Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Ines Kroker über die Berufung des Herrn M. F., XY, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. G. Ü., XY, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 14.01.2008, Zl VK-7690-2007, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c VStG wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 220,00 auf Euro 145,00 (falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Stunden) herabgesetzt wird.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG werden die Kosten des erstinstanzlichen Straferkenntnisses demnach mit Euro 14,50 neu bestimmt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 14.01.2008, Zl VK-7690-2007, wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Tatzeit: 26.06.2007 um 11.13 Uhr
Tatort: Terfens, auf der A12 Inntalautobahn, auf Höhe Strkm. 53,473, in Fahrtrichtung Osten
Fahrzeug: Lkw, XY
Sie haben als Lenker eines Lastkraftwagens beim Nachfahren hinter einem PKW mit Anhänger (Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen) nicht einen Abstand von 50 m eingehalten, obwohl der Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen auf Freilandstraßen nach einem solchen Fahrzeug einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten hat. Der Abstand betrug nur 19 m.
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe in Höhe von Euro 220,00 (falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden) gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und Folgendes vorgebracht:
?Gegen das da. Straferkenntnis vom 14.1.2008, VK-7690-2007, meinem ausgewiesenen Vertreter zugestellt am 16.1.2008, erhebe ich innerhalb offener Frist nachstehende
Berufung
an die im Instanzenzug sachlich übergeordnete Behörde.
Ich fechte dieses Straferkenntnis seinem gesamten Inhalte nach wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und inhaltlicher Rechtswidrigkeit an und führe hiezu aus:
Im angefochtenen Straferkenntnis wird mir zur Last gelegt, dass ich am 26.6.2007 um 11.13 Uhr auf der A12 auf Höhe Strkm. 53,473 die Rechtsvorschrift gem. § 18 Abs 4 StVO verletzt hätte.
Nun ist jedoch dem gesamten Akteninhalt nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Umstände die Hohe Behörde zu dieser Ansicht gelangte; bereits in meiner Stellungnahme vom 13.12.2007 wies ich darauf hin, dass ich um 11.13 Uhr noch rund 1,4 km vom Strkm. 53,473 entfernt war.
Ich lege dieser Berechnung den Akteninhalt und insbesonders die darin befindlichen Videokamera- bzw. Videorekorderaufzeichnungen zugrunde und verweise diesbezüglich auf meine Stellungnahme vom 13.12.2007, welche einen integrierenden Bestandteil dieser Berufung bildet.
Geht man somit von der Richtigkeit der Videoaufzeichnungen aus und geht man weiters davon aus, dass der Anzeigenleger, Herr Insp. P., seine Beobachtung über eine Wegstrecke von 500 m machte, so kommt man zwangsläufig zu dem Ergebnis, dass Tatzeit und Tatort - wie im Straferkenntnis angeführt - nicht übereinstimmen.
Da die Messungen offensichtlich rund eine Minute nach dem mir vorgeworfenen Zeitpunkt (Straferkenntnis 11.13 Uhr, Messungen 11.13.59 Uhr bzw. 11.14 Uhr) durchgeführt wurden, muss zwangsläufig davon ausgegangen werden, dass ich mich um 11.13 Uhr noch nahezu 1,5 km vom Strkm. 53,473 entfernt befand und zu diesem Zeitpunkt weder beobachtet wurde, noch mit Videorekorder oder Videokamera irgendwelche Aufzeichnungen getätigt wurden. Tatsächlich müsste ich mich um 11.13 Uhr ca. auf Höhe des Strkm. 52,000 befunden haben.
Das angefochtene Straferkenntnis entspricht daher keinesfalls den Erfordernissen einer exakten Zeit- und Ortsangabe und ist somit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.
Sollte sich die Hohe Behörde, wider Erwarten, diesen Ausführungen nicht anschließen, so wird in Ausführung der Strafberufung vorgebracht, dass ich niemals aufgefordert wurde, über meine persönlichen Verhältnisse (Einkommens- und Vermögensverhältnisse) Angaben zu tätigen und ist daher die Hohe Behörde zu Unrecht davon ausgegangen, dass meine Einkommens- und Vermögensverhältnisse derart sind, dass die über mich verhängte Geldstrafe Tat und Schuld angemessen ist.
Sohin stelle ich nachstehenden
Berufungsantrag:
Die Hohe Behörde möge in Stattgebung dieser Berufung das angefochtene Straferkenntnis aufheben; in eventu wird eine entsprechende Herabsetzung der verhängten Strafe beantragt.?
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erst- und zweitinstanzlichen Akt.
Von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte abgesehen werden, da im angefochtenen Bescheid eine Euro 500,00 nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und der rechtsfreundlich durch einen Rechtsanwalt vertretene Berufungswerber die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht beantragt hat.
Nachstehender Sachverhalt steht als erwiesen fest:
Der Beschuldigte hat am 26.06.2007 um 11.13.59.15 Uhr auf der A12 bei Strkm. 53,473 im Gemeindegebiet von Terfens (Fahrtrichtung Kufstein) den Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen XY gelenkt und dabei beim Nachfahren hinter einem Pkw mit Anhänger (Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen) nicht einen Abstand von 50 m eingehalten.
Der Abstand betrug nur 19 m.
