TE UVS Tirol 2008/08/12 2007/30/2405-4

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Veröffentlicht am 12.08.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Rudolf Rieser über die Berufung des Herrn K. G., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H. K. und Dr. E. P., L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 30.07.2007, Zahl VI-12-2007, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als in Anwendung des § 20 VStG die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 400,00 bzw Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen auf Euro 200,00 bzw Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag herabgesetzt wird.

 

Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wird gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG mit Euro 20,00 neu festgesetzt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber von der Erstbehörde Folgendes angelastet:

 

?Sie haben am 10.02.2007, um 13.00 Uhr, den PKW XY, auf der Inntalautobahn A 12, Richtungsfahrbahn Innsbruck, bis zur Autobahnausfahrt Ötztal, auf Höhe der Notrufsäule 51, in Richtung Ötztal gelenkt, und somit mit einem Kraftfahrzeug das mautpflichtige Straßennetz benützt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Es war am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht.?

 

Dem Berufungswerber wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs 1 iVm § 10 Abs 1 und 11 Abs 1 BStMG vorgeworfen und gegen ihn gemäß § 20 Abs 1 BStMG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 400,00 bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen zuzüglich 10 Prozent Verfahrenskosten verhängt.

 

In der rechtzeitig eingebrachten Berufung wurde Rechtswidrigkeit des Inhaltes, insbesondere hinsichtlich des zitierten Tatortes und der Tatzeit geltend gemacht. Weiters wurde ausgeführt, dass für den Berufungswerber die Mautpflicht nicht erkennbar gewesen sei, weil eindeutige gesetzliche und in der Mautordnung vorgegebene Kennzeichnungen gefehlt haben oder undeutlich und viel zu spät angebracht waren. Im konkreten wurde bemängelt, dass die Mautankündigung am Überkopfvorwegweiser zur Autobahn Bregenz/Innsbruck (E60/A12) und der Vorwegweiser vor dem Hotel XY nicht der StVO entsprechend aufgestellt und kundgemacht worden sei. Bemängelt wurde der Aufstellungsplatz, der Mauthinweis in Form einer zu kleinen Vignette, das Fehlen des Mauthinweises für die Richtungsfahrbahn Innsbruck/Ötztal und, dass auf den Wegweisern zu viel drauf steht, die Darstellung auf blauem Untergrund ungesetzlich und es zu einer Vermengung von Vorwegweisern und Wegweiser gekommen ist, die metermäßigen Aufstellungsvorgaben (115 Meter bis 250 Meter vor der Kreuzung) gemäß der Vorlagen der StVO nicht eingehalten wurden und dass die Tafel auf einer Anbringungsvorrichtung angebracht wurden. Als Beweise wurden ein Schreiben des Beschuldigten vom 04.04.2007 samt ÖAMTC-Fotobeilage und ein Schreiben des Ötztal-Tourismus vorgelegt. Drei Fotos wurden dargebracht und sollen zum Akt genommen werden. Die Verordnungen, die die angeführten Straßenverkehrszeichen betreffen, sollten ausgehoben und dargetan werden. Weiters sollte erhoben werden, bei welchem Straßenkilometer mit welchem Text und mit welcher grafischen Darstellung die Straßenverkehrszeichen laut Verordnung stehen sollten und wo sie tatsächlich aufgestellt seien, weiters welche zulässige Höchstgeschwindigkeit im beschriebenen Bereich verordnet ist und wie viele Meter nach Beginn des Fahrstreifen rechts weg Richtung A 12 das fehlende Hinweiszeichen rechts steht und welche realistische Umkehrmöglichkeiten nach diesem Zeitpunkt noch habe. Weiters wurde auch die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, insbesondere Begründungsmangel und die Aufnahme der beantragten Entlastungsbeweise. In der rechtzeitigen Berufung wurde die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung begehrt und beantragt, dass der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden möge.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

 

A) Sachverhalt:

