TE UVS Tirol 2008/04/08 2008/20/0240-1

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Veröffentlicht am 08.04.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung des Herrn C. F., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 17.12.2007, Zl SI-354-2007, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 13.09.2007 um 19.10 Uhr in Reutte auf der Auffahrt zur B179 von Reutte kommend, ca 50 m vor der Einmündung den Pkw mit dem Kennzeichen XY gelenkt und dadurch eine andere Person, Insp. J., durch beleidigende Worte verspottet bzw beschimpft und ihn dadurch in seiner Ehre gekränkt.

 

Dadurch habe er gegen § 20 lit c Tiroler Landes-Polizeigesetz verstoßen und wurde über ihn gemäß § 21 Abs 1 leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 58,00 unter gleichzeitiger Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe sowie eines Verfahrenskostenbeitrages verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde innerhalb offener Frist vom Beschuldigten Berufung erhoben. Diese wurde damit begründet, dass er die vorgeworfene Tat nicht begangen habe und daher ?eine Bestrafung nicht erforderlich und zudem rechtswidrig? sei. Der ?Tathergang in geschilderter Form? werde ausdrücklich bestritten. Selbst wenn man sich auf die Darstellung des Insp. J. einlassen würde, wäre eine ?Beleidigung? bzw ?Verspottung? nicht erkennbar. Zur Erfüllung des Tatbestandes wäre eine direkte Ansprache und/oder eine bezughabende Äußerung gegenüber Dritten erforderlich. Dies sei nach eigener Darstellung ?als der Lenker glaubte, unbeobachtet zu sein? ausgeschlossen. Er selbst habe jedenfalls, von der Obrigkeit allein gelassen, die Zeit der Personenüberprüfung im AGM-Bus genützt, um von der Beifahrertüre aus ein Messgerät zu suchen, welches sich ein Kollege zuvor geliehen hätte und welches er nicht finden hätte können. Wenn sich der Anzeiger still und leise zur Fahrertür anschleiche und quasi im Lauschangriff allenfalls dazu geartete Unmutsäußerungen auf sich selbst beziehe, so könne ihm dies nicht angelastet werden und sei als Begründung zur Verhängung einer Strafe mangels Logik und mangels Tragfähigkeit völlig ungeeignet.

 

Gemäß § 20 lit c Tiroler Landes-Polizeigesetz begeht eine Ehrenkränkung, wer vorsätzlich einen anderen beschimpft, verspottet, am Körper misshandelt oder mit einer körperlichen Misshandlung bedroht.

 

Gemäß § 21 Abs 1 TLPG sind Ehrenkränkungen als Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe bis zu Euro 250,00 zu bestrafen.

 

Gemäß § 21 Abs 3 leg cit sind Ehrenkränkungen nur zu verfolgen und zu bestrafen, wenn der Verletzte binnen sechs Wochen von dem Zeitpunkt an, in dem er Kenntnis erlangt, bei der zuständigen Behörde einen Strafantrag stellt.

 

Gemäß § 21 Abs 4 leg cit ist § 56 Abs 2, 3 und 4 des Verwaltungsstrafgesetzes anzuwenden.

 

In § 56 Abs 2 erster Satz VStG ist festgehalten, dass der Privatankläger Partei im Sinne des AVG ist.

 

Abgesehen davon, dass die Erstbehörde die Parteistellung des Privatanklägers, der mit Schreiben vom 17.09.2007 einen Strafantrag gemäß § 21 Abs 3 TLPG stellte, völlig ignoriert und den Privatankläger rechtswidrigerweise als Zeugen einvernommen und ihm darüber hinaus das angefochtene Straferkenntnis nicht zugestellt hat, ist Folgendes festzuhalten:

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet (ua) die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es nach der zitierten Gesetzesstelle rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.

die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und dass

2.

die Identität der Tat, zB nach Ort und Zeit, unverwechselbar feststeht.

 

Dieser letzteren Forderung ist dann entsprochen, wenn

a)

im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren, in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und

b)

der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl das hg Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg NF Nr 11.466/A).

 

Wenn ein verwaltungsstrafrechtlicher Tatbestand ein spezifisches Verschulden erfordert, so bedarf es im Spruch der Nennung subjektiver Tatbestandsmerkmale, also der Schuldform (vgl VwGH vom 30.04.1992, Zl 90/10/0039).

 

Im gegenständlichen Fall unterließ es die Erstbehörde nicht nur, im Spruch das konkrete Tathandeln, durch welches beschimpft oder verspottet worden sei, näher zu umschreiben, sondern auch eine vorsätzliche Tatbegehung anzulasten. Somit wurde dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG nicht entsprochen.

 

Darüber hinaus erweist sich der Schuldspruch aus nachfolgenden Gründen als rechtswidrig:

 

Eine Ehrenkränkung nach § 20 lit c TLPG begeht nur, wer ua vorsätzlich beschimpft und/oder verspottet. Dies bedeutet, dass der Täter, zumindest mit bedingtem Vorsatz, eine Person durch Beschimpfen und/oder Verspotten in seiner Ehre kränken will. Die Ehrenkränkung setzt somit eine gewollte Außenwirkung, sei es gegenüber dem Opfer selbst oder einem Dritten, voraus.

 

Aus dem Strafantrag des Privatanklägers geht wortwörtlich hervor, dass der Berufungswerber den Privatankläger als ?klanes Arschloch? bezeichnet habe, als ?der Lenker glaubte, unbeobachtet zu sein?. Diese Formulierung ist als Indiz dafür zu werten, dass es nicht vom Vorsatz des Berufungswerbers erfasst war, den Privatankläger durch außenwirksames Handeln in seiner Ehre zu kränken.

 

Es kann durchaus sein, dass der Privatankläger die von ihm in der Privatanlage angeführte Äußerung des Berufungswerbers als Beschimpfung und/oder Verspottung empfunden haben mag, wobei es, wie der Privatanklage weiters zu entnehmen ist, zufällig und nicht vom Berufungswerber beabsichtigt zur Wahrnehmung einer verunglimpfenden Äußerung gekommen sein dürfte.

 

Ergänzend sei in diesem Zusammenhang angeführt, dass es auch nicht den Tatbestand der vorsätzlichen Ehrenkränkung zu verwirklichen vermag, wenn, wie ebenfalls in der Privatanklage ausgeführt ist, der Berufungswerber auf einen Vorhalt des Privatanklägers äußerte, dass er nichts machen könne, wenn sich der Privatankläger gleich angesprochen fühle.

 

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
Eine, Ehrenkränkung, nach, § 20 lit c TLPG, begeht, nur, wer, ua, vorsätzlich, beschimpft, und/oder, verspottet. Dies, bedeutet, dass, der, Täter, zumindest, mit, bedingtem, Vorsatz, eine, Person, durch, Beschimpfen, und/oder, Verspotten, in, seiner, Ehre, kränken, will, Die, Ehrenkränkung, setzt, somit, eine, gewollte, Außenwirkung, sei, es, gegenüber, dem, Opfer, selbst, oder, einem, Dritten, voraus
Zuletzt aktualisiert am
30.09.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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