TE UVS Steiermark 2008/04/02 47.10-11/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.04.2008
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn O B, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. J K, H 25/I, F, gegen den Bescheid des Magistrates Graz vom 15.02.2008, GZ.: A5-954/2007-1, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit §§ 28 und 35 Abs 1 Stmk. Sozialhilfegesetz (im Folgenden SHG) wird der Berufung Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid behoben.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufungswerber gemäß § 28 SHG verpflichtet, dem Sozialhilfeträger Stadt Graz den Betrag von ? 373,16 zu ersetzen, da diesem durch Gewährung der Sozialhilfe an B G, geb. am 13.03.1970, Kosten in der Höhe von ?

1.522,80 für die Zeit vom 01.10.2005 bis 31.01.2006 entstanden seien. Begründet wurde dieser Bescheid ausschließlich damit, dass nach § 28 SHG der Sozialhilfeempfänger, seine nach bürgerlichem Recht zum Unterhalt verpflichteten Eltern, Kinder oder Ehegatten grundsätzlich verpflichtet seien, die durch die Hilfeleistung entstandenen Kosten aus ihrem Einkommen bzw ihrem Vermögen zu ersetzen. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben und ausgeführt, dass der Sohn des Berufungswerbers G B 38 Jahre alt sei und der Berufungswerber seinem Sohn seinerzeit eine Lehre als Steinmetz ermöglicht und die Ausbildung finanziert habe. G B habe die Lehre abgeschlossen und den Beruf infolge auch ausgeübt. Wenn nunmehr G B trotz abgeschlossener Berufsausbildung und eingetretener Selbsterhaltungsfähigkeit nicht Willens sei ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften, da er für fünf Kinder unterhaltspflichtig sei, so vermöge dies den Berufungswerber nicht zu belasten und ein Wiederaufleben der Unterhaltspflicht nicht zu bewirken. Da der Berufungswerber nicht unterhaltspflichtig sei, fehle es auch dem Rückersatzanspruch an jeglicher Grundlage. Dieser Standpunkt sei auch im Ermittlungsverfahren bei der Erstbehörde deponiert worden. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark legt der gegenständlichen Entscheidung, die gemäß § 67d Abs 1 AVG auf Grund der Aktenlage und sohin ohne Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung getroffen werden konnte, unter Berücksichtigung der im Anlassfall maßgeblichen Bestimmungen des SHG, folgende Erwägungen zu Grunde: Vom Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark wurde ein Versicherungsdatenauszug ab 01.10.2005 sowie eine Bestätigung über den Arbeitslosengeldbezug beim Arbeitsmarktservice Graz für G B angefordert. G B, geb. am , ist der Sohn des Berufungswerbers und der Vater von fünf Kindern. Am 19.08.2005 stellte er bei der Marktgemeinde D den Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gemäß § 7 SHG, aus welchem sich ergibt, dass er eine Schul- und Berufsausbildung (Pflichtschule und Berufschule) hat und zur Zeit der Antragstellung als Transitarbeiter bei der Firma B GmbH, G, ? 916,53 verdiene. Zum Zeitpunkt der Antragstellung bewohnte er als Hauptmieter drei Zimmer in D Nr. 159. Aus den Gehaltsnachweisen von Juni und Juli 2005 ergibt sich, dass G B auch in diesen Monaten bei der B GmbH in G beschäftigt war und Einkommen erzielte. Vom 01.10.2005 bis 30.11.2005 bezog G B Arbeitslosenunterstützung in Höhe von täglich ? 23,28, vom 01.12.2005 bis 05.02.2006 täglich ? 24,25. Anschließend war der Berufungswerber wiederum als Arbeiter über die M Personal Service und Handels GmbH NFG. KG in R laut Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung beschäftigt. Diese Feststellungen stützen sich, wie bereits ausgeführt, auf den Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung, der Mitteilung des Arbeitsmarktservice Graz über die Arbeitslosenunterstützung sowie den erstinstanzlichen Akt und den darin enthaltenen Lohn- und Gehaltsabrechnungen bzw den Antrag auf Sozialhilfeunterstützung. Rechtliche Beurteilung: Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 35 Abs 1 SHG ist Behörde erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde. Über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde betreffend den Ersatz für Aufwendungen der Sozialhilfe (5. Abschnitt mit Ausnahme der Rückersatzansprüche Dritter für Hilfeleistungen) entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat. Über sonstige Berufungen entscheidet die Landesregierung. Gemäß § 28 SHG hat der Sozialhilfeträger die Möglichkeit, den Ersatz für Aufwendungen von Sozialhilfe von den nach bürgerlichem Recht zum Unterhalt für den Hilfeempfänger verpflichteten Eltern, Kindern oder Ehegatten ersetzt zu verlangen. Die Frage des bürgerlich rechtlichen Unterhaltsanspruches des Sozialhilfeempfängers ist von den Behörden als Vorfrage zu lösen (VwGH 04.05.1999, Zl. 97/08/0059). Dabei ist vorerst einmal davon auszugehen, dass im bürgerlichen Recht die Unterhaltspflichten wie folgt geregelt sind: Gemäß § 140 Abs 1 ABGB haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen. Gemäß § 140 Abs 2 ABGB leistet der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist oder mehr leisten müsste, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre. Gemäß § 140 Abs 3 ABGB mindert sich der Anspruch auf Unterhalt insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist. Dazu ist auszuführen, dass die Selbsterhaltungsfähigkeit unabhängig vom Kindesalter dann eintritt, wenn das Kind die bei selbstständiger Haushaltsführung für eine Deckung des angemessenen Lebensbedarfes erforderlichen Mittel entweder aus Vermögenserträgen besitzt, selbst erwirbt oder aufgrund zumutbarer Beschäftigung zu erwerben im Stande ist. Der Berufungswerber brachte vor, dass er G B, welcher 1970 geboren ist, seinerzeit eine Lehre als Steinmetz ermöglicht und die Ausbildung finanziert hat und die Lehre von G B auch abgeschlossen wurde. G B habe in der Folge den Beruf auch ausgeübt. Aus dem erstinstanzlichen Akt ergibt sich nichts Gegenteiliges und hat auch die Erstbehörde bei Aktenvorlage zu diesen Berufungsausführungen keinerlei Einwand erhoben. Es ist daher davon auszugehen, dass G B nach Abschluss der Lehre die Selbsterhaltungsfähigkeit erlangt hat. Es bleibt daher zu prüfen, ob ein Wiederaufleben der elterlichen Unterhaltspflicht durch Wegfall der Selbsterhaltungsfähigkeit stattgefunden hat. Dies könnte allenfalls durch eine längerfristige Unmöglichkeit der Berufsausübung etwa wegen Krankheit oder Arbeitslosigkeit der Fall sein. Eine längere Krankheit des G B ergibt sich aus dem Akteninhalt nicht und zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Sozialhilfeunterstützung am 19.08.2005 war G B auch nicht arbeitslos, sodass zu diesem Zeitpunkt jedenfalls die Selbsterhaltungsfähigkeit noch bejaht werden muss. Zwischen 01.10.2005 und 05.02.2006 war G B arbeitslos, hatte jedoch Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung, welche er vom Arbeitsmarktservice Graz auch erhielt. Dazu ist laut ständiger Judikatur der Gerichte festzuhalten, dass eine Einkommensminderung bloß vorübergehender Art noch nicht den Verlust der einmal eingetretenen Selbsterhaltungsfähigkeit und das Wiederaufleben der Unterhaltspflicht zur Folge hat (OGH 28.01.1997, Zl. 1 Ob 2307/96p). G B hat offensichtlich auch alle zumutbaren und sinnvollen Anstrengungen zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes unternommen, da ab Februar 2006 wiederum eine Beschäftigung aufgenommen wurde. Da somit von einer längerfristigen Unmöglichkeit der Berufsausübung wegen Krankheit oder Arbeitslosigkeit bei G B nicht gesprochen werden kann und während der Zeit der Arbeitslosigkeit auch eine soziale Absicherung durch Ausbezahlung der Arbeitslosenunterstützung für G B vorhanden war, löste die 4-monatige Arbeitslosigkeit noch keine elterliche Unterhaltspflicht aus. Daran vermag auch der Umstand, dass G B selbst Unterhaltspflichten für seine Kinder zu tragen hat und daher das von ihm erzielte Einkommen nicht ausreichte, seinen eigenen Unterhaltspflichten allenfalls nachzukommen bzw die Wohnversorgung sicher zu stellen, nichts zu ändern. Die Unterhaltspflicht der Großeltern gegenüber ihren Enkeln ist nämlich mehrfach subsidiär. Sie greift nur ein, wenn beide primär verpflichtenden Elternteile nicht oder nicht ausreichend im Stande sind, für den Unterhalt des Kindes aufzukommen. Wobei noch zu prüfen ist, ob das Vermögen für den Unterhalt verwendet werden kann und der eigene angemessene Unterhalt der Großeltern nicht gefährdet würde. Die Frage stellt sich jedoch im vorliegenden Fall gar nicht, da die Selbsterhaltungsfähigkeit nur hinsichtlich des Sohnes G B zu prüfen war, da er auch der Hilfeempfänger war und die Selbsterhaltungsfähigkeit sich nur auf die Frage bezieht, sich selbst erhalten zu können und die den eigenen Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse zu decken. Da somit im Zeitraum 01.10.2005 bis 31.01.2006 nicht von einer Unterhaltspflicht des Berufungswerbers gegenüber seinem Sohn auszugehen ist, war auch die Verpflichtung zum Aufwandersatz gemäß § 28 Z 2 SHG nicht gegeben und spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Rückersatz Eltern Vater Einkommensminderung Arbeitslosenunterstützung vorübergehend Unterhaltspflichten Selbsterhaltungsfähigkeit
Zuletzt aktualisiert am
04.02.2009
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten