TE UVS Tirol 2008/08/05 2008/25/1943-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.08.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Frau B. G., XY-Straße 1, K., vertreten durch H. und Partner RAe GmbH, XY-S., vom 17.06.2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 26.05.2008, SG-54-2007, betreffend die Übertretung der Gewerbeordnung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.700,00 auf Euro 1.000,00, bei Uneinbringlichkeit 120 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird. Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) mit Euro 100,00 neu festgesetzt.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde Frau G. folgender Sachverhalt zur Last gelegt und sie dafür bestraft:

 

?Die H. G. Bauplanungsgesellschaft mbH mit Sitz in K. ist seit dem 18.04.1996 zur Ausübung des Gewerbes ?Baumeister? im Standort K., XY-Straße 1, berechtigt, wobei als gewerberechtlicher Geschäftsführer Herr L. G. M. genehmigt worden war.

Wie die Behörde in Erfahrung brachte, war der Geschäftsführer L. G. M. zumindest während der letzten 4 Jahre bis zu seiner Abmeldung mit 10.01.2008 aufgrund ständiger Auslandsaufenthalte (Brasilien) und aufgrund des Umstandes, dass er für ein Unternehmen in Süddeutschland arbeitete und nur unregelmäßig nach Kitzbühel kam, nicht in der Lage, sich den gesetzlichen Erfordernissen entsprechend in dem Betrieb der H. G. Bauplanungsgesellschaft mbH zu betätigen.

Nach § 39 Abs 2 Gewerbeordnung 1994 muss der Geschäftsführer den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen und in der Lage ein, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen, wobei eine entsprechende Betätigung vor dem Hintergrund der Aufgaben und der verwaltungsstraferechtlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers zu sehen ist; es muss dem Geschäftsführer möglich sein, die gewerbliche Tätigkeit ausreichend zu beobachten und zu kontrollieren.

Nach § 39 Abs 3 leg cit muss in den Fällen, in denen ein Geschäftsführer zu bestellen ist, der Gewerbeinhaber sich eines Geschäftsführers bedienen, der sich im Betrieb entsprechend betätigt.

Sie haben daher als die handelsrechtliche Geschäftsführerin, somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der ?H. G. Bauplanungsgesellschaft mbH? mit Sitz in K., zu verantworten, dass diese Gesellschaft zumindest während des Zeitraumes vom 01.01.2004 bis zum 10.01.2008 sich mit Herrn G. M. L. für die Ausübung des Baumeistergewerbes im Standort K., XY-Straße 1, eines Geschäftsführers bediente, der sich entgegen § 39 Abs 3 der GewO nicht im Betrieb entsprechend betätigt hatte.

 

Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretung begangen: Verwaltunqsübertretunq nach § 367 Z 7 in Verbindung mit § 39 Abs 3 und 39 Abs 2 der Gewerbeordnung 1994, idgF

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über ihn folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von, falls diese uneinbringlich ist Ersatzfreiheitsstrafe von, Freiheitsstrafe von, Gemäß 1700,00 Euro, 200 Stunden, § 367 Einleitungssatz GewO 1994 Ferner hat er gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

170,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 Prozent der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15,00 angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1.870,00 Euro

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Frau G. durch ihre Rechtsvertreter im Wesentlichen vorbringt, dass der bekämpfte Bescheid an Begründungsmängeln leide. Unter einer entsprechenden Betätigungsmöglichkeit des Geschäftsführers sei vorrangig zu verstehen, dass er für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Der seinerzeitige Geschäftsführer G. L. habe sich regelmäßig in Kitzbühel aufgehalten und sei unter Verwendung sämtlicher ihm zur Verfügung stehender Telekommunikationsmittel jederzeit in der Lage gewesen, sich in der GmbH entsprechend zu betätigen und die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften zu kontrollieren. Der Geschäftsführer sei öfters nach Kitzbühel gekommen, um sich auch vor Ort entsprechend zu informieren. Die Fahrtzeit von München nach Kitzbühel betrage ca eineinhalb Stunden und sei es G. L. daher problemlos möglich gewesen, regelmäßig nach Kitzbühel zu kommen. § 39 Abs 2 und 3 GewO verlangten keine persönliche Anwesenheit des Geschäftsführers und stelle bloß auf die Möglichkeit ab, sich entsprechend zu betätigen, zu beobachten und zu kontrollieren. Der angelastete Verstoß liege damit nicht vor und sei auch nicht entsprechend konkretisiert bzw begründet. Der Beschuldigten könne auch kein Verschulden angelastet werden, da der Geschäftsführer seine Aufgaben über Jahre hinweg erfolgreich erfüllt habe und in ständigem Kontakt mit ihr gestanden sei. Es sei von der Behörde diesbezüglich auch nie etwas beanstandet worden. G. L. habe diese Funktion bereits seit 05.12.1995 innegehabt. Die Erstbehörde habe das gesetzliche Strafausmaß zu ca 80 Prozent ausgeschöpft und dabei keine Milderungsgründe berücksichtigt, obwohl die Beschuldigte bisher unbescholten sei. Dieser Milderungsgrund wäre zu berücksichtigen gewesen. Die Beschuldigte habe sehr wohl zu ihren persönlichen Verhältnissen angegeben, dass sie verheiratet ist, zwei Kinder hat und ein Angestelltengehalt in der Höhe von rund Euro 500,00 bezieht. Ausgehend von diesem Einkommen sei die Strafe viel zu hoch verhängt. Es werde Bescheidbehebung und Verfahrenseinstellung, in eventu deutliche Herabsetzung der Strafhöhe beantragt.

 

Beweis aufgenommen wurde in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 23.07.2008 durch die informative Befragung des Rechtsvertreters sowie die Verlesung der Akten der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel und des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol.

 

In der mündlichen Verhandlung wurde eine Einkommensbestätigung der Berufungswerberin vorgelegt, aus der sich ergibt, dass sie als Teilzeitbeschäftigte der Herbert G. Bauplanungsgesellschaft mbH ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von Euro 505,12 bezieht. Seitens der Berufungswerberin konnte nicht belegt werden, dass der Geschäftsführer G. L. im Tatzeitraum als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt war. Angaben dazu, als was und in welchem Ausmaß G. L. im angelasteten Zeitraum für die andere Firma (in Kirchberg und in Süddeutschland) tätig war, konnten seitens der Beschuldigten nicht getätigt werden; ebenso wenig konnte die Aussage präzisiert werden, in welchen Abständen die regelmäßigen Visiten von G. L. bei der H. G. Bauplanungsgesellschaft mbH in K. stattfanden.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

Das Gewerbe des Baumeisters fällt gemäß § 94 Z 5 GewO 1994 unter die reglementierten Gewerbe. In der Baumeisterverordnung, BGBl II Nr 30/2003 idF BGBl II Nr 160/2004, sind die Zulassungsvoraussetzungen für das Baumeistergewerbe geregelt und jene Belege angeführt, die die fachliche Qualifikation für dieses Gewerbe nachweisen. Damit ist für das Baumeistergewerbe die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben.

 

Inhaberin gegenständlichen Baumeistergewerbes ist seit 18.04.1996 die H. G. Bauplanungsgesellschaft m.b.H., sohin eine juristische Person. Gemäß § 39 Abs 2 Z 2 GewO muss bei einem Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, der zu bestellende Geschäftsführer einer juristischen Person, außerdem ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein. Da die Berufungswerberin über keine derartige Beschäftigung des gewerberechtlichen Geschäftsführers G. L. im angelasteten Zeitraum einen Beweis erbringen konnte, ist davon auszugehen, dass der Geschäftsführer sich damit nicht im Betrieb entsprechend betätigte.

 

Es muss nach § 39 Abs 3 GewO in den Fällen, in denen ein Geschäftsführer zu bestellen ist, der Gewerbeinhaber sich eines Geschäftsführers bedienen, der sich im Betrieb entsprechend betätigt. Dazu zählt etwa, dass es ihm möglich sein muss, die gewerbliche Tätigkeit, die zB von Beschäftigten des Unternehmens ausgeübt wird, ausreichend zu beobachten und zu kontrollieren. Wie dies im Baumeistergewerbe ohne Anwesenheit auf den Baustellen nur über Telekommunikationseinrichtungen möglich gewesen sein sollte, konnte die Berufungswerberin nicht glaubhaft darlegen. Auch wenn angegeben wurde, dass G. L. anlässlich seiner Besuche in Kitzbühel auch Baustellen besichtigte, kann dies nicht überzeugen, da keine Angaben darüber gemacht werden konnten, in welchen Abständen G. L. in Kitzbühel anwesend war.

