Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr. Christoph Purtscher über die Berufung der H. GmbH mit dem Sitz in XY Nr 70, K., vertreten durch Dr. P. R., Rechtsanwalt in I., XY-Gasse 8/4, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 17.01.2008, Zl 2.1 A-791/56, betreffend die Verfügung der Räumung des Lagers auf dem Gst XY, GB K., nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 in Verbindung mit § 67h Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 17.01.2008, Zl 2.1 A-791/56, wurde die H. GmbH mit dem Sitz in K. in Tirol gemäß § 360 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994 verpflichtet, das Lager auf dem Gst XY, GB K. (Lagerung von Kraftfahrzeugen, Containern, Alteisen, usw), bis 10.02.2008 restlos zu räumen.
Gegen diesen Bescheid hat die Haller G. fristgerecht Berufung erhoben und ausgeführt wie folgt:
?Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 17.01.2008 zu 2.1 A-791/56 wurde die H. GmbH aufgefordert, gemäß § 360 Abs 1 2. Satz Gewerbeordnung 1994, das Lager auf Gst Nr 300/7, GB K. in Tirol, von Kraftfahrzeugen, Containern, Alteisen usw bis zum 10.02.2008 restlos zu räumen.
Die Behörde begründet diesen Bescheid im Wesentlichen damit, dass es für gegenständliches Grundstück keine Betriebsanlagenbewilligung gibt.
Dazu ist anzuführen, dass mit Schreiben vom 24.06.2002 um die Genehmigung zum Betrieb einer Betriebsanlage für das Gst XY angesucht wurde. Selbst wenn die XY und XY Bau und Handels GmbH sowie die H. GmbH nicht identisch sind, so liegt dennoch eine bewilligte Betriebsanlage vor, zumindest wurde im Jahr 2002 bereits angesucht.
Die Berufungswerberin ist daher berechtigt, insbesondere Fahrzeuge auf der Parzelle XY abzustellen. Im Berufungsverfahren wolle Herr W. H., XY 70, K., Herr Dr. M. G., pA Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel, einvernommen werden und wolle die Berufungsbehörde den gesamten Betriebsanlagenakt 2.1 A-791/56 zum Beweis dafür einholen, dass am 24.06.2002 seitens der XY und XY Bau und Handels GmbH um die Genehmigung zum Betrieb einer Betriebsanlage angesucht hat. Bei der Berufungswerberin ist ein Bescheid über die tatsächliche Genehmigung derzeit nicht auffindbar, diese muss sich sicher im Akt befinden, widrigenfalls hat die Behörde das Ansuchen vom 24.06.2002 bislang nicht behandelt.?
Abschließend wurde beantragt, den bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass gemäß § 359a GewO 1994 Entscheidungen in I. Instanz in Verfahren betreffend Betriebsanlagen unmittelbar beim Unabhängigen Verwaltungssenat angefochten werden können.
Die im gegenständlichen Fall maßgebenden Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl Nr 194 idF des Gesetzes BGBl I Nr 68/2008, lauten wie folgt:
?§ 74
(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1.
das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,
2.
die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3.
die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung der den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4.
die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5.
eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
§ 81
(1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.
§ 360
(1) Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs 1 Z 1, 2 oder 3, so hat die Behörde unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs 2, § 79c oder § 82 Abs 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.
?
(5) Die Bescheide gemäß Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 sind sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.
(6) Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 nicht mehr vor und ist zu erwarten, dass in Hinkunft jene gewerberechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die gewerbliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, so hat die Behörde auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen.
§ 366
(1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu Euro 3.600,00 zu bestrafen ist, begeht, wer
1.
ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben;
2.
eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt;
3.
eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81f);
??
Ebenfalls beachtlich ist nachfolgende Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 5/2008:
?§ 66
?
(4) Außer dem in Abs 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.?
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 10.05.2000, Zl 2.1 A-791/6, wurde der XY und XY Bau- und Handels GmbH mit dem Sitz in K. in Tirol die gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb von Abstellplätzen für 7 Lkw im Standort Gst XY, GB K., erteilt.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 24.07.2002, Zl 2.1 A-791/28, wurde der XY und XY Bau- und Handels GmbH die gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Werkstättengebäudes mit Betriebstankstelle und Waschplatz auf dem Gst XY, GB K., erteilt (Feststellung nach § 359b Abs 1 und 8 GewO 1994).
Diese Betriebsanlagen werden nunmehr von der H. GmbH mit dem Sitz in K. in Tirol betrieben. Anlässlich einer Überprüfung der Betriebsanlage auf dem Gst XY am 22.08.2007 hat die Erstbehörde festgestellt, dass ?südlich des gegenständlichen Betriebsgebäudes die Grundparzelle 300/7 ebenfalls vom gegenständlichen Betrieb benutzt wird. Dafür liegt keine betriebsanlagenrechtliche Genehmigung vor. Sowohl auf diesem Bereich als auch auf den die Betriebsanlage umgebenden Freiflächen befinden sich mehrere Lagerungen. Zudem sind in diesem Bereich nicht für den Verkehr zugelassene Kraftfahrzeuge abgestellt. Aufgrund der am Boden befindlichen Ölspuren und dem augenscheinlichen Alter der abgestellten Fahrzeuge, Motoren und sonstigen Gegenständen kann eine Wassergefährdung nicht ausgeschlossen werden?.
In weiterer Folge erließ die Erstinstanz, nachdem sie auf Grund der getroffenen Feststellungen (vgl dazu auch die im Akt einliegenden Lichtbilder) zu Recht vom Bestehen des Verdachtes einer Übertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 bzw Z 3 GewO 1994 ausging, eine Verfahrensanordnung, mit welcher die Berufungswerberin gemäß § 360 Abs 1 erster Satz GewO 1994 aufgefordert wurde, ?das Lager auf Gst XY, GB Kirchberg (Lagerung von Kraftfahrzeugen, Motoren, Alteisen, usw), binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Verfahrensanordnung restlos zu räumen?.
Gegen diese Verfahrensanordnung hat die H. GmbH Berufung erhoben; diese Berufung wurde jedoch anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 26.02.2008 wiederum zurückgezogen.
Eine Überprüfung durch die Erstbehörde am 15.01.2008 hat sodann ergeben, dass eine Räumung des erwähnten Lagerplatzes auf dem Gst XY nicht erfolgt ist. Daraufhin hat die Erstinstanz mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Räumung dieses Lagerplatzes verfügt.
Eine weitere Überprüfung durch die Erstinstanz am 06.05.2008 hat schließlich ergeben, dass das Gst XY nach wie vor in der gleichen Art und Weise genutzt wird.
Eine Betriebsanlagengenehmigung im Zusammenhang mit der aufgezeigten Nutzung des Gst XY liegt nicht vor, eine solche wurde bisher bei der Erstinstanz auch nicht beantragt.
Für die Berufungsbehörde war nun zu beachten, dass unter anderem ein Bescheid nach § 360 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994 als Leistungsbescheid zu erlassen ist. Das heißt, dass nicht die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der bescheidmäßig verfügten Räumung zu beurteilen war. Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage kommt es vielmehr auf den Zeitpunkt der Berufungsentscheidung an. Im Zeitpunkt der Erlassung der Berufungsentscheidung müssen daher ebenso wie im Zeitpunkt der Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung die Voraussetzungen für die Maßnahme (hier Räumung des Lagerplatzes) gegeben sein. Fällt während des Verfahrens eine der Voraussetzungen weg, so ist ein vergangenheitsbezogener Feststellungsbescheid zu erlassen (vgl VwGH 26.06.2001, Zl 2001/04/0073).
Die ?Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes? (vgl § 360 Abs 1 GewO 1994) bedeutet die Wiederherstellung jener Sollordnung, die sich aus den hiefür in Betracht kommenden gewerberechtlichen Bestimmungen ergibt. Der der Rechtsordnung entsprechende Zustand, nämlich der Betrieb einer Betriebsanlage nur mit entsprechender Genehmigung bzw im Rahmen der erteilten Genehmigung, kann vorliegend nur dadurch hergestellt werden, dass das Lager auf dem Gst XY geräumt wird (vgl auch Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung2, Rz 13 zu § 360). Die bescheidmäßig verfügte Räumung ist daher zu Recht erfolgt. Die Voraussetzungen für diese von der Erstinstanz verfügte Maßnahme sind, wie bereits dargelegt, zudem nach wie vor gegeben.
Entgegen der Behauptung des Berufungswerbers liegt für die vom Berufungswerber vorgenommene Lagerung von Kraftfahrzeugen, Containern, Alteisen usw jedenfalls keine Betriebsanlagengenehmigung bzw keine Änderungsgenehmigung vor. Dass für diese Tätigkeit eine solche Genehmigung erforderlich wäre, ergibt sich unzweifelhaft aus den Feststellungen der Erstinstanz und wird selbst vom Berufungswerber nicht in Abrede gestellt.
In der nach dem ersten Satz des § 360 Abs 1 GewO 1994 ergehenden Verfahrensanordnung hat die Behörde eine Frist zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes zu setzen. Wird dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen, hat die Behörde sodann die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendige Maßnahme ohne Einräumung einer weiteren Frist zu verfügen (VwGH 23.04.1996, Zl 96/04/0009). Die Erstinstanz hat in der Verfahrensanordnung eine Fristsetzung vorgenommen. Im angefochtenen Bescheid hat die Behörde, obwohl dies nicht erforderlich gewesen wäre, neuerlich eine Frist festgesetzt; dadurch kann der Berufungswerber allerdings nicht beschwert sein. Die Abweisung der gegenständlichen Berufung konnte im Hinblick auf die aufgezeigten Erwägungen ohne neuerliche Fristsetzung erfolgen.
Im Ergebnis liegen jedenfalls die vom Berufungswerber behaupteten Rechtswidrigkeiten nicht vor, weshalb die eingebrachte Berufung als unbegründet abzuweisen war.