöriger in Bonn ein Telefoninterview mit D***** O**** geführt. Am 12.12.2007 habe die Botschaft schriftlich bekannt gegeben, dass D***** O**** kein liberianischer Staatbürger sei. Am 09.01.2008 sei mit ihm eine Sprachanalyse in englischer Sprache durchgeführt worden; eine Auswertung liege noch nicht vor. Es bestehe eine rechtskräftige Ausweisung der EAST Ost. Der Fremde verfüge über keine Unterkunft und bislang konnte ein Heinreisezertifikat nicht erlangt werden. Zur Durchführung der Abschiebung werde die Verlängerung der Schubhaft beantragt.

 

Von der Bezirkshauptmannschaft X wurde der fremdenpolizeiliche Akt vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass D***** O**** am 26.07.2007 legal über den Flughafen Wien Schwechat eingereist ist. Er ist von den Niederländischen Behörden aufgrund der Dublin-II Verordnung nach Österreich rückübermittelt worden. Am 27.07.2007 hat er einen Asylantrag gestellt hat.

 

 

Er hat bei seiner Erstbefragung zu diesem Asylantrag am 27.07.2008 angegeben, aus Liberia zu stammen. Er sei 1993 von Monrovia nach Ghana gereist, dort ca 7 Jahre geblieben, im Jahr 2003 nach St. Petersburg gereist, dann über Finnland und Deutschland nach Österreich, von dort nach Holland und am 26.07.2007 wieder zurück nach Österreich. Als Fluchtgrund gab er bei dieser Vernehmung an, dass in Liberia Krieg geherrscht habe und da alle Leute vor den Rebellen geflüchtet seien, sei er auch geflüchtet. Am 01.08.2007 teilte das Bundesasylamt der Bezirkshauptmannschaft X mit, dass beabsichtigt sei, den Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Aus dem AIS-Auszug ergibt sich, dass D***** O**** bereits am 14.12.2003 illegal über Wien Schwechat nach Österreich eingereist ist und am 15.12.2003 seinen ersten Asylantrag gestellt hatte, welcher mit Bescheid vom 28.01.2004, Zl 03 38.***, rechtskräftig abgewiesen wurde. Bei der damalige Einvernahme zu seinem Asylantrag am 22.12.2003 gab er an, aus Liberia zu stammen. Er wolle dorthin nicht zurück, da dort Krieg herrsche. Dies wisse er aus dem Fernsehen. Auf Anfrage konnte er aber den aktuellen Liberianischen Präsidenten nicht benennen. Aus dem AIS-Auszug ist ersichtlich, dass er damals nicht zur Bescheidausfolgung erschienen ist.

 

D***** O**** wurde von einem Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft X am 01.08.2007 von der beabsichtigten Inschubhaftnahme informiert. Dabei gab er  an, dass er sich in Holland illegal aufgehalten habe und dort für einen kleinen Klub Fußball gespielt habe. Dort habe er wöchentlich 70 ? erhalten; derzeit habe er 105,94 ? Bargeld. Wohnung und Familienangehörige in Österreich habe er nicht. Ausweisdokumente habe er nicht.

 

