TE UVS Tirol 2008/08/07 2008/18/1211-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.08.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufung des Finanzamtes Innsbruck gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt Innsbruck vom 07.03.2008

 

I. zu Zahl II-STR-03473e/2006 betreffend K. D.,

II. zu Zahl II-STR-03439e/2006 betreffend E. E.-H.,

III. zu Zahl II-STR-03178e/2006 betreffend H. L.,

 

wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG wird die Berufung des Finanzamtes Innsbruck als unbegründet abgewiesen.

Text

Der Spruch des Bescheides der Bürgermeisterin der Stadt Innsbruck vom 07.03.2008 zu Zahl II-STR-03473e/2006 betreffend K. D., M., lautet wie folgt:

 

?Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 wird das Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn K. D. hinsichtlich des Vorwurfes:

Sie, Herr K. D., haben es als Miteigentümer an der Erbengemeinschaft M. F., geborene H., mit Sitz in I., bzw als Miteigentümer an der Verlassenschaft nach M. F., geborene H., mit Sitz in I., zu vertreten, dass durch die Erbengemeinschaft M. F., geborene H., bzw als Miteigentümer an der Verlassenschaft nach M. F., geborene H., im Rahmen deren damaliger Baustelle in I., (Sanierung der dortigen südlich gelegenen Wohnung) in der Zeit vom 16. bis (einschließlich) 29.08.2006 täglich durch zumindest 8 Stunden hindurch Arbeitsleistungen, und zwar insbesondere Fliesenverlegearbeiten, zur Renovierung und Sanierung der zuvor beschriebenen Wohnung , von betriebsentsandten Ausländern (polnischen Staatsangehörigen), und zwar Herrn A. B.,

Herrn R. B.,

Herrn Z. K., sowie

Herrn D. M.,

in Anspruch genommen; es wurden alle diese zuvor unter den Positionen 1) bis 4) angeführten Ausländer damals von einem ausländischen Arbeitgeber, nämlich von der Firma XY GmbH mit Sitz im Ausland, und zwar in D., M., ohne dass ein Betriebssitz dieser zuletzt angeführten Unternehmung im Inland (in Österreich) vorhanden war, im Inland beschäftigt. Für keinen der zuvor unter den Positionen 1) bis 4) angeführten Ausländer war eine Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder Anzeigenbestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erteilt bzw ausgestellt. Auch ist hinsichtlich der oben beschriebenen Inanspruchnahme der Arbeitsleistungen der Ausländer keiner der Ausnahmetatbestände im Sinne des § 18 Abs 2 bis Abs 7 AusIBG vorgelegen.

 

Sie haben dadurch als Miteigentümer an der Erbengemeinschaft M. F., geborene H., bzw als Miteigentümer an der Verlassenschaft nach M. F., geborene H., (mit Sitz in I.), zu 1) bis 4) je eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs 1 Z 1 lit. b) iV mit § 18 Abs 1 AuslBG, BGBl Nr 218/1975, begangen.

eingestellt.?

 

Ein inhaltlich gleichlautender Bescheid wurde betreffend E. E.-H. und H. L. erlassen.

 

Gegen diese Bescheide wurde vom Finanzamt Innsbruck fristgerecht Berufung erhoben. In der Begründung der Berufung wurde angeführt, dass wie im Bescheid der Erstbehörde ersichtlich sei, auch diese von einem zumindest arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis zwischen der Firma ?XY? und den im Strafantrag angeführten polnischen Arbeitern ausgehe. Die Erstbehörde führe jedoch an, dass der falsche Übertretungstatbestand angezeigt worden sei und dass im gegenständlichen Fall der § 18 Abs 12 bis 16 iVm § 28 Abs 1 Z 5 lit b AuslBG heranzuziehen gewesen wäre. Damit § 18 Abs 12 AuslBG herangezogen werden könne, müssten die polnischen Arbeiter jedoch legal und dauerhaft zum deutschen Arbeitsmarkt zugelassen gewesen sein. Diese seien zwar im Besitz eines deutschen Gewerbescheines gewesen. Die Erhebungen hätten jedoch ergeben, dass es sich nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt um Scheinselbstständige und somit um ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis gehandelt habe. Laut telefonischer Rücksprache mit Herrn M. M. vom Hauptzollamt R., Abteilung ?Finanzkontrolle Schwarzarbeit?, würden auch in Deutschland die gleichen Anhaltspunkte für Scheinselbstständigkeit (zB Weisungsgebundenheit etc) zur rechtlichen Beurteilung herangezogen.

 

Aus den Erhebungen der KIAB lasse sich ableiten, dass die polnischen Arbeiter in Deutschland eine Arbeitsbewilligung benötigt hätten. Somit seien diese in Deutschland ebenfalls illegal beschäftigt worden. Dadurch werde der Tatbestand des § 18 Abs 12 in Verbindung mit § 28 Abs 1 Z 5 lit b ausgeschlossen und sei der Tatbestand des § 18 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Z 1 lit b AuslBG als verwirklicht anzusehen.

 

Dieser Berufung kam im Ergebnis keine Berechtigung zu.

 

In den gleichlautenden Anzeigen des Zollamtes Innsbruck zu GZ XY, XY und XY, ist ausgeführt, dass am 29.08.2006 in Innsbruck von den Bediensteten V., F. und A. des Zollamtes Innsbruck aufgrund einer Anzeige gegen 13.30 Uhr eine Kontrolle nach dem AuslBG in der südlichen Wohnung im XY mit dem Türschild ?XY? durchgeführt worden sei. Dabei seien die in der Anzeige angeführten polnischen Staatsangehörigen bei Fliesenverlegearbeiten angetroffen worden. Diese seien danach befragt worden, für welche Firma sie tätig seien. Daraufhin hätten sie die Firma ?XY? aus M. angegeben. Auf die Frage, wer ihr Chef sei, hätten die Polen angegeben, dass dies ein gewisser Herr R. von der oben angeführten Firma sei. Dieser gebe ihnen die Anweisungen, was zu tun sei. Weiters werde das gesamte Material und diverse Arbeitsgeräte von ihm gestellt. Laut den Angaben der Arbeiter seien diese seit zwei Wochen an der angeführten Baustelle tätig.

 

Nach der Anzeige sei schließlich mit Herrn R. seitens des Zollamtes I. telefonisch Kontakt aufgenommen worden und sei diesem aufgetragen worden, das Auftragsschreiben zwischen der Firma ?XY? und dem Wohnungseigentümer per Fax zu übermitteln, was auch durchgeführt worden sei. Aus diesem Telefax gehe vorher, dass die Erbengemeinschaft nach M. F., vertreten durch Rechtsanwalt S. aus L., Eigentümer der gegenständlichen Wohnung sei. In der Anzeige ist weiters vermerkt, dass ein handschriftlicher Pauschalvertrag für die Wohnungssanierung, der angeblich zwischen den Polen und der Firma ?XY? abgeschlossen worden sei, vorgelegt worden sei. Darin sei weder ein Auftraggeber noch ein Auftragnehmer angeführt und sei auch das Bauvorhaben nicht klar definiert gewesen. Die Erbengemeinschaft nach M. F. sei laut Anzeige somit Auftraggeber der Firma ?XY? und somit in weiterer Folge inländischer Inanspruchnehmer der Arbeitsleistungen der Firma ?XY? und der entsandten Arbeiter.

 

Die maßgeblichen in der zur Tatzeit anzuwendenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl Nr 218/1975, lauten wie folgt:

 

?§ 28

(1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1. wer

b) entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung oder Anzeigenbestätigung erteilt wurde

 

5. wer

b) entgegen § 18 Abs 12 Arbeitsleistungen eines Ausländers ohne Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates des EWR in Anspruch nimmt, der von seinem Arbeitgeber mit Betriebssitz in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, ohne dass für diesen eine EU Entsendebestätigung ausgestellt wurde?.

 

Zur erstangeführten Verwaltungsübertretung ist auszuführen, dass nach § 18 Abs 1 des AuslBG in der anzuwendenden Fassung Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, einer Beschäftigungsbewilligung bedürfen. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer nach dieser Bestimmung einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

 

Zur zweitangeführten Übertretung , § 28 Abs 1 Z 5 lit b AuslBG, die mit einem weit geringeren Strafsatz bedroht ist , ist anzuführen, dass § 18 Abs 12 AuslBG in der zur Tatzeit anzuwendenden Fassung Nachstehendes normiert:

 

?Für Ausländer, die von einem Arbeitgeber mit Betriebssitz in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union zur Erbringung einer vorübergehenden Dienstleistung in das Bundesgebiet entsandt werden, ist keine Entsendebewilligung erforderlich. Die beabsichtigte Entsendung ist jedoch vom Ausländer oder von dessen Arbeitgeber oder vom inländischen Auftraggeber des Arbeitgebers vor der Arbeitsaufnahme bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, in deren Sprengel die Arbeitsleistungen erbracht werden, anzuzeigen. Die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat die Anzeige binnen zwei Wochen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung). Sie hat die Entsendung zu untersagen, wenn der Ausländer im Staat des Betriebssitzes nicht ordnungsgemäß und dauerhaft seit mindestens einem Jahr in einem direkten Arbeitsverhältnis zum entsendeten Arbeitgeber steht oder mit diesem keinen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hat oder nicht über die entsprechenden Bewilligungen des Entsendestaates für die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen verfügt oder

die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen, insbesondere § 7b Abs 1 und 2 des Arbeitsvertragsrechts Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl Nr 459/1993, oder die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen nicht eingehalten werden.?

