TE UVS Steiermark 2008/08/07 30.15-13/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.08.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung der Frau A G T, vertreten durch Mag. J W, N 194, G, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Weiz vom 15.02.2008, GZ.: 15.1 32590/2007, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

Tatzeit: 16.12.2007 01.40 Uhr

Tatort: S, auf Höhe Festhalle

Ihre Funktion: Beschuldigter

1. Übertretung

Sie haben zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort nicht für die Einhaltung des Stmk. Jugendschutzgesetzes gesorgt, obwohl Erwachsene Kindern und Jugendlichen die Übertretung dieses Gesetzes nicht ermöglichen oder erleichtern dürfen. Betroffenes(r) Kind oder Jugendlicher: 3 Jugendliche bei der Veranstaltung, wurden Bacardi-Cola ausgeschenkt, obwohl diese noch nicht 18 Jahre alt waren. Wegen dieser Übertretung des § 4 Abs 3 iVm § 9 Abs 2 Steiermärkisches Jugendschutzgesetz wurde über sie eine Geldstrafe von ? 150,00 verhängt. In ihrer Berufung vom 05.03.2008 verwies die Berufungswerberin zunächst auf ihr Vorbringen im Einspruch vom 30.12.2007 und vom 14.02.2008. Weiters wurde eingewendet, dass die kontrollierten Jugendlichen auf Grund ihres Alters gar nicht mehr den Bestimmungen des Steiermärkischen Jugendschutzgesetzes unterlägen wären. Zum Beweis dafür werde die zeugenschaftliche Einvernahme von M R beantragt. Herr R habe bei der Kontrolle keinen Ausweis dabei gehabt, weshalb er sein Geburtsdatum nicht nachweisen konnte. Die beiden anderen Jugendlichen dieser ominösen Zahl 3 seien überhaupt nicht kontrolliert worden und auch nicht der Verwaltungsbehörde vorgeführt worden. Nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 07.08.2008, in welcher neben der Berufungswerberin die Zeugen RI B, F W, C T und

M R einvernommen wurden, wird nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen: Die Berufungswerberin ist schon seit vielen Jahren als Kellnerin in der Gastronomie tätig. In der Nacht vom

15. auf den 16.12.2007 (Samstag - Sonntag) fand in der Sport- und Kulturhalle in S die Veranstaltung H X-Mas Event 8 statt, welche vom Kultur- und Jugendverein H E, Obmann: A F, durchgeführt wurde. Der Bruder der Berufungswerberin ist Schriftführer in diesem Verein. Es handelte sich um eine Jugendveranstaltung, bei welcher Heavy Metal Musik gespielt wurde. In der Veranstaltungshalle wurden an mehreren Verkaufsständen Getränke, darunter auch Wein und Bier, und an jenem Stand, an welchem die Berufungswerberin Dienst hatte, auch harte Alkoholika ausgeschenkt. Die Berufungswerberin hatte ihrem Bruder bei der genannten Veranstaltung, welche im Jahr 2007 schon zum achten Mal durchgeführt wurde, geholfen und erhielt wie alle anderen dort tätigen Personen vom Jugendverein H E ein geringfügiges Entgelt. In den frühen Morgenstunden des 16.12.2007 um ca 01.40 Uhr fand bei der genannten Veranstaltung eine Schwerpunktkontrolle nach dem Steiermärkischen Jugendschutzgesetz unter der Leitung der Bezirkshauptmannschaft Weiz statt. Leiter der Amtshandlung war der dortige Strafreferent F W, welcher mit einer Schreibkraft in einem Fahrzeug vor der Festhalle an Ort und Stelle Anzeigen und Strafverfügungen hinsichtlich jener Personen verfasste, welche von den einschreitenden Polizeibeamten zu ihm gebracht wurden. Die Kontrollen in der Festhalle wurden von mehreren Polizeibeamten in Zivil, unter anderem RI T B von der Polizeiinspektion G, durchgeführt. Hiebei beobachtete RI B, wie die Berufungswerberin an drei männliche Jugendliche, welche er auf Grund ihres Aussehens jünger als 18 Jahre einschätzte, Bacardi-Cola ausschenkte, ohne Ausweise zu kontrollieren. Der Meldungsleger überprüfte die Personalien der Jugendlichen, notierte sich jedoch nicht deren Namen und Geburtsdaten. Er wies die drei Jugendlichen noch an, die drei Bacardi-Cola auf keinen Fall zu konsumieren, eine Anzeige gegenüber den Jugendlichen wurde nicht erstattet. Eine Gegenüberstellung der betreffenden Jugendlichen mit der Berufungswerberin fand nicht statt. Der Meldungsleger konfrontierte die Berufungswerberin mit dem Verdacht des unerlaubten Alkoholausschanks an Jugendliche und forderte sie auf, mit ihm vor das Gebäude zu kommen. Der am Getränkestand zufällig anwesende M R, geb. am 04.08.1987, welcher dort gerade mit einer Bekannten Cola-Whisky konsumierte, wurde vom Meldungsleger ebenfalls mit dem Verdacht des unerlaubten Alkoholkonsums konfrontiert und aufgefordert, zum Wagen der Bezirkshauptmannschaft mitzukommen. R hatte keinen Ausweis mit. Als er seinen Namen und sein Geburtsdatum nannte, gab ihm der Meldungsleger zu verstehen, dass er seinen Angaben keinen Glauben schenke und ihn für höchstens 17 Jahre einschätze. Eine Anzeige gegen R bzw dessen Erziehungsberechtigte nach dem Steiermärkischen Jugendschutzgesetz wurde in weiterer Folge nicht erstattet. Die Berufungswerberin wurde, ebenso wie alle übrigen Tatverdächtigen, darunter ca 28 Jugendliche, hinsichtlich derer es zu Anzeigen wegen Verstößen gegen die Aufenthaltsregelung nach dem Steiermärkischen Jugendschutzgesetz bzw wegen Alkoholkonsums kam, dem Strafreferenten W vorgeführt. Die Berufungswerberin unterschrieb an Ort und Stelle eine Strafverfügung, in welcher ihr der Tatvorwurf mit der gleichen Formulierung wie im oben wiedergegebenen Straferkenntnis zur Last gelegt wurde.

Beweiswürdigung: Im gegenständlichen Verfahren bestanden von Anbeginn an erhebliche Beweisprobleme insoferne, als im völligen Gegensatz zu den sonst üblichen Gepflogenheiten bei der Erstattung von Anzeigen nach dem Steiermärkischen Jugendschutzgesetz die Personalien jener drei Jugendlichen, an welche die Berufungswerberin angeblich Alkohol ausgeschenkt hat, nicht festgehalten wurden. Da die Berufungswerberin ihr angebliches Geständnis am Kontrolltag in weiterer Folge widerrufen hat und dezidiert behauptete, die betreffenden Jugendlichen seien jedenfalls über 18 Jahre alt gewesen, dies habe sie auch ohne Ausweiskontrolle feststellen können, da ihr die Jugendlichen vom Sehen bekannt gewesen seien, standen hinsichtlich dieser Frage Aussage gegen Aussage. Auch die Zeugenaussage von M R und dessen Gegenüberstellung mit dem Meldungsleger vermochte zur Klärung des Sachverhaltes nichts Wesentliches beizutragen, da der Meldungsleger weder bestätigen noch ausschließen konnte, dass Herr

R einer der drei von ihm damals beanstandenden Jugendlichen gewesen sei. Fest steht lediglich, dass R zum Tatzeitpunkt erwiesenermaßen über 18 Jahre alt war, sodass die Anzeige - sofern sie sich überhaupt (unter anderem) auf M R bezogen hat - in diesem Punkt jedenfalls zu Unrecht erfolgt ist. Die Personalien der anderen beiden Jugendlichen konnten überhaupt nicht mehr eruiert werden. Rechtliche Beurteilung: 1. Zur Rechtzeitigkeit der Berufung: Das an den Vertreter der Berufungswerberin Mag. J W an dessen Adresse in N 194, G, zugestellte Straferkenntnis wurde am 20.02.2008 beim Postamt G hinterlegt. Die dagegen erhobene Berufung wurde erst am 06.03.2008, somit einen Tag nach Ablauf der Berufungsfrist, per Telefax eingebracht. Der Berufungswerberin wurde daraufhin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Berufung als verspätet eingebracht zurückzuweisen. Daraufhin gab der Vertreter der Berufungswerberin bekannt, er habe sich im Zeitraum

20. und 21.02.2008 in Wien aufgehalten, sei erst in der Nacht zum 22.02.2008 nach Hause zurückgekehrt und habe, nachdem er die Hinerlegungsanzeige vorgefunden habe, zum nächstmöglichen Termin das Schriftstück beim Postamt G behoben. Dieses Vorbringen wurde durch mehrere Unterlagen (Seminarbesuchsbestätigung etc) bescheinigt, sodass im Ergebnis die Berufung als rechtzeitig eingebracht anzusehen war. 2. Zum Tatvorwurf der Übertretung des Steiermärkischen Jugendschutzgesetzes: § 9 StJSchG lautet auszugsweise wie folgt: (1) Bis zum vollendeten 16. Lebensjahr ist der Konsum von Tabakwaren und alkoholischen Getränken verboten.