Oben angeführter Sachverhalt ergibt sich auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Tatort, der Tatzeit und dem gelenkten Fahrzeug ergeben sich aus der Anzeige der Landesverkehrsabteilung Tirol vom 11.07.2007, Zl A1, und dem Schreiben des Meldungslegers vom 19.11.2007, Zl A1, samt Lichtbildern und Messprotokoll. Aus dem zuletzt genannten Schreiben ergibt sich darüber hinaus, dass die Messung durch eine geeichte Videomessanlage, System VKS 3.0, erfolgte. Aus dem Messprotokoll ergibt sich eindeutig, dass zur angegebenen Tatzeit und am angegebenen Tatort der Lenker des Lastkraftwagens mit dem amtlichen Kennzeichen XY zu dem vor ihm fahrenden Personenkraftwagen samt Anhänger nur einen Abstand von 19 m eingehalten hat. Für die Berufungsbehörde besteht kein Hinweis darauf, dass diese Angaben nicht vollständig richtig gewesen wären. Insbesondere ist es einem Organ der Straßenaufsicht zuzubilligen, verwaltungsstrafrechtliche Tatbestände richtig und vollständig festzustellen und wiederzugeben.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:
Die für die gegenständliche Entscheidung wesentliche gesetzliche Bestimmung des § 18 Abs 4 StVO, BGBl Nr 159/1960 idF BGBl Nr 518/1994, lautet wie folgt:
?Der Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen (Lastfahrzeuge, Kraftwagenzüge, Omnibusse udgl) hat auf Freilandstraßen nach einem solchen Fahrzeug einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten.?
Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
1.
die als erwiesen angenommene Tat
2.
die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist
3.
die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung
4.
den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche
5.
im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.
Der Berufungswerber rügt nun, dass das angefochtene Straferkenntnis keinesfalls den Erfordernissen einer exakten Zeit- und Ortsangabe entspreche.
Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 14.01.2008, Zl VK-7690-2007, hat aus folgenden Gründen den Anforderungen nach § 44a VStG Genüge getan:
Dem Berufungswerber ist zwar insofern Recht zu geben, dass die Erstinstanz die Tatzeit unvollständig wiedergegeben hat, als sie nicht, wie aus dem Messprotokoll ersichtlich, eine Tatzeit um 11.13.59.15 Uhr festgestellt hat, sondern lediglich die Tatzeit mit 11.13 Uhr, sohin ohne Angabe der Sekunden, festgelegt hat. Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers ist damit aber die Tatzeit nicht auf 11.13.00 Uhr fixiert, sondern ist damit ein Zeitpunkt innerhalb der Zeitspanne von 11.13.00 Uhr bis 11.13.59 Uhr umfasst.
Diese Ungenauigkeit bei der Konkretisierung der Tat in Ansehung der Tatzeit hat aber dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt wird (vgl VwGH 21.03.1997, 97/02/0071 ua). Im vorliegenden Fall ist die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat bereits ausreichend durch die Festlegung des Tatortes auf der A12 Inntalautobahn auf Höhe Strkm 53,473, in Fahrtrichtung Osten, konkretisiert. In der Annahme der Tatzeit um 11.13 Uhr durch die Erstinstanz (anstatt 11.13.59.15 Uhr) kommt unter dem Gesichtspunkt des Konkretisierungsgebotes des § 44a lit a VStG keine zur Aufhebung des Bescheides führende Bedeutung zu, weil im konkreten Fall durch die Festlegung des Tatortes durch eine genaue Straßenkilometerangabe der Lenker rechtlich davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Aufgrund der oben dargelegten, eindeutigen, Beweisergebnisse steht sohin fest, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht.
Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift, sowie im vorliegenden Fall, über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines ?Ungehorsamsdeliktes? ? als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung sohin darstellt ? tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Dies ist dem Beschuldigten jedoch nicht gelungen. Vielmehr ist in Übereinstimmung mit der Behörde I. Instanz von auffallender Sorglosigkeit auszugehen, zumal gerade von einem Berufskraftfahrer verlangt werden muss, dass er sich an Regeln des Hintereinanderfahrens im Sinne der Straßenverkehrsordnung hält.
Der Beschuldigte hat sohin die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.
Zur Strafhöhe:
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Tat ist jedenfalls erheblich, da die Bestimmungen über das Hintereinanderfahren von Fahrzeugen mit größeren Längsabmessungen der Verkehrssicherheit und der Verkehrsflüssigkeit dienen und insofern von besonderer Bedeutung sind. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass die Missachtung des § 18 Abs 4 StVO immer wieder zu schweren Unfällen führt.
Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.
Bezüglich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wird von den Angaben des Berufungswerbers auf Berufungsebene ausgegangen.
Unter Bedachtnahme auf die oben angeführten Strafzumessungsgründe, insbesondere der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Berufungswerbers (Einkommen von monatlich Euro 1.200,--, teilweise Unterhaltspflicht für die Ehegattin, Vermögen: Mercedes 200 CDI, Bj 2002, Schulden in Höhe von Euro 8.000,00 für Wohnungseinrichtung und Autokauf), und der Tatsache, dass der Berufungswerber unbescholten ist, konnte mit der herabgesetzten Geldstrafe das Auslangen gefunden werden. Es erscheint daher die Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von Euro 145,00 als schuld- und tatangemessen und zumindest erforderlich, um den Berufungswerber in Hinkunft von weiteren derartigen Handlungen abzuhalten.
Eine weitere Herabsetzung der nunmehr festgesetzten Geldstrafe kommt schon als spezial- und generalpräventiven Gründen und aufgrund des hohen Unrechtsgehaltes der Tat nicht in Betracht. Darüber hinaus ist auszuführen, dass für die Anwendung des §§ 20 und 21 Abs 1 VStG die Voraussetzungen nicht vorlagen, zumal zum einen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht wesentlich überwogen haben und auch aufgrund des offensichtlich sorglosen Verhaltens des Beschuldigten von keinem geringfügigen Verschulden auszugehen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.