 

Laut den Erhebungen in den erstinstanzlichen Akten liegt in den gegenständlichen Fällen eine Scheinselbstständigkeit, sprich ein vorgegebener Werkvertrag zwischen der deutschen Firma ?XY? und den polnischen Arbeitskräften, vor. Tatsächlich war zweifelsfrei eine Beschäftigung jedenfalls in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis gegeben. Die Voraussetzungen für die Ausstellung einer EU-Entsendebestätigung nach § 18 Abs 12 des AuslBG waren schon aufgrund des Umstandes, dass die Ausländer nicht seit mindestens einem Jahr in einem direkten Arbeitsverhältnis zur Firma ?XY? gestanden haben bzw kein unbefristeter Arbeitsvertrag vorgelegen ist, nicht erfüllt. Damit wäre selbst für den Fall, dass eine Anzeige der beabsichtigten Entsendung der Polen nach § 18 Abs 12 AuslBG erfolgt wäre, eine derartige Entsendung zu untersagen gewesen. Es liegt daher keine Privilegierung im Sinne dieser Bestimmung vor, sondern kommen die allgemeinen Vorschriften des § 18 AuslBG, insbesondere Abs 1, zur Anwendung. Somit hat die Erstbehörde die Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren mit dem Hinweis darauf, dass die zur Anzeige gebrachten Verwaltungsübertretungen nicht vorliegen würden, allenfalls höchstens der Tatbestand des § 28 Abs 1 Z 5 lit b AuslBG, nicht zutreffend begründet.

 

Vielmehr ist aufgrund der Akteninhalte davon auszugehen, dass der Tatbestand des § 28 Abs 1 Z 1 lit b (iVm § 18 Abs 1) AuslBG in objektiver Hinsicht erfüllt worden ist. Nicht gegeben ist jedoch nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol die subjektive Tatseite, nämlich das Verschulden.

 

Dem Erbschein des Amtsgerichtes Landshut vom 19.09.2005, der sich in den erstinstanzlichen Akten findet, ist zu entnehmen, dass K. D. zu einem 24-stel, E. E.-H. zu einem 36-stel und H. F. L. zu einem 24-stel die Erbschaft nach M. F., geb. H., neben 13 weiteren Miterben angetreten haben. Im erstinstanzlichen Akt zu II-STR-03178e/2006 findet sich das Schreiben des Rechtsanwaltes P. S., D-L., vom 26.02.2007 an die Erstbehörde. In diesem Schreiben teilte Rechtsanwalt P. S. der Erstbehörde mit, dass ihn sämtliche Miterben der Erbengemeinschaft (insgesamt 16 Personen) mit der Nachlassabwicklung beauftragt hätten. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe er im Sommer 2006 die Firma ?XY?, M., mit der Renovierung der Nachlasswohnung in I. beauftragt. Dieses Unternehmen habe auch die beauftragten Renovierungsarbeiten durchgeführt und inzwischen abgeschlossen. Keiner der Miterben hätte Kenntnis von der Beauftragung der Firma ?XY? gehabt und erst recht keine Kenntnis von irgendwelchen ausländischen bzw polnischen Arbeitnehmern. Er selbst hätte auch keine Kenntnis davon gehabt, dass irgendwelche erforderlichen Arbeitspapiere gefehlt hätten. Diese Behauptungen des Rechtsanwaltes Peter S. finden im Auftragsschreiben der Firma ?XY? vom 21.07.2006 ihren Niederschlag. Laut diesem Auftragsschreiben erteilte Rechtsanwalt P. S. in Vertretung (der Erbengemeinschaft) der Firma ?XY? den Auftrag zu näher ausgeführten Renovierungsarbeiten zu einem Gesamtpreis netto in der Höhe von Euro 35.000,00. Die Beschuldigten hatten überdies der Aktenlage nach keinen örtlichen Nahbezug zur renovierten Wohnung in Innsbruck, sondern hatten diese allesamt Wohnsitze in Deutschland. Aus dieser Sicht besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass sie allenfalls in I. vor Ort wahrgenommen hätten, dass tatsächlich von der deutschen Firma ?XY? unzulässigerweise Polen beschäftigt worden sind. Die Beschuldigten hatten auch ansonsten keinerlei Hinweis darauf, dass diese Firma allenfalls unzulässigerweise polnische Staatsbürger beschäftigen würde. Auch in Anbetracht des Umstandes, dass es sich im gegenständlichen Fall um Ungehorsamsdelikte handelt, ist daher festzuhalten, dass den Beschuldigten kein nach § 5 VStG relevantes Verschulden an der Begehung der Verwaltungsübertretung anzulasten ist, sodass der Berufung des Finanzamtes Innsbruck gegen die bescheidmäßige Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren durch die Erstbehörde keine Folge zu geben war.

Schlagworte
Erbengemeinschaft, Vielmehr, ist, aufgrund, der, Akteninhalte, davon, auszugehen, dass, der, Tatbestand, des, § 28, Abs 1, Z 2, lit b, AuslBG, in, objektiver, Hinsicht, erfüllt, worden, ist, Nicht, gegeben, ist, jedoch, nach, Ansicht, des, Unabhängigen, Verwaltungssenates, die, subjektive, Tatseite, nämlich, das, Verschulden
Zuletzt aktualisiert am
21.10.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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