Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung der Frau S. B., XY-Weg 10, D-U., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 22.11.2007, Zahl VK-12977-2007, betreffend eine Übertretung nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es bei den verletzten Verwaltungsvorschriften (§ 44a Z 2 VStG) statt ?iVm der zitierten Verordnung? nunmehr ?iVm § 3 Abs 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 23. Oktober 2006, LGBl Nr 86/2006? zu lauten hat.
Nach § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 12,00, zu bezahlen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 22.11.2007, Zahl VK-12977-2007, wurde Frau S. B. nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Tatzeit: 06.03.2007 um 19.14 Uhr
Tatort: in Kundl, auf der Inntalautobahn A 12, bei km 22,30 in Richtung Kufstein
Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY
Sie haben als LenkerIn des angeführten Kraftfahrzeuges die gem § 3 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol, LGBl Nr 86/2006, im Sanierungsgebiet auf der A-12 Inntalautobahn erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 20 km/h überschritten. Die Fahrt bzw das Fahrzeug fiel nicht unter die im § 3 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol, LGBl Nr 86/2006, angeführten Ausnahmen. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.?
Dadurch habe die Beschuldigte gegen § 30 Abs 1 Z 4 IG-L iVm der zitierten Verordnung verstoßen. Über diese wurde daher gemäß § 30 Abs 1 Z 4 IG-L eine Geldstrafe von Euro 60,00, Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden, verhängt. Der von der Beschuldigten zu leistende Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurde gemäß § 64 VStG mit 10 Prozent der Geldstrafe bestimmt.
Dagegen hat Frau S. B., D-U., fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin begründend ausgeführt wie folgt:
?Ich bin zwar Halter des PKW XY, nicht jedoch der zum Tatzeitpunkt verantwortliche Fahrzeugführer gewesen. Eine Fahrerermittlung durch Ihre Behörde wurde pflichtwidrig nicht durchgeführt, ebenso wenig erhielt ich bislang einen Zeugenanhörbogen als Halter.
Aufgrund des langen Zeitraumes zwischen Tatzeit der Verordnungswidrigkeit und Zustellung der Organmandatstrafverfügung kann ich zum damals verantwortlichen Fahrzeugführer ohne Lichtbildvorlage leider keine Angaben machen. Ab Tatzeitraum 06.03.2007 bis heute sind über 7 Monate vergangen, ein Verjährung der Verkehrsordnungswidrigkeit dürfte somit auch nach österreichischem Recht, unabhängig von der hier zur Vollstreckung notwendigen Anwendung deutschen Rechts (siehe Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vom 31.05.1988) bereits eingetreten sein.?
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
A) Sachverhalt:
Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Strafakt. Weiters wurde die Berufungswerberin unter Hinweis auf ihre Mitwirkungspflichtig im Verwaltungsstrafverfahren nachweislich aufgefordert, Beweise dafür vorzulegen oder zu benennen, dass sie als Lenkerin des betreffenden Kraftfahrzeuges im Tatzeitpunkt ausscheidet.
Sachverhaltsfeststellungen:
Frau S. B., geb am XY, wohnhaft in XY-Weg 10, D-U., hat den PKW mit dem deutschen Kennzeichen XY am 06.03.2007, um 19.14 Uhr, auf der A 12 Inntalautobahn, bei Strkm 22,300, in Fahrtrichtung Kufstein gelenkt.
Sie hat dabei eine Geschwindigkeit von, unter Abzug der Messtoleranz, 120 km/h eingehalten. Für den betreffenden Straßenabschnitt war im Tatzeitpunkt eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h verordnet.
Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum gegenständlich verwendeten Kraftfahrzeug, zum Tatzeitpunkt und zum Tatort ergeben sich aus der Anzeige der Landesverkehrsabteilung Tirol vom 30.03.2007, GZ 144805/2007-07-1985-0051, sowie aus dem im erstinstanzlichen Akt einliegenden Radarfoto.
Auf dem Radarfoto ist das Kennzeichen des Kraftfahrzeuges im ?Vergrößerungsfeld? gut erkennbar. Auch die Tatzeit ist am Radarfoto festgehalten. Dass der Tatort in der Anzeige korrekt bezeichnet ist, steht für die Berufungsbehörde ebenfalls außer Zweifel.
Dass die mit dem betreffenden PKW im Tatzeitpunkt eingehaltene Geschwindigkeit unter Abzug der Messtoleranz 120 km/h betragen hat, steht aufgrund der, wie erwähnt, mittels eines Radarmessgerätes durchgeführten Geschwindigkeitsmessung fest. Die Berufungswerberin hat keine Umstände aufgezeigt, die Zweifel am ordnungsgemäßen Funktionieren des Messgerätes erwecken könnten. Laut dem vorliegenden Eichschein hat für das betreffende Radarmessgerät im Tatzeitpunkt eine gültige Eichung vorgelegen. Auch dadurch ist dessen Funktionsfähigkeit belegt.
Was nun die Person des Lenkers anlangt, bringt die Berufungswerberin vor, dass sie zwar Halterin des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges sei, dieses im Tatzeitpunkt aber nicht gelenkt habe. Dazu ist Folgendes festzuhalten:
Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Das Verwaltungsstrafverfahren ist grundsätzlich nach den Vorschriften des AVG und VStG zu führen, somit ist der maßgebliche Sachverhalt nach den §§ 37 ff AVG von Amts wegen zu ermitteln. Einer amtswegigen Ermittlung der Person, die ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat, sind jedoch Grenzen gesetzt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in derartigen Fällen mehrfach auf die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten bei der Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen (vgl VwGH 08.02.1995, Zl 94/03/0108 ua). Ein Zulassungsbesitzer darf sich demnach nicht darauf beschränken, die Lenkereigenschaft zu bestreiten. Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten erfordert es vielmehr, dem Tatvorwurf konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und dafür auch entsprechende Beweise anzubieten (vgl VwGH 28.09.1988, Zl 88/02/0030 ua).
Entsprechend dieser höchstgerichtlichen Judikatur wurde die Berufungswerberin seitens der Berufungsbehörde mit Schreiben vom 15.05.2008, Zl uvs-2008/26/1504-1, aufgefordert, konkret darzulegen, weshalb Sie, wie in mehreren Eingaben behauptet, als Lenkerin des betreffenden PKWs im Tatzeitpunkt ausscheidet und dafür entsprechende Beweismittel vorzulegen oder zu benennen. Dieses Schreiben hat die Berufungswerberin nicht beantwortet und damit die in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung anerkannte Mitwirkungspflicht verletzt. Dieser Umstand war im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (vgl VwGH 06.12.1985, Zl 85/18/0051).
Bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände ist die Berufungsbehörde deshalb zur Überzeugung gelangt, dass die Berufungswerberin selbst das betreffende Kraftfahrzeug im Tatzeitpunkt gelenkt hat. Von einem Zulassungsbesitzer, der das Fahrzeug nicht selbst gelenkt hat, ist nämlich auch nach Ansicht der Verwaltungsgerichtshofes zu erwarten, dass er zumindest konkret darlegen kann, weshalb er als Lenker ausscheidet (vgl VwGH 20.09.1996, Zl 96/17/0320). Die Berufungswerberin hat diesbezüglich aber, wie erwähnt, kein Vorbringen erstattet. Bereits dies bildet ein gewichtiges Indiz dafür, dass sie selbst die Lenkerin des Fahrzeuges war. Aber auch ein weiterer Umstand spricht für diese Annahme. Das betreffende Kraftfahrzeug steht aufgrund des Wohnsitzes der Berufungswerberin offenbar überwiegend in Deutschland in Verwendung. Eine Fahrt mit dem betreffenden PKW in Tirol dürfte daher kein regelmäßiges, sondern ein eher selteneres und damit einprägsames Vorkommnis darstellen. Vor allem gilt dies für eine von der Berufungswerberin behauptete Verwendung des Fahrzeuges im Ausland durch eine dritte Person. Nach Ansicht der Berufungsbehörde widerspricht es deshalb auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass es der Berufungswerber nicht möglich gewesen wäre, einen allfälligen anderen Lenker zu erheben.
