Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung des Herrn E. H., XY-Weg 44 A, K., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 16.04.2007, Zl VK-3809-2007, betreffend den Ausspruch einer Ermahnung wegen eine Übertretung nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG), wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 16.04.2007, Zl VK-3809-2007, wurde Herrn E. H., Kitzbühel, nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:
?Tatzeit: 9.02.2007
Tatort:
Fahrzeug: KFZ, XY
Sie haben es als Benutzer eines Fahrzeuges mit einem ausländischen Kennzeichen unterlassen, den Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln nach Ablauf eines Monats nach der Einbringung des Fahrzeuges nach Österreich der Behörde in deren Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern, obwohl Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dauerndem Standort im Inland anzusehen sind.?
Dadurch habe der Beschuldigte gegen § 82 Abs dritter Satz KFG verstoßen. Von der Verhängung einer Geldstrafe hat die Erstinstanz abgesehen und gemäß § 21 VStG gegen den Beschuldigten eine Ermahnung ausgesprochen.
Dagegen hat Herr E. H. fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin begründend ausgeführt wie folgt:
?Sehr geehrter Herr H.,
wie heute bereits telefonisch besprochen, erhebe ich Einspruch gegen die unter og Geschäftszahl erhaltene Ermahnung. Eine Einbringung des Fahrzeuges nach Österreich kann nicht erfolgen, da das KFZ weder rechtlich noch wirtschaftlich in meinem Eigentum steht. Die Rechtmäßigkeit wurde vom BMF überprüft und mit dem Ihnen heute gefaxten Schreiben vom 15. März 2007 bestätigt.
Ebenso teile ich Ihnen mit, dass für das Motorrad, ehemals XY nach der Typisierung die NOVA bezahlt wurde und am 27.04.2007 unter dem Kennzeichen XY bereits zugelassen wurde.
Ich bitte um Bestätigung Ihrerseits, dass die Angelegenheit somit erledigt ist.?
Der Berufung beigeschlossen wurde ein Schreiben des Finanzamtes Kitzbühel, derzufolge für das betreffende Fahrzeug kein dauernder Standort in Österreich vorliegt und deshalb keine NOVA-Pflicht besteht.
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
A) Rechtsgrundlagen:
Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen von Relevanz:
?1. Kraftfahrgesetz 1967, BGBl Nr 267/1967, in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 99/2006:
§ 82
Verwendung von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit
ausländischem Kennzeichen
....
(8) Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.
2. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 5/2008:
§ 44a
Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
1. die als erwiesen angenommene Tat;
....
3. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr 51/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 5/2008:
§ 66
?..
(4) Außer dem in Abs 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.?
B) Rechtliche Beurteilung:
0Gemäß der Bestimmung in § 44a Z 1 VStG ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass einerseits die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandselemente ermöglicht wird, und andererseits die Identität der Tat (z B nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vgl VwGH verst. Senat vom 13.06.1984, Slg Nr 11.466/A). Die Tat muss dem Beschuldigten dabei in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen werden, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind im Spruch die wesentlichen Tathandlungen entsprechend konkret anzuführen und nicht mit den Worten des Tatbestandes (vgl VwGH 26.05.1992, Zl 88/05/0263).
Diesen Erfordernissen trägt die vorliegende Ermahnung nach Ansicht der Berufungsbehörde in mehrfacher Hinsicht nicht Rechnung.
Der angefochtene Bescheid beschränkt sich im Wesentlichen auf den allgemeinen Vorwurf, dass es der Berufungswerber als Benutzer eines Fahrzeuges mit einem ausländischen Kennzeichen unterlassen habe, den Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln nach Ablauf eines Monats nach der Einbringung des Fahrzeuges nach Österreich der Behörde, in deren Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern und wird im Übrigen die Regelung über die Standortvermutung gemäß § 82 Abs 8 KFG wiedergegeben. Konkrete Tatanlastungen, die die Standortvermutung begründen können, nämlich dass der Beschuldigte seinen Hauptwohnsitz im Inland hat und wo, bzw. dass er das betreffende Fahrzeug ins Inland eingebracht oder im Inland verwendet hat, fehlen ebenso wie nähere Angaben zum Zeitpunkt der Einbringung des Fahrzeuges ins Inland. Bei der betreffenden Verwaltungsübertretung handelt es sich außerdem um ein Dauerdelikt. Bei einem Dauerdelikt ist aber grundsätzlich der von der Behörde angenommenen Tatzeitraum des inkriminierten Verhaltens im Spruch anzuführen (vgl VwGH 18.11.1983, Zl 82/04/0156 ua).
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig.
Eine Berichtigung des Schuldspruches durch die Berufungsbehörde war nicht möglich. Gemäß § 66 Abs 4 AVG (diese Vorschrift findet zufolge des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung) hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. ?Sache? im Sinne dieser Gesetzesstelle ist, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat (vgl etwa VwGH 22.02.1996, 95/06/0031), die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde bildet. Demnach darf aber die Berufungsbehörde ohne Überschreitung ihrer Befugnis nur die Frage prüfen, ob der Beschuldigte die ihm von der Erstbehörde angelastete Tat begangen hat oder nicht. Hingegen fehlt der Berufungsbehörde die Sachbefugnis zur Wahrnehmung einer dem Beschuldigten von der Erstbehörde nicht vorgeworfenen bzw von dieser nicht als erwiesen angenommenen Tat. Der Prozessgegenstand der Berufungsentscheidung wird also durch jene Verwaltungssache beschränkt, welche der unteren Instanz vorgelegen hat (VwGH 15.11.1994, Zl 92/07/0139 ua).
Nach Ansicht der Berufungsbehörde würde es nun über eine zulässige Präzisierung hinausgehen und würde die Berufungsbehörde ihrer Prüfbefugnis überschreiten, wenn erstmals im Berufungserkenntnis die vorerwähnten konkreten Tatanlastungen in den Spruch des Bescheides aufgenommen würden.
Der Berufung war daher bereits aus diesem Grund und ohne weitere Prüfung des Berufungsvorbringens Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis zu beheben. Nachdem es sich bei der betreffenden Verwaltungsübertretung, wie erwähnt, um ein Dauerdelikt handelt, war von der endgültigen Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen. Sollte nämlich die Erstinstanz ungeachtet der Stellungnahme des Finanzamtes Kitzbühel nach wie vor von einem strafbaren Verhalten ausgehen, wäre ihr, nachdem die Kennzeichentafeln und der Zulassungsschein bislang offenbar noch nicht abgegeben wurden, eine neuerliche Strafverfolgung möglich.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.