TE UVS Tirol 2008/07/31 2008/22/1454-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.07.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung des Herrn C. W., geb xx, W., vertreten durch die Rechtsanwälte B. und H. OEG, K., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 16.04.2008, SB-2-2008, betreffend eine Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung mit der Maßgabe als ungegründet abgewiesen, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses folgende Änderungen vorgenommen werden:

 

Bei der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG) hat der zweite Absatz (der erste Absatz endet mit der Wortfolge ?die Betriebszeiten mit täglich von 10.00 Uhr bis 24.00 Uhr festgesetzt worden war.?) nunmehr wie folgt zu lauten:

?Sie haben es als Gewerbeinhaber zu verantworten, dass die gegenständliche Pavillon-Bar am 22.12.2007, um 00.50 Uhr und um 0.15 Uhr

23.12.2007 um 01.05 Uhr

26.12.2007 um 00.40 Uhr

28.12.2007 um 01.00 Uhr

30.12 2007 um 01.17 Uhr

05.01.2008 um 00.50 Uhr

06.01.2008 um 01.50 Uhr

11.01.2008 um 00.30 Uhr und um 00.43 Uhr

13.01.2008 um 01.00 Uhr

betrieben worden ist, zumal sich zu den oben angeführten Zeiten noch Gäste (am 22.12.2007 20 bis 30 Gäste, am 23.12.2007 herrschte reger Gastbetrieb, am 26.12.2007 10 Gäste, am 28.12.2007 15 Gäste, am 30.12.2007 8 bis 10 Gäste, am 05.01.2008 mindestens 10 Gäste, am 06.01.2008 10 bis 15 Gäste, am 11.01.2008 um 00.30 Uhr 10 bis 15 Gäste, um 00.43 Uhr ca 7 Gäste, und am 13.01.2008 ca 10 Gäste), welche Getränke konsumiert haben, in der Betriebsanlage aufgehalten haben. Für diesen in der Überschreitung der genehmigten Betriebszeit gelegenen geänderten Betrieb der Anlage, welcher geeignet war, die Nachbarn durch Lärm (lautes Verhalten der Gäste im Lokal und beim Verlassen des Lokals, Musiklärm) zu belästigen, hat die dafür erforderliche gewerberechtliche Genehmigung nicht vorgelegen.?

 

Nach § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 180,00, zu bezahlen.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde Herrn C. W., W., nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 05.05.1997, Zahl 2-11254/6, vom 27.03.2002, Zahl 2.1 A-745/20, und vom 17.03.2003, Zahl 2.1 A-745/30, erhielten Sie die Betriebsanlagengenehmigung bzw Änderungsgenehmigung für die von Ihnen betriebenen ?XY? im Standort W., Grundstücksnummer XY GB W., wobei mit Bescheid vom 17.03.2003 die Betriebszeit mit täglich von 10.00 Uhr bis 24.00 Uhr festgesetzt worden war.

Sie haben es als Gewerbeinhaber zu verantworten, dass in der gegenständlichen XY-Bar am 22. Dezember 2007 um 00.50 Uhr und um 01.15 Uhr noch 20 bis 30 Gäste mit Getränken bewirtet wurden 23. Dezember 2007 um 01.05 Uhr noch reger Gastbetrieb herrschte 26. Dezember 2007 um 00.40 Uhr sich noch 10 Personen im Betrieb aufhielten und bewirtet wurden 28. Dezember 2007 um 01.00 Uhr sich noch 15 Personen im Betrieb bewirtet wurden 30. Dezember 2007 um 01.17 Uhr sich noch 8 bis 10 Gäste im Barbetrieb aufhielten 05. Jänner 2008 um 00.50 Uhr noch mindestens 10 Personen im Lokal Getränke konsumierten 06. Jänner 2008 um 01.50 Uhr noch 10 bis 15 Personen bewirtet wurden 11. Jänner 2008 um 00.30 Uhr sich noch ca 10 bis 15 Personen, um 00.43 Uhr ca. 7 Personen aufhielten und bewirtet wurden bzw kurz zuvor bewirtet worden waren 13. Jänner 2008 um 01.00 Uhr noch ca. 10 Personen bewirtet wurden somit der mit obgenannten Bescheiden genehmigte Gastbetrieb an den erwähnten Tagen durch die Überschreitung der Betriebszeit geändert betrieben wurde, ohne dass hierfür eine entsprechende gewerbebehördliche Änderungsgenehmigung vorgelegen ist. Diese konsenslos vorgenommene Änderung war zumindest geeignet, die Nachbarn durch Lärm (lautes Verhalten der Gäste im Lokal und beim Verlassen des Lokales, Musiklärm) zu belästigen?.

