Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Peter Nußbaumer über die Berufung von Herrn Dipl.Kfm. Michael T., Boessuerstr 36e, D-R., vertreten durch die Z. & Z. Rechtsanwälte OG, N., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 7.5.2007, Zahl 30308/369-8909-2007.1, folgendes
Erkenntnis:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben. Das Verwaltungsstrafverfahren wird gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Begründung:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten Folgendes vorgeworfen:
"Angaben zur Tat:
Zeit der Begehung: 30.1.2007
Ort der Begehung: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung
Karl-Wurmb-Straße 17, S.
Fahrzeug: KFZ, XXX. (D)
* Sie haben es als Geschäftsführer und somit als gemäß § 9(1) VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma L. GmbH, aus Auskunftsperson des Kraftfahrzeuges ist, zu verantworten, dass auf schriftliches Verlangen der Behörde vom 11.1.2007, ordnungsgemäß zugestellt, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung keine Auskunft darüber erteilt wurde, wer am 13.10.2006 um 19:53 Uhr, das Kraftfahrzeug in Hallwang, A1, Strkm. 284.680, Richtung Salzburg, gelenkt hat.
Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretung begangen:
* Übertretung gemäß § 103(2) Kraftfahrgesetz iVm § 9(1) VStG
Deshalb wird gegen Sie folgende Verwaltungsstrafe verhängt:
Strafe gemäß: § 134(1) Kraftfahrgesetz Euro 330,00
Ersatzfreiheitsstrafe: 108 Stunden"
Der Beschuldigte hat durch seine ausgewiesene Vertreterin hiegegen rechtzeitig schriftliche Berufung eingebracht. Die Begründung ist nicht weiter verfahrensrelevant.
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg hat hiezu gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied erwogen:
Gemäß § 103 Abs 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Gemäß § 103a Abs 1 Z 3 KFG hat der Mieter eines Fahrzeuges (bei Vermietung ohne Beistellung eines Lenkers) die Pflichten des § 103 Abs 2 anstelle des Zulassungsbesitzers zu erfüllen. Gemäß § 103a Abs 2 KFG gilt bei Vermietung ohne Beistellung eines Lenkers § 103 Abs 2 sinngemäß für die Erteilung der Auskunft hinsichtlich der Person des Mieters.
Im vorliegenden Fall hat das Landespolizeikommando Salzburg zur Anzeige gebracht, dass der unbekannte Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen XXX. (D) am 13.10.2006, 19:53 Uhr, in Hallwang, Westautobahn ? A1, bei Strkm 284,680, Fahrtrichtung Salzburg, die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritten hat. Die Zulassungsbesitzerin dieses Fahrzeuges, die S. GmbH, mit Sitz
Auf der Platte 6, R., wurde sohin gemäß § 103 Abs 2 KFG von der Behörde um Auskunft ersucht, wer das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt gelenkt hat. Diese hat daraufhin die Auskunft erteilt, dass die L. GmbH, Bischof-von-Henle-Straße 2b, R., die gewünschte Auskunft erteilen könne.
Die L. GmbH wurde darauf mit Auskunftsersuchen der Erstbehörde vom 11.1.2007 als von der Zulassungsbesitzerin benannte Auskunftsperson gemäß § 103 Abs 2 KFG ersucht mitzuteilen, wer dieses Fahrzeug zum vorhin angeführten Zeitpunkt gelenkt hat. Die Rechtsvertretung der L. GmbH hat darauf die Mitteilung gemacht, dass es nicht möglich sei, die verlangte Auskunft zu erteilen, weil es sich um ein Firmenfahrzeug handle, dass von verschiedenen Mitarbeitern der Firma benützt werde. Es könne in der Firma nicht mehr nachvollzogen werden, wer zum fraglichen Zeitpunkt das Fahrzeug gelenkt habe. Erst im weiteren Ermittlungsverfahren nach Einleitung des Strafverfahrens teilte die Rechtsvertretung der S & L GmbH, Hohengebrachinger Str. 18, P. mit, dass das Fahrzeug von der S & L GmbH an die Firma L. GmbH verleast worden sei. Das Fahrzeug sei am Tattag 13.10.2006 von den Geschäftsführern Herrn Dkfm. Hans-Peter H. und Herrn Reinhard L., Firma L. GmbH, geführt worden. Da sich die vorgenannten Personen beim Führen des Fahrzeuges abgewechselt hätten, könnten sie keine Angaben machen, wer das Fahrzeug um 19:53 Uhr gelenkt habe.
