TE UVS Tirol 2008/08/12 2008/22/2487-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.08.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl  über die Berufung des Herrn J. H., vd RAe Dr. G. S. und Mag. H. W., L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 15.07.2008, Zl. SF-1-2008, betreffend eine Übertretung nach dem Forstgesetz 1975 (ForstG 1975), wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit den §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber  folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Sie haben, wie am 25.8.2007 festgestellt wurde, um den 25.8.2007 den Auftrag zur gänzlichen Entfernung (Abschneiden der Forstpflanzen) der geförderten Aufforstungen in Hochlage auf den Gst XY und XY beide KG S. im von der BFI O. wie folgt festgestellten Ausmaß erteilt und dadurch eine Beschädigung von Aufforstungsflächen verursacht, obwohl Grundflächen, die bisher nicht Wald waren, dann den Bestimmungen des Forstgesetzes unterliegen, wenn Grundflächen, zu deren Aufforstung Förderungsmittel gewährt wurden bzw. im Falle von Aufforstungen in Hochlagen, wovon im konkreten Fall auszugehen ist, als Waldboden gelten und zu bestrafen ist, wer Aufforstungs- oder sonstige Verjüngungsflächen beschädigt.

 

Grundstück XY, XY, XY, XY, XY

Baumart Zirbe, Lärche, Zirbe, Lärche, Fichte

Anzahl 1470, 45, 2160, 260, 10

Aufforstungsjahr 1987, Naturverjüngung, 1991/1992, Naturverjüngung, Naturverjüngung

Summe 3945

 

Dadurch habe der Beschuldigte gegen § 16 Abs 1 und 2 lit c iVm § 174 Abs 1 lit a Z 3 ForstG 1975 (richtig: § 174 Abs 3 lit b Z 6 ForstG 1975) verstoßen. Über diesen wurde daher gemäß § 174 Abs 3 lit b Z 6 ForstG 1975 (richtig: § 174 Abs 3 letzter Satz Z 3 ForstG 1975) eine Geldstrafe von Euro 500,00, Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage, verhängt. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurden mit 10 Prozent der verhängten Geldstrafe, sohin Euro 50,00, bestimmt.

 

Dagegen hat der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin ausgeführt wie folgt:

 

?Der Beschuldigte hat die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht begangen. Bei den gegenständlichen Flächen handelt es sich ursprünglich um Weideland und nicht um Waldboden und konnte zu letzterem mangels Zustimmung des Eigentümers nicht werden. Es liegt kein Waldboden im Sinne einer Aufforstungsfläche des Forstgesetzes vor.

 

Der Beschuldigte hat niemals Lärchen oder Fichten ausgerissen oder abgeschnitten, sondern nur die stattgefundene Bepflanzung mit Zirben.

 

Beweis: D. H., als Zeuge

 

Die Vorlage weiterer Beweismittel wird nach weitergehender Akteneinsicht vorbehalten.?

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

 

A) Rechtsgrundlagen:

Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt:

?1. Forstgesetz 1975, BGBl 440, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 2004/83:

 

Strafbestimmungen

§ 174

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht ferner, wer

b) unbefugt im Walde

6. Aufforstungs- oder sonstige Verjüngungsflächen beschädigt,

Diese Übertretungen sind in den Fällen

 

3. der lit b Z 5 bis 7 mit einer Geldstrafe bis zu 3 630 Euro oder mit Arrest bis zu zwei Wochen zu ahnden.?

 

Verjährung

§ 175

Die Verfolgung einer Person wegen Übertretung dieses Bundesgesetzes oder der hiezu gemäß Art 10 Abs 2 B-VG erlassenen Landesausführungsgesetze ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einem Jahr von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

 

2. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl 52, idF BGBl I 2002/117:

 

§ 44a

Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1.

die als erwiesen angenommene Tat;

2.

die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.

die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.

den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.

im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

3. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl 51, idF BGBl I 2004/10:

 

§ 66

(4) Außer dem in Abs 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.?

 

B) Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, ua die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Diese muss im Spruch so eindeutig umschrieben sein, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Die Tat ist also hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (ua in zeitlicher Hinsicht) unverwechselbar feststeht (vgl das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1984, Slg Nr 11.466/A). Insbesondere die an die Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellenden Anforderungen können dabei nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall verschieden sein und bestimmen sich letztlich nach Rechtsschutzüberlegungen (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1522).

 

Dem Beschuldigten wurde erstmals in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21.04.2008 (offenkundig in Reaktion auf die im Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 18.02.2008, Zl IIIa1-F-10.056/1 geäußerten Rechtsmeinung) die gegenständliche Verwaltungsübertretung zur Last gelegt. Dort ist, was die Tatzeit betrifft, davon die Rede, dass ?am 25.08.2007 (der) Auftrag zur gänzlichen Entfernung (Abschneiden der Forstpflanzen) erteilt wurde?. Im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde folgende Formulierung gewählt: ?Sie haben, wie am 25.08.2007 festgestellt wurde, um den 25.08.2007 den Auftrag zur gänzlichen Entfernung (Abschneiden der Forstpflanzen) erteilt.?