 

Dadurch habe der Beschuldigte gegen § 366 Abs 1 Z 3 iVm § 81 Abs 1 und § 74 Abs 2 Z 2 GewO 1994 verstoßen. Über diesen wurde daher gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe von Euro 900,00, Ersatzfreiheitsstrafe 180 Stunden, verhängt sowie ein anteiliger Beitrag zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten vorgeschrieben.

 

Dagegen hat Herr C. W., vertreten durch die Rechtsanwälte B. und H. OEG, K., fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin ausgeführt wie folgt:

 

?Das angefochtene Straferkenntnis wird zur Gänze bekämpft und im Einzelnen ausgeführt wie folgt:

 

1.) Das Verfahren in I. Instanz blieb mangelhaft. Die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel ist offenkundig der Auffassung, dass ein Ermittlungsverfahren nicht erforderlich ist. Eine derartige Beurteilung ist qualifiziert rechtswidrig. Tatsächlich hat der Beschuldigte nicht tatbildlich gehandelt. Weder ist nach 24.00 Uhr jeweils eine Bewirtung vorgenommen worden noch herrschte ein Gastbetrieb. Die einschreitenden Polizeibeamten hätten beobachten müssen, dass an einigen Tagen die Gäste lediglich noch im Inneren des Lokals auf ein Taxi gewartet haben.

 

2.) Mit dem Entfernen aus dem Lokal war auch kein lautes Verhalten gegenüber Anrainern gegeben. Auch konnte kein Musiklärm vorhanden sein, zumal eine Musikanlage nicht mehr in Betrieb war.

Tatsächlich sind keine Nachbarn gegeben, die im Betriebsanlagenverfahren Parteistellung hätten.

 

3.) Es bleibt auch völlig offen, auf welche Art und Weise die einschreitenden Polizeibeamten eine Bewirtung beobachtet hätten. Von einer Kontrolle ist in der Anzeige keine Rede.

Auch haben die anzeigenden Polizeibeamten das Lokal offenkundig gar nicht betreten und allenfalls jene Personen befragt, die noch behauptete Bedienungen vorgenommen hätten.

 

4.) Im Übrigen lägen 10 selbständige Tatbegehungen vor, für welche je gesondert eine Strafe auszusprechen wäre. Es ist nun nicht nachvollziehbar, welcher Geldbetrag für jede einzelne Tat ausgesprochen wurde.

 

Blatt 2) zum Schreiben vom 02.05.2008

 

Im Berufungsverfahren wird die zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn Bezirksinspektor F., des Herrn Reviersinspektor O., des Herrn Reviersinspektor K., des Herrn Gruppeninspektor A., des Herrn Bezirksinspektor R., des Herrn Inspektor C., des Herrn Gruppeninspektor G., des Herrn Bezirksinspektor F., des Herrn Inspektor T. sowie des Herrn Gruppeninspektor E. beantragt; dies zum Beweis dafür, dass der Beschuldigte das in Rede stehende Lokal jeweils nach 24.00 Uhr weder bewirtet hat noch nach 24.00 Uhr ein Gastbetrieb herrschte bzw ausgeschenkt wurde sowie zum Beweis dafür, dass der Beschuldigte nicht tatbildlich gehandelt hat.

