Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung des Herrn A. F., S., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt N. S., I., vom 17.07.2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 11.07.2008, SB-98-2007, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994 wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 wird das angefochtene Straferkenntnis behoben.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde Herrn A. F. zur Last gelegt, er betreibe zumindest jedenfalls bis zum 27.04.2008 (Zeitpunkt der Feststellung 10.38 Uhr bis 10.49 Uhr) auf den GSte Nr X und Y, KG S., eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich einen Abstellplatz für Fahrzeuge und einen Lagerplatz für Bruchasphalt, ohne dass für diesen Standort eine gewerbebehördliche Genehmigung gegeben ist. Die Genehmigungspflicht bestehe, da die Anlage aufgrund ihrer Betriebsweise geeignet ist, gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 einerseits die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, andererseits eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs 1 Z 2 erster Fall GewO 1994 begangen, weshalb gemäß dem Einleitungssatz des § 366 GewO 1994 über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Seine Beitragspflicht zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurde mit Euro 30,00 bestimmt.
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Herr F. durch seinen Rechtsvertreter im Wesentlichen vorbringt, dass ihm der nunmehrige Strafvorwurf weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29.10.2007 noch in der Strafverfügung vom 30.06.2008 vorgeworfen worden wäre. In dieser Strafverfügung gehe es ebenfalls um die Lagerung von Kalkammonsalpeter, um das Abstellen von zwei Anhängern, von Baumaterialien der Firma H. und T. sowie um einen Radlader XY. Der Vorwurf, einen Lagerplatz für Bruchasphalt zu betreiben, sei noch nie erhoben worden. Bereits aus diesem Grund liege Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor. Aus dem Straferkenntnis ergebe sich nicht, ob bzw dass bzw auf welcher Grundparzelle Fahrzeuge abgestellt wurden, die dem Berufungswerber zuzuordnen sind. Die beiden Anhänger seien zwar auf Andreas Früh zugelassen, würden aber seitens seines Bruders C. F. nur ausschließlich für den Betrieb der Landwirtschaft verwendet. Sie dienten dem Transport von Siloballen im Betrieb von C. F.. Der abgestellte Radlader diene dazu, die Siloballen auf die Anhänger auf, bzw von diesen abzuladen. Im Hinblick auf § 2 Abs 1 Z 1 GewO seien im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft ausgeübte Tätigkeiten nicht nach der GewO zu beurteilen. Es gehe deshalb der Tatvorwurf ins Leere, weshalb der Antrag auf Bescheidbehebung und Verfahrenseinstellung gestellt werde.
Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:
Zum gerügten Verfahrensmangel, dass der nunmehrige Strafvorwurf weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter noch in der Strafverfügung enthalten gewesen sei, ist anzumerken, dass im Hinblick auf das angelastete Tatzeitende 27.04.2008 gegenständliches Straferkenntnis innerhalb der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist erlassen wurde und es deshalb nicht erforderlich war, dass ihm der nunmehrige Schuldvorwurf bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung oder in der Strafverfügung vom 30.06.2008 vorgehalten werden hätte müssen.
Im Spruch des Straferkenntnisses wird der Tatzeitraum mit ?zumindest jedenfalls bis zum 27.04.2008? umschrieben. In der Bescheidbegründung wird auf ein Schreiben der Gemeinde vom 12.09.2007 Bezug genommen, welches Bildmaterial vom Juli 2007 enthielt und worauf das Abstellen von Anhängern durch den Beschuldigten erkennbar sei. Weiters wird Bezug genommen auf ein weiteres Schreiben der Gemeinde S., in dem Fotomaterial vom 13.09.2007 beigebracht wurde, auf dem ein Lagerplatz für Bodenaushub und die abgestellten Anhänger zu erkennen sind. Schließlich wird auf eine Überprüfung durch Organe der Erstbehörde am 16.10.2007 hingewiesen, bei welcher auf gegenständlicher Fläche ein Abstellplatz für Fahrzeuge und ein Lagerplatz für Bruchasphalt festgestellt wurde. Bei der Überprüfung am 27.04.2008 wurden zwei Anhänger, Bewehrungsstahl, Kunststoffrohre, ein Kompressor und ein Anhänger mit einer Plane des Bauunternehmens H. und T. sowie eine größere Menge Kalkammonsalpeter in Säcken palettiert und gelagert abgestellt. An diesem Tag wurde auch ein Radlader der Firma K. dort abgestellt. Auf Gst Nr XY war nördlich der Landesstraße Aushubmaterial gelagert.
Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, ua die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Diesem Erfordernis wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann entsprochen, wenn die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschrieben ist, dass
1.
die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und
2.
die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den Punkt 1. anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragrafenmäßige Zitierung von Gebots- und Verbotsnormen ersetzt werden können.
Was den vorstehenden Punkt 2. anlangt, muss a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen werden, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit ausreicht (vgl verst Senat VwSlg 11.894 A/1985 uva).
Nach der herrschenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die als erwiesen angenommene Tat in der Regel durch die Feststellung der Zeit der Begehung zu präzisieren. Es sind aber auch Fälle denkbar, in denen eine Präzisierung nicht möglich ist, trotzdem aber die Tat eindeutig festgestellt werden kann (VwGH 17.12.1963, Slg 6185A). Dies liegt gegenständlich jedoch nicht vor, weil in der Begründung insgesamt vier Zeiten genannt sind, innerhalb derer ein Tatzeitraum in Betracht gezogen werden kann (Juli 2007, 13.09.2007, 16.10.2007 und 24.04.2008).
Der Spruch eines Straferkenntnisses hat auch die Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat, und, falls es sich um einen Zeitraum handelt, dessen Anfang und Ende einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen (VwGH 06.11.1995, 95/04/0122). Beim angelasteten Betreiben dieser Betriebsanlage handelt es sich um ein Dauerdelikt. Bei einem Dauerdelikt sind Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch des Bescheides anzuführen (VwGH 18.11.1983, 82/04/0156 uva).
Durch die konkrete Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat soll klargestellt werden, wofür der Täter bestraft wurde, und die Möglichkeit auszuschließen, etwa wegen derselben Handlung nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses wird angelastet, eine Betriebsanlage durch einen Abstellplatz für Fahrzeuge und einen Lagerplatz für Bruchasphalt betrieben zu haben. Im Juli 2007 wurde das Abstellen von Anhängern dokumentiert, am 13.09.2007 zusätzlich die Lagerung von Bodenaushub und am 16.10.2007 das Abstellen von Fahrzeugen und ein Lagerplatz für Bruchasphalt.
Aus dieser Beschreibung in der Bescheidbegründung ließe sich die Annahme ableiten, dass der Tatzeitbeginn mit dem 16.10.2007 angenommen werden könnte, weil der angelastete Bruchasphalt an diesem Tag erstmals festgestellt wurde.
Der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.01.2002, 99/09/0050, lag der Sachverhalt zugrunde, dass die Berufungsbehörde die Tatzeit von ?zumindest 20.03.1998? auf zwei näher bezeichnete Tatzeiträume geändert hat. Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu aus, dass das zeitlich völlig unbestimmte Wort ?zumindest? nicht so verstanden werden darf, dass damit ein nach jeder Richtung offener Tatzeitraum ?Sache? des Berufungsverfahrens war. Die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Änderung stellte sich somit nicht als Einschränkung, sondern als Auswechslung der Tatzeit dar. Das Höchstgericht führte dazu aus, dass die belangte Behörde aber, gleich, ob in Form einer ?Berichtigung? gemäß § 62 Abs 4 AVG oder in Wahrnehmung ihrer Befugnis gemäß § 66 Abs 4 AVG, hiezu nicht berechtigt war. In Anlehnung an diese Judikatur ist es im gegenständlichen Fall der Berufungsbehörde nicht zugestanden, den Spruch durch die Festsetzung des Tatzeitbeginns abzuändern, weil dies einer unzulässigen Auswechslung der Tatzeit gleich käme. Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.