TE UVS Tirol 2008/08/11 2008/20/1564-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.08.2008
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung des Herrn K. B. M. E.-G., M., vertreten durch Herrn RA H. W., M., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 17.03.2008, Zahl VK-26019-2007, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die über den Berufungswerber verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 600,00 auf Euro 350,00, Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage, herabgesetzt wird.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) beträgt der dementsprechende Beitrag zu den Verfahrenskosten I. Instanz Euro 35,00.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber Folgendes vorgeworfen:

 

?Tatzeit: 25.11.2007 um 16.55 Uhr

Tatort: in Langkampfen, auf der Inntalautobahn A 12, bei km 09,303 in Fahrtrichtung Osten

Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY (D)

 

Sie haben als Lenker des angeführten Kraftfahrzeuges die gem. § 4 Abs 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol, LGBl Nr 72/2007, im Sanierungsgebiet auf der A-12 Inntalautobahn erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 62 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.?

 

Dadurch habe der Berufungswerber gegen § 30 Abs 1 Z 4 Immissionsschutzgesetz-Luft iVm der zitierten Verordnung verstoßen und wurde über ihn nach § 30 Abs 1 Z 4 Immissionsschutzgesetz-Luft eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 600,00 unter gleichzeitiger Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug nicht zu schnell gefahren sei, wie ihm angelastet werde. Möglicherweise seien die Fahrzeuge miteinander verwechselt worden. Und weiters wurde darauf verwiesen, dass der ?Betroffene? von seinem Einkommen seine Ehefrau und zwei gemeinsame Kinder zu ernähren habe.

 

Seiten der Berufungsbehörde wurde daraufhin nachfolgendes Schreiben vom 30.06.2008 an den Berufungswerber zu Handen seines Rechtsvertreters gerichtet:

 

?Sehr geehrte Herren!

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 17.3.2008, Zahl VK-26019-2007, wurde über Herrn K. B. M. E.-G. eine Geldstrafe in Höhe von Euro 600,00 wegen Übertretung des § 30 Abs 1 Z 4 Immissionsschutzgesetz-Luft verhängt. Diese Bestrafung steht im Zusammenhang mit der Missachtung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 62 km/h am 25.11.2007 um 16.55 Uhr auf der Inntalautobahn A 12 bei km 9,303 in Fahrtrichtung Osten, bezogen auf den PKW mit dem Kennzeichen XY (D).

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde mit Schriftsatz vom 8.4.2008 Berufung erhoben. Eingewendet wurde, dass der Berufungswerber nicht so schnell gefahren sei, wie ihm angelastet werde und möglicherweise Fahrzeuge miteinander verwechselt worden seien. Weitere Ausführungen betreffen das Ersuchen, die Ersatzfreiheitsstrafe grenznah antreten zu dürfen. Den festgesetzten Betrag könne der Berufungswerber der Familiengemeinschaft (Ehefrau und zwei gemeinsame Kinder) nicht entziehen.

 

Beiliegend wird Ihnen (nochmals) eine Stellungnahme der Meldungslegerin vom 11.1.2008, welche im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren abgegeben wurde, übermittelt. Demnach liegen keinerlei Anhaltspunkte für eine Verwechslung des Fahrzeuges bei der Messung vor. Es ist auch davon auszugehen, dass die vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung richtig festgestellt wurde.

 

Es werden nunmehr innerhalb einer Frist von 10 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens um Mitteilung gebeten, ob mit der Berufung der Schuldspruch oder lediglich die Strafhöhe bekämpft werden soll.

 

Weiters wird innerhalb der genannten Frist um Mitteilung gebeten, inwieweit die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung beantragt wird, widrigenfalls die Entscheidung auf der Grundlage der vorliegenden Akten ergeht.

 

Es wird auch gebeten, eine detaillierte Darstellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse bekannt zu geben.?

 

Im Bezug kam ein Antwortschreiben vom 14.07.2008 und wurde mitgeteilt, dass der Berufungswerber monatlich Euro 1.483,27 netto verdiene, wovon er die Ehegattin und zwei Kinder zu ernähren habe. Die Miete liege monatlich bei Euro 920,00, wobei er mit einer erheblichen Nachzahlung und Erhöhung der enorm gestiegenen Heizkosten zu rechnen habe. Soweit keine sehr deutliche Herabsetzung der vorgestellten Geldstrafe möglich sei, würde der Berufungswerber in eine ausweglose Situation geraten. Als Beilage wurden Kopien von Lohn-Gehaltsabrechnungen sowie des Mietvertrages übermittelt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:

 

Im Hinblick darauf, dass lediglich die Strafhöhe bekämpft ist, ist der Schuldspruch bereits in Rechtskraft erwachsen.

 

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die missachtete Bestimmung verfolgt das Ziel, den dauerhaften Schutz vor schädlichen und unzumutbar belästigenden Luftschadstoffen sowie die vorsorgliche Verringerung der Immission von Luftschadstoffen zu gewährleisten, dies vor dem Hintergrund, dass der Schadstoffausstoß bei einer Geschwindigkeit von über 100 km/h deutlich zunimmt.

Es wurde festgestellt, dass die Immissionen eines Kraftfahrzeuges mit zunehmender Geschwindigkeit steigen und liegen diese etwa im Schnitt bei 130 km/h um 46 Prozent höher als bei 100 km/h. Bei 160 km/h werden mehr als doppelt so viele Schadstoffe emmitiert, als bei 100 km/h. In diesem Zusammenhang geht es insbesondere um die Belastung durch Feinstaub. Dies ist ein komplexes Gemisch von festen und flüssigen Partikeln unterschiedlicher Größe und chemischer Zusammensetzung. Diese Partikel, die auf Grund ihrer Kleinheit in die Lungenbläschen und in das Blutgefäßsystem gelangen können, bedeuten ein massiv erhöhtes Gesundheitsrisiko und sind etwa für Atemwegserkrankungen verantwortlich.

 

Diesen von der verletzten Gesetzesnorm verfolgten Interessen hat der Berufungswerber in einem erheblichen Ausmaß zuwidergehandelt, zumal bei der von ihm gefahrenen Geschwindigkeit deutlich mehr Schadstoffe ausgestoßen wurden, als bei Einhaltung des 100 km/h-Limits.

 

In subjektiver Hinsicht ist von vorsätzlicher Begehungsweise auszugehen. Der Berufungswerber musste wissen, dass sie sich durch die Wahl der Fahrgeschwindigkeit über eine Rechtsvorschrift hinwegsetzen würde. Selbst wenn dem Berufungswerber die 100 km/h-Beschränkung nicht aufgefallen wäre, was er nicht geltend macht, hätte sie sich über das allgemein bekannte in Österreich geltende Tempolimit von 130 km/h hinweggesetzt.

 

Dem Berufungswerber ist mildernd seine Unbescholtenheit zu Gute zu halten. Erschwerend ist nichts.

 

Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind zumindest als unterdurchschnittlich zu bezeichnen.

 

Die im gegenständlichen Fall zur Anwendung gelangende Strafbestimmung (§ 30 Abs 1 Z 4 Immissionsschutzgesetz-Luft) sieht eine Bestrafung bis zu Euro 2.180,00 vor. Jene Strafnorm, welche im Falle der Überschreitung eines Geschwindigkeitslimits der StVO zum Tragen käme, stellt sich insofern als strenger dar, als diese (§ 99 Abs 2c) bei gleicher Obergrenze eine Mindeststrafe von Euro 72,00 vorsieht.

 

Unter Bedachtnahme auf die dargelegten Strafzumessungskriterien , insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse , sieht die Berufungsbehörde die nunmehr verhängte Geldstrafe als tat- und schuldangemessen an.

 

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass nach § 16 Abs 1 VStG im Falle der Verhängung einer Geldstrafe auch eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen ist. Auf die Frage einer etwaige Haftunfähigkeit kommt es bei der Festsetzung nicht an. Auch sei erwähnt, dass nach Artikel 9 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vom 31.05.1988 ein Freiheitsentzug als Strafmittel ausgeschlossen ist und somit die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe, die in einem österreichischen Verwaltungsstraferkenntnis festgesetzt wurde, im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe in der Bundesrepublik Deutschland nicht in Betracht kommt.

Schlagworte
Ergänzend, sei, darauf, hingewiesen, dass, nach, § 16, Abs 1, VStG, im, Falle, der, Verhängung, einer, Geldstrafe, auch, eine, Ersatzfreiheitsstrafe, festzusetzen, ist, Auf, die, Frage, einer, etwaige, Haftunfähigkeit, kommt, es, bei, der, Festsetzung, nicht, an, Auch, sei, erwähnt, dass, nach, Artikel 9, des, Vertrages, zwischen, der, Republik, Österreich, und, der, Bundesrepublik, Deutschland, über, Amts- und Rechtshilfe, in, Verwaltungssachen, vom, 31.05.1988, ein, Freiheitsentzug, als, Strafmittel, ausgeschlossen, ist, und, somit, die, Vollstreckung, einer, Ersatzfreiheitsstrafe, die, in, einem, österreichischen, Verwaltungsstraferkenntnis, festgesetzt, wurde, im, Fall, der, Uneinbringlichkeit, der, Geldstrafe, in, der, Bundesrepublik, Deutschland, nicht, in, Betracht, kommt
Zuletzt aktualisiert am
18.11.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten