TE UVS Tirol 2008/07/24 2008/25/2098-1

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Veröffentlicht am 24.07.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn H. K., XY 125, M., vertreten durch die Rechtsanwälte Mag. H. L. und Dr. R. W., XY-Straße 537, M., vom 17.6.2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 9.4.2008, Zahl AW-28-2008, betreffend Übertretung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird das angefochtene Straferkenntnis behoben.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde Herrn H. K. zur Last gelegt, er habe zumindest am 22.3.2008 im Rahmen eines Osterfeuers Materialien wie Plastik, Altholz, Hausmüll und dergleichen verbrannt. Trotz Anweisung durch die Beamten, welche vor Ort waren, alle nicht geeigneten Materialien aus dem Reisighaufen zu entfernen, habe er das gesamte Material verbrannt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 2 Z 3 iVm § 15 Abs 3 AWG 2002 begangen, weshalb gemäß § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 360,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 17 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Seine Beitragpflicht zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurde mit Euro 36,00 bestimmt.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Sachverhaltsfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung, unrichtige rechtliche Beurteilung und Nichtigkeit geltend gemacht werden. Es wird der Antrag auf Verfahrenseinstellung gestellt.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

 

Dem § 44a Z 1 VStG wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann entsprochen, wenn (a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstraf-verfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und (b) der Spruch geeignet ist, dem Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl VwGH 27.06.1990, Zl 86/18/0180 uva).

Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu beschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können (vgl VwGH verst Sen v 13.06.1984, Slg NF Nr 11466/A).

 

Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z 1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen lässt (vgl VwGH 13.6.1984, Slg 11466A).

 

Im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren wurde dem Beschuldigten ein Tatort überhaupt nie vorgehalten. Schon allein damit entspricht der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses nicht den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG. Dieser Spruchpunkt ist im Hinblick auf die Anwendung des § 15 Abs 3 AWG noch dazu insofern von besonderer Bedeutung, weil die zitierte Gesetzesstelle bestimmt, dass Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Ort nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen (was im Spruch auch gar nicht vorgehalten wurde). Da der Tatort unbekannt ist, kann auch nicht beurteilt werden, ob das Verbrennen, sohin das Behandeln von Abfällen außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen oder vorgesehenen geeigneten Orten erfolgte oder nicht.

 

Eine Sanierung dieses Mangels durch die Berufungsbehörde war nicht möglich. Gemäß § 66 Abs 4 AVG (diese Vorschrift findet zufolge des § 24 VStG im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung) hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. ?Sache? im Sinne dieser Gesetzesstelle ist, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat (vgl VwGH v 24.06.1948 in Slg NF Nr 460/A, vom 23.06.1975 in Slg NF Nr 8855/A, und v 27.06.1975 in Slg NF Nr. 8864/A), immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat. Demnach darf aber die Berufungsbehörde ohne Überschreitung ihrer Befugnis nur die Frage prüfen, ob der Beschuldigte die ihm von der Erstbehörde angelastete Tat begangen hat oder nicht. Hingegen fehlt der Berufungsbehörde die Sachbefugnis zur Wahrnehmung einer dem Beschuldigten von der Erstbehörde nicht vorgeworfenen bzw von dieser nicht als erwiesen angenommenen Tat.

 

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage würde daher, wenn dem Beschuldigten seitens der Berufungsbehörde entgegen dem Wortlaut des angefochtenen Straferkenntnisses erstmals im Berufungsbescheid ein Tatort vorgeworfen würde, durch die Aufnahme dieses Sachverhaltselementes in den Schuldspruch nicht bloß eine (unter Wahrung der Identität der Tat) zulässige Modifizierung der Tatumschreibung, sondern eine unzulässige Auswechslung der Tat erfolgen (vgl VwGH 23.10.1995, 94/04/0080).

 

Folgerichtig war daher das angefochtene Straferkenntnis zu beheben. Da die Verfolgungsverjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist, steht es der Erstinstanz bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen aber nach wie vor offen, gegen den Berufungswerber einen dem § 44a Z 1 VStG entsprechenden Tatvorwurf zu erheben. Eine endgültige Einstellung des betreffenden Verwaltungsstrafverfahrens hatte daher nicht zu erfolgen. Für diesen Fall hätte sich die Erstbehörde auch mit den Berufungsargumenten und den dort gestellten Beweisanträgen zu befassen.

Schlagworte
Demnach, darf, die, Berufungsbehörde, ohne, Überschreitung, ihrer, Befugnis, nur, die, Frage, prüfen, ob, der, Beschuldigte, die, ihm, von, der, Erstbehörde, angelastete, Tat, begangen, hat, oder, nicht. Hingegen, fehlt, der, Berufungsbehörde, die, Sachbefugnis, zur, Wahrnehmung, einer, dem, Beschuldigten, von, der, Erstbehörde, nicht, vorgeworfenen, bzw, von, dieser, nicht, als, erwiesen, angenommenen, Tat
Zuletzt aktualisiert am
11.11.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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