 

Sodann wird gestellt der BERUFUNGSANTRAG

nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung in Stattgebung dieser Berufung das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen?.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erst- und zweitinstanzlichen Akt. Zu den beiden mündlichen Verhandlungen vom 04.06.2008 sowie 29.07.2008 ist der Beschuldigte verletzungsbedingt nicht erschienen. Er ließ sich durch seinen Rechtsbeistand vertreten. Auf eine persönliche Anwesenheit bei einer dieser mündlichen Verhandlungen hat er laut seinem Rechtsvertreter verzichtet. Anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 29.07.2008 in Kirchdorf wurden die beantragten Polizeibeamten als Zeugen einvernommen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

 

A) Sachverhalt:

Sachverhaltsfeststellungen:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 05.05.1997, Zl 2-11.354/6, wurde Herrn C. W., W., die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer im Befund beschriebenen ?XY? auf Gst XY GB W. nach Maßgabe der Projektunterlagen unter diversen Auflagen erteilt. Laut Befund war für die ?XY? eine Betriebszeit von täglich 10.00 Uhr bis 21.00 Uhr vorgesehen.

Mit weiterem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 27.03.2002, Zl 2.1 A-745/20, wurde festgestellt, dass die von Herrn C. W., W., beantragte Änderung der Betriebsanlage durch Aufstellung einer geschlossenen XY-Bar, Errichtung einer Abluftanlage und Austausch der Musikanlage den Bestimmungen des § 359b Abs 1 Z 2 und Abs 8 GewO 1994 entspricht. Zum Schutz der gemäß § 74 Abs 2 legcit wahrzunehmenden Interessen bzw der ArbeitnehmerInnenschutzinteressen wurden dabei diverse Aufträge erteilt.

Schließlich hat die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel auf Antrag von Herrn C. W., Waidring, mit Bescheid vom 17.03.2003, Zl 2.1 A-745/30, gemäß § 78 Abs 2 GewO 1994 insofern Abstand von der Verpflichtung zur Herstellung des den vorzitierten Genehmigungsbescheiden entsprechenden Zustandes genommen, als die Betriebszeit nunmehr täglich von 10.00 Uhr bis 24.00 Uhr betragen darf.

 

Am 22.12.2007, um 00.50 Uhr und um 0.15 Uhr

23.12.2007 um 01.05 Uhr

26.12.2007 um 00.40 Uhr

28.12.2007 um 01.00 Uhr

30.12 2007 um 01.17 Uhr

05.01.2008 um 00.50 Uhr

06.01.2008 um 01.50 Uhr

11.01.2008 um 00.30 Uhr und um 00.43 Uhr

13.01.2008 um 01.00 Uhr

haben sich Gäste in der Betriebsanlage aufgehalten (am 22.12.2007 20 bis 30 Gäste, am 23.12.2007 herrschte reger Gastbetrieb, am 26.12.2007 10 Gäste, am 28.12.2007 15 Gäste, am 30.12.2007 8 bis 10 Gäste, am 05.01.2008 mindestens 10 Gäste, am 06.01.2008 10 bis 15 Gäste, am 11.01.2008 um 00.30 Uhr 10 bis 15 Gäste, um 00.43 Uhr ca 7 Gäste, und am 13.01.2008 ca. 10 Gäste). Die Gäste haben Getränke konsumiert, wobei die Gläser teilweise noch fast halbvoll bzw voll waren. Die betreffende Betriebsanlage befindet sich in der Nähe anderer Gebäude. Eine gewerberechtliche Genehmigung für diese Ausdehnung der Betriebszeit hat nicht vorgelegen.

 

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen bezüglich der einzelnen Betriebzeitenüberschreitungen ergeben sich aus den Anzeigen der Polizeiinspektion Erpfendorf mit den Zahlen 23153/2007 vom 31.12.2007, 22913/2007 vom 30.12.2007, 22782/2007 vom 31.12.2007, 22906/2007 vom 31.12.2007, 1125/2008 vom 22.01.2008, 1354/2008 vom 22.01.2008, 1113/2008 vom 15.01.2008, 1133/2008 vom 22.01.2008 und 967/2008 vom 22.01.2008 sowie aufgrund der Aussagen der beteiligten Polizeibeamten der Polizeiinspektionen E. und K. anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 29.07.2008.