Aus dem gesamten Verhalten der Berufungswerberin ist deshalb nach Ansicht der Berufungsbehörde im Lichte der vorzitierten höchstgerichtlichen Judikatur zu folgern, dass sie als Fahrzeughalterin selbst Lenkerin des Fahrzeuges im Tatzeitpunkt war, und sie durch Verweigerung der gebotenen Mitwirkung an der Sachverhaltsklärung lediglich einer Bestrafung entgehen wollte (vgl auch VwGH 06.11.2002, Zl 2001/02/0273, mwN).
Dass für den betreffenden Straßenabschnitt im Tatzeitpunkt eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h verordnet war, stellt eine amtsbekannte Tatsache dar.
B) Rechtsgrundlagen:
Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen von Relevanz:
?1. Immissionsschutzgesetz-Luft, BGBl I Nr 115/1997, in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 34/2003:
Verordnung
§ 10
(1) Zur Erreichung der Ziele dieses Bundesgesetzes (§ 1) hat der Landeshauptmann
1.
auf Grundlage der Statuserhebung (§ 8), eines allenfalls erstellten Emissionskatasters (§ 9) sowie
2.
unter Berücksichtigung der Stellungnahmen gemäß § 8 Abs 5 und 6 innerhalb von sechs Monaten nach Fertigstellung der Statuserhebung, längstens jedoch 15 Monate nach Ausweisung der Überschreitung eines Immissionsgrenzwerts mit Verordnung einen Maßnahmenkatalog zu erlassen. In den Fällen des § 8 Abs 4 haben die betroffenen Landeshauptmänner aufeinander abgestimmte Maßnahmenkataloge zu erlassen.
(2) Der Landeshauptmann hat im Maßnahmenkatalog
1.
das Sanierungsgebiet (§ 2 Abs 8) festzulegen,
2.
im Rahmen der §§ 13 bis 16 Maßnahmen anzuordnen, die im Sanierungsgebiet oder in Teilen des Sanierungsgebiets umzusetzen sind,
3.
die Fristen (§ 12) zur Umsetzung der Maßnahmen (Z 2) festzusetzen. Weiters ist anzugeben, ob die Maßnahmen direkt wirken oder von der Behörde (§ 17) mit Bescheid anzuordnen sind.
....
Maßnahmen für den Verkehr
§ 14
(1) Im Maßnahmenkatalog (§ 10) können für Kraftfahrzeuge im Sinne des § 2 Z 1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG), BGBl Nr 267, oder für bestimmte Gruppen von Kraftfahrzeugen
1.
zeitliche und räumliche Beschränkungen des Verkehrs und
2.
Geschwindigkeitsbeschränkungen
angeordnet werden. ....
....
Strafbestimmungen
§ 30
(1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen
....
4. mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro, wer einer gemäß §§ 14 und 16 Abs 1 Z 4 erlassenen und entsprechend kundgemachten Anordnung des Maßnahmenkatalogs gemäß § 10 zuwiderhandelt.
....
2. Verordnung des Landeshauptmannes vom 23. Oktober 2006, mit der auf der A 12 Inntalautobahn zwischen Zirl West und der Staatsgrenze mit der Bundesrepublik Deutschland eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h festgesetzt wird, LGBl Nr 86/2006:
§ 1
Zielbestimmung
Das Ziel dieser Verordnung ist, die durch den Menschen beeinflussten Emissionen, die zu einer Immissions-Grenzwertüberschreitung geführt haben, zu verringern und somit die Luftqualität zu verbessern. Diese Verbesserung dient dem dauerhaften Schutz der Gesundheit des Menschen, des Tier- und Pflanzenbestands, ihrer Lebensgemeinschaften, Lebensräume und deren Wechselbeziehungen sowie der Kultur- und Sachgüter vor schädlichen Luftschadstoffen sowie dem Schutz der Menschen vor unzumutbar belästigenden Luftschadstoffen. Die Geschwindigkeitsbeschränkung nach § 3 soll zur Erreichung dieses Ziels beitragen. Um eine zielgerichtete Maßnahme zu gewährleisten, soll die starre 100 km/h-Beschränkung lediglich bis zur Inbetriebnahme einer immissionsgesteuerten Verkehrsbeeinflussungsanlage in Geltung stehen.
