TE UVS Tirol 2008/06/05 2007/20/3218-7

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.06.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Maßnahmenbeschwerde der Frau A. K., XY-Weg 161, S., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. T. S., I., gegen die Sicherheitsdirektion für Tirol nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 iVm § 67c Abs 1 und 3 und § 67d AVG wird die Beschwerde betreffend die Durchsuchung einer Damenhandtasche und Beschlagnahme eines Zettels, auf dem sich Nummern von Sparbüchern befunden hätten, im Zusammenhang mit einer Hausdurchsuchung, die am 09.01.2007 in S. in den Räumlichkeiten des Hotel V. sowie der V. I. GesmbH und Co KG in S., XY-Weg Nr 161, stattgefunden hat sowie die mangelnde Dokumentation sowie die Weitergabe des Inhalts von beschlagnahmten Papieren, insbesondere in Bezug betreffend die Nummern von Sparbüchern, als unzulässig zurückgewiesen.

 

Gemäß § 79a iVm § 1 UVS-Aufwandsersatzverordnung hat die Beschwerdeführerin der obsiegenden Partei, das ist die Sicherheitsdirektion Tirol, den Ersatz für den Vorlageaufwand in Höhe von Euro 51,50, für den Schriftsatzaufwand in Höhe von Euro 220,20, Verhandlungsaufwand in Höhe von Euro 275,30, insgesamt Euro 547,10, binnen zwei Wochen nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung dieses Bescheides zu ersetzen.

Text

Mit einem Schriftsatz vom 22.11.2007 erhob Frau A. K. eine Maßnahmenbeschwerde gemäß Artikel 129a Abs 1 Z 2 B-VG in Verbindung mit § 67a Abs 1 Z 2 und § 67c ff AVG.

 

Auf Sachverhaltsebene wurde im Wesentlichen darauf verwiesen, dass auf der Grundlage eines Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehls vom 09.11.2007 des Landesgerichtes Innsbruck die Wohnräumlichkeiten des Ehegatten der Beschwerdeführerin sowie die Geschäftsräumlichkeiten des Aktivhotel V. und der Reisebüro V.-Travel in S. durchsucht worden seien. Dabei seien auch diverse Gegenstände, Unterlagen und Dateien sichergestellt worden. Dieser Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl gehe zurück auf ein Ersuchen der französischen Behörden, welche Ermittlungen gegen den Ehegatten der Beschwerdeführerin wegen des Verdachts der Zuhälterei und des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels geführt hätten.

 

Seitens der französischen Behörden sei am 11.01.2007 ein weiteres Rechtshilfeersuchen an die österreichischen Behörden gestellt worden, mit welchem die Öffnung und Sicherung von 12 näher bezeichneten Bankkonten (Sparbücher) sowie die Sicherung von Gütern, die auf P. K. und die Beschwerdeführerin lauten würden, beantragt worden sei. Neben den Nummern von 12 Sparbüchern bei der XY I. seien auch Nummern von mehreren Kreditkarten sowie die Nummer eines Bankschließfaches bei der XY-Bank S. angeführt gewesen. Eine Nachfrage des Landesgerichtes Innsbruck an das französische Rechtshilfegericht zur Verdachtslage sei unbeantwortet geblieben.

 

Dieses Rechtshilfeersuchen erliege im Akt des beim LG Innsbruck behängenden Rechtshilfeverfahrens 38KS1/07w. Dieses Aktenstück sei zunächst neben weiteren aufgrund einer Verfügung der zuständigen Untersuchungsrichterin gemäß § 45 Abs 2 StPO von der Akteneinsicht ausgenommen worden. Der Verteidiger des Ehegatten der Beschwerdeführerin, Herr RA Dr. S., hätte erst am 11.10.2007 die Mitteilung des Landesgerichtes Innsbruck erhalten, dass ab sofort uneingeschränkt Akteneinsicht gewährt würde. Dort habe er erstmals Kenntnis vom Inhalt des Rechtshilfeersuchens vom 11.01.2007 erhalten. Dabei sei erstmals auch davon Kenntnis erlangt worden, um welche Sparbücher es sich bei den hier angeführten Nummern von Sparkonten handle.

 

Bis zum 11.10.2007 sei der Beschwerdeführerin nicht bekannt gewesen, dass die Liste mit den Nummern ihrer 12 Sparbücher anlässlich der Hausdurchsuchung am 09.01.2007 sichergestellt und in der Folge an die französischen Behörden weitergeleitet worden sei.

 

Die französischen Behörden hätten Informationen lediglich auf der Grundlage der Erkenntnisse und Ergebnisse der Hausdurchsuchung am 09.01.2007 erhalten können. Es sei nämlich im Zuge dieser Hausdurchsuchung auch die Handtasche der Beschwerdeführerin und deren Geldtasche durchsucht worden und sei über Reklamation der Beschwerdeführerin gesagt worden, dass dies bei einer Hausdurchsuchung eben so üblich und erforderlich sei. Die Polizeibeamten hätten, ohne Wissen der Beschwerdeführerin, auch eine in der Geldtasche befindliche Liste von Sparbüchern entnommen. Das weitere Schicksal dieses Zettels sei der Beschwerdeführerin nicht bekannt. Jedenfalls sei der Zettel nicht in die Geldtasche zurückgegeben worden. Auch scheine die Sicherstellung dieses Papiers nicht in der Auflistung der beschlagnahmten Gegenstände und Papiere auf. Der Zettel enthalte genau jene Liste von Nummernsparbüchern, die nunmehr im Rechtshilfeersuchen aufgetaucht seien. Es handle sich um Sparbücher aus dem Vermögen der Eltern der Beschwerdeführerin. Die Existenz dieser Sparbücher sei einzig und allein der Beschwerdeführerin bekannt gewesen und hätten sich die Nummern auf einem Zettel in ihrer Geldtasche befunden. Durch den zeitlichen Ablauf sei offensichtlich, dass das beschlagnahmte Papier den französischen Behörden zur Verfügung gestellt worden sei. Dies sei völlig ungesetzlich und könnte man daraus gegen jene Person, welche immer daran beteiligt gewesen sei, ein Strafverfahren wegen des Vergehens des Amtsmissbrauches einleiten. Eine allfällige Anstiftung durch ausländische Behörden oder Amtsträger müsste gesondert beurteilt werden.

 

Es wurde daher beantragt, ?gemäß § 67c Abs 3 AVG den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären?. Weiters wurde ein Kostenzuspruch nach § 79a AVG in Verbindung mit VO des Bundeskanzlers BGBl 51/1991 in der Fassung BGBl II Nr 334/2003 begehrt.

