TE UVS Steiermark 2008/06/17 25.12-1/2008

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Veröffentlicht am 17.06.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Beschwerde des Herrn A Y A Y alias B A M A, geb., vertreten durch K und B, Rechtsanwälte, G, wegen Anhaltung in Schubhaft auf Grund des Bescheides des Polizeidirektors von Graz vom 03.10.2007, Zl.: 1-1044625/FR/07, wie folgt entschieden: Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 01.12.2007 bis 18.01.2008 für rechtswidrig erklärt. Rechtsgrundlagen: §§ 76 Abs 1, 2 und 6, 82 Abs 1 und 83 Abs 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG; §§ 5 und 17 Abs 1 und 2 AsylG 2005. Nach § 79a AVG in Verbindung mit der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 hat der Bund dem Beschwerdeführer den Schriftsatzaufwand von ? 660,80 zuzüglich Eingabengebühr ? 13,20, insgesamt ? 674,00, binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

1. Mit dem Bescheid vom 03.10.2006 ordnete der Polizeidirektor von Graz nach § 76 Abs 1 FPG gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung bzw der Abschiebung an und begründete die Maßnahme wie folgt: A Y

A Y sei Fremder, da er nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitze und sei am 02.10.2007 in Graz einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen worden, bei der er seine Identität nicht durch Personaldokumente habe belegen können. Da er auch über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet verfügt habe, sei er nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen festgenommen und ins Polizeianhaltezentrum Graz eingeliefert worden. Im Zuge seiner Befragung im Beisein eines Dolmetschers habe er die im Betreff angeführte Identität angegeben und behauptet, aus Palästina zu stammen. Dieser Behauptung schenke die Behörde keinen Glauben, da er keine näheren Details über seine angebliche Heimat habe nennen können. Weiter habe er angegeben, seit fünf Jahren illegal in Italien aufhältig gewesen zu sein und vor einigen Tagen aus Italien kommend mit dem Zug illegal nach Österreich eingereist zu sein, um hier Urlaub zu machen. Die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung des fremdenpolizeilichen Verfahrens sei notwendig gewesen, weil zu befürchten gewesen sei, dass er sich dem weiteren Verfahren bzw den Maßnahmen entziehen werde, zumal seine tatsächliche Identität nicht feststehe, er über keinen Wohnsitz oder sonstige Bindungen im Bundesgebiet verfüge und er außerdem als mittellos anzusehen sei. Hingegen habe kein gelinderes Mittel nach § 77 FPG angeordnet werden können, weil kein Grund zur Annahme bestanden habe, dass der Zweck der Schubhaft auch durch ein gelinderes Mittel erreicht werden könne. Vielmehr rechtfertigten seine wissentlich falschen Angaben die Verhängung der Schubhaft, um damit der Gefahr des Untertauchens zu begegnen.

