I
Der Beschwerde (in der Fassung des am 23. Jänner 2008 eingelangten Schriftsatzes und des ergänzenden, am 25. Jänner 2008 eingelangten, Schriftsatzes) wird Folge gegeben.
Es wird festgestellt, dass die Festnahme, der Schubhaftbescheid vom 10.1.2008, Zl **S3- F-07 T, und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ab dem 10.1.2008 rechtswidrig waren.
Rechtsgrundlagen:
§§83 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl I Nr 100/2005 in der Fassung BGBl I Nr 157/2005 iVm §67 Abs3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG).
II
Es wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen
nicht vorliegen.
Rechtsgrundlagen:
§83 Abs4, erster Satz, FPG.
III
Die unterlegene Partei (BH X, zuzuordnen dem Bund, Bundesminister für Inneres) hat dem Beschwerdeführer gemäß §79a AVG iVm §83 Abs2 FPG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 334/2003, den Schriftsatzaufwand in der Höhe von ? 660,80 sowie die Gebühr von ? 13,20, insgesamt somit ? 674,--, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung zu ersetzen.
In der am 23. Jänner 2008 beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ eingelangten Schubhaftbeschwerde ist ausgeführt:
?1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (folgend nur mehr Bf genannt) kam am 27.12.2007 gemeinsam mit seiner Frau T****** K*******, geb 27.03.19**, AIS 07 12.*** und ihren drei Kindern Namens A**, geb 16.12.20**, A****, geb 28.03.20** sowie T*****, geb 20.11.20** nach Österreich. Unverzüglich nach Einreise ins Bundesgebiet begab sich der Bf mit seiner Frau aus freien Stücken nach T***********, wo sie einen Asylantrag stellten.
Der Bf wurde im Flüchtlingslager T*********** aufgenommen, wo er sich bis zur Verhängung der Schubhaft aufhielt.
Am 10.1.2008 wurde der Bf im Rahmen einer ?Schwerpunktaktion? festgenommen und mit dem bekämpften Bescheid die Schubhaft zur Sicherung der Erlassung einer Ausweisung und der Abschiebung auf Grundlage von §76 Abs2 Z4 und Abs3 und 113 Abs1 Fremdenpolizeigesetz 2005 verhängt.
2. Rechtliche Würdigung
Damit eine Schubhaft verhängt werden kann, müssen materiell-rechtliche und formale Bedingungen erfüllt werden, deren Verletzung zur Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides aus nachfolgend erläuterten Gründen führen.
2.1. Unverhältnismäßigkeit der Haft und Verletzung von Art 8 EMRK
Art1 Abs3 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit statuiert, dass jede Haftverlängerung unter der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist. Im konkreten Fall stützt sich die Schubhaft auf §76 Abs2 Z4 FPG. §76 Abs2 FPG sprich von ?kann?, dies bedeutet, dass nicht automatisch bei Vorliegen der Voraussetzungen des §76 Abs2 Z4 FPG Schubhaft zu verhängen ist, sondern eine individuelle Prüfung stattzufinden hat. Dies wurde in diesem Fall gänzlich unterlassen.
Der Bf und seine Gattin haben sich gemeinsam mit ihren Kindern aus freien Stücken nach T*********** begeben um dort einen Asylantrag zu stellen. Sie wurden im Lager T*********** aufgenommen und waren dort ständig aufhältig. Auch die derzeitige rechtswidrige Schubhaftpraxis schreckte sie nicht ab und sie blieben weiterhin im Lager, obwohl sie wussten, dass auch sie jederzeit das Schicksal der Schubhaftverhängung erteilen könnte. Ohne jeglichen Hinweis auf eine Absicht sich dem Verfahren zu entziehen, wurde Schubhaft über den Bf verhängt und er wurde dadurch von seiner Familie getrennt. Bezeichnenderweise findet sich im gesamten Schubhaftbescheid kein einziger auf seine Person bezogener Hinweis darauf, dass und warum der Bf seine Frau sich dem Verfahren entziehen sollten.
Es sei hierbei auch erwähnt, dass sich mehrere Familienangehörige des Bf schon über Jahre in Österreich aufhalten und ein Untertauchen des Bf auch aus diesen Gründen als unwahrscheinlich anzusehen ist. So befindet sich die Schwester seiner Ehefrau Namens K******* R****, geb 19**, in 1*** W*** und bereits anerkannter Flüchtling. Zwischen der Familie und ihr besteht eine äußerst enge und intensive Beziehung. Bezeichnenderweise wird sie im Schubhaftbescheid nicht einmal erwähnt.
Die allgemeinen ?philosophischen? Ausführungen ?Migrationssoziologie? betreffend sind zwar hoch interessant und zeichnen ein schönes Bild über den Meinungsstand der belangten Behörde, die Behörde bleibt es aber schuldigt zu begründen, was das mit dem gegenständlichen Fall und der Verhängung der Schubhaft über den Bf zu tun haben soll. Insbesondere die Ausführungen, dass im Christentum der Begriff sozial als zu weltlich empfunden wird und lieber durch ?fromm? oder ?christlich? ersetzt wird, halte ich persönlich für überaus bedenklich und haben jedenfalls in einem Bescheid über die Verhängung von Schubhaft nichts zu suchen. Doch auch aus den übrigen Ausführungen Migration betreffend lässt sich für den diesem Bescheid zugrunde liegenden Fall denkbar nichts gewinnen. Die belangte Behörde verkennt, dass es sich hier eben nicht um einen Fall der wirtschaftlichen Migration handelt, sondern dass wir es mit einem Flüchtling zu tun haben, der um internationalen Schutz ansuchte.
Die Behauptung im Schubhaftbescheid, der Bf wäre nicht willens das Bundesgebiet zu verlassen, entbehrt jeglicher Grundlage und stellt lediglich eine Mutmaßung der belangten Behörde dar.
Entsprechend der höchstgerichtlichen Rechtsprechung bedürfte es eines positiven Hinweises auf eine mangelnde Ausreisewilligkeit für den Fall einer negativen Entscheidung. Tatsächlich wurde der Bf über seine Ausreisewilligkeit aber nicht einmal befragt.
Der Hinweis der belangten Behörde auf den geordneten Arbeitsmarkt und das wirtschaftliche Wohl ist im Rahmen einer Interessensabwägung bei Asylwerbern verfehlt. Dasselbe gilt die Einreise ohne Beantragung eines Visums betreffend. Da es kein die Genfer Flüchtlingskonvention berücksichtigendes Visum für Asylwerber gibt, lässt sich aus der nicht Beantragung eines ?Visums? argumentativ nichts für die Notwendigkeit einer Schubhaftverhängung herleiten. Ebenfalls ist der Hinweis bezüglich des mangelnden Nachweises der für den Unterhalt notwendigen Mittel völlig verfehlt. Durch die gesetzliche und EU-rechtliche vorgesehene Grundsversorgung für ALLE Asylwerber, muss der Bf, sobald er aus der Schubhaft entlassen wird, von staatlichen Stellen versorgt werden, das ersetzt den Nachweis der notwendigen Mittel.
Am 10.1.2008 wurde der Bf im Rahmen einer ?Schwerpunktsaktion? festgenommen. Diese Festnahme stellte für seine Frau ein enormes Schockerlebnis dar. Durch die Strapazen der Flucht geschwächt, ist die Frau mit der Situation im Flüchtlingslager T*********** und der alleinigen Aufsicht ihrer drei kleinen Kinder, völlig überfordert und bedarf dringend der Unterstützung ihres Mannes.
Der BF selbst ist ebenfalls scherst kriegstraumatisiert. Die derzeitige Hafte stellt für ihn ein Außerordentliche Belastung dar, was zu einer Retraumatisierung des Bf führte. Derzeit leidet der AW akut Nervosität, Albträumen und schweren Kopfschmerzen. Er wurde in Tschetschenien 1 Jahr lang inhaftiert und dort regelmäßig gefoltert und geschlagen. Die Folterungen erfolgten mit Strom und Schlägen mit Wasserflaschen auf den Kopf. Aus diesem Grund ist entgegen der Annahme der belangten Behörde eine Zulassung wegen schwerer Gewalt gem §30 AsylG als sehr wahrscheinlich anzusehen. Jedenfalls steht die verhängte Schubhaft in keinem Verhältnis zu den im Bescheid genannten Sicherungsbedarf.
Durch die Haft ist der Bf nun von seiner Gattin getrennt, was angesichts der bereits oben angeführten konkreten Umstände einen unverhältnismäßigen Eingriff in sein Recht auf Familienleben nach Art8EMRK darstellt.
Auch nach der EU-Aufnahmerichtlinie Richtlinie2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 sind Familien gemeinsam unterzubringen, was durch die Schubhaftverhängung und die Aufrechterhaltung der Schubhaft vereitelt wurde.
Die Frau des Bf ist nunmehr im Flüchtlingslager T*********** untergebracht. Nach wie vor geht es ihr psychisch nicht gut und sie wäre daher dringend auf die Unterstützung ihres Mannes angewiesen.
Auch für den Bf ist die Ungewissheit, was mit seiner Frau passiert und der Umstand ihr nicht helfen zu können, eine unzumutbare Belastung. Die Trennung von seiner Frau verletzt jedenfalls das Grundrecht auf Familieneinheit und der Bf muss daher schnellstmöglich mit seiner Frau zusammengebracht werden.
Auf sein durch Art8 EMRK geschütztes Familienleben geht der Schubhaftbescheid überhaupt nicht ein, auch dies führt zur Rechtswidrigkeit der Haft.
Eine Schubhaftverhängung war daher nach der eindeutigen und klaren Rechtssprechung der Höchstgerichte nicht notwendig und unverhältnismäßig: Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 28.09.2004, B 292/04, sowie jüngst diese Rechtsprechung auch zum FPG aufrechterhaltend VfGH 24.06.2006, B 326/06 und VfGH vom 15.6.2007, B 1330/06) reichen bloß allgemein Annahmen oder ?Erfahrungswerte? nicht aus, um die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Freiheitsentziehung im Einzelfall zu begründen. Auch der Umstand, dass ein Asylwerber bereits in einem anderen Land Asyl beantragt hat, rechtfertigt für sich genommen noch nicht den Schluss, dass der Bf sich dem Verfahren entziehen werde. Im vorliegenden Fall beruft sich die schubhaftverhängende Behörde lediglich auf allgemeinde Annahmen, nähere Ausführungen, weshalb in diesem Fall eine Notwendigkeit der Schubhaftverhängung gegeben sei, fehlen dem Schubhaftbescheid gänzlich.
Der Verfassungsgerichtshof hat erst jüngst im Erkenntnis vom 15.6.2007, B 1330/06 wieder betont, dass die zuständige Fremdenpolizeibehörde stets dazu verpflichtet ist, die einzelnen Schubhafttatbestände, verfassungskonform auszulegen und eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (siehe auch E v 24.06.06, B362/06).
Die Schubhaft war nicht notwendig und nicht verhältnismäßig.
Weiters erkennt der VwGH in jüngster Entscheidung vom 30.08.2007, GZ 2007/21/0043, dass sämtliche Schubhafttatbestände des §76 Abs2 FPG final determiniert sind. Sie rechtfertigen die Verhängung von Schubhaft nur ?zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß §10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung?. Der Verfassungsgerichtshof hat darüber hinaus, zuletzt in seinem Erkenntnis vom 15. Juni 2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des §76 Abs2 FPG unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interessen an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. im Ergebnis bedeutet das, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des §76 Abs2 FPG gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein darf (vgl dazu auch die ErläutRV zum Bundesverfassungsgesetz vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, 134 BlgNR 17GP 5).
Zum demnach ergänzend zu prüfenden Sicherungsbedürfnis hat die belangte Behörde ausgeführt, das die Notwendigkeit der Schubhaft zur Sicherung des asylrechtlichen Verfahrens bzw der Abschiebung gegeben war.
Diese Überlegung widersprechen allerdings der Aktenlage und reichen nicht aus, um eine Anhaltung in Schubhaft zu rechtfertigen. Der Bf begab sich aus freien Stücken nach T*********** und stellte sich den Asylbehörden. Tatsächlich kam es stets allen Verfahrensanordnungen nach und stand den Behörden jederzeit zur Verfügung. Dieses Verhalten zeigt, dass der Beschwerdeführer gewillt war und nach wie vor ist, Aufforderungen der Fremdenbehörde, wie insbesondere der Aufforderung, er möge das Land verlassen, sehr wohl nachkommt.
Die belangte Behörde verkennt, dass die Haft unverhältnismäßig ist bzw führt überhaupt keine Verhältnismäßígkeitsprüfung durch.