 

Unter Punkt III. dieser Beschwerde wurden die Anträge im Einzelnen wie folgt begründet:

 

?a) Der Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl des Landesgerichtes Innsbruck wegen des Verdachts der Zuhälterei sowie des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach §§ 216, 217 StGB enthält zwar die Aufforderung zur Beschlagnahme von Gegenständen, die für dieses gerichtliche Verfahren von Bedeutung sein können.

 

Ein erkennbar in einer Damengeldtasche in einer Damenhandtasche befindlicher Zettel mit Sparbuchnummern ist durch diesen gerichtlichen Befehl aber eindeutig nicht mit umfasst. Es war zweifelsfrei erkennbar, dass es sich dabei um eine Damenhandtasche handelte. Da die Beschwerdeführerin nicht im Verdacht einer strafbaren Handlung oder auch der Beitragstäterschaft steht, hätte ihre Handtasche nicht durchsucht werden dürfen.

 

b) Gesetzwidrig war weiters der Umstand, dass entgegen den Verpflichtungen der StPO die Beschlagnahme dieses Papiers nicht dokumentiert wurde: In der Auflistung der beschlagnahmten Gegenstände und Papiere scheint dieser Zettel nicht auf.

 

c) Nach § 145 StPO darf der Inhalt von beschlagnahmten Papieren überdies nicht an Unbefugte weitergegeben werden. Wenn dieses Papier ohne Anordnung der U-Richterin an die französischen Behörden übermittelt wurde, so handelt es sich dabei um eine gesetzwidrige Eigenmächtigkeit, die klar gegen die Vorschriften über die Leistung von Rechtshilfe verstößt.

 

d) Die Beschwerdeführerin erfuhr erstmals am 11.10.2007, dass die Liste mit den Nummern ihrer zwölf Sparbücher anlässlich der am 09.01.2007 durchgeführten Hausdurchsuchung sichergestellt und in der Folge an die französischen Behörden weitergeleitet wurde. Daher ist die vorliegende Beschwerde auch rechtzeitig im Sinne des § 67c AVG.?

 

Seitens der erkennenden Behörde wurde die belangte Behörde (Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol) zu einer Gegenschrift aufgefordert. Dem wurde mit Schriftsatz vom 10.01.2008 entsprochen. In dieser Gegenschrift wurde zunächst darauf verwiesen, dass es sich bei der gegenständlichen Amtshandlung um keine sicherheitsbehördliche Maßnahme handle. Die Hausdurchsuchung und allfälligen Sicherstellungen von aufgefundenen Gegenständen seien zu diesem Zeitpunkt nicht unter dem Regime des Sicherheitspolizeigesetzes gestanden, sondern seien eindeutig im Dienste und im Auftrag der Strafjustiz erfolgt.

 

Im Bezug auf die Rechtzeitigkeit der Beschwerde wurde ausgeführt, dass hinsichtlich des in der Geldtasche aufgefundenen Zettels mit verschiedenen Kontonummern sogar ein Gespräch zwischen der Beschwerdeführerin und den Beamten geführt worden sei, was dazu geführt habe, dass man den Zettel nicht sichergestellt, sondern lediglich die angeführten Kontonummern lediglich notiert habe. Das Erfassen der Kontonummern auf dem Zettel hätte der Beschwerdeführerin bereits zu diesem Zeitpunkt zur Kenntnis gelangt sein müssen. Die Beschwerde sei somit verspätet.

 

In Bezug auf inhaltliche Beurteilung der Beschwerde wurde auf eine am 10.01.2007 vom Landeskriminalamt mit der Beschwerdeführerin aufgenommene Niederschrift betreffend die Hausdurchsuchung verwiesen. Demnach sei die Beschwerdeführerin über die Nachschau in ihren Räumlichkeiten ?nicht begeistert, aber trotzdem freiwillig damit einverstanden? gewesen und sei ?die Nachschau? absolut korrekt durchgeführt worden. Sie hätte daran nichts zu beanstanden gehabt.

 

Hinsichtlich der Weitergabe von Kontonummern an französische Behörden wurde ausgeführt, dass durch das Weitergeben von Informationen im Rahmen internationaler, von zwischenstaatlichen und nationalen Rechtshilferegelungen getragener, polizeilicher Zusammenarbeit keinerlei Befehl oder Zwang ausgeübt würde. Es sei diese Vorgangsweise allenfalls unter den Blickwinkel des Datenschutzes und der Rechtshilfevorschriften zu beurteilen. Sie stelle jedoch keinen ?normativen? Akt im Sinne einer Maßnahme sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar und sei daher auch nicht nach Artikel 129a Abs 1 Z 2 PVG und § 88 Abs 1 SPG beschwerdefähig.

 

In dieser Gegenschrift wurde auch ein Kostenzuspruch beantragt, welcher in der Verhandlung vom 24.04.2008 ergänzt wurde.

 

Seitens der Beschwerdeführerin wurde mit Schreiben vom 14.02.2008 eine Stellungnahme zur Gegenschrift abgegeben. Darin wurde nochmals unter Verweis auf das bisherige Verbringen vorgebracht, dass eine offenkundige Überschreitung des richterlichen Befehls erfolgt sei und dies auch nicht dadurch saniert worden sei, dass die Beschwerdeführerin bei der Durchsuchung der Handtasche dabei gewesen sei und mit dem Beamten kommuniziert hätte. Dieser Maßnahmenexzess sei nicht der Strafjustiz, sondern vielmehr der Sicherheitsverwaltung zuzurechnen.

 

Bezüglich der Rechtzeitigkeit der Maßnahmenbeschwerde wurde zugestanden, dass sich im Zuge der Amtshandlung hinsichtlich des in der Geldtasche vorgefundenen Zettels ein Gespräch mit dem Polizeibeamten entwickelt hätte, wobei sie jedoch darauf hingewiesen hätte, dass der Inhalt dieses Zettels privater Natur sei und mit der betrieblichen Tätigkeit nichts zu tun hätte. Dass der Zettel nicht sichergestellt werde, sondern lediglich ein Abschreiben erfolge, sei nicht erörtert worden. Die Beschwerdeführerin habe erst aufgrund der Informationen des Verteidigers des Ehegatten vom Fehlen des Zettels in ihrer Geldtasche erfahren. Die Beschwerde sei daher rechtzeitig erhoben worden.

 

Seitens der erkennenden Behörde wurde ein Ersuchen an das Landesgericht zur Ermittlung des Aktes 38UR11/07z gerichtet. Diesbezüglich wurde seitens der nunmehr für diese Abteilung zuständigen Richterin mitgeteilt, dass sich dieser Akt nicht beim Landesgericht, sondern entweder bei der Generalprokuratur oder beim Obersten Gerichtshof befinde.

 

Schließlich wurde am 24.04.2008 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, welche am 29.05.2008 fortgesetzt wurde.

 

Zum Sachverhalt:

P. K. ist der Ehemann der Beschwerdeführerin. Er ist Betreiber der Reiseagentur V. -Travel sowie Gesellschafter der Hotelbetriebsfirma Aktivhotel V. I. GmbH. Die Beschwerdeführerin ist gewerberechtliche Geschäftsführerin einer GmbH und CoKG, welche den Mantel für diese beiden Betriebe bildet. A. K. ist auch Prokuristin der Aktivhotel V. I. GmbH. Die Geschäftsräumlichkeiten des Aktivhotel V. und des Reisebüro V. Travel befinden sich in S., XY-Weg 161. Es gibt im tatsächlichen Geschäftsbetrieb keine strenge Trennung zwischen dem Betreiben des Hotels und des Reisbüros. Der gegenüber dem Hotelbetrieb umsatzstärkere Tätigkeitsbereich der V. Travel betrifft das Incoming-Geschäft, wobei es dem Ehegatten der Beschwerdeführerin gelungen ist, einen Markt in Russland aufzubauen. Für Reisende bzw Reisegruppen aus Russland werden von der V. Travel Unterkünfte in Frankreich besorgt und eine Vor-Ort-Betreuung sichergestellt. Die Aufgabe der Beschwerdeführerin besteht (betreffend das Incoming-Geschäft) darin, von S. aus sämtliche Vorbereitungshandlungen und Aktivitäten vor Ort zu organisieren. Sie ist auch mit der Rechnungsstellung und Bezahlung befasst.

 

In den frühen Morgenstunden des 09.01.2007 wurde der Ehemann der Beschwerdeführerin von der französischen Polizei in Courchevel (Frankreich) verhaftet. Die Verhaftung erfolgte im Zusammenhang mit Ermittlungen der französischen Polizei gegen mehrere Personen wegen des Verdachts des Menschenhandels und der Prostitution. P. K. stand im Verdacht, über das zuvor angeführte Hotel bzw das Reisebüro für russische Staatsbürgerinnen Visa besorgt und in der Folge diese Frauen nach Frankreich geschleust zu haben, wo sie in der Folge in diversen Nobelhotels als Prostituierte zur Arbeit gezwungen worden seien.

 

Noch am Tag der Verhaftung des Ehegatten der Beschwerdeführerin richteten die französischen Behörden ein Rechtshilfeersuchen an die österreichischen Behörden (an das Bundesministerium für Justiz). Gegenstand dieses Ersuchens war die Vornahme einer Durchsuchung der Geschäftsräumlichkeiten im Aktivhotel V. Incoming GmbH und der Agentur V. Travel aufgrund der seitens der französischen Behörde getätigten Erhebungen, unter anderem gegen P. K. wegen des Verdachts der Zuhälterei und des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels.

 

Noch am selben Tag erging seitens des Landesgerichtes Innsbruck zur Aktenzahl 38 Ur 11/07c in der Strafsache P. K. wegen des Verdachtes der Zuhälterei sowie des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach den §§ 216, 217 StGB ein Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl. Dieser gerichtliche Auftrag bezog sich auf die Durchsuchung folgender Räumlichkeiten:

 

?1.

die Wohnräumlichkeiten des P. K. in S., XY-Weg 161/Top 131, sowie

2.

die Geschäftsräumlichkeiten im Aktiv-Hotel V. und im Reisebüro V. Travel in S., XY-Weg 161, einschließlich zugehöriger Nebenräume, Kellerabteile, Garagen und Dachbodenräume sowie der dem Verdächtigen zur Verfügung stehenden Kraftfahrzeuge.?

 

Weiters wurde folgendes angeordnet:

?Wenn Gegenstände gefunden werden, die für das gerichtliche Verfahren von Bedeutung sein können insbesondere bezughabende Unterlagen, so sind diese zu beschlagnahmen.?

 

Der Auftrag zur Durchführung dieses Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehls ging an Beamte des Landespolizeikommandos für Tirol, Landeskriminalamt.

 

Begründet wurde dieser Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl im Wesentlichen mit den bereits dargestellten Ermittlungen der französischen Behörden und dem auch durch Erhebungen des Landespolizeikommandos für Tirol, Landeskriminalamt, gestellten Antrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck gegen den Verdächtigen P. K., Vorerhebungen wegen des Verdachtes nach §§ 216, 217 StGB zu führen. Die gegenständliche Hausdurchsuchung und Beschlagnahme diene, so die Begründung dieses Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehls, entsprechend dem Antrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck zur Abklärung der Verdachtslage und zur Sicherstellung allfälliger Beweisgegenstände, insbesondere von schriftlichen Unterlagen über die Visa-Modalitäten.

 

Ergänzend wurde in diesem Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl ausgeführt, dass dann, wenn bei der Hausdurchsuchung Gegenstände gefunden werden, die für die gerichtliche Untersuchung von Bedeutung sein könnten oder dem Verfall oder der Einziehung unterliegen würden, sie in Beschlag zu nehmen seien. Jedermann sei verpflichtet, solche Gegenstände, insbesondere auch Urkunden, auf Verlangen herauszugeben.

 

Der Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl wurde durch Beamte des Landespolizeikommandos für Tirol am 09.01.2007 ab 21.00 Uhr vollzogen.

 

Es wurden einerseits die im Erdgeschoß des Hauses XY-Weg 161, S., befindlichen Räumlichkeiten des V. Travel Reisebüros und andererseits die im ersten Stock gelegenen Räumlichkeiten der Wohnung der Beschwerdeführerin sowie deren Ehegatten durchsucht.

 

Die Beschwerdeführerin wurde zunächst über den Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl in Kenntnis gesetzt. Sie verständigte auf die Belehrung hin ihren Rechtsvertreter Dr. B. S. Weiters wurde von der Beschwerdeführerin Frau K. R. verständigt, die von ihr im Zuge der Hausdurchsuchung als Vertrauensperson beigezogen wurde.

 

Zunächst wurde mit der Durchsuchung in den Räumlichkeiten des Reisebüros begonnen. Die Durchsuchung der im ersten Stock gelegenen Räumlichkeiten der Wohnung erfolgte in Anwesenheit der Beschwerdeführerin. Dabei wurde auch eine Handtasche vorgefunden, wobei die Beschwerdeführerin auf Befragen, ob sie ihr gehören würde, dies bejahte. Im Zuge des Durchsuchens der Handtasche kam auch eine Geldtasche hervor, welche durchsucht wurde. Die Durchsuchung von Hand- und Geldtasche erfolgten ohne Zwang im Einverständnis der Beschwerdeführerin. Neben Kredit- und Kundenkarten kam in dieser Geldtasche auch ein Zettel zum Vorschein, auf welchem Kontonummern vermerkt waren.