2. In der beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 18.01.2008 eingelangten Schubhaftbeschwerde wird nach Schilderung des Sachverhalts in der Begründung unter Rechtswidriges Verhalten des Bundesasylamtes und der belangten Behörde Folgendes geltend gemacht: Auf Grund eines EURODAC-Treffers im Zuge der erkennungsdienstlichen Behandlung sei schon am 03.10.2007 festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer in Deutschland aufhältig gewesen sei. Schon vor Einbringung des Antrages auf internationalen Schutz habe Deutschland mit Schreiben vom 18.10.2007 seine Übernahme abgelehnt. Erst danach, am 30.11.2007, habe er seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Es sei völlig unverständlich, warum das Bundesasylamt trotz Kenntnis des Umstandes, dass Deutschland seine Übernahme abgelehnt habe, nochmals ein Konsultationsverfahren mit Deutschland eingeleitet habe. Weil der Beschwerdeführer sich außerhalb des Territoriums der Mitgliedsstaaten der Dublin II-Verordnung aufgehalten habe, sei die ursprüngliche Zuständigkeit Deutschlands zur Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz weggefallen. Der diesbezügliche Schriftverkehr sei von der Grundsatz- und Dublin-Abteilung des Bundesasylamtes geführt worden. Dem Bundesasylamt sei der Umstand der Abschiebung des Beschwerdeführers aus Deutschland nach Ägypten bekannt gewesen, daher erweise sich die Einleitung des Konsultationsverfahrens als rechtswidrig. Nach Einlangen der ablehnenden Antwort Deutschlands am 13.12.2007 habe das Bundesasylamt knappe drei Wochen benötigt, um nach Einvernahme des Beschwerdeführers eine Anfrage nach Art. 21 Dublin II-Verordnung (Info-Request) an Italien zu richten. Der Umstand der Einreise nach Österreich über Italien sei der belangten Behörde (seit 03.10.2007) und dem Bundesasylamt bekannt gewesen. Eine Anfrage nach Art. 21 Dublin II-Verordnung an Italien hätte sofort nach Antragstellung vom Bundesasylamt durchgeführt werden müssen. Dies sei offenkundig aus dem Grund nicht erfolgt, weil Anfragen an Italien in der Regel zu keiner positiven Antwort führen. Im vorliegenden Fall sei dazugekommen, dass schon im Zuge der EURODAC-Abfrage am 03.10.2007 kein Treffer bezüglich Italien erzielt worden sei. Selbst dem Bundesasylamt sei eine positive Antwort Italiens nicht als aussichtsreich erschienen. Der Beschwerdeführer werde die Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte nach § 51 AsylG 2005 beantragen, weil das Info-Request-Verfahren nach Art. 21 Dublin II-Verordnung kein Konsultationsverfahren im Sinn des § 28 Abs 2 AsylG 2005 darstelle und daher die 20-tägige Entscheidungsfrist im Zulassungsverfahren nicht unterbrechen könne. Dies decke sich mit der Rechtsprechung des Unabhängigen Bundesasylsenates (Bescheid vom 13.12.2006, Zl. 307.614-C1/E1-VII/19/06). Zwar vertrete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.03.2007 zu 2006/01/0088 die Ansicht, dass auch ein Informationsersuchen nach Art. 21 Dublin II-Verordnung als Konsultation im Sinn des AsylG zu werten sei. Dieses Erkenntnis betreffe aber die Rechtslage nach dem AsylG 1997 und sei auf die nunmehrige Rechtslage nur bedingt zu übertragen, da die 20-Tage-Frist im Rahmen des Zulassungsverfahrens nun durch Führen von Konsultationen nach der Dublin II-Verordnung nicht mehr gehemmt werde, sondern völlig wegfalle. Sofern ein Info-Request-Verfahren einem Konsultationsverfahren gleichgehalten werde, könne das Bundesasylamt wahllos nach jedem Antrag auf internationalen Schutz angesichts der geografischen Lage Österreichs ein Informationsersuchen an alle umliegenden Mitgliedsstaaten der Dublin II-Verordnung richten und damit die 20-Tage-Frist in nahezu allen Fällen beliebig außer Kraft setzen. Für den Fall, dass der Unabhängige Verwaltungssenat das Führen eines Info-Request-Verfahrens als Konsultationsverfahren im Sinn des § 28 Abs 2 AsylG 2005 erachte, erweise sich die Anhaltung in Schubhaft deswegen als rechtswidrig, weil aus den genannten Gründen ersichtlich sei, dass das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz längst hätte zulassen müssen. Die Schubhaftverhängung stütze sich auf § 76 Abs 2 Z 4 FPG und sei nur zulässig, sofern gewichtige Anhaltspunkte für die Annahme der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates der Dublin II-Verordnung sprächen. Allein das Vorliegen eines EURODAC-Treffers könne dafür nicht ausreichend sein (UVS Burgenland, 08.02.2006, 1766/10/06007, Muzak, Die Schubhaft nach dem FPG 2005, Migralex 2007, 78 80). Das Asylverfahren des Beschwerdeführers hätte spätestens mit Einlangen der ablehnenden Antwort von Deutschland auf das Wiederaufnahmeersuchen am 18.10.2007 zugelassen werden müssen. Auch außerhalb der Wertung eines Info-Request-Verfahrens als Konsultationsverfahren erweise sich die Anhaltung in Schubhaft als rechtswidrig. Das Bundesasylamt habe das erstinstanzliche Verfahren unnötig verzögert und hätte das Verfahren längst zulassen müssen. Die Einleitung eines Wiederaufnahmeverfahrens mit Deutschland sei rechtswidrig erfolgt. Die Mitteilung