Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr. Christoph Purtscher über die Berufung des Herrn Ing. E. T., T., vertreten durch Dr. A. O., Rechtsanwalt in I., gegen Spruchpunkt I des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft I. vom 20.12.2007, Zahl 3.1-2783/07-A-25, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 27.12.2007, Zl 3.1-2783/07-A-26, betreffend die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Fachmarktzentrums auf dem Gst XY, GB T., wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 in Verbindung § 67h mit Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird die Berufung als unzulässig zurückgewiesen.
Einleitend ist festzuhalten, dass mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft I. vom 20.12.2007, Zahl 3.1-2783/07-A-25, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 27.12.2007, Zl 3.1-2783/07-A-26, neben der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung (Spruchpunkt I) auch die wasserrechtliche Bewilligung für die Versickerung von Oberflächenwässern aus den Bereichen Dach- und Verkehrsflächen (Spruchpunkt II) erteilt wurde. Die gegenständliche Berufung bezieht sich ihrem Wortlaut nach sowohl auf die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung als auch auf die wasserrechtliche Bewilligung. Auszugehen ist nun davon, dass eine eigene wasserrechtliche Bewilligung erteilt wurde. Entsprechend der Vorschrift des § 356b Abs 1 Z 4 GewO 1994 umfasst der Mitvollzug der wasserrechtlichen Bestimmungen durch die Gewerbebehörde die Lagerung von Stoffen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird. Darin wird Bezug genommen auf § 32 Abs 2 lit c WRG 1959. Nach dieser Bestimmung bedürfen einer wasserrechtlichen Bewilligung insbesondere Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird. Bei einem Vergleich der Bestimmungen der §§ 356b Abs 1 Z 4 GewO 1994 und 32 Abs 2 lit c WRG ergibt sich, dass die angeführte Bestimmung in der Gewerbeordnung viel weniger weit gefasst ist, als die verwiesene Regelung im Wasserrechtsgesetz. Letztere umfasst sämtliche Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch das Versickern von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird, die Bestimmung über den Mitvollzug in der GewO 1994 jedoch nur die Lagerung von Stoffen, die zur Folge haben, dass durch das Versickern von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird. Im vorliegenden Fall wird die Versickerung der auf den Dach- und Verkehrsflächen anfallenden Niederschlagswässer genehmigt. Es ist unzweifelhaft, dass das Versickern dieser Oberflächenwässer keine Lagerung von Stoffen darstellt, wie in § 356b Abs 1 Z 4 GewO 1994 angeführt. Nachdem Abwasserversickerungen auch nicht unter die in Z 3 genannten Maßnahmen gemäß § 32 Abs 2 lit a, b und e WRG fallen, sind sie von der Konzentrationsbestimmung des § 356b Abs 1 GewO 1994 nicht erfasst. Zutreffend hat daher die Erstinstanz eine gesonderte wasserrechtliche Bewilligung erteilt (vgl Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung2 § 356b Rz 23). Damit ergibt sich allerdings auch keine Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol für eine Entscheidung über die eingebrachte Berufung gegen die erteilte wasserrechtliche Bewilligung. Nicht nachvollziehbar ist allerdings, worauf sich eine Parteistellung des Berufungswerbers im gegenständlichen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren stützen sollte.
Mit Eingabe vom 11.5.2007 hat die WO Objekt Vermietung und Verwaltung GmbH bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck unter anderem um die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Fachmarktzentrums auf dem Gst XY, GB T., angesucht.
In der Kundmachung vom 5.6.2007 wurde die mündliche Verhandlung für Dienstag, dem 19. Juni 2007, 13.30 Uhr, im Gemeindeamt T., angesetzt. Diese Kundmachung wurde neben der Antragstellerin verschiedenen Eigentümern der an das GSt XY unmittelbar angrenzenden Grundstücke persönlich zugestellt. Zudem wurde der Marktgemeinde T. aufgetragen, diese Kundmachung an der Amtstafel sowie an den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern, G. XY, XY, XY, XY, XY und XY, anzuschlagen. Der Anschlag an der Amtstafel der Marktgemeinde T. ist vom 11.6.2007 bis zum 19.6.2007 erfolgt. Ebenfalls ist ein Anschlag der Kundmachung an den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häuser G. XY, XY, XY, XY, XY und XY erfolgt.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 20.12.2007, Zahl 3.1-2783/07-A-25, wurde gemäß §§ 77 Abs 1 und 74 Abs 2 GewO 1994 iVm § 93 Abs 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz die Genehmigung für die Errichtung des näher beschriebenen Fachmarktzentrums auf dem Gst XY, GB T., erteilt (Spruchpunkt I).