 

Auf Befragen erklärte die Beschwerdeführerin gegenüber den Beamten, dass es sich hierbei um Kontonummern von privaten Sparbüchern handle. Sie ersuchte, auf die Sicherstellung dieses Zettels zu verzichten und erklärte, dass sie diese Nummern nur einmal zur Verfügung hätte. In der Folge wurde auf die Sicherstellung dieses Zettels verzichtet und wurden die Kontonummern von CI J. D. handschriftlich auf einem Zettel notiert.

 

Die Hausdurchsuchung wurde erst nach Mitternacht beendet. Die von CI D. am 09.01.2007 auf einen Handzettel notierten Sparbuch- und Kreditkartennummern wurden von ihm am 10.01.2007 in Form eines Aktenvermerks reingeschrieben.

 

In Zusammenhang mit der gegenständlichen Angelegenheit wurden zwischen dem Landeskriminalamt und der Staatsanwaltschaft Innsbruck und dem Landesgericht Innsbruck mehrere Telefonate geführt. Am 10.01.2007 um 18.44 Uhr wurde von PI E. S. ein E-Mail an das Bundeskriminalamt gesendet, in welchem ein ?Anhalt für die Beantragung des Rechtshilfeersuchens für die Sicherung der Konten bzw des Schließfaches? übermittelt wurde. Als rechtliche Begründung und Wortlaut für den Antrag an das Gericht wurde Folgendes angeführt:

 

?Anregung um Aufstellung einer einstweiligen Verfügung nach § 144a StPO zur Sicherung der Abschöpfung gemäß § 20 StGB sowie für die Öffnung der nachstehend angeführten Bankkonten sowie für sämtliche Konten, welche auf den Verdächtigen (plus V.) lauten bzw bei denen der Verdächtige zeichnungsberechtigt ist.?

 

Weiters wurde darauf hingewiesen, dass bei der Hausdurchsuchung ?Sparbücher und Unterlagen vorgefunden bzw ein Kuvert mit Auszügen für ein Bankschließfach beschlagnahmt wurden?.

 

Mit dieser Formulierung, so heißt es in diesem e-mail weiter,  seien sämtliche Bankkonten und Sparbücher im Gerichtsbeschluss umfasst. Zumindest ein Konto sei bei der ?heutigen Vernehmung von A. K. von ihr erwähnt? worden, über welches ?sämtliche Abrechnungen der V. laufen? würden. In der daran anschließenden Auflistung betreffend ?bislang bekannte Sparbücher, Konten und Schließfach? sind insgesamt 12 Kontonummern bei der Bank für Tirol und Vorarlberg, mehrere Kreditkarten (Unternehmen und Nummer) und eine Kontonummer eines Bankschließfaches bei der XY-Bank S./L./R./S. angeführt.

 

Seitens der französischen Justiz (Berufungsgericht Lyon) wurde in weiterer Folge am 11.01.2007 über das Bundesministerium für Justiz ein ?internationales Beweisersuchen? an die österreichische Justiz gestellt, mit welchem die Öffnung und Sicherung von Bankkonten beantragt wurde, wobei jene Sparkonten, Kreditkarten und jenes Bankschließfach angeführt wurden, welche auch im Schreiben vom Landeskriminalamt an das Bundeskriminalamt aufscheinen.

 

Mit Schreiben des Landesgerichtes Innsbruck an das französische Rechtshilfegericht vom 19.01.2007 wurden Bezug nehmend auf das zuvor erwähnte Ersuchen die französischen Gerichtsbehörden zu näheren Angaben betreffend die Verdachtslage aufgefordert, insbesondere dazu, ob sich der begründete Verdacht einer unrechtmäßigen Bereicherung ergebe oder der Verdacht, dass Vermögenswerte der Verfügungsvollmacht einer kriminellen Organisation oder terroristischen Vereinigung unterliegen würden, ableiten ließe. Dieses Schreiben wurde nicht beantwortet. Dementsprechend wurde dem internationalen Beweisersuchen der französischen Gerichtbehörden vom 11.01.2007 seitens der österreichischen Gerichtsbehörden nicht nachgekommen.

 

Beweiswürdigung:

Beweis aufgenommen wurde durch Einvernahme der Beschwerdeführerin sowie der Zeugen K. R., CI J. D., BI E. S., M. T. und CI G. F., weiters durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt, insbesondere in den vom Zeugen E. S. verfassten Bericht vom 06.05.2008 samt Beilage.

 

Die Vorgeschichte, die zur Erlassung des Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehls des Landesgerichtes Innsbruck führte, ergibt sich im Wesentlichen auf der Grundlage der Angaben der Beschwerdeführerin in Verbindung mit der Begründung des Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehls. Auch hinsichtlich des Ablaufs der Hausdurchsuchung ergeben sich großteils keine beachtlichen Widersprüche. Allerdings erwies sich als strittig jener in der Beschwerde angeführte Punkt, wonach ein in der Geldtasche der Beschwerdeführerin befindlicher Zettel, auf welchem sich Konten von Sparbüchern befunden hätten, beschlagnahmt worden wäre.

 

Kein Zweifel besteht darüber, dass dieser Zettel in der Geldtasche gefunden wurde. In der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 14.02.2008 wird auch eingestanden, dass sich zwischen den Polizeibeamten und der Beschwerdeführerin ?ein Gespräch über den in der Geldtasche aufgefundenen Zettel entwickelte?. Allerdings habe die Beschwerdeführerin im Zuge dieses Gesprächs lediglich darauf hingewiesen, dass der Inhalt dieses Zettels privater Natur sei und weder mit ihrem Mann noch mit dem Geschäften des Aktivhotel V. bzw des Reisebüros V. Travel zu tun habe. Es sei im Zuge dieses Gespräches, so heißt es in dieser Stellungnahme vom 14.02.2008 weiter, nicht erörtert worden, dass aufgrund des Hinweises der Beschwerdeführerin auf den privaten Inhalt dieses Zettels dieser nicht sichergestellt, sondern lediglich die Daten abgeschrieben würden. Der Zettel sei jedenfalls nicht mehr in die Geldtasche zurückgegeben worden, sondern vielmehr offenbar sichergestellt worden, was der Beschwerdeführerin erst aufgrund der Information ihres Verteidigers (nach dessen Akteneinsicht in den Gerichtsakt) am 11.10.2007 zur Kenntnis gelangt sei. Sie habe zu diesem Zeitpunkt Nachschau in ihrer Geldtasche gehalten und hätte dabei festgestellt, dass der Zettel nicht mehr in der Geldtasche gewesen sei.

