TE UVS Tirol 2008/04/22 2007/23/0996-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.04.2008
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seinen stellvertretenden Vorsitzenden Mag. Albin Larcher über die Berufung von Herrn O. K., XY 440, K., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 22.02.2008, GZ: 4u-8922-St/4, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit den §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Sie haben am 12. Mai 2007 in der Zeit zwischen 17.00 Uhr und 19.00 Uhr im Gemeindegebiet von Kappl, auf der Seßladalpe, im Bereich der Grundstücke XY und XY beide im Grundbuch der Katastralgemeinde K. das Verbot der Beunruhigung von Wild missachtet, indem Sie bei mehreren Ein- bzw Ausgängen vor Murmeltierbauten Holz und Reisig angezündet haben und in weiterer Folge die Ein- bzw Ausgänge von Murmeltierbauten mit Steinen verkeilt haben.?

 

Dadurch habe der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs 2 Tiroler Jagdgesetz 2004, Landesgesetzblatt Nr 41/2004 geändert durch Landesgesetzblatt Nr 34/2006 begangen und wurde über ihn gemäß § 70 Abs 1 lit p Tiroler Jagdgesetz 2004 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 200,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage) unter gleichzeitiger Festsetzung von Verfahrenskosten verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte fristgerecht Berufung und gab an:

?Ich möchte gegen das mir mit Schreiben vom 22.02.2008 zugestellte Straferkenntnis, Zl 4u-8922-St/4 Berufung erheben. Ich bin der Meinung, dass ich bereits mit dem Urteil vom Landesgericht Innsbruck vom 30.01.2008 ausreichend für die Tat bestraft worden bin. Ich sehe nicht ein, dass ich für das gleiche Vergehen nochmals Strafe zahlen muss. Meines Erachtens werde ich damit für das gleiche Vergehen doppelt bestraft. Dies ist nicht in Ordnung. Daher möchte ich gegen die Geldstrafe von Euro 200,00 Berufung erheben.?

 

Dieser Berufung kommt Berechtigung zu.

 

Gem § 42 Abs 2 Tiroler Jagdgesetz 2004 ist jede vorsätzliche Beunruhigung und jede Verfolgung von Wild, das Berühren und Aufnehmen von Jungwild sowie das Halten und Befördern von lebendem Wild durch Personen, die zur Jagdausübung nicht berechtigt sind, verboten. Kommt lebendes oder verendetes Wild in den Besitz solcher Personen, so haben sie es unverzüglich beim Jagdausübungsberechtigten oder bei seinem Jagdschutzpersonal abzuliefern.

 

Nach der Strafanzeige der Polizeiinspektion K. vom 20.06.2007, Zl B1/8682/2007-Gr, war der Berufungswerber am 12.05.2007 in der Zeit zwischen 17:00 und 19:00 Uhr im Gemeindegebiet von K., auf der Seßladalpe, im Bereich der Grundstücke XY und XY, beide im Grundbuch der Katastralgemeinde K., um dort die Unordnung, die von den dort angesiedelten Murmeltieren verursacht wurde, aufzuräumen. Der Berufungswerber hat die Ein- und Ausgänge von Murmeltierbauten angezündet und ausgebrannt sowie deren Öffnungen anschließend mit Steinen verkeilt.

 

Der Berufungswerber wurde vom Landesgericht Innsbruck, Urteil GZ 22 Hv 209/07w, wegen des Vergehens des versuchten schweren Eingriffs in fremdes Jagd- oder Fischereirecht nach §§ 15, 137, 138 Z 2 StGB und wegen des Vergehens der versuchten Tierquälerei nach §§ 15, 222 Abs 1 Z 2 StGB bestraft. Aus dem erwähnten Urteil des Landesgerichtes Innsbruck ergibt sich, dass der Berufungswerber durch das Verbarrikadieren der Ein- und Ausgänge und indem er die Murmeltierbauten ausbrannte, versucht hatte, die Tiere zu töten und den Tieren unnötige Qualen zuzufügen. Der Spruch des Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 22.02.2008, GZ 4u-8922-St/4, bezieht sich ebenso auf diese Tat.

 

Die verfassungsrechtliche Grenze, die Art 4 Abs 1 des 7. ZP EMRK einer Doppel- oder Mehrfachbestrafung zieht, kann nur darin liegen, dass eine Strafdrohung oder Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung dann unzulässig ist, wenn sie bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war; dies ist der Fall, wenn der herangezogene Delikttypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft, sodass ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Deliktes in jeder Beziehung mit umfasst. Strafverfolgungen bzw Verurteilungen wegen mehrerer Delikte, die auf Straftatbeständen fußen, die einander wegen wechselseitiger Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion jedenfalls bei eintätigen Zusammentreffen ausschließen, bilden verfassungswidrige Doppelbestrafungen, wenn und weil dadurch ein- und dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet wird (VfGH 05.12.1996, G 9/96).

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol wurde durch die Verurteilung des Beschuldigten wegen des Vergehens der versuchten Tierquälerei gemäß §§ 15 und 222 Abs 1 Z 1 StGB aber auch bereits der Tatbestand der Beunruhigung von Wild im Sinne des § 42 Abs 2 Tiroler Jagdgesetz 2004 miterfasst. Gedanklich ist beim hier vorliegenden Sachverhalt eine Tierquälerei ohne Beunruhigung des Wildes nicht möglich und ist daher eine Beunruhigung von Wild als Nebenerscheinung des gerichtlichen Straftatbestandes zu erfassen. Insofern würde durch eine verwaltungsstrafrechtliche Ahndung des reinen Beunruhigens von Wild ein Teil der gerichtlich strafbaren Handlung neuerlich einer rechtlichen Würdigung unterzogen werden und entstünde damit eine Doppelbestrafung im Sinne der Art 4 7. ZP zur EMRK.

 

Aus diesem Grunde war der Berufung Folge zu geben und das vorliegende Strafverfahren wegen des Vorliegens eines Strafausschließungsgrundes einzustellen.

Schlagworte
Verurteilung, des, Beschuldigten, wegen, Tierquälerei, und, Tatbestand, der, Beunruhigung, von, Wild, nach, § 42 Tiroler Jagdgesetz 2004, mit, erfasst
Zuletzt aktualisiert am
19.09.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten