Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Martina Strele über die Berufung der Frau A. M., vertreten durch Dr. W. K., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 07.03.2008, Zahl 4-FSL-66-2008 wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 117 Abs 1, 109 Abs 1 und 123 Abs 1a KFG wird der Berufung insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid behoben wird.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Berufungswerberin auf Erteilung der Fahrlehrerberechtigung für die Klasse B gemäß § 109 Abs 1 lit b KFG wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Vertrauenswürdigkeit der Berufungswerberin auf Grund ihrer gerichtlichen Verurteilungen aus dem Jahre 2003 und 2004 nicht gegeben sei.
In ihrer fristgerecht dagegen erhobenen Berufung brachte die Berufungswerberin durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter im Wesentlichen vor, dass die beiden Verurteilungen aus den Jahren 2003 und 2004 die Feststellung ihrer heutigen Vertrauensunwürdigkeit nicht zulassen würden. Die erste Verurteilung zu XY LG Innsbruck vom 26.03.2003 sei wegen fahrlässiger Körperverletzung im Sinne von seelischem Ungemach durch ?Stalking? mittels sms-Versendungen im Jahre 2002 begangen worden. Die zweite Verurteilung zu XY LG Innsbruck vom 09.03.2004 sei wegen teilweiser versuchter, teilweiser vollendeter gefährlicher Drohung im Jahre 2003 begangen worden. Im Wesentlichen habe es sich auch hier um sogenannte ?sms-Stalking? gehandelt, weshalb ihr gemäß der §§ 50, 51 StGB die Weisung erteilt worden sei, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen. Mit rechtskräftigem Beschluss XY LG Innsbruck vom 13.06.2005 sei ihr die erteilte Weisung nach Vorlage entsprechender ärztlicher Bestätigungen, wonach die Therapie erfolgreich abgeschlossen werden habe können, mit Zustimmung des öffentlichen Anklägers aufgehoben worden.
Sie habe sich seit Ende 2003 nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Der angefochtene Bescheid leide allein schon deshalb an innerer Mangelhaftigkeit, weil er jegliche Begründung vermissen lasse, warum ihre bereits einige Jahre zurückliegenden gerichtlichen Verurteilungen den Verlust ihrer Vertrauenswürdigkeit mit sich bringen sollten.
Abschließend wurde in diesem Rechtsmittel beantragt den angefochtenen Bescheid insofern abzuändern, als ihrem Antrag auf Erteilung der Fahrlehrerberechtigung für die Klasse B vollinhaltlich stattgegeben werde.
Der gegenständlichen Berufung war der Beschluss des LG Innsbruck vom 13.06.2005, Zahl XY, angeschlossen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:
Mit Antrag vom 15.02.2008 ersuchte die Berufungswerberin, A. M., bei der Erstbehörde, der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck . unter Anschluss der Seminarbestätigungen für Pädagogik I, Berufsrecht und Abschlussbestätigung der Fahrschule sowie unter Anschluss eines Schreibens der Generali Versicherung AG vom 23.11.2007, aus welchem hervorgeht, dass betreffend die Berufungswerberin seit dem Jahre 1989 bei der Generali Versicherung AG ein KFZ Haftpflichtversicherungsvertrag bestehe und bis dato keinerlei Schäden gemeldet worden sind , um Erteilung der Berechtigung zur Erteilung des praktischen Unterrichtes als Fahrlehrer für die Kraftfahrzeugklasse B.
Dem von den Erstbehörde eingeholten Strafregisterauszug der Republik Österreich betreffend die Berufungswerberin sind zwei strafgerichtliche Verurteilungen zu entnehmen.
Die erste Verurteilung zu XY LG Innsbruck vom 26.03.2003 erfolgte wegen fahrlässiger Körperverletzung begangen im Jahre 2002, die zweite Verurteilung zu XY LG Innsbruck vom 09.03.2004 wegen teilweiser versuchter, teilweiser vollendeter gefährlicher Drohung, begangen im Jahre 2003.
Die Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung erfolgte im Sinne von seelischem Ungemach durch ?Stalking? mittels sms-Versendungen, die Verurteilung wegen teilweiser versuchter, teilweiser vollendeter gefährlicher Drohung ist ebenfalls im Zusammenhang mit sogenannten ?sms-Stalking? erfolgt. Der Berufungswerberin wurde deshalb auch gemäß §§ 50 und 51 StGB die Weisung erteilt sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen.
Mit rechtskräftigem Beschluss zu XY LG Innsbruck vom 13.06.2005 wurde die der Berufungswerberin erteilte Weisung nach Vorlage entsprechender ärztlicher Bestätigungen, wonach die Therapie erfolgreich abgeschlossen werden konnte, mit Zustimmung des öffentlichen Anklägers aufgehoben.