vom 13.12.2007 könne die Frist nach § 28 Abs 2 AsylG 2005 nicht zum Aussetzen bringen. Nach Rechtsprechung des UBAS könne eine Mitteilung nach § 29 Abs 3 AsylG 2005 die 20-Tages-Frist nur dann wegfallen lassen, wenn sie dem Asylwerber nach der tatsächlichen Einleitung des Konsultationsverfahrens übergeben werde und mit den richtigen Informationen versehen sei. Aus dem Gesetzeswortlaut sei zu schließen, dass die Verwendung der Gegenwartsform geführt werden in § 28 Abs 2 erster Satz AsylG 2005 darauf hindeute, dass die Konsultationen im Zeitpunkt der Mitteilung bereits geführt werden müssen. Das Verfahren des Beschwerdeführers hätte spätestens nach Ablauf von 20 Tagen, somit am 20.12.2007, zugelassen werden müssen. Eine Einleitung erst am 02.01.2008 sei nach Ablauf der 20-tägigen Zulassungsfrist erfolgt und nicht dazu geeignet, die Zulassungsfrist wegfallen zu lassen. Der Behörde seien die Mängel des Asylverfahrens bekannt gewesen, zumal sie von Seiten des Bundesasylamtes über alle Schritte in Kenntnis gesetzt worden sei. Sie habe es aber verabsäumt, das Bundesasylamt auf Fehler im Konsultationsverfahren aufmerksam zu machen, es zu einer rascheren Entscheidungsfindung bzw rechtskonformen Verhaltensweise zu bewegen bzw die Schubhaft mangels Verhältnismäßigkeit aufzuheben. Es sei der belangten Behörde zuzugestehen, dass sie keine Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit des Asylantrages treffen könne und es Sache des Bundesasylamtes sei, die Dublin II-Verordnung korrekt umzusetzen bzw ein allfälliges Zurückweisungs- oder Ausweisungsverfahren zu führen. Die Fremdenpolizei könne sich aber nicht gänzlich aus dem Spiel nehmen und hinsichtlich der korrekten Durchführung der Verfahren auf das Bundesasylamt vertrauen. Es sei vielmehr nach § 80 Abs 1 FPG Aufgabe der Fremdenpolizeibehörde, den Fortgang der vom Bundesasylamt zu führenden Verfahren zu beobachten und darauf zu dringen, dass keine Säumigkeiten entstehen, oder aus beobachteten Säumigkeiten die Konsequenzen hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Schubhaft zu ziehen. Die nunmehrige Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft stütze sich nach wie vor auf § 76 Abs 2 Z 4 FPG, das heißt auf die Annahme, dass Österreich zur Prüfung des Asylverfahrens nicht zuständig sei. Diese Annahme stütze sich derzeit nur auf das mit Italien geführte Info-Request-Verfahren. Es sei den rechtsfreundlichen Vertretern nicht bekannt, dass die belangte Behörde das Bundesasylamt zu einer Entscheidung über die Zulassung gedrängt hätte. Sie sehe sich aber angesichts des rechtswidrigen Verhaltens des Bundesasylamtes nicht dazu veranlasst, die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zu beenden. Da die belangte Behörde ihrer Pflicht nicht ausreichend nachgekommen sei, das Verfahren vor dem Bundesasylamt zu beobachten und auf die Vermeidung von Säumigkeiten hinzuwirken, seien diese der belangten Behörde zuzurechnen und die Schubhaft erweise sich als unverhältnismäßig und rechtswidrig. Eine andere Konsequenz lasse schon der Wortlaut des § 80 Abs 1 FPG nicht zu. Da dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden könne, gegenüber der Vollziehung eine Rechtspflicht zu erlassen, deren Nichtbefolgung keine rechtliche Konsequenzen nach sich zieht, sei ein anderer Schluss als jener der Rechtswidrigkeit der Anhaltung nicht nachvollziehbar. Die Anhaltung des Beschwerdeführers erweise sich daher seit 21.12.2007 als rechtswidrig, da sein Antrag auf internationalen Schutz spätestens am 21.12.2007 hätte zugelassen werden müssen. 2. Kein ausreichender Schubhaftgrund: Nachdem über den Beschwerdeführer am 03.10.2007 die Schubhaft verhängt worden sei, habe er am 30.11.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Nach § 76 Abs 6 FPG könne die Schubhaft in einem solchen Fall weiter aufrechterhalten werden, sofern eine der Voraussetzungen nach § 76 Abs 2 FPG vorliege, was von der Fremdenpolizeibehörde mit Aktenvermerk festzustellen sei. Dies sei im vorliegenden Fall erst am 02.01.2008 erfolgt. Die belangte Behörde habe festgehalten, dass die Schubhaft als nach § 76 Abs 2 Z 4 FPG verhängt gelte und stütze sich auf die Vermutung der Unzuständigkeit Österreichs. Der Beschwerdeführer habe sich daher von 01.12.2007 bis 02.01.2008 trotz der Einbringung des Antrages auf internationalen Schutz am 30.11.2007 auf Grund der Bestimmung des § 76 Abs 1 FPG in Schubhaft befunden. § 76 Abs 1 FPG finde aber nach § 1 Abs 2 FPG auf Asylwerber keine Anwendung. Daraus ergebe sich, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers von 01.12.2007 bis 02.01.2008 mangels Rechtsgrundlage jedenfalls rechtswidrig gewesen sei. Der Beschwerdeführer erachte sich in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung unter Fremden, das sich aus dem BVG betreffend das Verbot rassischer Diskriminierung ergebe, und in seinem Recht auf Freiheit, das sich aus Art. 5 EMRK und Art. 1 ff BVG über die persönliche Freiheit ergebe, verletzt. Er stelle daher die Anträge, der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark möge

1.) die Anhaltung seit den in der Beschwerde genannten Daten vom 01.12.2007 bzw 21.12.2007 sowie 2.) die Fortdauer der Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklären, sowie 3.) erkennen, dass der Bund bzw die belangte Behörde schuldig sei, die dem Beschwerdeführer durch das Verfahren entstandenen Kosten im verzeichneten gesetzlichen Ausmaß zuhanden seiner Rechtsvertreter binnen zu bestimmender Frist bei sonstigem Zwang zu ersetzen. An Kosten würden verzeichnet: Pauschalsatz ? 660,80, zuzüglich Erstattung der Eingabengebühr ? 13,00, zusammen ? 673,80. 3. Der Polizeidirektor von Graz gab am 18.01.2008 folgende Gegenäußerung ab: a) Sachverhalt: Zunächst wurden jene Gründe angeführt, die bereits im Schubhaftbescheid enthalten sind. Die weiteren Ermittlungen der Behörde über die Grundsatz- und Dublinabteilung (GDA) des Bundesasylamtes hätten ergeben, dass der Beschwerdeführer in Deutschland nach Ablehnung eines Asylantrages schon vor der Einreise in die BRD nach Kairo zurückgeschoben worden sei. Die deutschen Behörden hätten in diesem Zusammenhang im Schreiben vom 19.10.2007 mitgeteilt, dass der Fremde unter der Identität B A M A M, geb., nach Ägypten abgeschoben worden sei. Die Behörde habe über die GDA veranlasst, eine Kopie des für die damalige Abschiebung verwendeten Dokuments zu übermitteln. Als der Fremde mit dem Ermittlungsergebnis konfrontiert worden sei, habe er bestätigt, sich in Deutschland als B A ausgegeben zu haben. Die Identität sei falsch gewesen und nur deshalb gewählt worden, da er unter seiner richtigen Identität in Ägypten gerichtlich belangt worden sei. Tatsächlich würden er und seine Familie in Ägypten leben, von wo er am 15.09.2007 ausgereist sei. Anschließend habe er sich in Italien aufgehalten und sei mit dem Zug nach Österreich gereist. Am 14.11.2007 sei bei der Bundespolizeidirektion Graz die angeforderte Dokumentenkopie eingelangt. In dem seinerzeit von den deutschen Behörden ausgestellten travel document sei seine Staatsangehörigkeit als unbekannt angegeben worden. Es sei Tatsache, dass die ägyptischen Behörden solche Dokumente für in Ägypten lebende Palästinenser ausstellten. Die ägyptische Botschaft in Wien sei daher am 15.11.2007 ersucht worden, für den Beschwerdeführer ein neues travel document auszustellen, zumal nunmehr anzunehmen sei, dass es sich bei ihm um einen Palästinenser mit gewöhnlichem Aufenthalt in Ägypten handle. Die Botschaft habe nun ersucht, den Fremden persönlich am 05.12.2007 vorzuführen. Der Beschwerdeführer habe am 30.11.2007 im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und sei nach § 44 AsylG von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen worden. Daher habe die Vorführung zur ägyptischen Botschaft vorerst nicht durchgeführt werden können. Die EASt Ost habe mit Schreiben vom 13.12.2007 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen und keine Zulassung zum materiellen Asylverfahren vorzunehmen. Schließlich sei am 02.01.2008 die Mitteilung eingelangt, dass nunmehr Dublin-Konsultationen mit Italien geführt würden und nach wie vor nicht beabsichtigt sei, den Fremden in Österreich zum Asylverfahren zuzulassen. Nachdem die EASt Ost am 18.01.2008 mitgeteilt habe, dass der Beschwerdeführer zum Asylverfahren zugelassen und ihm eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt worden sei, sei er noch am selben Tag aus der Schubhaft entlassen worden. b) Rechtliche Beurteilung: Im vorliegenden Fall sei die Schubhaft nach § 76 Abs 1 FPG angeordnet worden, weil es die Fremdenpolizeibehörde mit einer Person zu tun habe, die absolut undokumentiert sei, widersprüchliche Angaben zur Person gemacht habe und offensichtlich nicht bereit sei, an der Feststellung des Sachverhalts und der Identität mitzuwirken. Seine tatsächliche Identität sei bis heute nicht geklärt, zumal kein authentisches Dokument vorliege. Auf Grund des Asylantrages vom 30.11.2007 habe der Beschwerdeführer nicht zur Verifizierung der Identität der Botschaft von Ägypten vorgeführt werden können. Im Asylverfahren sei es bis 18.01.2008 zu keiner Zulassung zum Verfahren und keiner Zuerkennung eines asylrechtlich relevanten Aufenthaltsrechts gekommen. Nach § 76 Abs 6 FPG könne die Schubhaft grundsätzlich aufrechterhalten werden, wenn der Fremde im Stand der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stelle. Im Falle einer tatsächlichen Zulassung zum materiellen Asylverfahren würde dies die sofortige Entlassung des Betroffenen nach sich ziehen. Die über den Beschwerdeführer verhängte Schubhaft habe ex lege seit 13.12.2007 als gemäß § 76 Abs 2 Z 4 FPG verhängt gegolten, da zu diesem Zeitpunkt die Absicht mitgeteilt worden sei, den Antrag mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückzuweisen. Der Fremdenpolizeibehörde sei seit 02.01.2008 bekannt gewesen, dass Dublin-Konsultationen mit Italien geführt würden und nach wie vor nicht von einer Zulassung zum Verfahren auszugehen sei. Der vom Beschwerdeführer monierte Umstand, dass anlässlich der Mitteilung vom 13.12.2008 der EASt Ost kein Aktenvermerk angelegt worden sei, entspreche zwar den Tatsachen, könne aber die Schubhaft nicht mit Rechtswidrigkeit belasten, weil bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG die Schubhaft ex lege als nach Abs 2 verhängt zu gelten habe. Dem Aktenvermerk komme zweifelsfrei nur deklaratorische Bedeutung zu. Die von der EASt Ost mit Deutschland eingeleiteten Konsultationen seien für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar, da die Angelegenheit schon im Oktober 2007 bei der Grundsatz- und Dublin-Abteilung GDA des Bundesasylamtes anhängig gemacht worden sei. Zudem hätten die erstinstanzlichen Asylbehörden bei beabsichtigten Dublin-Konsultationen mit der GDA Rücksprache zu halten. Im Übrigen müsse nachdrücklich auf die im Akt befindlichen Auszüge aus dem AIS hingewiesen werden, aus denen hervorgehe, dass die EASt Ost schon am 13.12.2007 die ablehnende Stellungnahme der deutschen Behörden zur Verfügung gehabt hätte und dennoch an Konsultationen mit Deutschland festgehalten habe. Die erste Einvernahme bei der EASt Ost sei erst am 02.01.2008 erfolgt, anschließend sei an die belangte Behörde die schriftliche Mitteilung ergangen, dass Dublin-Konsultationen mit Italien geführt würden. Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen werde die Ansicht vertreten, dass hinsichtlich eines eventuell verzögerten Handelns der Asylbehörden und einer längeren Anhaltung des Fremden in Schubhaft kein Verschulden der belangten Behörde vorliege. Nach Ausführungen zur Anwendung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG führte die belangte Behörde aus, sie habe zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft und im weiteren Verlauf der Anhaltung der im Raum stehenden Gefahr der Vereitelung der beabsichtigten Maßnahmen durch Untertauchen einen entsprechend hohen Stellenwert einzuräumen gehabt. Die Verwendung des Wortes kann in § 77 FPG bedeute, dass die Behörde bei der Frage der Anwendung eines gelinderen Mittels eine Ermessensentscheidung zu treffen habe. Im gegebenen Fall sei das Ermessen zum Nachteil des Fremden geübt worden. Die Behörde vertrete abschließend die Auffassung, dass die Ausübung des Ermessens im Sinn der gesetzlichen Bestimmung und somit rechtskonform erfolgt sei. Abschließend stelle sie den Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten von insgesamt ? 271,80 zu verpflichten. 4. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark gelangt zu folgenden Feststellungen: Der vermutlich am 17.04.1986 geborene Beschwerdeführer, der sich mit dem Namen A alias B A, Vorname Y A Y alias M A ausgibt und in Ägypten oder im Gazastreifen geboren wurde, Arabisch spricht, vermutlich staatenlos und der Religion nach Muslim ist, reiste seinen Angaben nach von Italien kommend illegal nach Österreich ein, nächtigte in Graz an einem unbekannten Ort, nahm Kontakt mit einem Arabisch sprechenden Zeitungsverkäufer auf und wurde am 02.10.2007 von Beamten der Polizeiinspektion L zwecks Feststellung der Identität kontrolliert. Da er keinen Ausweis, namentlich keinen Reisepass, vorweisen konnte, wurde er nach § 39 FPG festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Graz überstellt, wo am 03.10.2007 über ihn nach § 76 Abs 1 FPG die Schubhaft verhängt wurde. Er verfügte über eine Barschaft von ? 82,00. Der Beschwerdeführer war, wie sich auf Grund eines EURODAC-Treffers ergab, am 18.04.2005 in Frankfurt am Main erkennungsdienstlich behandelt und am 05.07.2005 von Flughafen Frankfurt nach Ägypten abgeschoben worden. Hatte er bei einer Vernehmung am 03.10.2007 angegeben, keine Schule besucht, den Reisepass verloren und in Italien fünf Jahre lang in einer Pizzeria gearbeitet zu haben und weiter, dass sein Vater 1965 und seine Mutter 1970 in Gahnyounis geboren seien, macht er bei einer weiteren Vernehmung am 04.10.2007 andere Angaben. Er habe sich im Jahr 2006 in Frankreich auf Urlaub befunden, aber keine anderen Länder der Europäischen Gemeinschaft besucht. Am 09.10.2007 wandte sich die Bundespolizeidirektion Graz an die Grundsatz- und Dublinabteilung mit dem Ersuchen, ein Übernahmeersuchen an Deutschland zurichten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Bundesrepublik Deutschland teilte hierauf der Grundsatz- und Dublinabteilung im Schreiben vom 18.10.2007 mit, dass die Bundesrepublik Deutschland für die Bearbeitung des Asylgesuches nach Art. 16 Abs 3 Dublin II-Verordnung nicht zuständig sei. Bei einer weiteren Vernehmung am 31.10.2007, als ihm der EURODAC-Treffer vorgehalten wurde, wurde dem Beschwerdeführer seine Abschiebung nach Ägypten in Aussicht gestellt und er auf seine Mitwirkung bei Erlangung eines Heimreisezertifikates hingewiesen, da hievon die Dauer der Schubhaft abhänge. Als Geburtsort nannte er nunmehr El Gharbia in Ägypten, sein Vater sei Palästinenser, seine Mutter Ägypterin und er habe sechs Jahre lang eine Schule besucht. Nachdem er Ägypten am 15.09.2007 verlassen habe, habe er sich 15 bis 20 Tage in Rom aufgehalten. Ein Bruder lebe seit sechs Jahren in Frankreich, ein Onkel in Italien, wohin er zurückzukehren wünsche. Nachdem die Polizeibehörde sich an die Botschaft der arabischen Republik Ägypten mit dem Ersuchen um Ausstellung eines travel document gewendet und die Botschaft um Vorführung des Beschwerdeführers für 05.12.2007 ersucht hatte und diesem die Ausdehnung der Schubhaft auf die Dauer von sechs Monaten eröffnet worden war, weil bis dato kein Heimreisezertifikat habe erlangt werden können, stellte der Beschwerdeführer im Polizeianhaltezentrum Graz am 30.11.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz. Hierauf verständigte die Bundespolizeidirektion Graz die Botschaft der Republik Ägypten mit dem Schreiben vom 03.12.2007, dass der im Betreff Genannte der geschätzten Konsularabteilung nicht vorgeführt werden könne. Bei seiner Erstbefragung im PAZ Graz am 01.12.2007 gab der Beschwerdeführer an, sein Vater sei 60 Jahre, seine Mutter 52 Jahre alt, er habe einen Bruder in Palästina, aber keine Verwandten in der Europäischen Union. Er habe vor fünf Monaten seine Heimat verlassen und sei nach Österreich gekommen im Glauben, er würde nach Schweden fahren, um dort um Asyl anzusuchen. Als Fluchtgrund gab er an: Ich habe mein Land verlassen, weil ich dort keine wirtschaftliche Zukunft sah. Ich habe dort keine Arbeit und keine Zukunftsperspektive. Ich will in Europa bleiben, weil ich hier bessere Chancen sehe. Bei einer Rückkehr nach Palästina habe er nichts zu befürchten. Am 13.12.2007 übermittelte das Bundesasylamt, EASt Ost, der Bundespolizeidirektion Graz die Mitteilung nach § 29 Abs 3 AsylG 2005 (mit dem Ersuchen, sie dem Asylwerber unverzüglich gemeinsam mit den Beilagen auszufolgen und das vom Asylwerber unterfertigte Formular zu retournieren), dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da mit Deutschland seit 11.12.2007 Dublin-Konsultationen geführt würden. Durch diese Mitteilung gelte die 20-Tages-Frist des Zulassungsverfahrens nach § 28 Abs 2 AsylG 2005 nicht. Noch am 13.12.2007 langte die Mitteilung des Bundesamtes für Migration ein, dass das Ersuchen abgelehnt worden sei. Anlässlich der Vorführung des Beschwerdeführers vor die Erstaufnahmestelle Ost nahm das Bundesasylamt am 02.01.2008 mit diesem eine weitere Erstbefragung vor. Am selben Tag erging die Mitteilung des Bundesasylamtes nach § 29 Abs 3 AsylG 2005 an die Bundespolizeidirektion Graz, dass beabsichtigt sei, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zurückzuweisen, weil seit 02.01.2008 Dublin-Konsultationen mit Italien geführt würden. Durch diese Mitteilung gelte die 20-Tages-Frist des Zulassungsverfahrens nicht. Hierauf hielt die Bundespolizeidirektion Graz im Aktenvermerk vom 02.01.2008 Folgendes fest: Der im Betreff genannte Fremde hat am 30.11.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Mit Schreiben vom heutigen Tag wurde von der Asylbehörde mitgeteilt, dass nunmehr Dublin-Konsultationen mit Italien durchgeführt werden. Aus diesem Grund gilt die gegen den Fremden verhängte Schubhaft nunmehr als gem. § 76 (2) Ziffer 4 FPG angeordnet. Es erging eine weitere mit 07.01.2008 datierte Mitteilung nach § 28 Abs 2 AsylG 2005 an die Bundespolizeidirektion Graz, mit der dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht wurde, dass die in § 28 Abs 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen für sein Verfahren nicht mehr gelte, weil seit 05.01.2008 Konsultationen mit Italien gemäß der Dublin-II-Verordnung geführt würden. Nachdem das Verfahren vom Bundesasylamt nach Einlangen der ablehnenden Antwort Italiens am 15.01.2008 am 18.01.2008 zugelassen worden war und ihm eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt worden war, wurde der Beschwerdeführer umgehend aus der Schubhaft entlassen. Das Asylverfahren wurde in erster Instanz am 27.02.2008 eingestellt.

5. Da sich der Sachverhalt aus dem Akt der ersten Instanz und den vom UVS beigeschafften Urkunden (einem aktuellen AIS-Ausdruck und dem Informationsersuchen an Italien) ergibt, konnte eine mündliche Verhandlung im Grunde des § 83 Abs 2 Z 1 FPG unterbleiben. 6.

Rechtliche Beurteilung: 6.1. Die für die Beurteilung des Falls maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes lauten: § 76

(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen. (2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn 1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen

wurde; 2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005

ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde; 3. gegen ihn vor

Stellung des Antrag auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder 4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird. (3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. (4) ...

(5) ... (6) Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs 2 vor, gilt die Schubhaft als nach Abs 2 verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs 2 ist mit Aktenvermerk festzuhalten. (7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden. § 82 (1) Der Fremde hat das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, 1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist; 2. wenn er unter Berufung

auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird

oder wurde oder 3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

(2) - (4) ... § 83 (1) Zur Entscheidung über die Beschwerde ist

der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. (2) Über die Beschwerde entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im Übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass 1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und 2. die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. (3) ... (4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden. Weiter sind folgende Bestimmungen des AsylG 2005 relevant: § 5 (1) Ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. (2) Gemäß Abs 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. (3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs 1 Schutz vor Verfolgung findet. § 17 (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist gestellt, wenn ein Fremder in Österreich vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, einer Sicherheitsbehörde oder bei einer Erstaufnahmestelle (§ 59) um Schutz vor Verfolgung ersucht. (2) Der Antrag auf internationalen Schutz ist eingebracht, wenn er vom Fremden persönlich - auch im Rahmen einer Vorführung (§ 43 Abs 2) - bei der Erstaufnahmestelle (§ 59) gestellt wird. 6.2. Da der Beschwerdeführer im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark festgenommen wurde, ist dieser zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig. 6.3. Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vom 03.10.2007 bis 30.11.2007 wurde in der Beschwerde nicht bekämpft. Die Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung des Beschwerdeführers in diesem Zeitraum ergab sich auf Grund des § 76 Abs 1 FPG schon dadurch, dass die Identität des illegal eingereisten Beschwerdeführers, der kein Aufenthaltsrecht besaß, nicht abschließend geklärt ist, der Beschwerdeführer lediglich über eine Barschaft von ? 82,00 verfügte, keinen festen Wohnsitz und keine Verwandten im Inland hatte und widersprüchliche Angaben zur Flucht und zur Verwandtschaft gemacht hatte. Da, wie die belangte Behörde zu Recht ausführt, von einer Integration in keiner Weise gesprochen werden konnte, lag ein Sicherungsbedarf im Sinn des § 76 Abs 1 FPG und der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor, wobei es darum ging, das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung bzw der Abschiebung zu sichern.

6.4.1. Da der Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Schubhaft am 30.11.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Abs 2 vorlagen, um die Schubhaft aufrechterhalten zu können, wobei im gegenständlichen Fall § 76 Abs 2 Z 4 FPG in Betracht kommt. Diesbezüglich meinte die belangte Behörde in der Gegenäußerung, die Schubhaft habe ex lege seit 13.12.2007 als nach § 76 Abs 2 Z 4 FPG verhängt gegolten, da zu diesem Zeitpunkt (ergänze: vom Bundesasylamt) die Absicht mitgeteilt worden sei, den Antrag mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückzuweisen. Mit dieser Auffassung ist die Behörde nicht im Recht. Im Erkenntnis G 14/07-10, G 40/07-6, vom 14.06.2007, mit dem er über den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes, die Wortfolge oder 4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird, als verfassungswidrig aufzuheben, entschieden hat, hat der Verfassungsgerichtshof unter anderem Folgendes ausgesprochen: Im Fall des § 76 Abs 2 Z 4 FPG nimmt die zuständige Fremdenpolizeibehörde auf Basis der vorliegenden Ermittlungsergebnisse eine Einschätzung dahingehend vor, ob die Asylbehörde - insbesondere auf Grund der ihr zur Verfügung stehenden gleichartigen Informationen - eine Entscheidung gemäß § 5 AsylG treffen wird, mit der gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 eine Ausweisung zu verbinden wäre. Dass die Fremdenpolizeibehörden dabei von umfangreichen Erfahrungen ausgehen können, ist wohl nicht zu bestreiten. Die - mit der Entscheidung der Asylbehörde über die Frage, welcher Staat zur Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, systematisch und zeitlich im engen Zusammenhang stehende - Prognoseentscheidung der Fremdenpolizeibehörde ist mit Blick auf die unmittelbar bevorstehende Ausweisung bzw Verfahrenseinleitung (§ 29 Abs 3 Z 4 in Verbindung mit § 27 Abs 1 Z 1 AsylG 2005) von einer derartigen rechtlichen Verdichtung geprägt, dass dieser Verfahrensschritt durchaus vom verfassungsrechtlichen Begriff schwebendes Ausweisungsverfahren umfasst ist. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist es von Verfassungs wegen auch nicht erforderlich, dass diejenige Behörde, die letztlich für die Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme zuständig ist, (selbst) einen nach außen erkennbaren Willensakt - wie etwa im Fall der Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs 3 Z 4 und 5 in Verbindung mit § 27 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 - artikuliert. Um dem Erfordernis eines schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahrens zu entsprechen, genügt es demnach, dass die für die Verhängung der Schubhaft zuständige Fremdenpolizeibehörde - auf Basis eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und im Lichte der daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen - mit guten Gründen davon ausgehen kann, dass die Asylbehörde einen Bescheid gemäß § 5 AsylG 2005 erlassen wird. Als sie die Entscheidung nach § 76 Abs 2 Z 4 in Verbindung mit Abs 6 FPG zu treffen hatte, war die belangte Behörde somit keineswegs gehalten, eine Mitteilung des Bundesasylamtes nach § 29 Abs 3 AsylG abzuwarten, sondern hatte ihre Prognoseentscheidung auf Basis der Ermittlungsergebnisse bzw eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens selbst zu treffen, da sie ja auf diesem Gebiet über umfangreiche Erfahrungen verfügt. Hierbei stellte sich die Sachlage für sie so dar, dass ihr seit 03.10.2007 bekannt war, dass der Beschwerdeführer von Italien nach Österreich eingereist war, und seit 18.10.2007, dass Deutschland die Übernahme des Beschwerdeführers abgelehnt hatte. Die Bundespolizeidirektion Graz hatte daher von Anfang an keinen Grund für die Annahme, dass der Antrag auf internationalen Schutz deswegen zurückzuweisen sei, weil nach der Dublin-II-VO Deutschland für das Asylverfahren zuständig sein werde. Lediglich zur Klärung des Verfahrensablaufs ist auszuführen, dass die Grundsatz- und Dublinabteilung nicht am Sitz des Bundesasylamtes EAST Ost situiert ist, die über diese Abteilung über Ersuchen der Bundespolizeidirektion Graz geführte Anfrage an Deutschland nicht im Ausländerinformationssystem - AIS abgespeichert wurde (da die GDA offensichtlich keine Eintragungen in dieses System vornimmt) und das Bundesasylamt EAST Ost entgegen den Beschwerdeausführungen und entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht in Kenntnis darüber war, dass bereits eine ablehnende Antwort Deutschlands vorlag, als es sein Ersuchen vom 11.12.2007 an Deutschland richtete. Ganz offensichtlich hat das Bundesasylamt die Antwort Deutschlands am 13.12.2007 erst zu einem Zeitpunkt erhalten, als es an diesem Tag die Mitteilung nach § 29 AsylG 2005 bereits an die Bundespolizeidirektion Graz abgeschickt hatte. Ob die Bundespolizeidirektion Graz das Bundesasylamt auf die bereits vorliegende ablehnende Antwort Deutschlands hätte hinweisen müssen, kann auf sich beruhen, weil das zweite Übernahmeersuchen an Deutschland für die Prognoseentscheidung der Bundespolizeidirektion Graz ohnehin keine Bedeutung mehr hatte. Dass die Bundespolizeidirektion Graz allerdings - ohne selbst initiativ zu werden - bis zum Informationsersuchen an Italien am 02.01.2008 zugewartet hat, bildet eine nicht zu tolerierende Verzögerung des Verfahrens, die sie selbst zu verantworten hat und die die Rechtswidrigkeit der Schubhaft in diesem Zeitraum nach sich zieht. 6.4.2. Für den weiteren Zeitraum bis zur Entlassung des Beschwerdeführers aus der Schubhaft gilt Folgendes: Das Bundesasylamt hat sein Informationsersuchen an Italien auf Art. 10 Abs. 1 Dublin-II-VO gestützt und mit der Angabe des Beschwerdeführers begründet, er sei zwischen 20. und 25.08.2007 in Sizilien eingereist und habe somit das Territorium der EU illegal in Italien betreten. Für die Annahme der Unzuständigkeit Österreichs aufgrund der Dublin-II-VO müssen sehr gewichtige Anhaltspunkte vorliegen, die bloße Möglichkeit der Unzuständigkeit Österreichs etwa aufgrund eines EURODAC-Treffers ist nicht ausreichend (Muzak, Die Schubhaft nach dem FPG 2005, Migralex 2007, 83). Reicht schon ein EURODAC-Treffer nicht für die Annahme der Unzuständigkeit Österreichs und die Aufrechterhaltung der Schubhaft, beruhte die Annahme der Zuständigkeit Italiens im Beschwerdefall, in dem kein EURODAC-Treffer in Italien vorlag, nur auf der durch keine weiteren stichhältigen Beweise gesicherten Angabe des Beschwerdeführers zu seiner Einreise über Italien und damit auf einer dünnen Faktenlage, die aufgrund von allgemeinen Erfahrungen mit Italien in solchen Fällen eine positive Antwort des ersuchten Landes nicht erwarten ließ. Da die belangte Behörde somit auch am 02.01.2008 keine ausreichend guten Gründe dafür haben konnte, dass die Asylbehörde einen Bescheid nach § 5 AsylG 2005 erlassen werde und ihrer Aufgabe nach § 80 Abs 1 FPG nicht entsprochen hat, war auch die Aufrechterhaltung der Schubhaft von 02.01.2008 bis zur Entlassung des Beschwerdeführers am 18.01.2008 unverhältnismäßig im Sinn des Art. 1 Abs 2 und Art. 2 Abs 1 Z 7 PersFrG und Art. 5 EMRK. Da sich das Beschwerdevorbringen somit im Umfang des ersten Antrages, erste Fallkonstellation, als zutreffend erweist, ist die Anhaltung von 01.12.2007 bis 18.01.2008 für rechtswidrig zu erklären. Auf das weitere Beschwerdevorbringen ist nicht mehr einzugehen. Dem Beschwerdeführer ist daher der Schriftsatzaufwand im geltend gemachten Umfang zuzusprechen, der unterlegenen Partei steht kein Kostenersatz zu.

Schlagworte
Schubhaft Asylantrag Fortsetzung Eurodac-Treffer Zurückweisung Konsultationen Verzögerung Dublin
Zuletzt aktualisiert am
04.02.2009
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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