Tatsächlich werden derzeit aufgrund einer internen Weisung sämtliche ?Familienoberhäupter? von ihren Familien getrennt und in Schubhaft genommen. Diese Praxis wurzelt in einer medialen Hysterie die mit einem nicht abnormalen minimalen Anstieg der Asylanträge einherging und ist wohl eher auf die bevorstehenden Wahlen in Niederösterreich als mit einem dringend geworden Sicherungsbedürfnis erklärbar. Ohne auf den individuellen Einzelfall einzugehen, ist eine Verhängung der Schubhaft aber jedenfalls unzulässig.
Der VfGH hat im Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, festgehalten, dass die in §76 ABs2 FPG festgelegte Ermächtigung im Lichte des aus dem BVGpersFr. Erfliessenden unmittelbar anwendbaren Gebots der Verhältnismäßigkeit auszulegen ist. Diese Überlegungen und die dafür im erwähnten Erkenntnis angeführten Gründe gelten nach Ansicht des Beschwerdeführers schon aus der Ratio des Abs2 legcit auch für die im vorliegenden Fall der Schubhaft zugrunde liegende Bestimmung des §76 Abs2 Z4 legcit mit der Folge, dass auch eine zur Sicherung eines asylrechtlichen Ausweisungsverfahrenss verhängte Schubhaft unter dem sowohl von der anordnenden Behörde als auch im Haftprüfungsverfahren gemäß §§82 f.FPG vom Unabhängigen Verwaltungssenat zu beachtenden Gebot der Verhältnismäßigkeit steht.
Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25.04.2006, 2006/21/0039, fesge3halten, dass zwar auch nach dem FPG davon auszugehen sei, dass die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht die Gewissheit voraussetzt, dass ein Aufenthaltsverbot verhängt werde, sondern dass hiefür bereits die berechtigte Annahme einer solchen Möglichkeit ausreicht (vgl etwa das Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zl 2004/21/0145), allerdings müssten die im Einzelfall hiefür sprechenden Umstände aber auch jenen Schweregrad erreichen, der einem in §60 Abs2 FPG genannten Tatbestand entspricht.
Genau dies kann aber bezogen auf den Beschwerdeführer schon von vornherein nicht der Fall sein, da der Aufenthaltsverbots-Tatbestand der Mittellosigkeit nach §60 Abs2 Z7 FPG in §62 Abs2 FPG explizit nicht als Tatbestand genannt ist, der in Verhängung eines Rückkehrverbotes über einen Asylwerber erlauben würde; auch ist der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zum FrG 1997 ab dem Erkenntnis vom 21.12.2004, 2004/21/0083, davon ausgegangen, dass angesichts des nötigenfalls sogar einklagbaren Anspruches jedes hilfsbedürftigen Asylwerbers auf Gewährung der Bundesbetreuung allein aus der Mittellosigkeit eines Asylwerbers noch nichts für eine Aufenthaltsbeendigung zu gewinnen ist, was angesichts der insoweit unverändert gebliebenen Anspruchslage nach dem GVG-Bund auch nach wie vor als gültig angesehen werden muss.
Der Erlassung einer Ausweichung gemäß §53 Abs2 Z4 FPG gegen einen Asylwerber stünde schließlich auch schon §1 Abs2 FPG entgegen.
Der VwGH hat ? im Einklang mit der Judikatur des EuGH ? mehrfach entschieden, dass aufgrund der Tatsache der Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle ohnedies weder eine Ausweisung noch ein Aufenthaltsverbot gegen Asylwerber verfügt werden darf (siehe VwGHE 2000/21/0033 vom 4. Juli 2000 bzw VwGHE 99/21/0266 vom 24.März 2000, VwSlg 15378 A/2000). Aus der schlepperunterstützten Einreise in das Bundesgebiet, kann daher keine Notwendigkeit der Schubhaftverhängung abgeleitet werden.
Beweis: Einvernahme des Bf
Asylakt des Bf Z 07 12 ***
Asylakt seiner Frau Zl 07 12 ***
2.2. Gelinderes Mittel
Die Behörde verkennt, dass die Anhaltung in Schubhaft nicht notwendig war, zumal gelindere Mittel ausgereicht hätten, um das Verfahren zur Sicherung des Ausweisungsverfahrens bzw der Abschiebung zu sicher.
Die die Schubhaft verhängende Behörde hat die Anwendung gelinderer Mittel gar nicht ernsthaft in Erwägung gezogen, sondern vertritt eine nicht nachvollziehbare Rechtsanschauung, die im Endeffekt darauf hinausläuft, dass das Asylverfahren durch Aufrechterhaltung der Schubhaft zu sichern sei. dass dies nicht der Rechtsordnung entspricht, ist evident.
Tatsächlich bestand zu keiner Zeit Gefahr, dass sich der Bf dem Verfahren entziehen könnte.
Beweis: Einvernahme des Bf
2.3. Widerspruch zur EU-Aufnahmerichtlinie 2003/9/EG
Die Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.1.2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedsstaaten legt in Artikel14 Abs8 fest, dass die Mitgliedsstaaten in Ausnahmefällen für einen angemessenen Zeitraum, der so kurz wie möglich sein sollte, andere Modalitäten der materiallen Aufnahmebedingungen festlegen (können) als in diesem Artikel vorgesehen, wenn sich der Asylwerber in Gewahrsam befindet.
Damit wird implizit festgelegt, dass der Gewahrsam ? der nur in Ausnahmefällen verhängt werden darf ??so kurz wie möglich? zu sein hat.
Die belangte Behörde kündigt aber in ihrem Bescheid an, sie beabsichtigte, den Bf für die gesamte Dauer des Asylverfahrens in Schubhaft zu halten. Schon das ist ein krasser Verstoß gegen die Aufnahmerichtlinie, die für die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, somit auch für Österreich rechtsverbindlich ist.
Überdies werden in den Erstaufnahmestellen derzeit, wie bereits ausgeführt, grundsätzlich alle männlichen Asylbewerber in Dublin II Verfahren in Schubhaft genommen.
Das widerspricht dem in der Aufnahmerichtlinie festgelegten Grundsatz, dass Abweichungen von den generellen Normen der materiellen Aufnahmebedingungen nur in Ausnahmefällen möglich sind.
