TE UVS Tirol 2008/02/26 2007/17/1109-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. F.S.L. über die Berufung des Herrn W.Z., W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 17.04.2007, Zl VK-63-2007, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 150,00, zu bezahlen.

 

Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortfolge Sie haben als verantwortlicher durch die Wortfolge Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen befugte Organ gemäß § 9 VStG ersetzt wird.

Text

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

Tatzeit: 02.01.2007 um 08.10 Uhr

Tatort: Musau, B 179, km 46.600

Fahrzeug: Lastkraftwagen, XY

 

Sie haben als verantwortlicher der Firma Z. in W., diese ist Beförderer von Gefahrgut, sich nicht im Rahmen des § 7 Abs 1 GGBG vergewissert, dass die in den schriftlichen Weisungen für den Lenker vorgeschriebene Ausstattung im Fahrzeug mitgeführt wird. Mit der angeführten Beförderungseinheit wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort vom Lenker K.J.J. 480 kg Fluorwasserstoffsäure mit mehr als 60 Prozent Fluorwasserstoff befördert, wobei festgestellt wurde, dass Sie sich nicht vergewissert haben, ob die Ausrüstung laut schriftlicher Weisung im Fahrzeug vorhanden ist, da kein vorgeschriebenes, geeignetes Bindemittel, mitgeführt wurde. Der festgestellte Mangel ist entsprechend den Bestimmungen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Beförderung in die Gefahrenkategorie I einzustufen.

 

Dem Beschuldigten wurde eine Übertretung nach § 27 Abs 3 Z 5 in Verbindung mit § 7 Abs 1 und § 13 Abs 1a Z 7 GGBG zur Last gelegt und wurde ihm gemäß § 27 Abs 3 lit a GGBG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 750,00 sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens aufgetragen.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte fristgerecht Berufung erhoben und in dieser zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt:

 

Er ersuche den Vorfall nochmals zu überprüfen, da der Fahrer J.K. bei der Kontrolle keine Prüfliste nach dem ADR ausgestellt erhalten habe.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen und mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Berufungswerber einvernommen werden konnte.

 

Der Anzeige der Polizeiinspektion Vils vom 02.01.2007 zu Zl XY ist zu entnehmen, dass der Berufungswerber sich nicht im Rahmen des § 7 Abs 1 GGBG als Verantwortlicher der Firma Z., welche Beförderer von Gefahrgut gewesen sei, sicht vergewissert habe, dass die in den schriftlichen Weisungen für den Lenker vorgeschriebene Ausstattung im Fahrzeug mitgeführt werde. Mit der angeführten Beförderungseinheit sei am 02.01.2007 um 08.10 Uhr am angeführten Ort vom Lenker J.J.K. 480 kg Flurwasserstoffsäure mit mehr als 60 Prozent Flurwasserstoff befördert worden, wobei festgestellt worden sei, dass sich der Berufungswerber nicht vergewissert habe, ob die Ausrüstung laut schriftlicher Weisung im Fahrzeug vorhanden sei, da kein vorgeschriebenes geeignetes Bindemittel mitgeführt worden sei.

 

Anlässlich der öffentlichen und mündlichen Berufungsverhandlung teilte der Berufungswerber zu diesen Vorwürfen befragt mit, er habe immer ein Bindemittel mitgehabt, ein neutrales, dass man nicht für Flurwasserstoffsäure habe verwenden können. Anlässlich der Anhaltung durch den Lenker hätte er mit dem Inspektor telefoniert und ihm mitgeteilt, dass er das richtige Bindemittel nachbringe. Er habe nicht gewusst, dass er für den Flurwasserstoff das spezielle Bindemittel benötige. Bei diesem speziellen Bindemittel handle es sich um ein Bindemittel, dass ausschließlich für Gefahrguttransporte verwendet werde. Das andere Bindemittel, dass im Fahrzeug vorhanden gewesen sei, sei ein solches, welches die Feuerwehr benütze, um Öl oder Benzin zu binden. Er selbst habe geglaubt, dass man diesem anderen Bindemittel auch Flurwasserstoffsäure binden könne.

 

Mit E-Mail vom 13. Dezember 2007 teilte der Berufungswerber dann mit, dass anlässlich der Kontrolle das Bindemittel Tijopa im LKW gewesen sei, nunmehr werde das Bindemittel Oildri verwendet.