Die Bezirkshauptmannschaft X ordnete mit Bescheid vom 01.08.2007, **S3-F-07 T, die Anhaltung (Schubhaft)  von D***** O**** an, um das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung gemäß §10 AsylG und um die Abschiebung zu sichern. Als Rechtsgrundlagen führte sie §76 Abs2 Z2 und Abs3 und §113 Abs1 FPG sowie §57 Abs1 AVG an. In der Begründung führte sie aus, dass D***** O**** bereits vor Ausgang seines ersten Asylverfahrens in Österreich untergetaucht sei und sich illegal in Österreich aufgehalten habe. Er besitze kein gültiges Reisedokument und sei nicht Willens bzw in der Lage, das Bundesgebiet zu verlassen. Seine Ausreise sei aus eigenem Entschluss auf legalem Wege nicht möglich, sodass eine fremdenpolizeiliche Maßnahme zu treffen sei. Er verfüge für den weiteren Aufenthalt nicht über ausreichende Barmittel. Eine rechtmäßige Beschäftigung könne er nicht ausüben, da er nicht im Besitz einer arbeitsmarkt- oder aufenthaltsrechtlichen Bewilligung sei. Es müssten daher für den weiteren Aufenthalt öffentliche Mittel aufgewendet werden bzw sei der Schluss zulässig, dass er versuchen werde, durch Begehung strafbarer Handlungen seinen Unterhalt zu finanzieren. Unter Gesamtwürdigung des vorliegenden Falles sei die Annahme gerechtfertigt, dass sein Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ordnung, insbesondere im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen und einen geordneten Arbeitsmarkt und das wirtschaftliche Wohl des Landes gefährde. Ein Verstoß gegen das Sichtvermerksabkommen stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit dar, die die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigen könne. Die Anwendung gelinderer Mittel sei auszuschließen gewesen, da D***** O**** seinen Aufenthalt in Österreich nicht legalisieren könne. Es sei daher die Annahme gerechtfertigt, dass er sich dem behördlichen Zugriff entziehen werde, um die Vollstreckung der fremdenpolizeilichen Maßnahmen gegen seine Person zu verhindern oder zumindest erheblich zu erschweren, weshalb der Zweck der Schubhaft nicht erreicht werden könnte.

 

Mit Schreiben vom 28.08.2007, das am 28.08.2007 bei der Bezirkshauptmannschaft X eingelangt ist, teilte das Bundesasylamt mit, dass der Bescheid des Bundesasylamtes negativ mit 27.08.2007 sowie die Feststellung gemäß §8 AsylG über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Liberia in Rechtskraft erwachsen sei.

 

Aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt ergibt sich, dass diese versuchte, für D***** O**** ein Heimreisezertifikat der liberianischen Botschaft zu erlangen. Dazu hat sie am 03.10.2007 die liberianische Botschaft in Bonn um Ausstellung eines Heinreisezertifikates ersucht. Die Liberianische Botschaft hat zunächst mit Schreiben vom 22.10.2007 den üblichen - aus ihrer Sicht erforderlichen - Ablauf für die Erlangung eines Heimreisezertifikates dargestellt. Nach Erhalt einer Gebühr von 200 ? für die beabsichtigte Durchführung eines Telefoninterviews hat sie mit Schreiben vom 26.11.2007 ein Telefoninterview für den 12.12.2007, 11,00 Uhr angesetzt. Dieses Telefoninterview wurde am 12.12.2007 tatsächlich durchgeführt. Dabei hat sich herausgestellt, dass D***** O**** einen Geburtsort in Monrovia angab, der laut Auskunft der Botschaft dort nicht existiert. Ebensowenig konnte er den Namen des Flughafens in Gahna, von dem aus er nach Europa aufgebrochen war, angeben. Die Botschaft von Liberia verweigerte die Ausstellung eines Heinreisezertifikates mit dem Hinweis, dass sich aus den Angaben von D***** O**** ergebe, dass er kein Staatsbürger von Liberia sei. Dieses Schreiben ist am 14.12.2007 bei der Bezirkshauptmannschaft X eingelangt. Die Bezirkshauptmannschaft X hat am 09.01.2008 mit D***** O**** eine Einvernahme zwecks Sprachanalyse durchgeführt. Das Tonband über diese Sprachanalyse  wurde am 10.01.2008 an das Bundesministerium für Inneres weitergeleitet.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat erwogen:

 

§80 FPG legt fest:

(1)  Die Behörde ist verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

(2)  Die Schubhaft darf solange aufrecht erhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs3 und Abs4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

(3)  Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß §51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4)  Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1.

weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist  oder

2.

weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

 3. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§13) widersetzt,

kann die Schubhaft wegen des selben Sachverhaltes innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhaltes innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren nicht länger als zehn Monate in Schubhaft angehalten werden. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß §76 Abs2 verhängt  wurde länger als sechs  Monate in zwei Jahren, aber nicht länger als zehn Monate in zwei Jahren aufrecht erhalten werden.