Die Aufnahme von Familien wird in Artikel 8 wie folgt angeordnet:
Artikel 8
Familien
Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um die Einheit der Familie, die sich in ihrem Hoheitsgebiet aufhält, so weit wie möglich zu wahren, wenn den Asylbewerbern von dem betreffenden Mitgliedstaaten Unterkunft gewährt wird. Diese Maßnahmen kommen mit der Zustimmung der Asylbewerber zur Anwendung.
Die derzeitige Praxis widerspricht eindeutig dieser Richtlinie. Die nationalen Gesetzte sind richtlinienkonform zu interpretieren und lassen daher in Wahrheit bei der Unterbringung von Familien keinen Spielraum offen. Familien müssen gemeinsam untergebracht werden. eine Trennung des ?Familienoberhauptes? von seinen Familienangehörigen ist daher auch aus EU-rechtlichen Vorgaben unzulässig.
Die in Österreich nicht zur ausnahmsweise, sondern ganz im Gegenteil generelle, kollektive Verhängung der Schubhaft gegen männliche Asylbewerber im ?Dublin-Verfahren? (von der der Bf, wie ausgeführt, konkret betroffen ist) verstößt also auch gegen das für Österreich verbindliche EU-Recht.
2.4. Widerspruch zu Verordnung (EG) Nr1560/2003
Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr Nr1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist lautet:
DURCHFÜHRUNG DER ÜBERSTELLUNG
Artikel 7
Modalitäten der Überstellung
(1) Die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat kann auf eine der folgenden Weiten erfolgten:
a)
auf Initiative des Asylbewerbers innerhalb einer vorgegeben Frist;
b)
in Form der kontrollierten Ausreise, wobei der Asylbewerber bis zum Besteigen des Beförderungsmittels von einem Bediensteten des ersuchenden Staates begleitet wird und dem zuständigen Staat Ort, Datum und Urzeit seiner Ankunft bis zu einer vereinbarten Frist von der Ankunft mitgeteilt wurden;
c) in Begleitung, wobei der Asylbewerber von einem Bediensteten des ersuchenden Staates oder einem Vertreter einer von dem ersuchenden Staat zu diesem Zweck beauftragten Einrichtung eskortiert und den Behörden des zuständigen Staats überstellt wrid.
Aus dieser Bestimmung geht hervor, dass es eine Rangordnung der Überstellungsmodalitäten gibt bzw dass eine freiwillige Ausreise des Asylwerbers in den zuständigen Mitgliedsstaat prioritär ist. Dass es sich bei den einzelnen Ziffern der Bestimmung um eine Rangfolge handelt, ergibt sich auch aus dem im EU-Primärrecht festgeschriebenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Erst wenn die Anwendung des gelindesten Mittels nicht zum Erfolg führt (Aufforderung zur Ausreise) sind die staatlichen Behörden ermächtigt, ein weniger gelindes Mittel anzuwenden.
Auch die österreichisches Rechtsordnung geht von der grundsätzlichen Annahme aus, dass Gesetze zwar mit Zwangsandrohung, aber zunächst ohne Zwangsausübung eingehalten werden. zunächst ist davon auszugehen, dass ein Gesetz bzw eine gesetzlich ergangene Entscheidung von den Rechtsunterworfenen grundsätzlich respektiert und eingehalten wird. Erst, wenn sich herausstellt, dass dies nicht der Fall ist, kann zu Zwangsmaßnahmen gegriffen werden.
Eine automatische Schubhaftverhängung, dh die grundsätzliche Annahme ein Gesetz würde von der Rechtsunterworfenen generell nicht befolgt werden ? wie sie derzeit in der Praxis stattfindet ? findet keine Deckung in der österreichischen Verfassung.
Nach Abschluss des Verfahrens über die (Un-)Zuständigkeit Österreichs ist zunächst dem Asylwerber die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise zu geben. Erst wenn sich herausstellt, dass der Asylwerber nicht freiwillig ausreist bzw zu verstehen gibt, dass er dies nicht tun wird, ist eine Haftverhängung zulässig.
Wie der Verfassungsgerichtshof judiziert hat, reichen allgemeine Erfahrungswerte nicht aus, die Schubhaft im Einzelfall zu rechtfertigen. Würde von tausenden Asylwerbern auch nur ein einziger freiwillig ausreisen, so ist die Haftverhängung gegenüber diesem ungerechtfertigt und verletzt ihn in seinem Recht auf persönliche Freiheit nach Art5 EMRK. Die belangte Behörde hat keinen einzigen Anhaltspunkt, dass der Bf das Land nicht freiwillig verlassen würde. Der Bf hat sich freiwillig und im Wissen, dass eine Schubhaftverhängung wahrscheinlich ist, den österreichischen Behörden ?gestellt?. damit hat der Bf zum Ausdruck gebraucht, dass er sich den österreichischen Gesetzen unterwerfen will und diese auch befolgen werde. Die belangte Behörde hätte keine Schubhaft verhängen dürfen, sondern dem Bf ? fall das Verfahren tatsächlich mit einer Unzuständigkeit Österreich endet ? zunächst die Möglichkeit gegen müssen, freiwillig auszureisen.
Die Schubhaftverhängung gleich zu Beginn des ?Dublin-Verfahrens? steht daher sowohl in Widerspruch zur EG-Verordnung, als auch zur österreichischen Verfassung und ist daher rechtswidrig.
2.5. Widerspruch zu UNHCR ? Richtlinie
Die UNHCR-Richtlinie vom Februar 1999 über anwendbare Kriterien und Standards betreffend die Haft von Asylsuchenden legt folgende Kriterien fest:
?Es sollte die (rechtliche) Vermutung gegen eine Inhaftierung sprechen. Sofern andere Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Haft zur Verfügung stehen (etwa Meldepflicht oder Bürgen [seihe Richtlinie 4]), sollten diese zuerst Anwendung finden, es sei denn, es gibt Anhaltspunkte für die Vermutung, dass eine solche Alternative im betreffenden Fall nicht wirksam wäre.?
In diesem Fall gibt es keinerlei Anhaltspunkte für die Vermutung, dass der Bf sich dem Verfahren entziehen könnte. Der Bf hat bislang allen Anordnungen folge geleistet, ist zu jeder Ladung erschienen und hat sich von sich aus dem Verfahren gestellt.