 

Für die Behörde besteht keine Veranlassung, die Richtigkeit der Anzeigen bzw der zeugenschaftlichen  Angaben der beteiligten Polizeibeamten in Zweifel zu ziehen. Diesen ist schon aufgrund ihrer spezifischen Ausbildung und praktischen Tätigkeit zuzubilligen, dass sie verwaltungsstrafrechtlich relevante Sachverhalte richtig und vollständig wahrzunehmen und wiederzugeben vermögen. Sie konnten das damalige Geschehen bei ihrer Einvernahme widerspruchsfrei schildern und haben  bei ihrer Einvernahme einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Es wäre zudem unerfindlich, welche Umstände die Polizeibeamten dazu veranlasst haben sollten, den Berufungswerber in derart konkreter Weise falsch zu beschuldigen, zumal sie im Falle einer bewusst unrichtigen Anzeigenerstattung bzw. einer falschen Zeugenaussage mit erheblichen disziplinären und auch strafrechtlichen Folgen rechnen müssten.

 

Die Polizeibeamten erklärten übereinstimmend, dass die gegenständlichen Überprüfungen im Rahmen von Routinekontrollen/Sektorstreifen durchgeführt wurden. Die Überprüfung erfolgte meist vom Dienstfahrzeug aus, das unmittelbar vor der XY abgestellt wurde. Von dort kann der Betrieb der Anlage gut beobachtet werden.

Was die Situierung der betreffenden XY-Bar im Nahbereich anderer Gebäude anlangt, ergibt sich diese aus den für den Betriebsstandort beigeschafften Orthofotos.

 

B) Rechtsgrundlagen:

Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194 in der im Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBl I 2007/60 lauten wie folgt:

 

§ 74

(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.

das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses  Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,

2.

die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3.

die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienen der benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4.

die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5.

eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

§ 81

(1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

 

§ 111

(3) Unter Verabreichung und unter Ausschank ist jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abgestellt ist, dass die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle genossen werden.

 

§ 366

(1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu Euro 3.600 zu bestrafen ist, begeht, wer

3. eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81);

 

C) Rechtliche Beurteilung:

 

Schuldspruch:

Aufgrund der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen steht für die Berufungsbehörde außer Zweifel, dass der Berufungswerber die in Rede stehende Betriebsanlage abweichend vom erteilten Konsens betrieben hat.

Für den betreffenden Gastgewerbebetrieb ergibt sich aufgrund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 17.03.2003, Zl 2.1 A-745/30, eine Betriebszeit von täglich 10.00 Uhr bis 24.00 Uhr.

Betriebszeit ist jene Zeit, in der eine Betriebsanlage, in welchem  Ausmaß auch immer, in Betrieb ist. Die der Ausübung des Gastgewerbes dienende Betriebsanlage wird also nicht nur dann betrieben, wenn Speisen und Getränke verabreicht werden, sondern beispielsweise auch dann, wenn Vorbereitungs- und Aufräumarbeiten durchgeführt werden. Es genügt also für das Vorliegen eines konsenslosen Betriebes, wenn sich nach Ende der genehmigten Betriebszeit etwa Gäste in der Betriebsanlage bloß aufhalten, ohne Getränke oder Speisen zu konsumieren (also beispielsweise ?bloß? auf ein Taxi warten). Ja selbst dann, wenn sich keine Gäste in der Betriebsanlage befinden, die Betriebsanlage aber nach Ende der genehmigten Betriebszeit geöffnet, also für einen potenziellen Gast zugänglich ist, wird die Betriebsanlage (diesfalls konsenslos) betrieben.

 

Im gegenständlichen Fall haben sich zu den Kontrollzeitpunkten Gäste in der XY aufgehalten und haben diese dort Getränke konsumiert. Damit wurde die Anlage im festgestellten Tatzeitraum jedenfalls (konsenlos) betrieben.

 

Die Regelung der zulässigen Betriebszeiten findet sich für die in Rede stehende Betriebsanlage nicht in einer Auflage, sondern ergibt sich diese , wie erwähnt , aus dem Spruch des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 17.03.2003, Zl 2.1 A-745/30. Die Betriebszeitenregelung hat damit insofern normativen Charakter erlangt, als der Betrieb der in Rede stehenden Anlage nur im Rahmen der genannten Betriebszeiten genehmigt ist. Damit stellt sich aber jeder Betrieb dieser Anlage außerhalb der konsentierten Betriebszeiten als eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage dar, die bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 81 Abs 1 GewO 1994 der Bewilligung nach dieser Gesetzesstelle bedarf und, sofern eine solche Genehmigungspflicht gegeben ist, eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 darstellt (vgl VwGH 17. 02.1987, 85/04/0191, 27. 06.1989, 89/04/0031).