 

Eine ?entsprechende Betätigung? kann nur angenommen werden, wenn die Erwartung gegeben ist, dass der Geschäftsführer nach den objektiv gegebenen Rahmenbedingungen in der Lage sein werde, den ihm obliegenden, sich aus der Natur des betreffenden Gewerbes ergebenden Kontrolltätigkeiten zur Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften des Gewerbes nachzukommen (VwGH 12.11.1996, 96/04/0206); ferner, wenn durch die Betätigung eine gesetzmäßige Gewerbeausübung sichergestellt und somit unter Bedachtnahme auf die im Einzelfall in Betracht zu ziehende gewerbliche Betätigung die bloße Scheinerfüllung dieses Erfordernisses ausgeschlossen wird. Wenn der Geschäftsführer in München arbeitete und erst eine ca eineinhalbstündige Autofahrt auf sich nehmen musste, um an den Gewerbestandort zu gelangen, ist nicht von der Möglichkeit einer entsprechenden betrieblichen Tätigkeit auszugehen, da G. L. nicht gleichsam wie ein Pendler täglich sondern nur fallweise nach Kitzbühel kam. Der Schuldspruch ist zu Recht ergangen.

 

Die Berufungswerberin hätte sich als handelsrechtliche Geschäftsführerin über diese einschlägigen gewerberechtlichen Vorschriften informieren müssen, weshalb ihr zumindest grobe Fahrlässigkeit anzulasten ist. Zum Unrechtsgehalt dieser Übertretung hat die Erstbehörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses bereits zutreffende Ausführungen getätigt.

 

Richtig ist das Berufungsargument, dass die Beschuldigte bisher unbescholten ist. Dieser Milderungsgrund hätte bei der Strafbemessung berücksichtigt werden müssen. Aus diesem Grund wurde die Strafhöhe spruchgemäß herabgesetzt. Auch wenn Frau G. nur über ein Angestelltengehalt von monatlich knapp über Euro 500,00 verfügt, konnte keine weitere Absenkung des Strafausmaßes in Betracht gezogen werden, weil bei der Strafbemessung nicht nur die Einkommensverhältnisse des Beschuldigten, sondern auch Verschulden und Unrechtsgehalt zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf den langen Tatzeitraum und aus spezial- und generalpräventiven Gründen ist die nunmehr herabgesetzte Strafhöhe erforderlich, um eine abschreckende Wirkung erwarten lassen zu können. Immerhin hat sich die Gesellschaft durch die Nichtbeschäftigung des Geschäftsführers ein im Verhältnis zur Strafhöhe unverhältnismäßiges Geld erspart.

Schlagworte
Eine, ?entsprechende, Betätigung?, kann, nur, angenommen, werden, wenn, die, Erwartung, gegeben, ist, dass, der, Geschäftsführer, nach, den, objektiv, gegebenen, Rahmenbedingungen, in, der, Lage, sein, werde, den, ihm, obliegenden, sich, aus, der, Natur, des, betreffenden, Gewerbes, ergebenden, Kontrolltätigkeiten, zur, Einhaltung, der, gewerberechtlichen, Vorschriften, des, Gewerbes, nachzukommen (VwGH 12.11.1996, 96/04/0206); ferner, wenn, durch, die, Betätigung, eine, gesetzmäßige, Gewerbeausübung, sichergestellt, und, somit, unter, Bedachtnahme, auf, die, im, Einzelfall, in, Betracht, zu, ziehende, gewerbliche, Betätigung, die, bloße, Scheinerfüllung, dieses, Erfordernisses, ausgeschlossen, ist. Wenn, der, Geschäftsführer, in, München, arbeitete, und, erst, eine, ca eineinhalbstündige, Autofahrt, auf, sich, nehmen, musste, um, an, den, Gewerbestandort, zu, gelangen, ist, nicht, von, der, Möglichkeit, einer, entsprechenden, betrieblichen, Tätigkeit, auszugehen, da, G. L., nicht, gleichsam, wie, ein, Pendler, täglich, sondern, nur, fallweise, nach, Kitzbühel, kam
Zuletzt aktualisiert am
11.11.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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