 

Die Beschwerdeführerin machte Bezug nehmend auf den in der Geldtasche vorgefundenen Zettel mit den Kontonummern am 24.04.2008 vor der entscheidenden Behörde folgende Angaben:

 

?Der Beamte fragte mich, was das ist. Ich sagte, das ist privat, das geht nur meine Eltern etwas an. Dann sagte er, das ist egal, das macht nichts. In diesem ganzen ?Wirrwarr? ist dieser Zettel dann gelegen. Ich habe dem keine größere Aufmerksamkeit mehr zugewandt. Ich habe nicht mehr näher darauf aufgepasst, was passiert. Der Zettel ist dann irgendwo zwischen den Kreditkarten gelegen. Die Kreditkarten waren irgendwo am Tisch verstreut. Wie das genau herumgelegen ist, weiß ich nicht mehr. Ich habe den Zettel nachher nicht mehr gesehen. Ich kann auch nicht mehr sagen, wie die Sachen in die Geldtasche kamen. Meine Geldtasche ist dann wieder irgendwo gestanden.?

 

Auf Befragen des Rechtsvertreters erklärte sie in diesem Zusammenhang ergänzend:

?Herr D. ist den ganzen Abend irgendwo gesessen und hat etwas geschrieben. Ich kann aber nicht sagen, was er geschrieben hat (dies unter Vorhalt der Frage, ob die Beschwerdeführerin gesehen hat, dass ein Beamter die Kontonummern auf den Zettel abgeschrieben hätte). Ich musste dann auch etwas unterschreiben. Ich weiß aber nicht mehr, was ich unterschrieben habe. Ich wusste damals natürlich nicht, dass diese Kontonummern nach Frankreich gehen sollten.?

 

Dem stehen die Angaben der Polizeibeamten J. D., E. S. und M. T. entgegen. Übereinstimmung mit den Angaben der Beschwerdeführerin besteht jedenfalls dahingehend, dass diese nach dem Vorfinden dieses Zettels mit den Kontonummern erwähnte, dass sie ?diese Nummern nur einmal hätte? (CI D.), ?dies private Sparbücher wären? (T.) bzw ?sie den Zettel behalten möchte? (BI S.). CI D. erklärte in diesem Zusammenhang, dass er daraufhin die auf dem vorgefundenen Zettel angeführten Daten der Sparbücher handschriftlich notiert habe. Der Zeuge M. T. gab in diesem Zusammenhang Folgendes an:

 

?Wir wollten den Zettel sicherstellen. Aufgrund des Ersuchens der Frau K., dass die sonst nicht mehr wisse, welche Nummern die Sparbücher hätten, haben wir diese Nummern abgeschrieben. Ich habe die Nummern der Reihe nach laut vorgelesen und Kollege D. hat sie handschriftlich notiert.

 

Unter Vorhalt der  Angaben der Beschwerdeführerin, wonach sie den Zettel nie mehr gefunden habe und dieser Zettel wohl mitgenommen worden sein müsse:

Das ist absolut nicht richtig. Sie hat gebeten darum, dass der Zettel bei ihr bleibt wegen der Nummern und deshalb haben wir diesen Weg gewählt.

 

Wir haben den Zettel nicht mitgenommen. Was mit dem Zettel weiter passiert ist, das weiß ich nicht, da muss man die Beschwerdeführerin fragen.?

 

Der Zeuge BI S. erklärte vor der entscheidenden Behörde diesbezüglich Folgendes:

?Zum Zeitpunkt, als die Handtasche eine Rolle gespielt hat, war ich im Büro. Ich habe das nur im Nachhinein gehört. Ich habe die betreffenden Kontonummern übermittelt bekommen.

 

Mir ist es so mitgeteilt worden, dass die Nummern auf einem Zettel in der Handtasche von Frau K. notiert waren. Es hieß auch, dass diese Nummern handschriftlich abgeschrieben worden seien und zwar, weil Frau K. erklärt habe, dass sie den Zettel behalten möchte. Sie habe den Zettel freiwillig herausgegeben auf Ersuchen der Beamten.?

 

Die Zeugin K. R. gab in diesem Zusammenhang an, dass das Durchsuchen der Handtasche wohl vor ihrem Eintreffen gewesen sein dürfte. Die Problematik, dass ein Zettel in der Geldtasche der Beschwerdeführerin fehlen würde, auf dem Kontonummern angeführt wären, ist, ihren Angaben zufolge, ihr erst zur Kenntnis gelangt, als ?irgendetwas veröffentlicht wurde?, wobei sich diese Angaben auch im Hinblick auf die zeitliche Angabe (?es war nach dem Sommer?) darauf beziehen müssen, dass der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin zunächst Akteneinsicht in den Gerichtsakt genommen und dabei Kenntnis von der Weitergabe der Kontonummern erlangt hat.

 

Die einvernommenen Kriminalbeamten hinterließen einen guten glaubwürdigen Eindruck. Es ergaben sich auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie etwa, insbesondere im Bezug auf den strittigen Punkt der Beschlagnahme des in der Geldtasche der Beschwerdeführerin vorgefundenen Zettels, eine Falschaussage abgelegt hätten. Nachdem unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin einen Einwand gegen die Beschlagnahme des Zettels erhob, ist es durchaus nachvollziehbar, dass, wie von den Kriminalbeamten übereinstimmend geschildert, von einer solchen Beschlagnahme Abstand genommen und die maßgeblichen Daten (Kontonummern) abgeschrieben wurden, zumal es, worüber kein Zweifel sein kann, nicht um den Zettel an sich, sondern eben um diese Daten ging, wohl um auch allenfalls Zahlungsflüsse im Zusammenhang mit der Begehung strafbarer Handlungen nachvollziehen zu können.

 

Seitens der Beschwerdeführerin wurde im Rahmen ihrer Aussage vor der erkennenden Behörde auch nicht dezidiert zum Ausdruck gebracht, dass sie gesehen hätte, dass der in Rede stehende Zettel beschlagnahmt worden wäre. Vielmehr ist den Angaben zu entnehmen, dass (offensichtlich nach der Durchsuchung der Geldtasche) die Kreditkarten irgendwo am Tisch verstreut herumgelegen seien und der Zettel irgendwo dazwischen gewesen wäre und sie den Zettel nachher nicht mehr gesehen habe.