(5) In Fällen, in denen die Schubhaft gemäß §76 Abs2 verhängt wurde, kann diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs4 Z1 bis 3 vor. Wird der Berufung gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß §37 Asylgesetz 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenates aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrecht erhalten werden, wenn der Unabhängige Bundesasylsenat eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt.

(6) Soll der Fremde länger als sechs Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag an dem der sechste Monat überschritten wurde und danach alle acht Wochen zu überprüfen. Die Behörde hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass den Unabhängigen Verwaltungssenaten eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

(7) Die Behörde hat einen Fremden der ausschließlich aus den Gründen des Abs3 oder Abs4 in Schubhaft anzuhalten ist hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

 

Die belangte Behörde hat ihren Schubhaftbescheid auf §76 Abs2 Z2 und Abs3 FPG gestützt.

 

Gemäß §76 Abs2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß §10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde.

 

Die Schubhaft ist gemäß §76 Abs3 FPG mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß §57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Die Schubhaft sollte im vorliegenden Fall der Sicherung der Ausweisung sowie der Sicherung der Abschiebung von D***** O**** dienen.

 

Die Behörde kann gem §77 Abs1 FPG von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

 

Als gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden (Abs3).

 

Voraussetzung für die Anordnung der Schubhaft ist, dass im Entscheidungszeitpunkt mit Recht angenommen werden kann, der Fremde werde sich dem behördlichen Zugriff entziehen oder diesen zumindest wesentlich erschweren (Verwaltungsgerichtshof vom 8.9.2005, Zl 2005/21/0100).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 8.9.2005, Zl 2005/21/0301, ausführlich mit der Frage der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Verhängung der Schubhaft bzw der Verpflichtung, die Anwendbarkeit gelinderer Mittel zu prüfen, auseinandergesetzt. Demnach kann zB fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht rechtfertigen, vielmehr ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob ein Sicherungserfordernis besteht. Das Höchstgericht erachtet ein Sicherungsbedürfnis etwa bei mangelnder beruflicher oder sozialer Verankerung im Inland als gegeben. Nur bei einer derartigen ? oder vergleichbaren ? Konstellation könne die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig angesehen werden.

 

Bei Verhängung der Schubhaft ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass ein Sicherungserfordernis besteht, da bei D***** O**** keine berufliche und/oder soziale Verankerung im Inland gegeben ist und er über keine Papiere und kaum Bargeld verfügt. Zusätzlich hat er sich bereits seinem ersten Asylverfahren in Österreich, dadurch entzogen, dass er untergetaucht und ausgereist ist. Somit stand auch zu erwarten/bzw zu befürchten, dass er dies wieder  tun würde und sich einem negativen Ausgang seines nunmehr zweiten Asylverfahrens in Österreich entziehen würde. Die Anwendung gelinderer Mittel kam somit nicht in Betracht.

 

Der Art1 (Abs1 bis 3)des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl Nr 684/1988, lautet:

 

"Artikel 1

(1) Jedermann hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).

(2) Niemand darf aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden.

(3) Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist;

die persönliche Freiheit darf jeweils nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.?

 

Der vorliegende Fall fällt nach Rechtsansicht des UVS NÖ unter die Bestimmung des §80 Abs4 Z1 und Z2 FPG. Die Staatsangehörigkeit von D***** O**** steht nicht fest. Es steht lediglich fes, dass er offensichtlich nicht die von ihm selbst angegebene Staatsangehörigkeit von Liberia besitzt. Die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates liegt ebenfalls noch nicht vor. Welcher Staat dies sein könnte, soll gerade durch die veranlasste Sprachanalyse geklärt werden. Grundsätzlich wäre die Aufrechterhaltung der Schubhaft über 6 Monate hinaus daher - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - zulässig. Grundsätzlich ist der UVS NÖ auch der Ansicht, dass die Nichtvornahme der Abschiebung zu einem wesentlichen Teil dem Verhalten von D***** O**** zuzurechnen ist. Durch seine -offensichtlich unrichtigen - Angaben über seinen Herkunftsstaat hat er die Bezirkshauptmannschaft X zunächst veranlasst, sich um ein Heinreisezertifikat für Liberia zu bemühen. Erst nachdem feststeht, dass dies nicht der Herkunftsstaat ist, kann die Bezirkshauptmannschaft X zweckmäßigerweise weitere Schritte zur Feststellung des Herkunftsstaates setzen.

