TE UVS Burgenland 2008/04/28 019/12/08018

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Veröffentlicht am 28.04.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Dr. Giefing über die Berufung der Frau ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vertreten durch Herrn *** in ***, vom 09.04.2008, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 28.03.2008, Zl. 300-3255-2006, wegen Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt.

Text

Mit angefochtenem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 28.03.2008, Zl. 300-3255-2006, wurde die Berufungswerberin schuldig erkannt, dass sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin der *** GesmbH die Arbeitsleistungen der nachfolgend genannten Ausländer, die von ihrem Arbeitgeber mit Betriebssitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union in das Bundesgebiet entsandt wurden, in Anspruch genommen, ohne die beabsichtigte Entsendung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices, in deren Sprengel die Arbeitsleistungen erbracht wurden, rechtzeitig anzuzeigen. Wegen Verletzung des § 18 Abs. 12 AuslBG in Verbindung mit § 28 Abs.1 Z 5 lit. b AuslBG wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von je 800 Euro pro beschäftigten Ausländer (insgesamt 2400 Euro), im Uneinbringlichkeitsfall Ersatzfreiheitsstrafen von 2 Tagen pro Ausländer verhängt.

 

Der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung kommt im Ergebnis Berechtigung zu:

 

Nach § 44a VStG hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, ua. die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten (Z 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2).

 

Die als erwiesen angenommene Tat, das ist der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt, muss konkretisiert, dh. insbesondere nach Ort und Zeit seiner Verwirklichung präzise und so bestimmt umschrieben werden, dass kein Zweifel daran aufkommen kann, wofür der Täter bestraft worden ist. Es muss eine eindeutige Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich sein. Die Umschreibung der Tat muss so genau sein, dass der Täter in der Lage ist, im weiteren Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten; insbesondere in zeitlicher und örtlicher Hinsicht muss das Verhalten so exakt umschrieben sein, dass sichergestellt ist, dass der Beschuldigte nicht nochmals wegen derselben Tat verfolgt wird. Im Bescheidspruch bedarf es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes daher der Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind. Der Spruch muss nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes so gefasst sein, dass aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Verwaltungsübertretung geschlossen werden kann.

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 18 AuslBG und des § 32 Abs. 6 AuslBG lauten:

 

Betriebsentsandte Ausländer

 

Voraussetzungen für die Beschäftigung; Entsendebewilligung

§ 18. (1) Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

(2) ? (11)

(12) Für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, ist keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind und

2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs. 1 Z 1 bis 3 und Abs. 2 des Arbeitsvertragsrechts Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden. Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden.

 

§ 32a (6) Für die Beschäftigung von EU-Bürgern gemäß Abs. 1 oder von Drittstaatsangehörigen, die von einem Arbeitgeber mit Betriebssitz in der Tschechischen Republik, in der Republik Estland, in der Republik Lettland, in der Republik Litauen, in der Republik Ungarn, in der Republik Polen, in der Republik Slowenien oder in der Slowakischen Republik zur vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen in einem Dienstleistungssektor, für den nach Nr. 13 des Übergangsarrangements zum Kapitel Freizügigkeit im Beitrittsvertrag (Liste nach Art. 24 der Beitrittsakte in den Anhängen V und VI, VIII bis X sowie XII bis XIV) Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 EGV zulässig sind, in das Bundesgebiet entsandt werden, ist § 18 Abs. 1 bis 11 anzuwenden. In einem Dienstleistungssektor, in dem Einschränkungen nicht zulässig sind, ist § 18 Abs. 12 anzuwenden.

 

Tatbestandsmerkmal einer Betriebsentsendung nach § 18 AuslBG ist zunächst, dass das entsendende Unternehmen keinen Betriebssitz in Österreich hat. Dieses Tatbestandsmerkmal wurde der Berufungswerberin weder im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses noch in einer Verfolgungshandlung vorgehalten. In gleicher Weise nicht vorgehalten wurde, dass es sich um eine Tätigkeit gehandelt hat, für die gemäß § 32a AuslBG eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit nicht vorgesehen ist. Darüber hinaus wäre es für die ausreichende Konkretisierung der Tat notwendig gewesen, den Staat (Sitz des ausländischen Unternehmens) anzugeben, von dem aus die Ausländer nach Österreich entsendet worden sind.

 

Da mittlerweile Verfolgungsverjährung (für die Verwirklichung des deliktischen Verhaltens kommt es auf die Rechtzeitigkeit der Anzeige vor der Arbeitsaufnahme am 18.7.2006 an) eingetreten ist, war der angefochtene Bescheid zu beheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG einzustellen.

Schlagworte
Betriebsentsendung, Sprucherfordernisse, Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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