Gegen diesen Bescheid hat der rechtsfreundlich vertretene Ing. E. T. fristgerecht Berufung und ausgeführt wie folgt:
?Der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft I. vom 20.12.2007 wird in seinem gesamten Umfange bekämpft; als Berufungsgründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes geltend gemacht und dazu folgendes vorgetragen:
1. Zum geltend gemachten Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens:
Die vorliegende Berufung beanstandet wesentliche Verfahrensmängel, die eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Gewerberechtsangelegenheit zu hindern geeignet sind.
lit a)
Der Berufungswerber war bei der Verhandlung am 19.06.2007 anwesend und hat sehr wohl Einwendungen gegen das geplante Projekt erhoben. Diese Einwendungen wurden jedoch offenbar nicht protokolliert. Festgehalten wird, dass der Berufungswerber vor Schluss der Verhandlung diese verlassen hat. Die Verhandlungsschrift hat er nicht unterfertigt und wurde ihm eine solche auch nicht zugestellt.
In der Verhandlungsschrift wird festgehalten, dass sich der Berufungswerber entfernt habe ohne gewerberechtlich relevante Einwendungen. Von der erkennenden Behörde wird sohin selbst zugestanden, dass der Berufungswerber Einwendungen erhoben hat, diese jedoch offenbar nicht protokolliert wurden. Nicht nur, dass die Behörde offenbar eine vorweggenommene, nicht zutreffende Würdigung der Einwendungen bereits in der Verhandlung vornimmt, sondern wird nunmehr auch der Versuch unternommen, den Berufungsweber die Parteienrecht abzuerkennen.
Der Berufungswerber hat gewerberechtliche relevante Einwendungen ausdrücklich dahingehend erhoben, dass von ihm immer wieder betont wurde, dass das gegenständliche Projekt enorme Auswirkungen auf die Gesundheit der Anrainer haben wird und stellen derartige Einwendungen eindeutig gewerberechtlich relevante Einwendungen dar, die jedoch , aus welchen Gründen auch immer, nicht Eingang ins Protokoll gefunden haben. Es wäre Aufgabe der Verhandlungsleitung gewesen sämtliche Einwendungen zu Protokoll zu nehmen; ob die Einwendungen in weitere Folge für das Gewerbeverfahren von Relevanz sind, wäre eigens zu prüfen gewesen.
Allein schon aufgrund der falsch Protokollierung bzw der Nichtprotokollierung der Einwendungen des Berufungswerbers wäre die Durchführung einer neuerlichen Verhandlung vor Ort notwendig gewesen.
Anschließend wurden noch weitergehende Ausführungen zur behaupteten Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides gemacht und schließlich wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Konsenswerber die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der bescheidgegenständlichen Anlage versagt werde; in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines Bescheides an die Verwaltungsbehörde I. Instanz zurückzuverweisen.
Mit Berichtigungsbescheides vom 27.12.2007, Zl 3.1-2783/07-A-26, wurde der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft I. vom 20.12.2007, Zahl 3.1-2783/07-A-25, gemäß § 62 Abs 4 AVG dahingehend berichtigt, dass der Spruchpunkt II (wasserrechtliche Bewilligung) durch die Auflagen 1. bis 18. ergänzt wurde. Dieser Berichtigungsbescheid wurde vom nunmehrigen Berufungswerber nicht bekämpft.
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass gemäß § 359a GewO 1994 Entscheidungen in I. erster Instanz in Verfahren betreffend Betriebsanlagen unmittelbar beim Unabhängigen Verwaltungssenat angefochten werden können.
Festzuhalten ist weiters, dass die Berufungsbehörde den bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft I. vom 20.12.2007, Zahl 3.1-2783/07-A-25, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 27.12.2007, Zl 3.1-2783/07-A-26, ihrer Entscheidung zugrunde zu legen hatte, zumal der Berufungswerber den Berichtigungsbescheid unangefochten gelassen hat (vgl VwGH 01.04.1987, Zl 86/03/0214, 0215). Spruchpunkt I. (gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung) hat allerdings durch den Berichtigungsbescheid keine Änderung erfahren.
Die im gegenständlichen Fall maßgebenden Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl Nr 194 in der Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 68/2008, lauten wie folgt:
?§ 74
?(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1.
das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,
2.
die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3.
die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4.
die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5.
eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
§ 75
(2) Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.
(3) Als Nachbarn sind auch die im Abs 2 erster Satz genannten Personen zu behandeln, die auf grenznahen Grundstücken im Ausland wohnen, wenn in dem betreffenden Staat österreichische Nachbarn in den entsprechenden Verfahren rechtlich oder doch tatsächlich den gleichen Nachbarschaftsschutz genießen.
§ 77
(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, dass bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen bestehen.
(2) Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.
§ 356
(1) Wird eine mündliche Verhandlung anberaumt, so hat die Behörde den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstücks und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden; dies gilt nicht, wenn das Genehmigungsprojekt ein Gasflächenversorgungsleitungsnetz oder ein Fernwärmeleitungsnetz betrifft. Wenn es sich bei den Eigentümern des Betriebsgrundstücks oder bei den Eigentümern der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke um Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes 2002 handelt, so sind die im ersten Satz angeführten Angaben dem Verwalter (§§ 19 ff WEG 2002) nachweislich schriftlich mit dem Auftrag zur Kenntnis zu bringen, diese Angaben den Wohnungseigentümern unverzüglich durch Anschlag im Hause bekannt zu geben.?
Weiters maßgeblich sind nachstehende Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 5/2008:
?§ 41
(1) Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen.
§ 42
(1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.?
Mit Kundmachung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 5.6.2007 wurde die mündliche Verhandlung betreffend das gegenständliche gewerberechtliche Verfahren für den 19.6.2007 unter Hinweis auf die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) angeordnet. Die Kundmachung war an der Amtstafel der Marktgemeinde T. zwischen 11.6.2007 und 19.6.2007 angeschlagen. Darüber hinaus wurden neben der Antragstellerin verschiedene Eigentümer der an das Betriebsgrundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke nachweislich zur mündlichen Verhandlung geladen. Weiters ist ein Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern G. XY, XY, XY, XY, XY und XY erfolgt. Der Berufungswerber ist Miteigentümer des unmittelbar an das Betriebsgrundstück angrenzende Gst XY und darüber hinaus in dem auf diesem Gründstück errichteten Objekt G. wohnhaft. In diesem Objekt ist , wie bereits festgehalten , der im Gesetz vorgesehene Häuseranschlag erfolgt. Nicht erfolgt ist eine persönliche Verständigung des nunmehrigen Berufungswerbers.
Der Berufungswerber hat an der mündlichen Verhandlung vom 19.6.2007 teilgenommen. In der Niederschrift über diese Verhandlung ist in Bezug auf den Berufungswerber Folgendes festgehalten:
?Herr T.: Entfernte sich ohne gewerberechtlich relevante Einwände?.
In seiner nunmehrigen Berufung bringt der zwischenzeitlich rechtsfreundlich vertretene Ing. E. T. vor, er habe anlässlich dieser Verhandlung sehr wohl relevante Einwendungen dahingehend erhoben, ?dass von ihm immer wieder betont wurde, dass das gegenständliche Projekt enorme Auswirkungen auf die Gesundheit der Anrainer haben wird.? Diese Einwendungen hätten jedoch , aus welchen Gründen auch immer , nicht Eingang in das Protokoll gefunden.
Nachbarn im Sinne des § 75 Abs 2 GewO 1994 kommt nach der geltenden Rechtslage bereits ex lege Parteistellung (in den regulären Verfahren zur Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage) zu, und zwar aufgrund des § 8 AVG in Verbindung mit den ihnen zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs 2 Z 1, 2, 3 oder 5. Wird eine mündliche Verhandlung anberaumt, dann hat die Behörde die im Sinne des § 41 AVG in Verbindung mit der zusätzlichen Bestimmung des § 356 Abs 1 GewO 1994 erforderlichen Kundmachungen und Verständigungen durchzuführen. Die im § 356 Abs 1 GewO 1994 zusätzlich zum Anschlag der Kundmachung in der Gemeinde vorgesehene Publizitätsform des Anschlags der Bekanntmachung in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern stellt eine ?in der Verwaltungsvorschrift vorgesehene besondere Form? der Kundmachung dar. Erfolgen daher die Kundmachungen und Verständigungen über die Anberaumung der mündlichen Verhandlung betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage in der den angeführten gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich Form, Inhalt und Rechtzeitigkeit entsprechenden Art, dann hat dies zur Folge, dass Nachbarn im Sinne des § 75 Abs 2 ihre (ex lege bestehende) Parteistellung verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erheben. Solche Einwendungen müssen nicht nur rechtzeitig, sondern auch zulässig sein, um den Verlust der Parteistellung zu verhindern.
