Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung des Herrn Mag. R. H., I., vertreten durch RA K. und P.-S., I., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 09.11.2006, Zl S-7082/06, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird der Berufung Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG zur Einstellung gebracht.
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Sie haben am 17.03.2006 um 23.45 Uhr in Innsbruck, Andechsstraße Höhe Haus Nr 12, wie anlässlich einer Kontrolle festgestellt wurde, sich als Fußgänger vorschriftswidrig auf der Fahrbahn aufgehalten und der Anweisung eines Beamten, die Fahrbahn zu verlassen, nicht Folge geleistet.?
Dem Beschuldigten wurde eine Übertretung nach § 76 Abs 1 StVO zur Last gelegt und wurde ihm gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 50,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens aufgetragen.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte fristgerecht durch seinen Rechtsvertreter Berufung erhoben und in dieser zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, er habe weder den Fahrzeugverkehr behindert, einen Kraftfahrer zur Vollbremsung genötigt und daher auch keine Verwaltungsübertretung im Sinn des § 76 StVO begangen. Es liege kein Verschulden und insbesondere kein fahrlässiges Handeln vor. Es werde daher beantragt das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen.
§ 76 Abs 1 StVO normiert, dass Fußgänger, auch wenn sie Kinderwagen oder Rollstühle schieben oder ziehen, auf Gehsteigen oder Gehwegen zu gehen haben; sie dürfen nicht überraschend die Fahrbahn betreten.
Hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 22.03.1989 ausgeführt, dass wesentliches Tatbestandsmerkmal der Verwaltungsübertretung nach § 76 Abs 1 StVO ist, dass der Beschuldigte die Fahrbahn im konkreten Fall als Fußgänger benützt hat, ?obwohl ein Gehsteig vorhanden war.?
Im gegenständlichen Fall ist der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses aufgrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes als unvollständig zu beurteilen.
§ 31 Abs 1 VStG normiert, dass die Verfolgung einer Person unzulässig ist, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2 und 3) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
§ 44a VStG normiert, dass der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten hat:
1.
die als erwiesen angenommene Tat;
2.
die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
3.
die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
4.
den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;
5.
im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.
§ 45 Abs 1 Z 3 VStG legt fest, dass die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen hat, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.
Im gegenständlichen Fall wurde der Tatvorwurf an den Berufungswerber im gesamten erstinstanzlichen Verfahren nicht dem Konkretisierungsgebot entsprechend ausgeführt. Die Wortfolge ?obwohl ein Gehsteig vorhanden war? die, wie oben ausgeführt wurde, wesentliches Tatbestandsmerkmal der Verwaltungsübertretung nach § 76 Abs 1 StVO ist und daher auch im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses Niederschlag hätte finden müssen, war dort nicht angeführt. Es ist daher der Tatvorwurf nicht dem Konkretisierungsgebot entsprechend ausgeführt gewesen. Die Korrektur wäre nur innerhalb von sechs Monaten, ab Vollendung des Deliktes möglich gewesen. Dies wäre somit 17.09.2006 gewesen. Nunmehr ist Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 Abs 2 VStG eingetreten und war das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG zur Einstellung zu bringen.