TE UVS Tirol 2008/07/30 2008/18/1994-1

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Veröffentlicht am 30.07.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufung des B. D., S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 02.07.2007, Zahl AB-8-2007, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit §§ 24 und 51 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und werden die Verwaltungsstrafverfahren zu Punkt I. und Punkt II. gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Herr B. D. hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma J. D. GmbH, mit Sitz in S., XY-Str 41, und damit als zur Vertretung nach außen berufendes Organ nach § 9 (1) Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idgF als Arbeitgeber unterlassen,

 

Herrn R. R., SVNr: XY und Herrn G. E., SVNr: XY,

 

welche nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl Nr 189/1955 idgF (ASVG) in der Krankenversicherung als pflichtversichert anzusehen sind, bei Beginn der Pflichtversicherung unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, obwohl Dienstgeber jeden von ihnen Beschäftigten nach dem ASVG in der Krankenversicherung Pflichtversicherten (Vollversicherte und Teilversicherte) bei Beginn der Pflichtversicherung (§ 10 ASVG) unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung anzumelden haben, sodass beide Herren bei einer Baustellenkontrolle durch Organe des Finanzamtes (KIAB) am 8.3.2007 auf der Baustelle Ihrer Firma am XY-Berg bei S. bei Tätigkeiten angetroffen wurden.?

 

Dem Beschuldigten wurde zu Punkt I. und zu Punkt II. jeweils eine Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs 1 und Abs 1a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl Nr 189/1955 ?idgF?, zur Last gelegt. Über den Beschuldigten wurde zu Punkt I. und Punkt II. jeweils in Anwendung des außerordentlichen Strafmilderungsrechtes nach § 20 VStG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 400,00, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von jeweils 4 Tagen, verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde vom Beschuldigten fristgerecht berufen.

 

In der schriftlichen Berufung vom 16.07.2007 führte der Beschuldigte aus, dass er die beiden Arbeitnehmer innerhalb der 7-tägigen Anmeldefrist bei der Tiroler Gebietskrankenkasse (Dienstgeber-Konto-Nummer XY) angemeldet habe. Der Beschuldigte würde noch einmal feststellen, dass die beiden Hilfsarbeiter in der ersten Woche nach der Winterpause beschäftigt worden seien. Eine vorherige Beschäftigung sei nicht möglich gewesen, da die Firma zu dieser Zeit Aushubarbeiten durchgeführt habe und kein Polier oder Maurer auf der Baustelle beschäftigt worden seien. Überdies sei es die erste Baustelle nach dem Winter gewesen, die die Firma begonnen habe. Überdies hätte sich Herr R. selbst beim Arbeitsamt von der Arbeitslosenversicherung abzumelden gehabt und könne dem Beschuldigten daraus kein Vorwurf gemacht werden. Zudem sei nach Auskunft der Tiroler Gebietskrankenkasse im gegenständlichen Fall die Anmeldefrist für die Dienstnehmer 7 Tage gewesen. Diese Frist sei für die Anmeldung des Herrn R. und des G. E. jedenfalls eingehalten worden.

 

Dieser Berufung kam Berechtigung zu.

 

Gegenständliches Straferkenntnis basiert auf einer Anzeige des Finanzamtes Kufstein-Schwaz vom 14.03.2007 zur Zahl FA-GZ XY. In dieser Anzeige ist ausgeführt, dass am 08.03.2007 durch die KIAB-Beamten S. und H. eine Baustellenkontrolle auf der Baustelle der Firma D. J. GmbH, XY-Straße 41, S., am XY-Berg durchgeführt worden sei. Dabei seien R. R. und G. E. als Arbeitnehmer der Firma J. D. GmbH angetroffen worden, wobei eine Abfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger ergeben habe, dass diese beiden Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kontrolle von der Firma nicht zur Sozialversicherung angemeldet gewesen seien.

 

Im erstinstanzlichen Verfahren wurde der Beschuldigte am 11.04.2004 von der Erstbehörde als Beschuldigter einvernommen. Dabei gab der Beschuldigte an, dass beide Arbeitnehmer am 08.03.2007 erstmals für die Firma J. D. GmbH, nämlich auf der Baustelle am XY-Berg, eingesetzt gewesen seien. Bei den Arbeitern habe es sich um Hilfskräfte gehandelt, deren Hilfe zuvor auch nicht notwendig gewesen sei. Beide Arbeiter seien am 08.03.2007 bei der Tiroler Gebietskrankenkasse angemeldet worden. Für diese Anmeldung am 08.03.2007 hat der Beschuldigte entsprechende Bestätigungen der Tiroler Gebietskrankenkasse vorgelegt.