 

Bei dem Ölbindemittel Tijopa handelt es sich um ein solches, welches zur universellen Bindung von Öl-Lekaschen und bestimmen Chemikalen zur Anwendung gelangt. Es ist schwimmfähig und nicht wasserbelastend. Ölgebundenes Bindemittel, welches auf der Wasseroberfläche schwimmt, sei einfach aufzusaugen und abzuschöpfen. Es ist unbegrenzt lagerfähig (siehe xy).

 

Bei Oil-Dri-Chem-Sorb handelt es sich um ein Granulat aus mehrfach kalzinierter Montmorillonite-Tonerde allerbester Qualität für höchste Ansprüche. Es ist ein hochwertiges Naturmineral für den professionellen Einsatz in der Industrie und der Feuerwehren und absorbiert nahezu alle Flüssigkeiten, dies bei einer enormen Ergiebigkeit. Es kann mehrfach verwendet werden. Chemisch Sorb ist staubarm, chemisch neutral, nicht brennbar, trittfest und ungiftig, Typ III R (www.xy).

 

Bei Flussäure handelt es sich um eine äußerst starke Säure, nämlich um Fluorwasserstoffsäure ab 7 Prozent. Flussäure greift neben Glas auch Metalle, Textilien, Holz usw. an. In geschlossenen Behältern kann sich Überdruck aufbauen. Konzentrierte Flussäure setzt auch bei Zimmertemperatur Dämpfe frei. Flussäure ist sehr giftig beim Einatmen, Verschlucken und der Berührung mit der Haut. Kontakt führt zu Verätzungen, die Anfangs wenig schmerzhaft sein können. Flussäure dringt jedoch zerstörend in tiefere Gewebeschichten vor, heftige Schmerzen stellen sich bei geringer konzentrierter Säure oft erst nach mehreren Stunden ein. Massive Einwirkung ist lebensbedrohlich. Bei Spritzern ins Auge besteht Gefahr der Erblindung, chronische Belastung kann zu Fluorose führen. Flussäure ist wassergefährend.

 

Diese Definition der Flussäure für Gefahren für Mensch und Umwelt wurde der Betriebsanweisung gemäß § 14 GefStoffV, Stand 06.04.2006 entnommen. Ohne größere Kenntnisse der Chemie oder der Physik zu haben, ist dieser Betriebsanweisung zu entnehmen, wie gefährlich Flussäure ist. Umso wichtiger ist es, dass sich Menschen die mit solchen Stoffen in Berührungen kommen bzw. diese transportieren, genau darüber informieren, welche Bedingungen sie bei einem solchen Transport zu erfüllen haben.

 

Hierzu gehört zweifelsfrei auch die einzuholende Information welches Bindemittel im Falle eines Unfalls zum Einsatz gelangen muss.

Dieser Verantwortung kann sich auch der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma Z. nicht entziehen.

 

Der Berufungswerber hat selbst sofort anlässlich der öffentlichen und mündlichen Verhandlung zugegeben, dass er ein anderes Bindemittel mitführen ließ. Er hat zwar angegeben, dass er verwirrende Informationen darüber erhalten hat, welches Bindemittel tauglich sei, doch kann ihn dies nicht entschuldigen und muss er besondere Sorgfalt auch dabei walten lassen von wem er sich solche Informationen beschafft.

 

In rechtlicher Hinsicht erfolgt daher nunmehr Nachstehendes:

 

§ 13 Abs 1a Z 7 GGBG normiert, dass der Beförderer im Rahmen des § 7 Abs 1 GGBG sich zu vergewissern hat, dass die in den schriftlichen Weisungen für den Lenker vorgeschriebene Ausstattung im Fahrzeug mitgeführt wird.

 

Dies ist im gegenständlichen Fall unterlassen worden. Der Beförderer hat sich nicht vergewissert, welches Bindemittel der Lenker in seinem Fahrzeug eigentlich mitzuführen gehabt hätte. Er hat daher, dass ihm zur Last gelegte Delikt zu verantworten.

 

§ 27 Abs 3 Z 5 GGBG normiert Geldstrafen von Euro 750,00 bis 50.000,00, wer als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 13 Abs 1 Z 7 GGBG befördert und wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Bestrafe bedroht ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist a) wenn die Übertretung gemäß § 15 a in Gefahrenkategorie I einzustufen ist, mit einer Geldstrafe von Euro 750,00 bis 50.000,00 zu bestrafen (im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen).

 

Die Bestimmung des § 15a GGBG normiert Folgendes:

 

(1) Bei Kontrollen gemäß § 15 GGBG festgestellte Mängel sind entsprechend den Bestimmungen der nachstehenden Absätze und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der jeweiligen Beförderung in Gefahrenkategorie I, II oder III einzustufen. Dabei sind, soweit zutreffend, die in Anhang II der Richtlinie 95/50/EG über einheitliche Verfahren für die Kontrolle von Gefahrguttransporten auf der Straße, ABl Nr L 249 vom 17.10.1995, S 35, in der Fassung der Richtlinie der Kommission 2004/112/EG, ABl Nr L 367 vom 14.12.2004, S 23 zu den einzelnen Gefahrenkategorien angegebene Beispiele heranzuziehen. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat darüber hinaus einen Mängelkatalog mit Empfehlungen für die Einstufung von Mängeln in die Gefahrenkategorien auszuarbeiten und den gemäß § 15 in Betracht kommenden Behörden und Organen zur Verfügung zu stellen.

 

(2) In Gefahrenkategorie I ist einzustufen, wenn der Mangel geeignet sein könnte, eine große Gefahr des Todes oder der schweren Verletzung von Personen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt herbeizuführen.

 

Die Erstbehörde hat gemäß § 15a GGBG den festgestellten Mangel, nämlich das fehlende Bindemittel in die Gefahrenkategorie I der Richtlinie 2004/112, der Kommission vom 13.12.2004 eingestuft. Gemäß dieser Richtlinie sind Verstöße der Gefahrenkategorie immer dann gegeben, wenn der Verstoß gegen die einschlägigen ADR Bestimmungen eine große Gefahr des Todes oder schweren Verletzung von Personen oder eine erhebliche Schädigung der Umwelt herbeizuführen geeignet ist, sodass in der Regel unverzüglich die geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahr ergriffen werden müssen. Diese Richtlinie wurde im Gefahrgutbeförderungsgesetz insbesondere in § 15a umgesetzt. Entsprechend dieser Bestimmung hat der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie einen Mängelkatalog mit der Empfehlung für die Einstufung von Mängel in die Gefahrenkategorien ausgearbeitet und den gemäß § 15 in Betracht kommenden Behörden und Organen zur Verfügung gestellt (Mängelkatalog, Gefahrgut BMVIT-REM O, vom 19.05.2005). Entsprechend der Einstufungskriterien die sich aus der obgenannten Richtlinie und dem Mängelgefahrgut entnehmen lassen, ist die dem Berufungswerber zur Last gelegte Übertretung, nämlich das fehlende richtige Bindemittel zweifelsfrei in die Gefahrenkategorie I einzustufen. Es kommt daher die Mindeststrafe von Euro 750,00 zum Tragen. Ein Unterschreiten dieser Mindeststrafe ist im gegenständlichen Fall nicht möglich, da keinesfalls davon gesprochen werden kann, dass das Verschulden des Berufungswerbers geringfügig und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die finanziellen Gegebenheiten des Berufungswerbers sind zwar keinesfalls erfreulich, trotzdem musste aufgrund des zuvor ausgeführten, nämlich aufgrund der Folgen, die die mangelnde Bindung der Fluorwasserstoffsäure anlässlich eines Unfalles nach sich ziehen würden, und die so gravierend und unter Umständen dermaßen gefährlich für die Menschen sein können, dass keinesfalls von unbedeutenden Folgen gesprochen werden kann, das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Diese, Definition, der, Flussäure, für, Gefahren, für, Menschen, und, Umwelt, wurde, der, Betriebsanweisung, gemäß, § 14, GefStoffV, Stand, 06.04.2006, entnommen, Ohne, größere, Kenntnis, der, Chemie, oder, der, Physik, ist, dieser, Betriebsanweisung, zu, entnehmen, wie, gefährlich, Flussäure, ist, Umso, wichtiger, ist, es, dass, sich, Menschen, die, mit, solchen, Stoffen, in, Berührungen, kommen, bzw, diese, transportieren, genau, darüber, informieren, welche, Bedingungen, sie, bei, einem, solchen, Transport, zu, erfüllen, haben
Zuletzt aktualisiert am
22.10.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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