(2) Vom vollendeten 16. Lebensjahr bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ist der Konsum von Getränken, die alkoholische Getränke mit über 14 Volumsprozent enthalten, verboten. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (zum Beispiel nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Hiezu sind entsprechende, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich. Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG wird somit dann Rechnung getragen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 03.10.1985, Slg. NF 11894/A). Entscheidend dafür, welche Tathandlung die Behörde der Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, ist daher die Bezeichnung im Spruch des Erkenntnisses. Die objektive Tatseite einer Verwaltungsübertretung ist das vom Tatbestand erfasste, äußere menschliche Verhalten. Dieses Verhalten kann in einem Tun oder in einem Unterlassen bestehen. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist es nach der zitierten Gesetzesstelle rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Umstände so genau zu umschreiben, dass 1.) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2.)die Identität der Tat (zum Beispiel nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13.06.1984, Slg NF 11.466/A). Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, dem Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu beschützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 03.10.1985, Slg NF 11.894/A). Der oben wiedergegebene Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses, mit welchem der Berufungswerberin sinngemäß nur zur Last gelegt wird, sie habe an drei unbekannte Jugendliche, welche das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, Alkohol ausgeschenkt, entspricht nicht den zitierten Sprucherfordernissen des § 44 a VStG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. In Ermangelung der Personalien der betroffenen Jugendlichen ist es der Berufungswerberin nämlich verwehrt, sich zweckentsprechend zu verteidigen und entsprechende Gegenbeweise anzubieten und ist auf Grund des unpräzisen Tatvorwurfs auch nicht auszuschließen, dass sie wegen des Alkoholausschanks an dieselben Jugendlichen nochmals bestraft wird. Dies zeigt insbesondere der gegenständliche Vorfall, wo duzende Jugendliche überprüft und zumindest 28 Jugendliche auch zur Anzeige gebracht wurden. Die Berufungswerberin hat glaubhaft dargelegt, dass ihr - was angesichts des vagen Tatvorwurfs auch nicht verwunderlich ist - weder damals noch heute klar war, um welche Jugendlichen es überhaupt geht. Sie sei der Auffassung gewesen, dass die gegenständliche Beanstandung betreffend den Alkoholausschank sich nur auf Herrn R beziehe, welcher zum damaligen Zeitpunkt das 18. Lebensjahr ohnedies schon längst überschritten hatte. In Ermangelung eines klaren Tatvorwurfs war es ihr somit nicht möglich, sich zweckentsprechend zu verteidigen. Hinzu kommt, dass es niemals gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass auch einem Meldungsleger, welcher nach bestem Wissen und Gewissen seine Anzeige verfasst, bei der Erfassung des Geburtsdatums bzw bei der daraus resultierenden Berechnung des Lebensalters des betreffenden Jugendlichen ein Fehler unterläuft, zumal derartige Anzeigen in einschlägigen Lokalen oft bei schlechter Beleuchtung erfasst werden. Wenn die Personalien der Jugendlichen aber nicht erfasst werden, ist es dem jeweils Beschuldigten unmöglich, derartige Fehler aufzuzeigen bzw den Tatvorwurf zu widerlegen. Hinzu kommt, dass aus den bereits in der Beweiswürdigung dargestellten Gründen die Identität jener drei Jugendlichen, auf welche sich die Anzeige von RI B bezog, auch im Berufungsverfahren nicht mehr geklärt werden konnte. Letztlich standen sich belastende und entlastende Aussagen gegenüber, sodass das Verfahren im Ergebnis in dubio pro reo und auch wegen unzureichender Spruchkonkretisierung gemäß § 44 a VStG gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und 2 VStG einzustellen war.

Schlagworte
Jugendliche Alkohol Ausschank Konkretisierung
Zuletzt aktualisiert am
04.02.2009
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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