 

Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2 und 3) vorgenommen worden ist. Gemäß § 32 Abs 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchung um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dergleichen), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat. Eine Verfolgungshandlung, die den Eintritt der Verfolgungsverjährung verhindert, hat sich jedoch auf alle wesentlichen Tatbestandmerkmale der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zu beziehen. Eine taugliche Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten hat nämlich das ihm zur Last gelegte Handeln unter Berücksichtigung der gemäß § 44a Z 1 VStG in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselementen der verletzten Verwaltungsvorschrift (gemäß § 44a Z 2 VStG) näher zu konkretisieren und zu individualisieren (VwGH 12.05.1998, 87/17/0151 ua)

 

In der mit 20.03.2007 datierten Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter wurde dem Beschuldigten der Sachverhalt genauso vorgeworfen, wie dies im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses erfolgt ist. Es wurde also in entscheidungswesentlicher Hinsicht vorgeworfen, dass es der Beschuldigte als handelsrechtliche Geschäftsführer der J. D. GmbH unterlassen habe, die beiden Arbeitnehmer bei Beginn der Pflichtversicherung unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, obwohl Dienstgeber jeden von ihnen Beschäftigten, nach dem ASVG in der Krankenversicherung Pflichtversicherten (Vollversicherte und Teilversicherte) bei Beginn der Pflichtversicherung (§ 10 ASVG) unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden hätten, wobei beide Arbeitnehmer bei der Baustellenkontrolle am 08.03.2007 angetroffen worden seien.

 

Die Verpflichtung, die Arbeitnehmer ?bei Beginn der Pflichtversicherung unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden?, bestand jedoch zum Zeitpunkt der vorgenommenen Kontrolle am 08.03.2007 nicht. Erst mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2007, BGBl I Nr 31/2007, wurde § 33 Abs 1 insoferne abgeändert, als die Dienstgeber nunmehr jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte), vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen 7 Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden hat. Weiters wurde mit dieser Novelle § 33 Abs 1a insoferne neu gefasst, als der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen kann, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und die noch fehlenden Angaben innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Diese neuen Bestimmungen gelten jedoch laut dieser Novelle erst seit 01.01.2008.

 

Die Novelle vor diesem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2007, insbesondere BGBl I Nr 132/2005, mit der normiert worden ist, dass nach § 33 Abs 1 ASVG die Anmeldung spätestens bei Arbeitsantritt zu erfolgen habe, trat nicht in Kraft, zumal das Inkrafttreten (mit Ausnahme des Feldversuches im Burgenland) von der Erlassung einer Verordnung des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, nach Evaluierung der Auswirkungen dieser (neuen) Anmeldeverpflichtung, abhängig gemacht worden ist, wobei geregelt worden ist, dass eine derartige Verordnung frühestens mit 01.01.2007 erlassen werden könne. Da es jedoch zur Erlassung einer derartigen Verordnung nicht gekommen ist, erfolgte eine Änderung der Meldebestimmungen für das Bundesgebiet von Österreich (mit Ausnahme des Burgenlandes) erst mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2007, BGBl I Nr 31/2007. Für die hier vorliegende Tatzeit, nämlich 08.03.2007, galt noch § 33 ASVG, BGBl Nr 189/1955 in der Fassung BGBl I Nr 139/1997. Nach dem zweiten Satz dieses § 33 Abs 1 ASVG kann die unverzügliche Meldefrist durch die Satzung des Trägers der Krankenversicherung im Allgemeinen bis zu 7 Tagen oder für einzelne Gruppen von Pflichtversicherten bis zu einem Monat erstreckt werden.

 

Von dieser gesetzlichen Möglichkeit hat die Tiroler Gebietskrankenkasse in ihrer Satzung Gerbrauch gemacht und darin eine Anmeldefrist binnen 7 Tagen normiert.

 

Somit ist der in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 20.03.2007 sowie der im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses angelastete Schuldvorwurf, dass die Arbeitnehmer ?bei Beginn der Pflichtversicherung unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden? seien, nicht mit der zum Tatzeitpunkt geltenden Rechtslage in Einklang zu bringen. Nach der zur Tatzeit anzuwendenden Rechtslage, hätte es der Beschuldigte nämlich unterlassen müssen, die beiden Arbeitnehmer binnen 7 Tagen nach Beginn der Pflichtversicherung beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Unabhängig davon, dass auch in tatsächlicher Hinsicht in keiner Weise gesichert ist, dass die beiden von der Firma J. D. GmbH beschäftigten Dienstnehmer am 08.03.2007 bereits über 7 Tage lang beschäftigt worden wären, wurde von der Erstbehörde keine rechtzeitige Verfolgungsverhandlung gesetzt, die den zum Tatzeitpunkt geltenden Bestimmungen des § 33 Abs 1 ASVG (eine Meldung der Arbeitnehmer binnen 7 Tagen nach Beginn der Pflichtversicherung unterlassen) entsprochen hätte. Damit ist im gegenständlichen Fall schon aufgrund dieses Umstandes das erstinstanzliche Straferkenntnis wegen des Eintrittes der Verfolgungsverjährung in beiden Fällen zu beheben.

Schlagworte
Somit, ist, der, in, der, Aufforderung, zur, Rechtfertigung, vom, 20.03.2007, sowie, der, im, Spruch, des, erstinstanzlichen, Straferkenntnisses, angelastete, Schuldvorwurf, dass, die, Arbeitnehmer, ?bei, Beginn, der, Pflichtversicherung, unverzüglich, beim, zuständigen, Krankenversicherungsträger, anzumelden?, seien, nicht, mit, der, zum, Tatzeitpunkt, geltenden, Rechtslage, in, Einklang, zu, bringen. Nach, der, zur, Tatzeit, geltenden, Rechtslage, hätte, es, der, Beschuldigte, nämlich, unterlassen, die, beiden, Arbeitnehmer, binnen, 7 Tagen, nach, Beginn, der, Pflichtversicherung, beim, zuständigen, Krankenversicherungsträger, anzumelden
Zuletzt aktualisiert am
11.11.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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