 

Die Beschwerdeführerin gab auch an, dass Herr D. den ganzen Abend irgendwo gesessen sei und irgendetwas geschrieben habe. Damit werden jedenfalls die übereinstimmenden Angaben der Beamten D., S. und T. (der Zeuge CI G. F. konnte diesbezüglich keine genaueren Angaben machen) nicht widerlegt.

 

Unstrittig ist, dass die Beschlagnahme eines in der Geldtasche der Beschwerdeführerin vorgefundenen Zettels mit Kontonummern auf der Beschlagnahmebestätigung nicht angeführt ist. Dies wurde von den Beamten D., S. und T. auch nachvollziehbar damit erklärt, dass dieser Zettel tatsächlich gar nicht in Beschlag genommen worden sei, sondern habe  man vielmehr die maßgeblichen Daten abgeschrieben. Würde man den Behauptungen der Beschwerdeführerin folgen, so hätten die Beamten D. und T. den erwähnten Zettel trotz des Ersuchens der Beschwerdeführerin ihn behalten zu dürfen, in Beschlag genommen, diesen Umstand in der Beschlagnahmebestätigung nicht angeführt und letztlich vor der erkennenden Behörde, ebenso wie der Zeuge S., falsch ausgesagt. Anhaltspunkte dafür liegen jedoch, wie bereits dargelegt, nicht vor.

 

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass ohnedies die Bezeichnungen und Nummern der vorgefundenen Kreditkarten aufgeschrieben werden mussten (die Kreditkarten verblieben unstrittigerweise bei der Beschwerdeführerin), sodass die zusätzliche handschriftliche Anführung von 12 Sparkonten keinen größeren Aufwand nach sich ziehen musste.

 

Die konkrete Weiterleitung der Sparkonten, Kreditkartennummern und des Bankschließfaches vom Landeskriminalamt an das Bundeskriminalamt ist durch das vom Zeugen S. vorgelegte E-Mail vom 10.01.2007, 18.44 Uhr, belegt. Der Zeuge S. versicherte im Zuge seiner Einvernahme vor der erkennenden Behörde auch glaubhaft, dass die Weitergabe der Kontonummern an das Bundeskriminalamt im Einvernehmen mit der Justiz, insbesondere auch mit der Staatsanwaltschaft erfolgt sei. In seinem Bericht vom 06.05.2008 findet sich auch ein Auszug aus dem Gesamtprotokoll, wonach am 10.01.2007 um 18.30 Uhr eine telefonische Kontaktnahme mit der Staatsanwaltschaft erfolgt sei, in welcher es um die Übermittlung von Abschriften von Sparbuchnummern und Kreditkartennummern an die französischen Ermittler gegangen wäre.

 

Im Hinblick darauf, dass aufgrund des durchgeführten umfassenden Ermittlungsverfahrens ein klares Bild über den entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstand, traf die erkennende Behörde keine Verpflichtung, weitere Beweise aufzunehmen. So ergab sich, insbesondere in Bezug auf die Vorgangsweise unmittelbar nach dem Auffinden des Zettels in der Geldtasche der Beschwerdeführerin eine eindeutige Beweislage. Die am Vorfall beteiligten Beamten wurden als Zeugen einvernommen. Sie lieferten diesbezüglich klare widerspruchsfreie Aussagen ab. Bereits beim Zeugen Frotschnigg trag zu Tage, dass dieser zur konkreten Situation, obwohl er in den Wohnräumlichkeiten der Beschwerdeführerin zugegen war, keine konkreten Angaben mehr machen konnte, weil er nicht unmittelbar mit der Durchsuchung von Hand- und Geldtasche befasst war. Im Übrigen werden die Angaben der Polizeibeamten nicht einmal durch die Aussage der Beschwerdeführerin widerlegt. Es bedurfte daher nicht der Einvernahme weiterer in irgendeiner Form bei der Hausdurchsuchung anwesender Polizeibeamter.

 

Die zeugenschaftliche Einvernahme der zwei Richterinnen war deshalb nicht erforderlich, weil die Fragen, welche ?Erhebungen? gerichtlich beauftragt waren und inwieweit ein Abschreiben von Kontonummern nicht vom Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl mit umfasst war, keine Tatsachen- sondern Rechtsfragen darstellen. Die Situation im Bezug auf die Weitergabe der Daten wurde durch den Zeugen S. in Verbindung mit dessen dem UVS vorgelegten Bericht nachvollziehbar dargelegt. Dazu kommt, dass insbesondere aus den nachfolgend dargestellten rechtlichen Überlegungen die Aufnahme weiterer Beweise wie etwa die Einholung des Aktes XY des Landesgerichtes Innsbruck sowie die Einvernahme von Richterinnen oder der Staatsanwältin Dr. A. K. entbehrlich war.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

In Bezug auf die Rechtsgrundlagen für die Erhebungen von Maßnahmenbeschwerden sei zunächst folgendes ausgeführt:

 

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die  Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Eine Prüfpflicht des Unabhängigen Verwaltungssenates bei Maßnahmebeschwerden besteht nur in Bezug auf den Gegenstand des Verfahrens, den der Beschwerdeführer in der Beschwerde durch die Darstellung des Sachverhalts, (§ 67c Abs 1 Z 3 AVG) die Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes (Z 1 leg cit), sowie das Begehren, diesen für rechtswidrig zu erklären (Z 4 leg cit), zu umschreiben hat. Diese Angaben des Beschwerdeführers definieren die Grenzen des Verfahrensgegenstandes. Erst auf dem Boden dieser Vorgaben der Beschwerde besteht die allseitige rechtliche Prüfungspflicht der UVS (Eisenberger/Ennöckl/Helm, die Maßnahmenbeschwerde 72f).

 

Gemäß § 88 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Artikel 129a Abs 1 Z 2 B-VG).

 

§ 88 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz erfasst nur Akte ?unmittelbar? verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Nicht jeder nachteiliger behördlicher Rechtseingriff stellt eine vor dem UVS bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar.

 

Zur Durchsuchung der Handtasche (Geldtasche) und Entnahme eines darin befindlichen Zettels mit Sparbuchnummern (Antrag laut Punkt III a der Maßnahmenbeschwerde):

 

Die §§ 139ff StPO lauten:

?§ 139 (1) Eine Hausdurchsuchung, das ist die Durchsuchung der Wohnung oder sonstiger zum Hauswesen gehöriger Räumlichkeiten, darf nur dann vorgenommen werden, wenn begründeter Verdacht vorliegt, dass sich darin eine eines Verbrechens oder Vergehens verdächtige Person verborgen halte oder dass sich daselbst Gegenstände befinden, deren Besitz oder Besichtigung für eine bestimmte Untersuchung von Bedeutung sein könne.

