TE UVS Steiermark 2008/07/10 30.12-26/2007

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Veröffentlicht am 10.07.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung des Herrn W G, G, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 24.05.2007, GZ: 028780/2005/207, betreffend eine Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975 wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 und 3 VStG eingestellt.

Text

Nach dem Spruch des Straferkenntnisses hat der Beschuldigte folgende Tat zu verantworten:

Sie sind als Inhaber des Gasthauses ?G' M Straße 391, Graz, Ihrer Verpflichtung dafür Sorge zu tragen, dass durch die dortige Wasserversorgungsanlage eine negative Beeinflussung des Wasser hintangehalten wird, nicht nachgekommen: Anlässlich einer lebensmittelpolizeilichen Revision vom Magistrat Graz - Gesundheitsamt/Referat für Lebensmittelangelegenheiten wurde am 08.09.2005 um 11.00 Uhr aus dem Wasserhahn in der Küche eine Probe entnommen (4 x ca. 250 ml) und entsprach dieses lt. Befund und Gutachten der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH. - Institut für Lebensmitteluntersuchung Graz - nicht den Anforderungen der Trinkwasserverordnung:

Überschreitung des Parameterwertes (Grenzwertes): Coliforme Keime:

4/100 ml. Überhöhte Anzahl des Indikatorparameterwertes (Richtwertes): KBE bei 37 Grad C: 62/ml Wegen Verletzung des § 74 Abs 4 Lebensmittelgesetz 1975 - LMG in Verbindung mit §§ 3 und 5 Trinkwasserverordnung, BGBl II 304/2001 verhängte die erste Instanz gemäß § 74 Abs 4 LMG leg cit eine Geldstrafe in Höhe von ?

100,00 (bei Uneinbringlichkeit 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe). Zwar habe - laut Begründung des Bescheides - der Beschuldigte bei Erhebung des Einspruches gegen die Strafverfügung ein Gegengutachten vorgelegt, nach dem das Wasser einwandfreie Trinkwasserqualität aufgewiesen habe, aber die Probenentnahme dazu sei erst knapp fünf Wochen nach der amtlichen Probenentnahme erfolgt und habe somit für den gegenständlichen Fall keine Bedeutung. Da kein Grund bestehe, an der Richtigkeit der amtlich durchgeführten Untersuchung vom 08.09.2005 zu zweifeln, sei wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden gewesen. Der Beschuldigte berief mit folgender Begründung: Die Richtigkeit der Untersuchung wird neuerlich angezweifelt, da die Probenentnahme nicht nach den ÖVGW - Richtlinien durchgeführt wurde. (Beweis vorbehalten) Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark gelangt auf Grund der Aktenlage zu folgender Beurteilung: Nach § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Die relevanten Tathandlungen sind nicht nur mit den Worten des Tatbestandes, sondern mit allen ihren rechtserheblichen Merkmalen anzuführen, zu konkretisieren und zu individualisieren (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7 (1999), Rz 924). Wenn im Straferkenntnis die Fassung der §§ 3 und 5 Trinkwasserverordnung, BGBl II 304/2001 etwas unbestimmt mit idgF bezeichnet wurde, ist zunächst klarzustellen, dass die Trinkwasserverordnung - TWV in ihrer Stammfassung BGBl II 304/2001 anzuwenden ist, das heißt, die Novellen BGBl II Nr. 254/2006 und BGBl II Nr. 121/2007 haben außer Betracht zu bleiben. Der mit Definitionen überschriebene § 2 der genannten Verordnung lautet:

Gemäß dieser Verordnung ist 1. ?Wasser für den menschlichen Gebrauch' (im Folgenden als ?Wasser' bezeichnet) Wasser, das gemäß § 1 Abs 2 LMG 1975 in Verkehr gebracht wird; 2. ?Zuständige Behörde' der Landeshauptmann (§ 35 LMG 1975). § 1 Abs 2 LMG 1975 in der Fassung BGBl I Nr. 13/2006, außer Kraft getreten am 20.01.2006, lautete: Unter Inverkehrbringen ist das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht. ... Betrachtet man den Spruch des Straferkenntnisses, das außerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 74 Abs 7 LMG  1975 ergangen ist, unter diesem Aspekt, heißt es lediglich, es sei am 08.09.2005 um 11.00 Uhr aus dem Wasserhahn in der Küche eine Probe entnommen worden. Dass durch den Beschuldigten Wasser in Verkehr gebracht worden sei und auf welche Weise im Sinn des § 1 Abs 2 LMG 1975 das In-Verkehr-Bringen erfolgt sei, geht aus dem Spruch und aus der Begründung nicht hervor. Die Entnahme einer Wasserprobe aus einem Wasserhahn in der Küche des Gastbetriebes lässt keineswegs zwingend darauf schließen, dass das Wasser vom Beschuldigten in seinem Gasthausbetrieb in Verkehr gebracht wurde, handelt es sich doch beim Satzteil aus dem Wasserhahn in der Küche eine Probe entnommen dem semantischen Gehalt nach um nichts anderes als den Bericht über eine Probenentnahme, aber nicht um die Beschreibung irgendeines Verhaltens des Beschuldigten (vgl VwGH 18.02.1992, 92/07/0016). Die Sachverhaltsumschreibung in der Strafverfügung vom 27.10.2005 und der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 02.12.2005 deckt sich mit jener im Straferkenntnis. Schon aus diesem Grund lässt sich heute nicht mehr beurteilen, ob der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Tat überhaupt begangen hat, weshalb das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 und 3 VStG einzustellen ist, ohne dass auf die übrigen Aspekte des Falls und die Begründung der Berufung einzugehen ist.

Schlagworte
Trinkwasser Oberflächen-Trinkwasserverordnung Inverkehrbringen Wasserhahn Probenziehung Probenentnahme Konkretisierung
Zuletzt aktualisiert am
04.02.2009
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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