?Zur Haft sollte es daher erst kommen, wenn alle möglichen Alternativen ausgeschöpft wurden oder wenn sich gezeigt hat, dass Überwachungsmaßnahmen nicht den gesetzmäßigen, legitimen Zweck erreicht haben. Bei der Beurteilung, ob die Inhaftierung eines Asylsuchenden notwendig ist, sollte geprüft werden, ob die Haft angemessen ist und ob sie verhältnismäßig ist gegenüber dem angestrebten Ziel.? ?.
?Angesichts der negativen Auswirkungen der Haft auf die psychische Verfassung der Inhaftierten sollte aktiv nach Alternativen zur Haft gesucht werden, bevor gegen Asylsuchende folgender besonders schutzbedürftiger Personenkategorien ein Haftbefehl erlassen wird: Unbegleitete ältere Personen, Opfer von Folter oder Trauma, Personen mit geistiger oder körperlicher Behinderung.?
Diese Grundsätze für die strenge Überprüfung einer Haftverhängung über Asylwerber wurden in diesem Fall gänzlich missachtet. Auch aus diesem Grund ist die Haft rechtswidrig.
Ich stelle daher den
ANTRAG:
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich möge nach Durchführung der beantragten Beweise und Durchführung einer mündlichen Verhandlung den bekämpften Verwaltungsakt, und zwar die auf Anordnung der belangten Behörde verhängte Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft ab dem 10.01.2008 für rechtswidrig erklären; sowie der belangten Behörde gem §79a AVG den Ersatz der Verfahrenskosten binnen vierzehn Tagen bei sonstigem Zwange zu Handen meines Vertreters auferlegen.
A****** E**?
In den (als ergänzender Schriftsatz anzusehenden) Schubhaftbeschwerdeausführungen, welche am 25. Jänner 2008 bei der erkennenden Behörde eingelangt sind, wurde vom Beschwerdeführer vorgebracht:
?Ich erstatte nachstehende
Beschwerde gemäß §82 FPG
mit welcher die Verhängung der Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft X, Außenstelle T*********** durch Schubhaftbescheid vorn 10.1.2008 zur ZI. **S3-F-07 T bekämpft wird.
A.) Sachverhalt
Ich bin im Dezember.2007 in Österreich eingereist und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt. Das Asylverfahren ist derzeit beim Bundesasylamt, Erstaufnahrnestelle Ost anhängig.
Das Bundesasylamt führt derzeit Konsultationen gemäß der Dublin Il-VO Nr343/2003 des Rates mit Polen.
Beweis: Bezughabender Verwaltungsakt der belangten Behörde
Beschwerdegründe:
Die Schubhaft wird mit §76 Abs2 Z2 und Abs3 FPG begründet. Die schubhaftverhängende Behörde begründet den Bescheid damit, dass ich, ein Asylwerber aus Tschetschenien/russ. Föderation, mit meiner Familie vor der illegalen Einreise in Polen aufhältig war und ?Polen ist ein Mitglied der Europäischen Union und Unterzeichner des Dublin II Abkommens. Es ist daher davon auszugehen, dass Ihr Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen werden wird. Aus diesem Grund wird die Schubhaft verhängt." Ich würde kein gültiges Reisedokument besitzen, und sei nicht willens, bzw nicht in der Lage, das Bundesgebiet zu verlassen. Meine Ausreise sei aus eigenem Entschluss und auf legalem Weg nicht möglich, sodass eine fremdenpolizeiliche Maßnahme zu treffen sei. Für den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet verfügte ich nicht über ausreichende Barmittel. Eine rechtmäßige Beschäftigung könne ich nicht ausüben, da ich weder im Besitze einer arbeitsmarkt- noch aufenthaltsrechtlichen Bewilligungen sei_ Es müssten daher für den weiteren Aufenthalt öffentliche Mittel aufgewendet werden bzw sei ?der Schluss zulässig, dass Sie versuchen durch Begehung strafbarer Handlungen Ihren Unterhalt zu fristen" Unter Gesamtwürdigung des vorliegenden Falles sei die Annahme gerechtfertigt, dass mein Aufenthalt in Österreich ? die öffentliche Ordnung, insbesondere im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen und einen geordneten Arbeitsmarkt und das wirtschaftliche Wohl des Landes gefährden würde. Die Anwendung gelinderer Mittel sei in meinem Fall auszuschließen gewesen, Ich könnte nämlich meinen Aufenthalt in Österreich nicht legalisieren. Die Behörde geht daher davon aus, "dass Sie sich im Falle einer negativen Entscheidung der Asylbehörde den Maßnahmen der Fremdenpolizeibehörde entziehen werden,"
§76 Abs2 FPG lautet
Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß §10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn
1.) gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige Ausweisung (§10 AsylG 2005) erlassen wurde;
2.) gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
3.) gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§60) verhängt worden ist oder
4.) auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.09.2004 B 292/04, festgehalten, dass alleine der Umstand eines aus einem Drittstaat gestellten Asylantrages und der anschließende Weiterreise noch keineswegs den Schluss rechtfertige, dass sich ein Fremder auch dem Verfahren in Österreich entziehen werde. Es entspricht der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verordnung des Rates EG/343/2003 (?Dublin II)", dass ein in einem anderen Dublin-Mitgliedstaatgeführtes Asylverfahren trotz des Prinzips der sogenannten ?normativen Vergewisserung" von der Sicherheit in Drittstaaten noch keineswegs in jedem Fall Rückschlüsse auf den möglichen Prozeßerfolg eines in Österreich anhängig gemachten Asylverfahrens zulässt. (vgl VwGH vom 31.03.2005, 2002/20/0582; 31.05.2005, 2005/20/0095 sowie zuletzt auch 23.01.2007, 2006/01/0949).
Entsprechend des Erkenntnisses des VfGH, B 362/06 vom 24.06.2006, hat der Gesetzgeber auch wenn keine ausdrückliche Regelung darüber getroffen wurde, unter weichen Voraussetzungen die Anordnung der Schubhaft - abgesehen von der Subsumption unter einen der in Z1 bis 4 geregelten Tatbestände - zulässig ist, das durch Art1 (iVm Art2 Abs1) des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht, wonach "(n)iemand (...) aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen (...) festgenommen oder angehalten werden (darf)", bei der Regelung des §76 Abs2 FPG beachtet. Dies ergäbe sich aus folgenden Schlussfolgerungen:
?3.1.1. Der Gesetzgeber ist sichtlich davon ausgegangen, dass der in Art1 Abs3 des Bundesverfassungsgesetzes vorn 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit verankerte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unmittelbar und im Einzelfall von den zuständigen Behörden zu berücksichtigen ist. Auch die oben zitierten Erläuternden Bemerkungen zu §76 FPG machen deutlich, dass das Gebot, wonach die Verhängung der Schubhaft notwendig sein muss, um das Verfahren zu sichern, vom Gesetzgeber nicht unterlaufen werden sollte (arg; "[...], wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft als solche gegeben sind, [...]").