(2) Gegen Personen, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Besitz solcher Gegenstände spricht oder die eines Verbrechens oder Vergehens verdächtig oder sonst übel berüchtigt sind, ist auch die Durchsuchung der Person und ihrer Kleidung zulässig.

§ 140 (1) Eine Durchsuchung ist in der Regel nur nach vorausgegangener Vernehmung dessen, bei oder an dem sie vorgenommen werden soll, und nur insofern zulässig, als durch die Vernehmung weder die freiwillige Herausgabe des Gesuchten noch die Beseitigung der die Durchsuchung veranlassenden Gründe herbeigeführt wird.

(2) Von dieser Vernehmung kann bei übelberüchtigten Personen sowie auch dann abgesehen werden, wenn Gefahr im Verzug ist oder wenn die Durchsuchung von dem Publikum offen stehenden Räumlichkeiten vorgenommen wird.

(3) In der Regel darf die Durchsuchung nur kraft eines mit Gründen versehenen richterlichen Befehles unternommen werden. Dieser Befehl ist dem Beteiligten sogleich oder doch innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden zuzustellen.

(4) Von Hausdurchsuchungen wegen Verbrechen oder Vergehen, bei denen weitere polizeiliche Nachforschungen oder Vorkehrungen im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich sein können, ist, insofern dies ohne Verzögerung geschehen kann, die nächste Sicherheitsbehörde vorläufig in Kenntnis zu setzen, damit ein Abgeordneter dieser Behörde hiebei anwesend sein und, ohne auf den Untersuchungsakt Einfluss zu nehmen, sich die nötigen Kenntnisse zu den weiter erforderlichen Vorkehrungen verschaffen könne.

§ 141 (1) Zum Zwecke der Strafgerichtspflege kann bei Gefahr im Verzug auch ohne richterlichen Befehl eine Hausdurchsuchung von Gerichtsbeamten oder Beamten der Sicherheitsbehörden angeordnet werden. Der zur Vornahme Abgeordnete ist mit einer schriftlichen Ermächtigung zu versehen, die er dem Beteiligten vorzuweisen hat.

(2) Zu demselben Zwecke kann eine Hausdurchsuchung auch durch die Sicherheitsorgane aus eigener Macht vorgenommen werden, wenn  gegen jemanden ein Vorführungs- oder Haftbefehl erlassen oder wenn jemand auf der Tat betreten, durch öffentliche Nacheile oder öffentlichen Ruf als einer strafbaren Handlung verdächtig bezeichnet oder im Besitze von Gegenständen betreten wird, die auf die Beteiligung an einer solchen hinweisen.

(3) In beiden Fällen ist dem Beteiligten auf sein Verlangen sogleich oder doch binnen der nächsten vierundzwanzig Stunden die Bescheinigung über die Vornahme der Hausdurchsuchung und deren Gründe zuzustellen.

§ 142 (1) Haus- und Personsdurchsuchungen sind stets mit Vermeidung alles unnötigen Aufsehens, jeder nicht unumgänglich nötigen Belästigung oder Störung der Beteiligten, mit möglichster Schonung ihres Rufes und ihrer mit dem Gegenstande der Untersuchung nicht zusammenhängenden Privatgeheimnisses sowie mit sorgfältigster Wahrung der Schicklichkeit und des Anstandes vorzunehmen.

(2) Der Inhaber der Räumlichkeit, die durchsucht werden soll, ist aufzufordern, der Durchsuchung beizuwohnen; ist er verhindert oder nicht anwesend, so muss die Aufforderung an ein erwachsenes Mitglied seiner Familie oder in dessen Ermangelung an einen Hausgenossen oder Nachbar ergehen.

(3) Außerdem sind bei der Durchsuchung stets ein Protokollführer und zwei Gerichtszeugen beizuziehen.

(4) Das über die Durchsuchung aufzunehmende Protokoll ist von allen Anwesenden zu unterfertigen. Ist nichts Verdächtiges ermittelt worden, so ist dem Beteiligten auf sein Verlangen eine Bestätigung hierüber zu erteilen."

 

Dem Einschreiten der Beamten des Landeskriminalamtes am 09.01.2007 in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin lag ein Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl des Landesgerichtes Innsbruck wegen des gegen den Ehegatten der Beschwerdeführerin gerichteten Verdachts der Zuhälterei sowie des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach den §§ 216, 217 StGB zugrunde. Die Verletzung der §§ 141 und 142 StPO durch Organe der Sicherheitsbehörden im Zuge einer Hausdurchsuchung ist nicht im Rahmen einer Maßnahmenbeschwerde bekämpfbar, sondern können nur bei Gericht geltend gemacht werden (Einsenberger/Ennöckl/Helm Maßnahmenbeschwerde, 33).

 

Der gerichtliche Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl ermächtigte zur Beschlagnahme von bei der Hausdurchsuchung gefundenen Gegenständen, die für die gerichtliche Untersuchung von Bedeutung sein könnten oder dem Verfall oder der Einziehung unterliegen würden.

 

Im Hinblick auf die gegen den Ehegatten der Beschwerdeführerin vorliegende Verdachtslage kann kein Zweifel darüber bestehen, dass auch die Abwicklung allfälliger finanzieller Transaktionen (allenfalls auch über Sparkonten) für die im Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl angeführte gerichtliche Untersuchung von großer Bedeutung sein könnten. Die Bedeutung von Giro-Sparkonten oder Kreditkarten ist auch vor dem Hintergrund des § 20 StGB und die dort vorgesehene Abschöpfung der Bereicherung zu sehen. Da die Beschwerdeführerin in das betriebliche Geschehen des Hotels und des Reisebüros eingebunden ist und nach eigenen Angaben auch gewerberechtliche Geschäftsführerin einer beide Betriebe betreffenden KG ist, kann kein Zweifel darüber bestehen, dass auch in der Handtasche bzw Geldtasche der Beschwerdeführerin Gegenstände vermutet werden konnten, die für das gerichtliche Verfahren von Bedeutung sein konnten. Letztlich wurden darin auch tatsächlich Hinweise auf Konten bzw Kreditkarten vorgefunden, die, wie zuvor erwähnt, im Zusammenhang mit den im gerichtlichen Befehl angeführten Delikten eine Bedeutung haben konnten. Darauf, inwieweit diese Konten tatsächlich für die Abwicklung von Transaktion in Zusammenhang mit der Begehung strafbarer Handlungen verwendet wurden, kommt es ebensowenig an wie auf den während der Durchsuchung der Geldtasche geäußerten (vor Ort nicht näher überprüfbaren) Einwand der Beschwerdeführerin, dass es sich dabei um ?private Sparbücher? handeln würde. Die Durchsuchung der Handtasche und der Geldtasche der Beschwerdeführerin ist daher jedenfalls vom gerichtlichen Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl umfasst.