 

Die Behörde I. Instanz ist ungeachtet der Formulierung ?Erteilung eines Auftrages? (diese könnte auf dem ersten Blick eine Bestimmungstäterschaft indizieren) erkennbar (richtigerweise) von einer unmittelbaren Täterschaft des Beschuldigten ausgegangen. Dafür ist es nämlich entgegen der Rechtsansicht des Beschuldigten nicht erforderlich, dass er selbst die Entfernung der Forstpflanzen vornimmt, sondern genügt es, wenn er dazu den Auftrag erteilt und andere, quasi als dessen verlängerter Arm, die eigentliche Tathandlung, nämlich das Abschneiden der Forstpflanzen, durchführen.

 

Was die Tatzeit betrifft, ist nun aber insbesondere im Hinblick auf die einjährige Verfolgungsverjährungsfrist des § 175 ForstG 1975 entscheidend, wann die Entfernung der Forstpflanzen tatsächlich erfolgte. Hier kommt es aber nicht darauf an, wann der Beschuldigte den Auftrag zur Entfernung gegeben hat (dieser Auftrag hätte auch Monate zuvor gegeben werden können, am 25.08.2008 ist dies wohl eher auszuschließen, ergibt sich doch aus einer E-Mail vom 27.08.2008, dass der GWA J. K. an diesem Tag von Jägern auf den Umstand hingewiesen wurde, dass die Zirbenaufforstung ?ausgeputzt? wurde). Der Tag der Feststellung (25.08.2008) als Tatzeit ist ebenfalls nicht ausreichend, wäre es doch zumindest theoretisch denkbar, dass die Tat selbst schon mehr als ein Jahr zurückliegt. Davon ist zwar faktisch keinesfalls auszugehen, zumal ja ?am 16.07.2007 noch alles in Ordnung war? (E-Mail GWA K. 27.08.2007), eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Tatzeitumschreiben (etwa in der Form, dass ?in der Zeit vom 16.07.2007 bis 25.08.2007 Forstpflanzen abgeschnitten wurden?) fehlt jedoch.

 

Mit der im angefochtenen Straferkenntnis gewählten Umschreibung der Tatzeit wurde daher dem Bestimmtheitsgebot des § 44a VStG jedenfalls nicht Genüge getan und erweist sich das angefochtene Straferkenntnis daher bereits aus diesem Grund als rechtswidrig.

 

Eine Berichtigung des Schuldspruches durch die Berufungsbehörde war aber ebenfalls nicht möglich. Gemäß § 66 Abs 4 AVG (diese Vorschrift findet zufolge des § 24 VStG im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung) hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sache des Berufungsverfahrens ist immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde bildet. Die Berufungsbehörde ist daher nur im Rahmen der von der erstinstanzlichen Behörde vorgeworfenen Sache zu einer Spruchänderung berechtigt. Wechselt die Berufungsbehörde die von der Erstbehörde als erwiesen angenommene Tat aus oder ergänzt sie die Tat um eine weitere, so nimmt sie eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch (vgl VwGH 22.01.2002, 99/09/0050).

 

Die Tat wurde dem Berufungswerber gegenständlich in derart unbestimmter Art und Weise vorgeworfen, dass eine Ergänzung bzw Konkretisierung durch die Berufungsbehörde jedenfalls einer (unzulässigen) Auswechslung der Tat gleichkäme. Folgerichtig war daher der Berufung wegen Verstoßes gegen § 44a Z 1 VStG Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis zu beheben. Von der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war aber abzusehen, weil die einjährige Verfolgungsverjährungsfrist des § 175 ForstG offenkundig noch nicht abgelaufen ist und es der Erstinstanz damit offen stünde, einen neuen, der vorzitierten Norm entsprechenden Tatvorwurf zu erheben.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Eine, Berichtigung, des, Schuldspruches, durch, die, Berufungsbehörde, war, aber, ebenfalls, nicht, möglich, Die, Tat, wurde, dem, Berufungswerber, gegenständlich, in, derart, unbestimmter, Art, und, Weise, vorgeworfen, dass, eine, Ergänzung, bzw, Konkretisierung, durch, die, Berufungsbehörde, jedenfalls, einer, unzulässigen, Auswechslung, der, Tat, gleichkäme, Folgerichtig, war, daher, der, Berufung, wegen, Verstoßes, gegen, § 44a, Z 1, VStG, Folge, zu, geben, und, das, angefochtene, Straferkenntnis, zu, beheben
Zuletzt aktualisiert am
21.10.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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