3.1.2. Der Gesetzgeber hat für alle Fälle der Schubhaft durch die Begrenzung der Haftdauer (§80 FPG) sowie das Gebot der Anwendung gelinderer Mittel (§77 FPG) eine klare Wertung iS des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit vorgenommen.
In den Erläuternden Bemerkungen wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt (vgl 952 BIgNR, )0(11. GP, S 104 f):
"Zu §77:
Durch das Institut des gelinderen Mittels wird die Fremdenpolizeibehörde verpflichtet von der Anordnung der Schubhaft gegen Fremde Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der ursprüngliche Zweck der Anhaltung in Schubhaft auch auf andere Weise erreicht werden kann. Es wird der Behörde obliegen zu beurteilen, ob (...) der Fremde gegen den die Schubhaft verhängt wird, dazu verhalten werden kann - so er in - von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft nehmen darf - sich dem Verfahren zu stellen und gegebenenfalls dem Behördenauftrag gemäß in bestimmten Abständen zu melden. Ebenso ist bei Jugendlichen die Anwendung des gelinderen Mittels die Regel und die Vollstreckung der Schubhaft in Schubhafträumlichkeiten stellt die Ausnahme dar. Die Ergänzung der Schubhaft durch das Rechtsinstitut des gelinderen Mittels ist einerseits aus Aspekten der Menschrechte ein positives Signal, weil hiermit - so die Rahmenbedingungen gegeben sind - die Freiheitsbeschränkungen Fremder auf ein Mindestmaß reduziert werden können, und andererseits aus ökonomischen Erwägungen durchaus nicht zu vernachlässigen, weil die Kosten für die Unterbringung Fremder in einer 'zugewiesenen Unterkunft' wesentlich günstiger sind als der Vollzug von Schubhaft.
(...)"
3.2. Zusammenfassend ist der Verfassungsgerichtshof daher der Auffassung, dass die in 76 Abs2 Z4 FPG festgelegte Ermächtigung im Lichte des aus dem Bundesverfassungsgesetz vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit erfließenden unmittelbar anwendbaren Gebots der Verhältnismäßigkeit auszulegen ist. Dass es der Gesetzgeber - im Wissen um die Verpflichtung der Behörden. von der Anordnung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist (zur entsprechenden Verpflichtung der unabhängigen Verwaltungssenate vgl auch VfSlg 14.98111997 und 17.288/2004, wonach "im Einzelfall eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft erforderlich ist") - den vollziehenden Behörden (unter der nachprüfenden Kontrolle der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) überlässt, die verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen, belastet die Regelung nicht mit Verfassungswidrigkeit. " (Hervorhebung nicht im Original)
Diesem Erkenntnis folgend ist daher zu beachten, dass auch die Schubhaft gern §76 Abs2 FPG notwendig sein muss, um die in Absatz 2 genannten Ziele zu erreichen. Die Notwendigkeit muss auf bestimmte, auf den Einzelfall bezogene Tatsachen gegründet sein.
Die Schubhaft muss dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen, dh sie ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht ( Art1 Abs3 PersFrG ). Unverhältnismäßigkeit liegt zB dann vor, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit feststeht, dass eine Abschiebung aus faktischen Gründen unmöglich oder aus rechtlichen Gründen unzulässig ist. Weiters ist die Schubhaft insb. dann unverhältnismäßig, wenn gelindere Mittel zur Sicherung des Verfahrens hinreichend währen.
Gemäß §80 Abs1 FPG ist die Behörde verpflichtet, bei Verhängung einer freiheitsberaubenden Maßnahme eine Verhältnismäßigkeitsprüfung anzustellen. Dies hat die BH X, Außenstelle T*********** jedoch erkennbar unterlassen:
Die oben zitierten Ausführungen der belangten Behörde, es sei ?der Schluss zulässig, dass Sie versuchen durch Begehung strafbarer Handlungen ihren Unterhalt zu fristen", ist eine Pauschalverurteilung ohne jede tatsächliche Grundlage und verstößt gegen das im Verfassungsrang stehende Willkürverbot, welches auch auf Nicht-Östereicherinnen Anwendung findet.
Auch eine allenfalls zur Sicherung des Verfahrens gern §10 AsylG verhängte Schubhaft wäre unzulässig, da diesfalls von einem gelinderen Mittel Gebrauch gemacht werden hätte können. in Betracht kommt die Anordnung der Unterkunftnahme in von der Behörde bestimmten Räumen oder die Anordnung, eine Meldeadresse oder einen Zustellungsbevollmächtigten bekannt zu geben. Angesichts der Tatsache, dass sich meine Familie in Österreich befindet, wäre dies für mich auch möglich. Die verhängte Schubhaft ist daher unverhältnismäßig. Auch die Annahme der Behörde, ich würde mich bei Anordnung des gelinderen Mittels dem Zugriff der Behörden entziehen, fußt ? wie oben schon ausgeführt ? auf keinerlei Ermittlungsergebnissen und ist auch durch kein Verhalten meinerseits indiziert.
Wie der UVS im Land Niederösterreich mit Bescheid vom 21.12.2007, ZI: Senat-FR-07- ****, auch feststellt, ist die Voraussetzung für die Anordnung der Schubhaft, dass im Entscheidungszeitpunkt mit Recht angenommen werden kann, der Fremde werde sich dem behördlichen Zugriff entziehen oder diesen zumindest wesentlich erschweren (vgl VwGH vom 08.09.2005, ZI2005/21/0100).
Der UVS führt im genannten Bescheid weiter aus:
?Der Verfassungsgerichtshof hat darüber hinaus klargestellt (vgl Erkenntnisse vom 15,06,2007, B1330/06 und B1331106), dass die Behörden in allen Fällen des §76 Abs 2 FPG unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie einen der Tatbestände des §76 Abs2 FPG gestützt werden soll, stets nur . ?ultima ratio" sein darf.