 

Nach § 81 Abs1 GewO 1994 bedarf nun die Änderung der Betriebsanlage dann einer Genehmigung, wenn sie geeignet ist, die in § 74 Abs 2 leg cit umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen (vgl VwGH 23.10.1995, 94/04/0080 ua). Diese Genehmigungspflicht ist dabei bereits dann gegeben, wenn die Änderung grundsätzlich geeignet ist, die bezeichneten Beeinträchtigungen hervorzurufen. Die Genehmigungspflicht der Änderung besteht also schon mit der bloßen Möglichkeit einer Beeinträchtigung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen (vgl. VwGH 24.04.1990, 89/04/0194 ua). Darauf, ob die erwähnten Gefährdungen, Belästigungen etc mit der als Änderung anzusehenden Maßnahme tatsächlich verbunden sind oder auf eine allfällige Parteistellung der anzeigenden Nachbarn im Anlagenverfahren  kommt es bei der Beurteilung der Genehmigungspflicht nicht an (vgl VwGH 23.01.2002, 2000/04/0203). Um beurteilen zu können, ob eine Änderung zu Beeinträchtigungen der gewerberechtlichen Schutzinteressen führen kann, genügt es dabei in der Regel, auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (vgl VwGH 20.09.1994, 94/04/0068) Im gegenständlichen Fall kann nun aber nach Ansicht der Berufungsbehörde kein Zweifel daran bestehen, dass die in der Verlängerung der Betriebszeit gelegene Änderung der Betriebsanlage zumindest potentiell geeignet war, eine Belästigung für die Nachbarn herbeizuführen. Die Betriebsanlage befindet sich in der Nähe anderer Gebäude. In der betreffenden Betriebsanlage wird Musik dargeboten. Die Erstinstanz hat daher zutreffend ausgeführt, dass es aufgrund dieser Musikdarbietungen bzw durch Lärmen der Gäste beim Verlassen des Betriebes zu für die Nachbarn störenden Lärmemissionen kommen kann. Sie hat die Ausdehnung der Betriebszeit daher zu Recht als gemäß § 81 Abs 1 GewO 1994 genehmigungspflichtige Änderung der betreffenden Betriebsanlage beurteilt.

 

Eine entsprechende Änderungsgenehmigung hat aber unstrittig nicht vorgelegen. Der Berufungswerber ist Inhaber des betreffenden Gastgewerbebetriebes. Diesen trifft daher die Verantwortung für den konsensgemäßen Betrieb der Anlage. Dieser hat daher den objektiven Tatbestand der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht.

 

Was nun die innere Tatseite anlangt, ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei der gegenständlichen Übertretung um ein sog Ungehorsamdelikt handelt. Für derartige Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass Fahrlässigkeit dann anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. ?Glaubhaftmachung? bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Beschuldigte hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlassung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und die entsprechenden Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen (VwGH vom 24.5.1989, 89/1002/017 ua).

 

Diese Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber jedoch nicht gelungen. Dieser hat nämlich kein Vorbringen erstattet, durch das ein fehlendes Verschulden aufgezeigt werden könnte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte vorsätzlich gehandelt hat. Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Davon muss gegenständlich ausgegangen werden, zumal der Beschuldigte bereits einschlägig vorbestraft ist (vgl die Entscheidungen des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 21.06.2005, Zl uvs-2005/26/1370-4, und vom 22.05.2007, Zl uvs-2007/16/0916-3) und auch seitens der einvernommenen Polizeibeamten vorgebracht wurde, dass der Beschuldigte bereits vor den gegenständlichen Vorfällen auf die Einhaltung der Betriebszeiten hingewiesen wurde. Der Beschuldigte hat aber ungeachtet dessen offenkundig keinerlei Vorkehrungen getroffen, um eine Einhaltung der Betriebszeiten zu gewährleisten und war daher jedenfalls von bedingtem Vorsatz auszugehen.