Zur Sachverhaltsfeststellung wurde in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen. Weiters wurde die ASFINAG mit Schreiben vom 13.12.2007 ersucht zu den Angaben in der Berufung des Beschuldigten Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme der ASFINAG vom 20.12.2007 wurde dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.03.2008 zur Kenntnis gebracht. Weiters wurde, wie vom Berufungswerber beantragt, am 26.03.2008 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung führte der Rechtsvertreter des Berufungswerbers Folgendes aus:

 

?Die Beweisanträge in der Berufung mit der Bezeichnung 6.3., 6.4., 6.5., 6.6., 6.7. bleiben aufrecht. Beweisthema ist insbesondere, dass auf die Mautpflicht zuerst nicht und dann missverständlich und zu spät hingewiesen wurde, sodass ankommender Straßenverkehr sich nicht mehr rechtzeitig auf die Situation anpassen kann. Und Beweisthema ist vor allem auch, dass das Vignettenhinweisschild laut Foto Nr 3 bereits auf dem Rechtsabbiegestreifen viele Meter nach dessen Beginn angebracht ist, sodass es hier keine realistische Möglichkeit mehr zum Umkehren gibt. Aufgrund dessen wären die beantragten Einmessungen notwendig. Es wird diesbezüglich beantragt, dass entweder die Polizei oder die Straßenmeisterei mit den erforderlichen Erhebungen beauftragt wird.?

 

Ansonsten wurden seitens des Berufungswerbers keine weiteren Beweisanträge mehr gestellt.

 

Die letzte Äußerung des Vertreters des Berufungswerbers lautete wie folgt:

 

?Für den Berufungswerber war die Mautpflicht im Gegenstandsfalle nicht eindeutig bzw rechtzeitig erkennbar, weil eindeutig die Bestimmung des § 1 Abs 3 Bundesstraßen-Mautgesetz verletzt wurde, da die rechtzeitige und deutliche Kennzeichnung mautpflichtiger Bundesstraßen nicht erfolgte. Ansonsten werden die bereits gestellten bzw vorgetragenen Spruchmängel aufrechterhalten.

 

Hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse wird ausgeführt, dass die genauen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekannt sind. Es kann jedoch von durchschnittlichem Einkommen ausgegangen werden.

 

Jedenfalls wird in eventu beantragt, dass mit einer Ermahnung gemäß § 21 Abs 1 VStG das Auslangen gefunden werden möge. Möge der § 20 angewendet und in voller Höhe ausgeschöpft werden.?

 

Auf Grund des durchgeführten Verfahrens ist es als erwiesen anzusehen und laut Ausführungen in der Berufung vom 14.08.2007 unbestritten, dass der Berufungswerber am 10.02.2007 kurz vor 13.00 Uhr in Imst auf die mautpflichtige Inntalautobahn A 12 aufgefahren ist und die mautpflichtige Inntalautobahn A 12 bis zur Anhaltung durch Mautaufsichtsorgane der ASFINAG bei der Autobahnausfahrt Ötztal auf Höhe der Notrufsäule 51 gegen 13.00 Uhr benützte. Beim verwendeten PKW handelte es sich um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen betrug und das der zeitabhängigen Maut gemäß BStMG unterlag,. die vor der Benützung der Mautstraßen durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Am Fahrzeug war nachweislich und unbestrittener Weise keine gültige Mautvignette angebracht. Der Möglichkeit der Bezahlung einer Ersatzmaut wurde vom Berufungswerber nicht nachgekommen. Laut Ausführungen in der Anzeige wollte der Berufungswerber die Ersatzmaut nicht bezahlen und wurde über die Folgen der Anzeige von dem Kontrollorgan aufmerksam gemacht.

 

B) Rechtliche Grundlagen:

Die zur Tatzeit geltenden und im gegenständlichen Falle zur Anwendung gelangenden Bestimmungen des Bundesstraßenmautgesetzes 2002 BGBl I 2002/109 zuletzt geändert durch BGBl I 2007/82

 

Mautstrecken

§ 1

(1) Für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen ist Maut zu entrichten.

(2) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung unter Verkehr stehende Bundesstraßenstrecken, in deren Verlauf Anschlussstellen nicht niveaufrei ausgeführt sind, von der Mautpflicht auszunehmen.

(3) Die Festlegung von Mautabschnitten gemäß § 9 Abs 4 setzt voraus, dass die betroffene Bundesstraßenstrecke für jede Fahrtrichtung mindestens zwei Mautabschnitte umfasst.

(4) Mautpflichtige Bundesstraßen (Mautstrecken) sind deutlich und rechtzeitig als solche zu kennzeichnen.

 

Mautpflicht

§ 10

(1) Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der zeitabhängigen Maut.

(2) Von der Pflicht zur Entrichtung der zeitabhängigen Maut sind ausgenommen:

1.

A 9 Pyhrn Autobahn in den Abschnitten zwischen der Anschlussstelle Spital/Pyhrn und der Anschlussstelle Ardning und zwischen der Anschlussstelle St. Michael und Anschlussstelle Übelbach,

2.

A 10 Tauern Autobahn im Abschnitt zwischen der Anschlussstelle Flachau und der Anschlussstelle Rennweg,

3.

A 11 Karawanken Autobahn im Abschnitt zwischen der Anschlussstelle St. Jakob im Rosental und der Staatsgrenze im Karawankentunnel,

4.

A 13 Brenner Autobahn,

5.

S 16 Arlberg Schnellstraße im Abschnitt zwischen der Anschlussstelle St. Anton und der Anschlussstelle Langen.

(3) Mehrspurige Fahrzeuge, die noch nie zum Verkehr zugelassen waren und ein Probefahrt- oder Überstellungskennzeichen führen, unterliegen der zeitabhängigen Maut, sofern ihr Eigengewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt. Sofern kein Nachweis des Eigengewichtes erbracht wird, gelten diese Fahrzeuge als solche mit einem Eigengewicht von mehr als 3,5 Tonnen. Kraftfahrzeuge mit drei Rädern gelten als mehrspurige Kraftfahrzeuge.

(4) Für Anhänger, die von mehrspurigen Kraftfahrzeugen gezogen werden, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, und für Beiwagen einspuriger Kraftfahrzeuge ist keine zeitabhängige Maut zu entrichten.

 

Mautentrichtung

§ 11

(1) Die zeitabhängige Maut ist vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

(2) Die Jahresvignette hat eine Gültigkeit von einem Kalenderjahr und berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken auch im Dezember des Vorjahres und im Jänner des Folgejahres. Die Zweimonatsvignette berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken im Zeitraum von zwei Monaten. Die Gültigkeit endet mit Ablauf jenes Tages, der durch sein Tagesdatum dem ersten Gültigkeitstag entspricht. Fehlt dieser Tag im zweiten Monat, so endet die Gültigkeit mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Die Zehntagesvignette berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken während zehn aufeinanderfolgender Kalendertage. Die Korridorvignette berechtigt ab dem gemäß Abs 6 festzulegenden Tag bis zum Ablauf des Tages der Verkehrsfreigabe beider Röhren des Pfändertunnels zur Benützung der Strecke der A 14 Rheintal/Walgau Autobahn zwischen der Staatsgrenze bei Hörbranz und der Anschlussstelle Hohenems in einer Fahrtrichtung mit einem einspurigen Kraftfahrzeug oder mit einem mehrspurigen Kraftfahrzeug, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, während 24 Stunden ab dem auf der Korridorvignette aufgedruckten Zeitpunkt. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen mit Verordnung zusätzlich eine Korridorvignette vorsehen, die zur Benützung dieser Strecke in beiden Fahrtrichtungen während 24 Stunden ab dem auf der Korridorvignette aufgedruckten Zeitpunkt berechtigt, und die Geltungsdauer der Korridorvignette verkürzen, sofern die Korridorvignette zu einer dauerhaften und wesentlichen Erhöhung der Verkehrsbelastung in Ortsgebieten von Gemeinden des Rheintals führt.

(3) Das Mitführen der Vignette an Stelle der Anbringung am Fahrzeug ist zulässig:

1.

bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen, die typengenehmigt ohne Windschutzscheibe ausgestattet sind;

2.

für Zweimonatsvignetten bei Kraftfahrzeugen, die Probefahrt- oder Überstellungskennzeichen führen und

3.

bei Korridorvignetten.

(4) Wenn die Mautvignette zerstört wird, ist vor der nächsten Benützung von Mautstrecken eine Ersatzvignette am Fahrzeug anzubringen.

(5) Die näheren Bestimmungen über die Beschaffenheit der Mautvignetten, über ihre Anbringung an den Fahrzeugen und über das Mitführen der Mautvignetten an Stelle der Anbringung sind in der Mautordnung zu treffen.

(6) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat den Beginn der Geltung der Korridorvignette mit Verordnung festzulegen, sobald die baulichen und organisatorischen Voraussetzungen für einen zuverlässigen Vertrieb der Korridorvignetten über Automaten im Bereich der Staatsgrenze bei Hörbranz und der Anschlussstelle Hohenems und über Verkaufsstellen entlang dieser Strecke vorliegen.

 

Mautprellerei

§ 20

(in der zur Tatzeit geltenden Fassung BGBl I 2002/109 nach der Änderung BGBl I 2006/26)

 

1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis zu 4000 Euro zu bestrafen.

(2) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis zu 4000 Euro zu bestrafen.

(3) Taten gemäß Abs 1 und 2 werden straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahlt.

 

Mit der Novelle des Bundesstraßenmautgesetzes, BGBl I 82/2007 wurde der Geldstrafenrahmen von Euro 400,00 bis zu Euro 4.000,00 auf Euro 300,00 bis zu Euro 3.000,00 herabgesetzt. Gemäß der im selben Gesetzblatt geregelten Inkrafttretungsbestimmung (§ 33 Abs 6) sind die Bestimmungen des § 19 Abs 1, des § 19 Abs 4 letzter Satz des § 20 Abs 1 und 2 und des § 21 idF des Bundesgesetzblattes I Nr 82/2007 auf Verwaltungsübertretungen anzuwenden die nach ihrem Inkrafttreten begangen werden. Das Bundesgesetzblatt BGBl I Nr 82/2007 wurde am 13.11.2007 ausgegeben und ist am 14.11.2007 in Kraft getreten und war daher der herabgesetzte Strafrahmen auf die gegenständliche am 10.02.2007 begangene Verwaltungsübertretung nicht anzuwenden.

 

C) Rechtliche Erwägungen:

Der objektive Tatbestand, also das Befahren einer mautpflichtigen Bundesstraße nach dem BStMG durch den Berufungswerber am Tattag mit einem Kraftfahrzeug (PKW), das der zeitabhängigen Mautpflicht unterliegt, wurde grundsätzlich nicht bestritten. In der Berufung wurde diesbezüglich ausgeführt:

 

?Es ist unbestritten, dass der Beschuldigte auf die Inntalautobahn A 12 ohne Vignette aufgefahren ist?.

 

Hinsichtlich der in der Berufung ausgeführten unzureichenden Beschilderung bzw. fehlender und unzureichender Hinweise auf die Mautpflicht ist grundsätzlich, wie von der ASFINAG in deren Stellungnahme vom 20.12.2007 ausgeführt, darauf hinzuweisen, dass die Mautpflicht auf dem mautpflichtigen österreichischen Bundesstraßennetz unmittelbar auf Grund des Gesetzes (BStMG) beruht. Dass eine Kennzeichnung nach § 1 Abs 3 BStMG nach den strengen und genauen Vorgaben der StVO zu erfolgen hat, ergibt sich aus dem BStMG nicht , auch auf Grund der Tatsache, dass die Mautpflicht eben Kraft Gesetz besteht. Strenge Kundmachungsvorschriften und deren Einhaltung ist bei Verordnungen nach der StVO insofern dringend geboten, als die Gültigkeit der diesbezüglichen Anordnungen an eine ordnungsgemäße bzw gesetzmäßige Kundmachung und Anbringung der Straßenverkehrszeichen unabdingbar geknüpft ist.

