Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seinen stellvertretenden Vorsitzenden Mag. Albin Larcher über die Berufung des J. H., vertreten durch W., B., W., Rechtsanwälte in I., XY-Straße 8, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 05.10.2007, Zl LM-93-2007, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird den Berufungen Folge gegeben, das gegenständliche Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis zu LM-93-2007 wurde dem Berufungswerber nachfolgender Sachverhalt vorgeworfen:
?Sie haben es als gemäß § 9 VStG nach außen berufenes Organ für die Firma M. Warenvertriebs GmbH für den Einkauf Obst/Gemüse in der Zentrale in V., XY-Straße 16, zu verantworten, dass, wie anlässlich einer am 21.06.2007 um ca 09:26 Uhr im M. Warenvertriebs GmbH in V., XY-Straße 16, durch ein Organ der Lebensmittelaufsicht für den Bezirk Innsbruck-Land durchgeführten Lebensmittelkontrolle und anschließender Untersuchung der Probe durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Kompetenzzentrum Pflanzenschutzmittelrückstände Innsbruck, U-Zahl XY, festgestellt wurde, bei der vorliegenden Probe mit der Bezeichnung ?ZANI ITALIENISCHE NEKTARINEN? ein Verstoß gegen die Schädlingsbekämpfungsmittel-Höchstwerteverordnung BGBl II Nr 441/2002 vorliegt. Dieses Lebensmittel wurde bei der Probenziehung im Kühllager für den Verkauf bereitgehalten.
Die vorliegende Probe bezeichnet als ?ZANI ITALIENISCHE NEKTARINEN? enthält nach beiliegendem Prüfbericht die Pflanzenschutzmittel-Rückstände Buprofezin und Chlorpyrifos.
Grundlage für die lebensmittelrechtliche Beurteilung von Pflanzenschutzmittel in Lebensmittel ist die Schädlingsbekämpfungs-Höchstwerteverordnung (SchäHöV) BGBl Nr 441/2002 idgF, in bzw auf Nektarinen gelten somit folgende Grenzwerte:
Buprofezin: Ermittelter Wert 0,039 mg/kg, Grenzwert (SchäHöV) 0,01 mg/kg
Chlorpyrifos: Ermittelter Wert 0,023 mg/kg Grenzwert (SchäHöV) 0,2 mg/kg
Die vorliegende Probe weist einen unzulässig hohen Gehalt des Pflanzenschutzmittels Buprofezin auf. Der ermittelte Gehalt von durchschnittlich 0,039 mg/kg liegt über dem zulässigen Grenzwert. Für die Bewertung des Befundes wird eine aus Laborvergleichsuntersuchungen abgeleitete Messunsicherheit von 50 Prozent berücksichtigt und vom Untersuchungsergebnis abgezogen.
Daraus ergibt sich im vorliegenden Fall eine untere Grenze des Streubereiches von 0,019 mg/kg Buprofezin. Der Wert für Buprofezin liegt oberhalb des zulässigen Grenzwertes von 0,01 mg/kg, sodass die Grenzwertüberschreitung für eine entsprechende lebensmittelrechtliche Beanstandung ausreichend sicher ist. Bei Rückständen mit einer Grenzwertüberschreitung wird geprüft, ob ein Gesundheitsrisiko möglich ist. Nach der hier vorliegenden Datenlage ist dies durch die gefundenen Rückstände nicht zu erwarten.
Nach § 3 Abs 1 der Schädlingsbekämpfungsmittel-Höchstwerteverordnung (SchäHöV) BGBl Nr 441/2002 idgF ist es verboten, Lebensmittel pflanzlicher Herkunft, die in der Anlage 1A genannt sind, einzuführen oder in Verkehr zu bringen, wenn die in oder auf ihnen vorhandenen Mengen der dort angeführten Stoffe die festgesetzten Grenzwerte überschreiten. Die Lebensmittelprobe entspricht daher nicht der Schädlingsbekämpfungsmittel-Höchstwerteverordnung (SchäHöV) BGBl Nr 441/2002 idgF.
Nach § 98 Abs 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz BGBl Nr 13/2006 idgF gelten Verordnung auf Grund des LMG 1975 als Verordnungen auf Grund des LMSVG. Die Schädlingsbekämpfungsmittel-Höchstwerteverordnung gilt daher als Verordnung gemäß § 6 Abs 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz BGBl Nr 13/2006 idgF?
Dadurch habe der Beschuldigte zu Zl LM-93-2007 eine Verwaltungsübertretung nach § 90 Abs 3 Z 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz begangen und wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von Euro 350,00 sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens verhängt.
Dagegen erhob der Berufungswerber fristgerecht durch seine ausgewiesenen Vertreter Berufungen und brachte zu Zl LM-93-2007 im Wesentlichen vor, die Firma M. erhalte mit jeder Lieferung und auch über Aufforderung für die gelieferten Obst- und Gemüsesorten Zertifikate von den Lieferanten über stattgehabte Untersuchungen. Diese Untersuchungen würden von zertifizierten Unternehmungen unternommen, die den Leistungen der Ages in Österreich gleichgestellt seien. Ergebe die Untersuchung, dass eine Ware nicht verkehrsfähig gewesen sei, werde der Lieferant verständigt und aufgefordert, verstärkt zu kontrollieren. Im Wiederholungsfalle würde der Erzeuger sogar ausgeschieden. Der Berufungswerber habe bescheinigt, dass ihm nicht einmal fahrlässiges Verhalten anzulasten sei.
Der Berufungswerber brachte durch seine ausgewiesenen Vertreter zusammengefasst vor, er habe genügend Anstrengungen unternommen, um die Gefahren zu verringern. Dies habe er bescheinigt, sodass er vom Vorwurf des Freihaltens von Nektarinen mit überhöhten Werten von Schädlingsbekämpfungsmitteln zu entlasten sei.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erst- und zweitinstanzlichen Verwaltungsstrafakt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen wie folgt:
Am 21.06.2007 wurde von einem Organ der Lebensmittelaufsicht für den Bezirk Innsbruck-Land in einer Betriebsstätte der M. Warenvertriebs GmbH in V., XY-Straße 16, eine Lebensmittelkontrolle durchgeführt, wobei eine Probe von dem Lebensmittel der Bezeichnung ?ZANI ITALIENISCHE NEKTARINEN? gezogen wurde. Dieses Lebensmittel wurde bei der Probenziehung im Kühllager für den Verkauf bereitgehalten. Eine Untersuchung dieser Probe durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH hat ergeben, dass in der Probe das Pflanzenschutzmittel Buprofezin in einem Wert von 0,039 mg/kg vorhanden war, wobei der Grenzwert für einen derartigen Rückstand 0,01 mg/kg beträgt.
Der Berufungswerber veranlasste zweimal im Mai und am 05.06.2007 Untersuchungen von italienischen Nektarinen. Weiters wurde ein Untersuchungsergebnis der A. L. T. C. srl vom 26.06.2007 vorgelegt. Aus den diesbezüglichen Untersuchungszertifikaten geht hervor, dass es keine Beanstandungen gab.
Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich insbesondere aus der Anzeige des Lebensmittelaufsichtsorgans für den Bezirk Innsbruck-Land vom 27.07.2007, Zl XY und den vorgelegten Urkunden.
Rechtliche Beurteilung:
Im gegenständlichen Fall gelangt die Schädlingsbekämpfungsmittel-Höchstwerteverordnung, SchäHöV, BGBl II Nr 441/2002, in der Fassung BGBl II Nr 130/2006, zur Anwendung.
Nach deren § 3 Abs 1 ist es verboten, Lebensmittel pflanzlicher Herkunft, die in der Anlage 1A genannt sind, einzuführen oder in Verkehr zu bringen, wenn die in oder auf ihnen vorhandenen Mengen der dort angeführten Stoffe die festgesetzten Höchstwerte überschreiten.
Nach § 98 Abs 1 LMSVG gelten Verordnungen auf Grund des LMG 1975 und Verordnungen auf Grund des Fleischuntersuchungsgesetzes als auf Grund dieses Gesetzes erlassen.
Nach § 90 Abs 3 Z 2 LMSVG begeht, wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 6, 7 Abs 1, 9 Abs 2, 10 Abs 7 oder 8, 11, 12, 13, 14, 19, 20, 34, 47 Abs 2 oder 57 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu Euro 20.000,00, im Wiederholungsfall bis zu Euro 40.000,00, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.
Nach den getroffenen Feststellungen wies die durch ein Organ der Lebensmittelaufsicht gezogene Probe des Lebensmittels mit der Bezeichnung ?Zani italienische Nektarinen? das Pflanzenschutzmittel Buprofezin in einem Ausmaß von 0,039 mg/kg auf. Nach Anlage 1A der Schädlingsbekämpfungsmittel-Höchstwerteverordnung darf der Höchstwert maximal 0,01 mg/kg betragen.
Der Berufungswerber als für die Abteilung Einkauf Obst/Gemüse der M. Warenvertriebs GmbH gemäß § 9 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter hat die festgestellten Verwaltungsübertretungen daher in objektiver Hinsicht zu verantworten.
Es war daher in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob dem Berufungswerber die angeführten Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht anzulasten sind. Diesbezüglich normiert § 5 Abs 1 VStG, dass zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Im Falle eines Ungehorsamsdeliktes, als welche sich auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen darstellen, tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und entsprechende Beweise vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen (VwGH 24.05.1989, Zl: 89/02/0017 ua).
Diesbezüglich hat der Berufungswerber glaubhaft gemacht, dass hinsichtlich der Pflanzenschutzmittelrückstände an den Nektarinen vom Lieferanten Untersuchungsergebnisse von autorisierten Untersuchungsanstalten vorgelegt wurden, wonach die Lebensmittel nicht beanstandet wurden. Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist insofern von einem ausreichenden Kontrollsystem auszugehen, sodass dem Berufungswerber im Ergebnis kein Verschulden anzulasten ist.
Der Berufungswerber ist jedoch ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Berufungsbehörde davon ausgegangen ist, dass es durchaus einmal eine Saison geben könne, in welcher Lebensmittel vermehrt Pflanzenschutzmittelrückstände aufweisen. Für den Fall, dass es auch künftig zu zahlreichen Wiederholungstaten kommt, ist das vorliegende Kontrollsystem wohl nicht mehr als ausreichend anzusehen.
Es war daher spruchgemäß die Einstellung der Verfahren zu verfügen.