Ohne sich auch nur ansatzweise mit der Frage auseinanderzusetzen, warum die bereits einige Jahre zurückliegenden gerichtlichen Verurteilungen der Berufungswerberin den Verlust ihrer Vertrauenswürdigkeit mit sich bringen sollten, erließ die Erstbehörde den nunmehr angefochtenen Bescheid lediglich mit der Begründung, dass gerichtliche Verurteilungen aus dem Jahre 2003 und 2004 vorliegen und deshalb die Vertrauenswürdigkeit bei ihr nicht mehr gegeben wäre.
Gemäß § 117 Abs 1 KFG darf die Bewilligung als Fahrlehrer an einer Fahrschule praktischen Fahrunterricht zu erteilen, nur Personen erteilt werden, die die im § 109 Abs 1 lit b und g angeführten Voraussetzungen erfüllen.
Nach § 109 Abs 1 KFG darf eine Fahrschulbewilligung (§ 108 Abs 3) nur natürlichen Personen und nur Personen erteilt werden, die
b)
vertrauenswürdig sind,
g)
seit mindestens drei Jahren eine Lenkberechtigung für die Klassen oder Unterklassen von Kraftfahrzeugen besitzen für die Lenker ausgebildet werden sollen und glaubhaft machen, dass sie innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens drei Jahre lang solche Fahrzeuge tatsächlich gelenkt haben und nicht wegen schwerer Verstöße gegen kraftfahrrechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften bestraft worden sind.
Die Frage der Vertrauenswürdigkeit einer Person anhand der zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen hat die Berufungsbehörde bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides bzw im Rahmen ihrer Kontrollfunktion bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zu prüfen. Demzufolge gilt es die Vertrauenswürdigkeit der Berufungswerberin anhand der Vorfälle im Jahre 2002 (fahrlässige Körperverletzung im Sinne von seelischem Ungemach durch ?Stalking? mittels sms-Versendungen) und im Jahre 2003 (wegen teilweiser versuchter, teilweiser vollendeter gefährlicher Drohung in Form von ?sms-Stalking?) bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides bzw des Berufungsbescheides zu prüfen.
Der seit den Vorfällen verstrichenen Zeitraum und dem Verhalten während dieser Zeit kommt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im gegebenen Zusammenhang große Bedeutung zu. In diesen vergangen sechs bzw fünf Jahren ist nach der Aktenlage nichts gegen die Berufungswerberin Sprechendes vorgefallen. Auch hat die Erstbehörde zum Verhalten der Berufungswerberin während dieser Zeit keine Feststellungen getroffen und auch nicht begründet, warum sie die Vertrauensunwürdigkeit der Berufungswerberin auch noch annähernd nach sechs bzw fünf Jahren nach den Vorfällen für gegeben erachtete.
Für die Berufungsbehörde erscheint es jedenfalls unangemessen sechs bzw fünf Jahre nach den gegenständlichen Vorfällen die Vertrauenswürdigkeit der Berufungswerberin zu verneinen. Das Verhalten der Berufungswerberin in den Jahren 2002 und 2003 im Zusammenhang mit ?Stalking? sms-Versendungen vermittelt, nämlich insbesondere angesichts der seit den Vorfällen vergangenen Zeit kein solches Charakterbild von der Berufungswerberin, dass auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides von ihr nicht erwartet werden könnte, den theoretischen und praktischen Fahrunterricht unter Einhaltung der dabei zu beachtenden kraftfahrrechtlichen und straßenpolizeilichen Vorschriften zu erteilen. Dazu kommt, dass zwischenzeitig die ihr vom Landesgericht Innsbruck erteilte Weisung sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen , mit Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 13.06.2005, Zahl XY, nach Vorlage der entsprechenden ärztlichen Bestätigungen, wonach die Therapie erfolgreich abgeschlossen werden konnte, mit Zustimmung des öffentlichen Anklägers aufgehoben wurde.
Aus diesen Gründen kann nach Ansicht der Berufungsbehörde der Berufungswerberin der Antrag auf Erteilung der Fahrlehrerberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit lediglich bezogen auf ihre gerichtlichen Verurteilungen aus dem Jahre 2003 und 2004 nicht abgesprochen werden. Nach der Aktenlage ist nichts anderes gegen die Berufungswerberin Sprechendes vorgefallen bzw wurden diesbezügliche Erhebungen von der Erstbehörde nicht angestellt. Gegenstand des Berufungsverfahrens in Sinn des § 66 Abs 4 AVG war ausschließlich die Abweisung des Antrages der Berufungswerberin auf Erteilung der Fahrlehrerberechtigung wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit bezogen auf die gerichtlichen Verurteilungen aus dem Jahre 2003 und 2004.
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.