Im konkreten Fall habe ich offenkundig wahrheitsgemäße Angaben über Identität, seine Flucht nach Österreich, aber auch über meinen bereits in Polen eingebrachten Asylantrag, gemacht. Meine Aussagen dazu stehen mit dem Eurodac-Treffer im Einklang. Ich habe mich gegenüber der belangten Behörde durchaus kooperativ gezeigt und alle Fragen umfassend beantwortet.
Aus dem Umstand, ich sei unter Umgehung der fremden- und grenzkontrollrechtlicher Bestimmungen nach Österreich eingereist, könne meinen Unterhalt nicht bestreiten und wäre nicht im Besitz arbeitsmarkt- oder aufenthaltsrechtlicher Bewilligungen, kann, wie es die Bezirkshauptmannschaft X tut, nicht zwingend geschlossen werden, dass mein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde, trifft diese Einschätzung bei Asylwerbern in dieser Situation doch regelmäßig zu. Ich bin nach meiner Ankunft in Österreich nicht in die Illegalität abgetaucht, sondern habe mich einem behördlichen Verfahren gestellt und habe, soweit dies aus der Aktenlage ersichtlich ist, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes angemessen mitgewirkt. (Hervorhebungen nicht im Original.)
Ich habe wahrheitsgemäße Angaben über Identität, meine Flucht nach Osterreich, und auch über meinen bereits in Polen eingebrachten Asylantrag, gennacht. Ich habe mich gegenüber der belangten Behörde kooperativ gezeigt und alle Fragen umfassend beantwortet.
Gerade im Hinblick darauf, dass meine Familie ebenfalls als Asylwerber im Bundesgebiet aufhältig ist, ist der von der BH X gezogene Schluss, ich würde mich der Vollstreckung fremdenpolizeilicher Maßnahmen entziehen, nicht nachvollziehbar. Dies umsomehr, als im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch aus den anzuwendenden gesetzlichen Grundlagen nicht abgeleitet werden kann, dass alle ?Dublin ?Fälle" in Schubhaft zu nehmen sind.
Der Umstand alleine, dass ein Asylwerber bereits in einem anderen EU-Land die Gewährung von Asyl beantragt hat, rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass er unrechtmäßig in einem anderen Schengenstaat weiterziehen und sich so dem Verfahren entziehen werde, zumal in meinem Fall nicht ?in einem erhöhten Grad" davon auszugehen ist, dass ich untertauchen und mich der möglichen Rückstellung nach Polen entziehen würde,
Inwieweit in meinem Fall von der BH X auch Überlegungen zur Anwendung gelinderer Mittel angestellt wurden ist nicht nachvollziehbar, zumal im Bescheid keine konkrete dahingehende Darlegungen genannt werden.
Es werden daher gestellt die Anträge
der Unabhängige Verwaltungssenat Niederösterreich möge
1.
meine Festnahme,
2.
die Verhängung der Schubhaft und
3.
meine Anhaltung in Schubhaft seit dem 10.1.2008 für rechtswidrig erklären sowie, in
eventu
4. aussprechen, dass die Voraussetzung für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen sowie
5. mir Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung zuerkennen?
Aus dem zur Entscheidung vorgelegten Akt der Behörde erster Rechtsstufe und den darin enthaltenen Unterlagen ergibt sich folgender maßgeblicher Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist russischer Staatsangehöriger, der der Tschetschenischen Volksgruppe angehört und ist am 27.12.2007 über Tschechien illegal und schlepperunterstützt mit dem Kleinbus in das österreichische Bundesgebiet eingereist, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein. Er hielt sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Polen auf, wo ein Asylantrag von ihm gestellt wurde.
Der Beschwerdeführer hat am 27.12.2007 einen Asylantrag gestellt, bezüglich welchem das Bundesasylamt mit Schriftsatz vom 8.1.2008, dem Beschwerdeführer ausgefolgt am 10.1.2008, AZ 0712.*** EAST-Ost, eine Mitteilung gemäß §29 Abs3 Asylgesetz erlassenen hat, wonach beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Internationalen Schutz zurückzuweisen, da Dublin-Konsultationen mit Polen seit dem 7.1.2008 geführt werden. Gleichzeitig wurde das Ausweisungsverfahren eingeleitet.
Der Beschwerdeführer ist laut eigenen Angaben vor der Fremdenpolizeibehörde erster Rechtsstufe laut Niederschrift vom 10.1.2008 am 27.12.2007 schlepperunterstützt und illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist, und zwar mit seiner Frau und seinen drei Kindern. Er hat nach eigenen Angaben am selben Tag um Asyl angesucht. Er wollte nach Österreich, als er sich entschloss, sein Heimatland zu verlassen. Dies deshalb, da er über dieses Land nur Gutes gehört habe. Er habe für sich und seine Familie für die Beförderung von Polen nach Österreich 700 Dollar bezahlt. Er habe während seines Aufenthaltes vom 27.12.2007 bis zum Datum der Einvernahme am 10.1.2008 nach eigenen Angaben im Lager in T*********** gewohnt. Er wollte nicht in Polen bleiben, da dieses Land so nahe bei Russland liege. Nach eigenen Angaben sitze er lieber in Österreich im Gefängnis, als dass er nach Polen gehe. Er wolle auf keinen Fall nach Polen zurück. Er habe durch die Flucht aus dem Dublinstaat Polen seine mögliche Abschiebung in seinen Heimatstaat nicht verhindern wollen. Falls er abgeschoben werde, komme er wieder. Er habe den Behörden im Dublinstaat Polen nicht gesagt, dass er diesen Staat verlassen werde bzw verlassen habe. Bei der Erstbefragung durch die Polizei in Österreich habe er angegeben, dass er in Polen gewesen sei. Er sei in Polen erwischt worden und habe daher dort um Asyl ansuchen müssen. Er habe noch keine Entscheidung bekommen und sei das Asylverfahren in Polen noch nicht abgeschlossen. Er habe nur in Österreich und in Polen um Asyl angesucht. Er habe in Polen den selben Namen angegeben wie in Österreich. In Polen habe er sich eine Woche aufgehalten. Sein Reisepass sei in Polen. Er verfüge hier über einen Inlandspass. Er wolle in Österreich arbeiten, seine Kinder erziehen und in Frieden leben. Er habe noch nie in Österreich gearbeitet, könne keinen potentiellen Arbeitgeber nennen, wisse nichts über den österreichischen Arbeitsmarkt, habe keine Wohnung in Österreich und sei vorher noch nicht in Schubhaft gewesen. Er sei in Russland ein Jahr in Haft gewesen, da ihn ein Militärgericht verurteilt habe, da er einer illegal bewaffneten Gruppierung angehört habe. Er habe in Österreich oder in der EU keine Familienangehörigen. Seine Eltern und seine drei Schwestern lebten in Tschetschenien. Er wolle nicht in ein anderes Land fahren, nach Hause könne er nicht, nach Polen wolle er nicht, illegal wolle er auch nicht in Österreich sein. Wenn er gehen müsse, werde er immer wieder kommen. Zur beabsichtigten Inschubhaftnahme gab der Beschwerdeführer an, dass seine Frau epileptische Anfälle habe und dass, wenn es möglich sei, er bei seiner Familie bleiben wolle. Er fahre sicher nicht nach Polen.