 

Der Beschuldigte hat, wie oben dargelegt, nicht fahrlässig, sondern (zumindest bedingt) vorsätzlich gehandelt. Damit einhergehend ist davon auszugehen, dass er die einzelnen Betriebszeitenüberschreitungen vom 22.12.2007 bis 13.02.2008, sohin in einem engen zeitlichen Rahmen, von vornherein ins Auge gefasst hat. Aufgrund der Gleichheit der Einzeltathandlungen ist daher, entgegen der Rechtsansicht des Beschuldigten, gegenständlich von einem fortgesetzten Delikt auszugehen und war nur eine Strafe zu verhängen.

 

Die Bestrafung ist daher dem Grunde nach zu Recht erfolgt.

 

Strafbemessung:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs 2 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Bezüglich seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse hat der Berufungswerber keine Angaben gemacht. Es war daher insofern eine Einschätzung vorzunehmen (vgl VwGH 11.11.1998, Zl. 98/04/0034 uva), wobei mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von einem durchschnittlichen Einkommen und Vermögen auszugehen war.

 

Der Unrechtsgehalt der betreffenden Verwaltungsübertretung ist erheblich, sollen doch die gewerberechtlichen Vorschriften über die Bewilligungspflicht von Betriebsanlagen insbesondere sicherstellen, dass es aufgrund der Errichtung, des Betriebes oder der Änderung einer gewerblichen Anlage zu keiner unzulässigen Beeinträchtigung von als hochwertig einzustufenden Rechtsgütern, wie zB Leben und Gesundheit der Nachbarn, Eigentum etc, kommt. Diesen Schutzzweck hat der Berufungswerber dadurch, dass die Betriebszeit über einen längeren Zeitraum mehrfach deutlich überschritten wurde, in beträchtlichem Maße zuwidergehandelt.

 

Bezüglich des Verschuldens war zumindest von bedingtem Vorsatz auszugehen. Als erschwerend waren zwei einschlägige Strafvormerkungen und die vorsätzliche Begehungsform zu werten.

 

Unter Berücksichtigung all dieser Strafzumessungskriterien konnte nun eine Geldstrafe in Höhe von Euro 900,00, womit der gesetzliche Strafrahmen lediglich zu 25 Prozent ausgeschöpft worden ist, keinesfalls als überhöht angesehen werden. Eine Bestrafung in dieser Höhe war schon aus spezial- und generalpräventiven Gründen jedenfalls geboten, um den Berufungswerber künftighin von gleichartigen Übertretungen abzuhalten und auch anderen Gewerbetreibenden das besondere Gewicht der betreffenden Verwaltungsvorschrift aufzuzeigen

 

Die Berufung war daher abzuweisen. Dabei hatte allerdings eine geringfügige Berichtigung des Schuldspruches zu erfolgen. Die Befugnis der Berufungsbehörde dazu hat sich aus dem gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 66 Abs 4 AVG ergeben. Bei der vorgenommenen Änderung des Tatvorwurfes handelt es sich um eine bloße Spezifizierung, die der Berufungsbehörde jedenfalls gestattet ist. Dabei wurde lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass eine rechtlich hier irrelevante Bewirtung im engeren Sinne (ein Ausschank von Getränken) nicht nachgewiesen werden konnte. Der Unrechtsgehalt der Tat erfährt damit jedoch keine Änderung.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Diese, Genehmigungspflicht, ist, dabei, bereits, dann, gegeben, wenn, die, Änderung, grundsätzlich, geeignet, ist, die, bezeichneten, Beeinträchtigungen, hervorzurufen, Die, Genehmigungspflicht, der, Änderung, besteht, also, schon, mit, der, bloßen, Möglichkeit, einer, Beeinträchtigung, der, im, § 74, Abs 2, umschriebenen, Interessen, (vgl, VwGH, 24.04.1990, 89/04/0194, ua), Darauf, ob, die, erwähnten, Gefährdungen, Belästigungen, etc, mit, der, als, Änderung, anzusehenden, Maßnahme, tatsächlich, verbunden, sind, oder, auf, eine, allfällige, Parteistellung, der, anzeigenden, Nachbarn, im, Anlagenverfahren, kommt, es, bei, der, Beurteilung, der, Genehmigungspflicht, nicht, an, (vgl, VwGH, 23.01.2002, 2000/04/0203)
Zuletzt aktualisiert am
28.11.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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