§ 2
Sanierungsgebiet
Als Sanierungsgebiet im Sinn des § 2 Abs 8 IG-L wird ein Gebietsstreifen von 100 m beiderseits der Straßenachse der A 12 Inntalautobahn zwischen km 0,00 an der österreichischen Staatsgrenze zu Deutschland und der westlichen Grenze des Gemeindegebietes von Zirl festgelegt.
§ 3
Maßnahme
(1) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit wird auf der A 12 Inntalautobahn auf der Richtungsfahrbahn Bregenz von der Staatsgrenze mit der Bundesrepublik Deutschland bis Straßenkilometer 88,997 im Gemeindegebiet von Zirl und auf der Richtungsfahrbahn Kufstein von Straßenkilometer 88,806 im Gemeindegebiet von Zirl bis zur Staatsgrenze mit der Bundesrepublik Deutschland mit 100 km/h in der Zeit vom 1. November 2006 bis zum 30. April 2007 festgesetzt.
(2) Ausgenommen von der Beschränkung nach Abs. 1 sind:
a)
Fahrten von Ärzten und Tierärzten in Ausübung ihres Dienstes;
b)
Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb oder Gasantrieb;
c)
Transporte dringend benötigter Arzneimittelwaren.
(3) Die Maßnahme gilt direkt, eine bescheidmäßige Anordnung durch die Behörde erfolgt nicht.
3. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:
Schuld
§ 5
(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Strafbemessung
§ 19
(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.?
C) Rechtliche Beurteilung:
Vorweg wird festgehalten, dass das mit 17.04.2008 datierte Rechtsmittel nach Ansicht der Berufungsbehörde als Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 22.11.2007, Zl VK-12977-2007, zu werten ist, auch wenn in der Eingabe selbst von der ?Organmandatsstrafverfügung vom 05.06.2007? die Rede ist.
Die Berufungswerberin wollte erkennbar dasselbe Vorbringen erstatten wie im Einspruch gegen die zitierte Strafverfügung. Sie hat deshalb den damaligen Schriftsatz neuerlich verwendet. Dabei hat sie zwar das Datum der Eingabe angepasst, aufgrund eines offenkundigen Versehens aber die Bezeichnung des angefochtenen Strafbescheides nicht abgeändert. Dennoch ist aufgrund der Datierung der Eingabe davon auszugehen, dass die Berufungswerberin damit das ihr zuletzt, nämlich am 08.04.2008 zugegangene Straferkenntnis vom 22.11.2007 bekämpfen wollte.
Schuldspruch:
Aufgrund der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen sieht es die Berufungsbehörde als erwiesen an, dass die Berufungswerberin den objektiven Tatbestand der ihr angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht hat.
Diese hat im Tatzeitpunkt bei Strkm 22,300 der A 12 Inntalautobahn und sohin innerhalb des in der Verordnung LGBl Nr 86/2006 festgelegten Sanierungsgebietes mit dem von ihr gelenkten PKW eine Geschwindigkeit von 120 km/h eingehalten, obwohl durch die zitierte Verordnung für den betreffenden Straßenabschnitt eine höchstzulässige Geschwindigkeit von 100 km/h festgelegt war. Die Fahrt ist offenkundig unter keine der in der Verordnung bzw im IG-L vorgesehenen Ausnahmen gefallen.
Was die innere Tatseite anlangt, ist festzuhalten, dass es sich bei der der Berufungswerberin angelasteten Verwaltungsübertretung um ein sog Ungehorsamsdelikt handelt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch der Eintritt einer Gefahr gehören. Für derartige Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass dann ohne weiteres Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. ?Glaubhaftmachung? bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Täter hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und die entsprechenden Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen (VwGH 24.05.1989, 89/02/0017 ua).
Diese Glaubhaftmachung ist der Berufungswerberin nicht gelungen. Sie hat kein Vorbringen erstattet, durch das ein fehlendes Verschulden dargetan werden könnte.
Es war daher von Fahrlässigkeit auszugehen.
Wenn die Berufungswerberin Verjährung einwendet, verkennt sie die Rechtlage. Zunächst ist festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall entgegen der Ansicht der Berufungswerberin österreichisches Verfahrensrecht anzuwenden ist.