 

In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum BStMG wurde in § 1 ausdrücklich ausgeführt, dass die Mautpflicht bereits unmittelbar auf Grund des Gesetzes besteht. Der in § 1 Abs 3 BStMG vorgesehenen Beschilderung kommt dem in den Materialien ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers lediglich deklarative Wirkung zu. Diesen Erläuterungen zufolge lässt auch die Beschädigung oder Entfernung der Schilder die Mautpflicht unberührt. Dies kann den Materialien zufolge aber im Rahmen des § 5 VStG (Verschulden) von Bedeutung sein. Es ist in diesem Zusammenhang jedoch zu prüfen, ob dem Berufungswerber seine Rechtsunkenntnis, nämlich der Irrtum darüber, dass der Berufungswerber dachte, dass er auf eine nicht der Mautpflicht unterliegenden Bundesstraße, nämlich der A 12, aufgefahren sei, schuldhaft vorzuwerfen war. Unabhängig davon, dass an den österreichischen Straßengrenzübergängen auf die in Österreich geltende Mautpflicht hingewiesen wird, ist grundsätzlich die Mautpflicht auf österreichischen Bundesstraßen, insbesondere auf den Autobahnen den KFZ-Lenkern in den Nachbarländern durchaus bekannt. Für die konkrete Kenntnis, welche Bundesstraße (Autobahn oder Schnellstraße) gerade der Mautpflicht unterliegt oder nicht, ist eine deutliche und rechtzeitige Kennzeichnung notwendig. Eine solche Kennzeichnung erfolgte auch im gegenständlichen Falle. Die diesbezüglichen Hinweisschilder wurden im erstinstanzlichen Verfahren als Fotodokumentation vom Berufungswerber vorgelegt. Auf den Vorwegweiser vor dem Hotel XY (Foto mit dem Dateinamen XY) ist die nächste Abzweigung auf die A 12 (Europastraße 60 , E 60) mit dem erforderlichen Hinweis auf die Vignettenpflicht deutlich sichtbar. Weiters ist bei Beginn der Abzweigung von der B 171 auf die A 12 ein Hinweisschild angebracht das auf die Vignettenpflicht für Kraftfahrzeuge bis 3,5 Tonnen und auf die Mautpflicht für KFZ über 3,5 Tonnen hinweist. Das diesbezügliche Hinweisschild ist gut sichtbar. Bei Zweifel über das Bestehen der Mautpflicht kann an dieses Hinweiszeichen langsam herangefahren werden und noch rechtzeitig vor einem Abbiegen auf die mautpflichtige A 12 Inntalautobahn die mautfreie B 171 Richtung Telfs-Ötztal-Pitztal verwendet werden. Mit der erforderlichen Konzentration und Aufmerksamkeit und einer angepassten Fahrtgeschwindigkeit ist im gegenständlichen Falle durchaus erkennbar, dass es sich bei der A 12 Inntalautobahn unabhängig davon, ob diese in weiterer Folge in Fahrtrichtung Innsbruck oder in Fahrtrichtung Landeck befahren wird, um eine nach dem BStMG mautpflichtige Bundesstraße handelt. Die nach der StVO strengen Vorgaben für die Kundmachung sind für das BStMG nicht anzuwenden. Auf Grund dessen wurden die in der Berufungsverhandlung gestellten Beweisanträge einerseits wegen geklärter Sachlage und andererseits aufgrund der Tatsache, dass es sich zumindest zum Teil auch um zu klärende Rechtsfragen handelt, abzuweisen. Hinsichtlich dem erstinstanzlichen Spruch angeführten Tatort und der Tatzeitbeschreibung ist auszuführen, dass sich der Beschuldigte tatsächlich zu dem im erstinstanzlichen Straferkenntnis angeführten Zeitpunkt auf dem mautpflichtigen Straßennetz am angegebenen Tatort (Anhalteort) befunden hatte, ohne die geschuldete Mautordnung somit entrichtet zu haben. Zusätzlich mit der sehr genauen Tatzeit ist die gegenständliche Verwaltungsübertretung konkret genug beschrieben um eine etwaige Doppelbestrafung des Berufungswerbers bestmöglich auszuschließen bzw zu vermeiden.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung wurde, wie bereits ausgeführt, in objektiver Hinsicht begangen. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist von einem fahrlässigen Verhalten des Berufungswerbers auszugehen. Es wäre im gegenständlichen Falle bei Einhaltung der gebotenen Aufmerksamkeit möglich gewesen, dass der Berufungswerber erkennen hätte können, dass er durch das Auffahren auf die A 12 bei der Autobahnauffahrt Imst eine nach dem BStMG mautpflichtige Bundesstraße befährt. Ein diesbezüglich geltend gemachter (Wahrnehmungs)Irrtum war im gegenständlichen Falle nicht erwiesener Maßen unverschuldet, da eine deutliche und rechtzeitige Kennzeichnung grundsätzlich vorlag. Dass der Irrtum erwiesener Maßen unverschuldet war, konnte im Verfahren nicht nachgewiesen werden. Als Verschuldensgrad lag somit fahrlässiges Verhalten im Sinne des § 5 Abs 1 VStG vor.