Der Berufungswerber ist Nachbar im gegenständlichen Betriebsanlagenverfahren. Vorweg war nun zu überprüfen, ob der Berufungswerber seine Parteistellung verloren hat oder nicht. Der Eintritt der Präklusionsfolgen nach § 42 Abs 1 AVG setzt voraus, dass eine (förmliche) mündliche Verhandlung durchgeführt wird. Für die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung gilt § 41 AVG. Dh die bekannten Beteiligten sind persönlich zu verständigen, wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies durch Edikt kundzumachen. Die persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten , eine besonders häufige Quelle für Verfahrensfehler, ist jedoch nach § 42 Abs 1 AVG nicht (mehr) erforderlich (Pallitsch, Präklusion 201f). Nach dieser Bestimmung werden alle, auch die bekannten Beteiligten , von der Anberaumung der mündlichen Verhandlung hinreichend im Hinblick auf den Eintritt der Präklusionsfolgen verständigt, wenn die Behörde die Verhandlung in den zwei dort angeführten Formen, also ?doppelt?, kundgemacht hat.
Eine der beiden von § 42 Abs 1 AVG zwingend verlangten Kundmachungsformen ist die im § 41 Abs 1 zweiter Satz AVG geregelte Verständigung durch Edikt. Die Behörde muss die Anberaumung der mündlichen Verhandlung entweder durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde, in der die Verhandlung stattfinden wird, oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundmachen.
Als zweite Form der doppelten Kundmachung muss nach § 42 Abs 1 AVG zum Edikt noch die im anzuwendenden Materiengesetz vorgesehene besondere Art der Verständigung hinzutreten. Es ist Sache des Materiengesetzgebers, für die Verständigung von der Anberaumung der mündlichen Verhandlung die seiner Auffassung nach am besten geeignete Form festzulegen. Aus dem Telos der Regelung, nämlich wegen der Ausweitung und Verschärfung der Präklusionsbestimmungen die Veröffentlichungspflichten auszudehnen, resultiert, dass nicht jede im Materiengesetz vorgesehene Kundmachungsform als ?besondere Form? im Sinne des § 42 Abs 1 AVG anzusehen ist.
Wenn beispielsweise im Materiengesetz , wie in § 107 Abs 1 WRG , nur eine allgemeine Kundmachungsform des AVG wiederholt wird, handelt es sich nicht um eine ?besondere? Kundmachung, die als zweite Form die Voraussetzungen des § 42 Abs 1 AVG erfüllt. Dies gilt auch für den Fall, dass die Verwaltungsvorschrift für die bekannten Beteiligten zwingend die persönliche Verständigung vorsieht. Auch sie kann von der Behörde nicht als zweite Kundmachung im Sinne des § 42 Abs 1 AVG eingesetzt werden (zB die persönliche Ladung der Eigentümer der an das Betriebsgründstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke nach § 356 Abs 1 vierter Satz GewO 1994; diese Eigentümer sind quasi bekannte Beteiligte). Ziel und Zweck der 1998 eingeführten Präklusionsregelung bestehen vor allem darin, das Entstehen übergangener Parteien auszuschließen. Gerade die Pflicht zur persönlichen Verständigung bekannter Beteiligter ist eine permanente Fehlerquelle, die der Gesetzgeber beseitigen wollte, und deshalb ist sie im Anwendungsbereich des § 42 AVG nicht mehr erforderlich (Pallitsch, Präklusion 201f, der sie als ?obsolet? geworden ansieht). Abgesehen davon, dass sie im § 41 Abs 1 AVG vorgesehen ist und daher keine ?besondere? materienspezifische Kundmachungsform darstellt (idS wohl auch VwGH 27.5.2004, 2003/07/0119), würde die gegenteilige Annahme dem Telos der Präklusionsregelung des § 42 Abs 1 AVG diametral zuwiderlaufen (Hengstschläger, ÖJZ 2000, 792; Pallitsch, Präklusion 38) und diese Bestimmung im Ergebnis unanwendbar machen, dh wiederum leer laufen lassen. Würde die persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten vom Materiengesetzgeber als zweite Kundmachungsform eingesetzt, wären jene, die nicht persönlich verständigt wurden, von den Präklusionsfolgen nicht betroffen, weil ihnen gegenüber keine ?doppelte? Kundmachung der mündlichen Verhandlung erfolgt ist. Für jene aber, die eine persönliche Verständigung von der Anberaumung der mündlichen Verhandlung erhalten haben, ist die zweite Kundmachung ohne Bedeutung (daher überflüssig), weil sie ohnedies , wie aus § 41 Abs 1 und 42 Abs 2 AVG hervorgeht , bereits ordnungsgemäß verständigt wurden und folglich der Präklusionsregelung des § 42 AVG unterliegen (vgl zu all dem Hengstschläger/Leeb, AVG § 42 Rz 1 ff; idS wohl auch VwGH 17.11.2004, Zl 2004/04/0169).