Die Verjährungsfrist für die gegenständliche Übertretung beträgt sechs Monate. Damit diese Frist gewahrt wird, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich, dass eine entsprechende Verfolgungshandlung innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung tritt (vgl VwGH 01.02.1979, Zl 1711/75). Dies ist dann der Fall, wenn die Verfolgungshandlung die Sphäre der Behörde verlässt (vgl VwSlg 10.232 A/1980). Nicht entscheidend ist hingegen, wann die Verfolgungshandlung den Beschuldigten tatsächlich erreicht (vgl VwGH 11.05.1990, Zl 89/18/0197 ua).
Die erste Verfolgungshandlung im gegenständlichen Strafverfahren war die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 05.06.2007. Der Rückschein dieser Strafverfügung trägt einen Stempelaufdruck des Postamtes Kufstein mit Datum ?15.06.2007?. Damit steht außer Zweifel, dass diese Verfolgungshandlung innerhalb der 6-monatigen Verjährungsfrist die Sphäre der Behörde verlassen hat. Auch wenn diese die Berufungswerberin zunächst nicht erreicht hat, weil im deutschen Kraftfahrzeugregister nach wie vor die Adresse A.-D.-Straße 5, D-N., aufgeschienen ist, liegt sohin entsprechend den vorstehenden Ausführungen dennoch eine fristgerechte Verfolgungshandlung vor.
Die Bestrafung ist also dem Grunde nach zu Recht erfolgt.
Strafbemessung:
Der Unrechtsgehalt der der Berufungswerberin angelasteten Verwaltungsübertretung ist erheblich. Schutzzweck der verletzten Norm ist ? wie sich § 1 der betreffenden Verordnung ergibt, die Verringerung der für Menschen, Tier- und Pflanzengesellschaften usw. nachteiligen Luftschadstoffemissionen. Die betreffende Norm dient also dem Schutz höchstrangiger Rechtsgüter. Die Berufungswerberin hat durch das ihr angelasteten Verhalten diesen gewichtigen Schutzzielen zuwidergehandelt. Wie nämlich etwa in der Studie des Umweltbundesamtes ?Schwebestaub in Österreich, Fachgrundlagen für eine kohärente österreichische Strategie zur Verminderung der Schwebestaubbelastung, Bericht BE-277, Wien 2006? unter Bezugnahme auf ?HAUSBERGER, Entwicklung von Luftschadstoffemissionen aus dem Verkehr bis 2010 und Abschätzung von Maßnahmenwirkungen, 2003?, ausgeführt wird, ergeben sich bei Tempo 80/100 verglichen mit Tempo 100/130 bei Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen (LNF) abgasbedingte PM-Reduktionen auf Autobahnen um 17 Prozent und auf Freilandstraßen um 16 Prozent und reduziert sich der NOx Ausstoß sogar um 36 Prozent auf Autobahnen bzw 18 Prozent auf Freilandstraßen.
Als Verschuldensform war Fahrlässigkeit anzunehmen. Mildernd war zu werten, dass die Berufungswerberin zumindest in Tirol nicht strafvorgemerkt aufscheint. Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Angaben zu ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen hat die Berufungswerberin, obwohl für sie dazu im Verfahren, insbesondere in der Berufung, durchaus die Gelegenheit bestanden hätte, nicht gemacht. Nach Ansicht der Berufungsbehörde war daher mangels gegenteiliger Anhaltpunkte im Schätzwege zumindest von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen. Die Berufungswerberin hat im Übrigen nicht behauptet, dass die verhängte Geldstrafe ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht ausreichend berücksichtige.
Im Zusammenhalt dieser Strafzumessungskriterien haben sich gegen die durch die Erstinstanz verhängte Geldstrafe keine Bedenken ergeben. Damit wurde der gesetzliche Strafrahmen zu weniger als 3 Prozent ausgeschöpft. Eine Bestrafung in dieser Höhe wäre selbst im Falle unterdurchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse jedenfalls erforderlich, um dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung hinreichend Rechnung zu tragen
Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen. Dabei hatte allerdings eine Modifikation des Schuldspruches hinsichtlich der verletzten Verwaltungsvorschriften erfolgen. Dazu war die Berufungsbehörde gemäß dem auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 66 Abs 4 AVG befugt.
Die Festsetzung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten Gesetzesbestimmungen.