 

Entscheidend für die Zurechnung von Vollzugsmaßnahmen zu vor den Verwaltungsbehörden nicht bekämpfbaren Akten richterlicher Hoheitsgewalt ist die Übereinstimmung des von den Vollzugsorganen gesetzten Handelns mit dem Wortlaut des richterlichen Befehls, wobei die rechtliche Zurechnung des Vollzugshandelns zur Justizgewalt auch nicht schon dadurch unterbrochen wird, dass im Vollzug des richterlichen Befehls Gesetzwidrigkeiten hinsichtlich der bei einem solchen Akt zu wahrenden Förmlichkeiten unterlaufen (vgl VwGH 31.05.2000, 99/13/0084, unter Verweis auf die Ausführungen auf ein Erk vom 17. 05.1995, 94/01/0763).

 

Es kann auch eine aus Anlass einer Hausdurchsuchung durchgeführte Personsdurchsuchung innerhalb der durch den richterlichen Auftrag erteilten Ermächtigung liegen (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 1982, VfSlg 9.585). Soweit sie den Zwecken der Hausdurchsuchung dient, kommt ihr kein eigenständiger zu und ist sie nicht als Ausübung unmittelbarer Befehl- und Zwangsgewalt zu qualifizieren (vgl VwGH 07.10.2003, 2001/01/0311).

 

Bei einer auf Grund eines richterlichen Befehls durchgeführten Hausdurchsuchung ist auch die Vorgangsweise bei Durchsetzung des Hausdurchsuchungsbefehls dem Gericht zuzurechnen (vgl VwGH 06.07.1999, 96/01/0061 mit weiteren Nachweisen). Lediglich ein offenkundiges Überschreiten des richterlichen Befehls könnte allenfalls als Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt angesehen werden. Ein solches Überschreiten des gerichtlichen Befehls liegt jedoch nicht vor.

 

Ergänzend ist diesbezüglich festzuhalten, dass die Durchsuchung von der Hand- und Geldtasche der Beschwerdeführerin am 09.01.2007 in Gegenwart und mit Zustimmung der Beschwerdeführerin erfolgte. Die Durchsuchung wurde ohne Zweifel in Kenntnis der Beschwerdeführerin durchgeführt, sodass sich hinsichtlich dieses Beschwerdepunktes die Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde mit Schriftsatz vom 22.11.2007 jedenfalls als verspätet erweist. Auch ist in der Beschwerde nicht dezidiert die Beschlagnahme des bereits mehrfach erwähnten Zettels mit Kontonummern angeführt. Soweit aus dem Zusammenhang heraus (siehe Beschwerdeausführungen Seite 6, Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 von lit a) die Beschlagnahme des Zettels in Beschwerde gezogen werden sollte, ist auf die Feststellungen im gegenständlichen Bescheid zu verweisen, wonach eine solche Beschlagnahme tatsächlich nicht erfolgt ist.

 

Im Übrigen wäre vor dem Hintergrund obiger Ausführungen selbst die Beschlagnahme eines solchen Zettels von der gerichtlichen Beschlagnahmeanordnung umfasst gewesen.

 

2. Zur mangelnden Dokumentation der Beschlagnahme des Zettels (Antrag laut Punkt III.b der Maßnahmenbeschwerde):

 

Da nach den Feststellungen eine Beschlagnahme des in der Geldtasche der Beschwerdeführerin vorgefundenen Zettels mit den Kontonummern nicht stattgefunden hat, erweist sich dieser Einwand von vorneherein als haltlos.

 

3. Die Weitergabe des Inhalts von beschlagnahmten Papieren an Unbefugte (Antrag laut Punkt III.c der Maßnahmenbeschwerde):

Im gegenständlichen Fall wird unter dem hier erwähnten Beschwerdepunkt in concreto die Weitergabe von Sparkonten an ?französische Behörden? als Akt unmittelbarer Zwangs- und Befehlsgewalt von der Beschwerdeführerin bekämpft. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass seitens der Beamten des Landeskriminalamtes eine Weitergabe an französische Behörden oder Gerichte tatsächlich nicht erfolgt ist. Nach den Feststellungen wurden vielmehr Daten betreffend Sparkonten, Kreditkarten sowie ein Schließfach an eine dem Bundesminister für Inneres unterstehende Organisationseinheit (dem Bundeskriminalamt), somit letztlich an die oberste Sicherheitsbehörde übermittelt. Eine Weitergabe dieser Daten nach Frankreich erfolgte von dort aus und somit nicht, wie in der Beschwerde behauptet, durch die der belangten Behörde unterstehende Beamte des Landeskriminalamtes Tirol.

 

Weiters ist festzuhalten, dass auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen die vom Landeskriminalamt Tirol am 10.01.2007 getätigte Informationsweitergabe nach vorheriger Rücksprache mit der zuständigen Staatsanwältin erfolgte.

 

Besondere Bedeutung kommt jedoch dem Umstand zu, dass in der Weitergabe des Inhaltes von Akten (bzw von Aktenunterlagen) an andere Behörden im Wege der Amtshilfe kein Akt unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gesehen werden kann (VfgSlg 11.135/1988) eine gegen eine Person gerichtete (dem Staat zurechenbare) Maßnahme stellt nämlich nur dann eine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar, wenn damit dem Betroffenen (ohne, dass ein Bescheid erlassen wird) entweder im Sinn eines Befehls eine Verpflichtung auferlegt wird, oder aber durch eine zwangsbewehrte faktische Handlung in die Rechtsposition des Betroffenen eingegriffen wird (Erkenntnis des VfGH 26.09.2007, Zahl B 505/07).

 

Zur Kostenentscheidung:

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 69a Abs 1 und 3 AVG, wonach die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat. Die Höhe der Beträge richtet sich nach der UVS-Aufwandsersatzverordnung. Die Eingabegebühr stützt sich auf das Gebührengesetz, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
Bei, einer, aufgrund, eines, richterlichen, Befehls, durchgeführten, Hausdurchsuchung, ist, auch, die, Vorgangsweise, bei, Durchsetzung, des, Hausdurchsuchungsbefehls, dem, Gericht, zuzurechnen (vgl, VwGH, 06.07.1999, 96/01/0061, mit, weiteren, Nachweisen
Zuletzt aktualisiert am
07.11.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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