Rechtlich folgt daraus:
Nach § 103 Abs 2 KFG hat der Zulassungsbesitzer eines Fahrzeuges über Anfrage der Behörde Auskunft darüber zu erteilen, wer das für ihn zugelassene Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat. Kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann; diese trifft dann die Auskunftspflicht.
Gemäß § 103a Abs 2 KFG hat der Zulassungsbesitzer - bei Vermietung ohne Beistellung eines Lenkers ? die Person des Mieters zu benennen.
Die Benennung einer Auskunftsperson bedeutet im konkreten Zusammenhang, dass der Zulassungsbesitzer eines Fahrzeuges jene Person zu benennen hat, bei der er unter den vorhersehbaren Verhältnissen davon ausgehen kann, dass diese die Auskunft zu erteilen vermag. Es darf dabei nicht jedwede Person als Auskunftsperson angesprochen werden, die faktisch Informationen zum Lenker hat, sondern nur eine solche, der das Fahrzeug überlassen war oder die auf andere Weise über das Fahrzeug verfügen konnte (zB der Fuhrparkverantwortliche, vgl VwGH 28.6.1991, 91/18/0071). Als Auskunftsperson kommt nur eine einzige Person in Frage und ist bereits die Angabe einer Mehrzahl von Personen, denen das Fahrzeug überlassen wurde, als nicht dem Gesetz entsprechend zu werten (vgl VwGH 03.09.2003, 2002/03/0012). Der Auskunftsperson steht es zudem nicht offen, eine weitere Auskunftsperson namhaft zu machen, weil dem Zweck des Gesetzes eine sogenannte "Auskunftspersonenkette" entgegen steht (vgl VwGH 14.7.2000, 2000/03/0065).
Die S & L GmbH als Zulassungsbesitzerin hätte daher ihre Verpflichtung aus § 103 Abs 2 KFG und § 103a Abs 2 KFG dadurch erfüllen können, dass sie den Lenker, eine bestimmte Person, die tatsächlich die Auskunft erteilen kann, oder den Mieter des Fahrzeuges benennt. Vorliegend wurde aber die L. GmbH als ?Auskunftsperson? geführt, obwohl damit eine konkrete (natürliche) Person, welche die Auskunft erteilen kann, nicht gemein sein konnte; die Eigenschaft der L. GmbH als Mieterin wurde überhaupt verschwiegen. Die Halterin hat damit ihrer gesetzlichen Auskunftspflicht nicht im erforderlichen Umfang entsprochen (vgl VwGH 19.6.1991, 90/03/0164).
Die Auskunftspflicht der benannten Auskunftsperson bzw des Mieters eines Fahrzeuges ist eine eigenständige gegenüber jener des Zulassungsbesitzers. Die Frage, in welcher Funktion eine Person die Pflichten aus § 103 Abs 2 KFG und § 103a KFG treffen, bestimmt sich folglich nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht bloß danach, ob sie vom Zulassungsbesitzer in dieser Weise bezeichnet wurde. Nur eine Person, die weiß, dass ihr ein Fahrzeug vom Halter als Verfügungsberechtigter (=Auskunftspflichtiger) oder Mieter überlassen wurde, kann sich auf ein mögliches Auskunftsverlangen der Behörde auch einstellen (zB durch das Führen von Aufzeichnungen).
Das Auskunftsverlangen der Erstbehörde wäre daher an die L. GmbH als Mieterin zu richten gewesen und wäre der Beschuldigte als deren handelsrechtlicher Geschäftsführer zur Verantwortung zu ziehen gewesen und nicht als Organ der vermeintlichen Auskunftsperson.
Die vorliegende Bestrafung des Beschuldigten als verantwortliches Organ der "Auskunftsperson" entbehrt daher einer gesetzlichen Grundlage, weshalb das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen war.