Sein Nervensystem sei lädiert. Er brauche einen Psychologen.
Mit Bescheid vom 10.1.2008, Zl. **S3-F-07 T, verfügte die Bezirkshauptmannschaft X, Außenstelle T***********, betreffend den Beschwerdeführer die Anhaltung in Schubhaft gemäß §76 Abs 2 Z2 und Abs3 sowie §113 Abs1 FPG, um das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung gemäß §10 Asylgesetz 2005 und um die Abschiebung des Beschwerdeführers zu sichern.
Nach umfangreichen Ausführungen hinsichtlich der im Brockhaus vorhandenen Begriffe ?sozial?, ?unsozial?, ?asozial? und ?Integration? und nach Wiedergabe höchstgerichtlicher Judikatur wurde die Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers durch die Fremdenpolizeibehörde erster Rechtsstufe im Wesentlichen damit begründet, dass er kein gültiges Reisedokument besitze und nicht Willens und nicht in der Lage sei, das Bundesgebiet zu verlassen. Eine Ausreise aus eigenem Entschluss und auf legalem Weg sei nicht möglich, sodass eine fremdenpolizeiliche Maßnahme zu treffen sei. Der Beschwerdeführer habe sich möglicherweise unmittelbar vor seiner Einreise nach Österreich in Polen aufgehalten und diesen Staat verlassen, weil er eigentlich nicht in diesen Staat wollte, sondern nach Österreich. Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten gezeigt, dass er sich nicht an die österreichischen und polnischen Einreise-, Aufenthalts- und Ausreisebestimmungen gehalten habe. Da er angegeben habe, auf keinen Fall nach Polen zurückzukehren und auch angegeben habe, dass, falls er abgeschoben werden würde, er wiederum illegal nach Österreich einreisen werde, gehe die Fremdenpolizeibehörde erster Rechtsstufe davon aus, dass er nicht gewillt sei, die österreichischen Gesetze zu respektieren und dass er im Fall einer negativen Asylentscheidung umgehendst untertauchen werde, um sich dem behördlichen Zugriff zu entziehen. Es sei anzunehmen, dass, da der Beschwerdeführer Polen verlassen habe, er dieses Verhalten in Österreich fortsetzen werde, da er angegeben habe, nicht nach Polen zu wollen. Der Beschwerdeführer habe sich nicht einmal um ein Visum bemüht, um legal nach Österreich einzureisen. Da er wisse, dass er sich auf Grund der Dublin II-Verordnung und des gegen ihn eingeleiteten Ausweisungsverfahrens nicht in Österreich niederlassen werde können, sei der Schluss zulässig, dass er sich den Maßnahmen der Fremdenpolizeibehörde entziehen werde. Die Behörde erster Rechtsstufe verwies auf die schlepperunterstützte Einreise des Beschwerdeführers und darauf, dass er nichts über den Arbeitsmarkt wisse und in Österreich keinerlei Integration aufweise. Eine Anwendung des gelinderen Mittels (§77 Abs1 FPG) sei daher auch nicht in Frage gekommen.
In rechtlicher Hinsicht wurde hierüber erwogen:
Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremde im Sinne des §2 Abs4 Z1 FPG.
Gemäß §1 Abs2 FPG sind auf Asylwerber die §§41 bis 43, 53, 58, 68, 69, 72 und 76 Abs1 nicht anzuwenden.
Asylwerber ist ein Fremder ab Einbringung eines Antrages auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens (§1 Z14 Asylgesetz 2005).
Gemäß §82 Abs1 FPG hat der Fremde, wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,
1.
wenn er auch diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
2.
wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz angehalten
wird oder wurde oder
3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.
Zur Entscheidung über die Beschwerde ist gemäß §83 Abs1 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Die Festnahme erfolgte in Niederösterreich, die Behandlung der Beschwerde fällt daher in die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ.
Gemäß §76 Abs2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß §10 Asylgesetz 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn
1. gegen ihn eine durchsetzbare ? wenn auch nicht rechtkräftige ? Ausweisung (§10 Asylgesetz 2005) erlassen wurde;
2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§60) verhängt worden ist oder
4. aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.
Gemäß §76 Abs3 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß §57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß §57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Die Behörde kann gem §77 Abs1 FPG von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.
Als gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden (Abs3).
Nach Abs4 ist die Schubhaft anzuordnen, wenn der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs3 nicht nachkommt oder ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zur Behörde, in der auf dies Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge leistet.
Die Art1, 2 und 3 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl Nr 684/1988, lauten:
1.
Jedermann hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).
2.
Niemand darf aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz
genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden.
3. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist; die persönliche Freiheit darf jedenfalls nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.
Voraussetzung für die Anordnung der Schubhaft ist, dass im Entscheidungszeitpunkt mit Recht angenommen werden kann, der Fremde werde sich dem behördlichen Zugriff entziehen oder diesen zumindest wesentlich erschweren (Verwaltungsgerichtshofentscheidung vom 8.9.2005, ZI 2005/21/0100).
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 8.9.2005, ZI 2005/21/0301, sehr ausführlich mit der Frage der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Verhängung der Schubhaft bzw der Verpflichtung, die Anwendung gelinderer Mittel zu prüfen, auseinandergesetzt. Demnach kann zB fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht rechtfertigen, vielmehr ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob ein Sicherungserfordernis besteht. Das Höchstgericht erachtet ein Sicherungsbedürfnis etwa bei mangelnder beruflicher oder sozialer Verankerung im Inland als gegeben. Nur bei einer derartigen ? oder vergleichbaren Konstellation könne die Befürchtung, es b