 

Erst wenn die Aussichtslosigkeit der Bemühungen zur Außerlandesschaffung des Beschwerdeführers in den Heimatstaat oder einen Drittstaat, sofern ein solcher in Betracht kommt, ausreichend feststeht, kann dies Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Fortdauer der  Schubhaft im Lichte der Vorgängernorm, nämlich des §48 Abs2  FrG,  haben (siehe Verwaltungsgerichtshof vom 25.11.1994, Zl 94/02/0261).

 

Aussichtslosigkeit im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung liegt aber bisher nicht vor.

 

Dass bisher eine Abschiebung nicht stattfinden konnte, ist zum Teil dem aufwendigen Verfahren bei der Einholung des Heimreisezertifikates zuzurechnen und der Tatsache, dass D***** O**** offensichtlich falsche Angaben über seine Herkunft machte.

 

Zu prüfen war allerdings, ob eine Verletzung des §80 Abs1 FPG vorliegt. Eine solche liegt nach Rechtsansicht des UVS NÖ auch dann vor, wenn die Behörde zwischen ihren einzelnen Schritten zur Durchführung der Abschiebung bzw zur Erlangung des Heimreisezertifikates eine zu lange Zeit verstreichen lässt. Dies gilt auch dann, wenn ein Fall des §80 Abs4 vorliegt, dass heißt, wenn die Nichtvornahme der Abschiebung dem Verhalten des Fremden, wie im vorliegenden Fall durch die falschen Angaben über seinen Herkunftsstaat zuzurechnen sind.

 

Die Bezirkshauptmannschaft X wusste spätestens am 28.08.2007, dass der Ausweisungsbescheid des Bundesasylamtes vom 10.08.2007 rechtskräftig ist. Spätestens ab diesem Zeitpunkt konnte sie die Abschiebung von D***** O**** in die Wege leiten. Das Ersuchen an die Botschaft der Republik Liberia in Bonn um Ausstellung eines Heimreisezertifikates ist allerdings erst am 03.10.2007, das heißt mehr als ein Monat später, erfolgt. Dass und welche Maßnahmen die Bezirkshauptmannschaft X dazwischen unternommen hatte, ergibt sich aus dem vorgelegten Fremdenakt nicht. Somit war die Bezirkshauptmannschaft X über ein Monat untätig. Dies erscheint Im Sinne des Art3 EMRK in Verbindung mit §80 Abs1 FPG unzulässig lange und macht die Gesamtdauer der Schubhaft unverhältnismäßig lange. Eine Reaktionszeit von über einem Monat erscheint - selbst unter Berücksichtigung einer Überlegungs- und Reaktionszeit in Haftangelegenheiten unangemessen lange. Die Adresse der liberianischen Botschaft kann - wenn sie der Behörde nicht ohnehin aus anderen Verfahren bereits bekannt war - mithilfe technischer Hilfsmittel wie zB Internet oder Informationen durch Innen- und /oder Außenministerium innerhalb kurzer Zeit festgestellt werden. Selbst eine allfällige Überlastung der Behörde muss dieser zugerechnet werden. Der Behörde sind diejenigen Mittel zur Verfügung zu stellen, dass sie die ihr zugewiesenen Aufgaben innerhalb angemessener Zeit erledigen kann. Aufgrund unverhältnismäßig langer Dauer der Schubhaft war im vorliegenden Fall vom UVS NÖ festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft nicht mehr vorliegen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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