 

Zusammenfassend hat der Berufungswerber daher auch die subjektive Tatseite der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt und jedenfalls die fahrlässige Tatbegehung nach § 5 Abs 1 VStG zu verantworten. Die Bestrafung durch die Erstbehörde ist dementsprechend dem Grunde nach zu Recht erfolgt.

 

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist. Mildernd war jedenfalls die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten und weiters die Tatsache, dass der Berufungswerber nur ein streckenmäßig kurzes Straßenstück einer mautpflichtigen Autobahn nämlich von der Auffahrt Imst bis zur nächsten Ausfahrt benützt hatte. Es war auch glaubhaft, dass der Berufungswerber tatsächlich nicht auf eine mautpflichtige österreichische Bundesstraße, nämlich die A 12, auffahren wollte und dem Berufungswerber dies lediglich unabsichtlich ?passierte?. Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden keine konkreten Angaben gemacht, sodass von einem durchschnittlichen Einkommen ausgegangen worden ist. Auf Grund dessen ist das entscheidende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol im gegenständlichen Fall zur Ansicht gelangt, dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen und daher die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe spruchgemäß auf die Hälfte herabgesetzt werden konnte. Da das Verschulden des Beschuldigten nicht geringfügig war und auch die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend geblieben sind, lagen die Voraussetzungen für ein Absehen von einer Bestrafung gemäß § 21 VStG im gegenständlichen Falle nicht vor. Die nunmehr verhängte Strafe erscheint weiters schuld- und tatangemessen aber auch erforderlich, um den Berufungswerber von der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen bestmöglich abzuhalten.

 

Auf Grund der herabgesetzten Strafhöhe waren spruchgemäß die Verfahrenskosten erster Instanz neu festzusetzen.

Schlagworte
In, den, erläuternden, Bemerkungen, zur, Regierungsvorlage, zum, BStMG, wurde, in, § 1, ausdrücklich, ausgeführt, dass, die, Mautpflicht, bereits, unmittelbar, auf, Grund, des, Gesetzes, besteht, Der, in, § 1, Abs 3, BStMG, vorgesehenen, Beschilderung, kommt, dem, in, den, Materialien, ausdrücklich, erklärten, Willen, des, Gesetzgebers, lediglich, deklarative, Wirkung, zu
Zuletzt aktualisiert am
26.11.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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