Im vorliegenden Fall ist nun eine doppelte Kundmachung der mündlichen Verhandlung vom 19.6.2007 erfolgt. Einerseits durch Anschlag an der Amtstafel der Marktgemeinde T.; andererseits durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern. Das Gebäude G. auf dem Gst XY (in diesem Gebäude ist der Berufungswerber wohnhaft) grenzt unmittelbar an das Betriebsgrundstück an und ist damit als unmittelbar benachbartes Haus anzusehen. Dass der Berufungswerber Miteigentümer des unmittelbar an das Betriebsgrundstück angrenzenden Gst XY ist und die im § 356 Abs 1 GewO 1994 vorgesehene persönliche Verständigung unterblieben ist, schadet entsprechend den vorstehenden Ausführungen nicht; die Verhandlung wurde ?doppelt? kundgemacht.
Nur der Vollständigkeit sei noch festgehalten, dass es sich bei den Eigentümern des an das Betriebsgrundstück unmittelbar angrenzenden Gst XY um Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes 2002 handelt. Hier hätte die Möglichkeit bestanden, die Verhandlung über den Verwalter durch Anschlag im Haus bekannt zu geben. Diese Verständigung der Wohnungseigentümer (durch Hausanschlag) über den Verwalter ist nicht erfolgt. Allerdings wurde dieser Hausanschlag ohnedies bereits auf Grund der Vorgaben des § 356 Abs 1 1.Satz GewO 1994 (?und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern?) vorgenommen.
Der Berufungswerber hat an der Verhandlung am 19.6.2007 teilgenommen. In der Niederschrift über diese Verhandlung ist festgehalten, dass sich der Berufungswerber ?ohne geweberechtlich relevante Einwände? zu erheben wieder entfernt hat. Ob und welche Einwände allenfalls tatsächlich im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung erhoben wurden, bleibt damit offen. Der Berufungswerber selbst führt in seiner Berufung aus, ?das von ihm immer wieder betont wurde, dass das gegenständliche Projekt enorme Auswirkungen auf die Gesundheit der Anrainer haben wird?.
Die Berufungsbehörde geht nun anknüpfend an das Berufungsvorbringen davon aus, dass diese Einwendungen anlässlich der mündlichen Verhandlung tatsächlich erhoben wurden. Diese Einwendungen wurden auf jeden Fall rechtzeitig erhoben, sie erweisen sich allerdings als unzulässig. Einem bloß allgemein auf Einwirkungen auf die Nachbarschaft , selbst wenn man die Auffassung vertreten wollte, die ?enormen Auswirkungen auf die Gesundheit der Anrainer? bezögen sich auf ?Lärmbelästigungen, Staubbelästigungen, etc? , gerichteten Vorbringen kommt nämlich eine Qualifikation als Einwendung im Rechtssinn nicht zu, weil sie eine Konkretisierung insbesondere in Ansehung der hiefür erforderlichen sachverhaltsmäßigen Bezugspunkte als Voraussetzung für eine persönliche Gefährdung oder Belästigung des Nachbarn nicht erkennen lässt (vgl VwGH 18.6.1996, Zahl 95/04/0220).
Damit hat aber der Berufungswerber seine Parteistellung verloren und war folglich seine Berufung als unzulässig zurückzuweisen. Ein Eingehen auf das inhaltliche Berufungsvorbringen erübrigt sich damit.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.