TE UVS Tirol 2008/08/19 2008/11/0377-1

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Veröffentlicht am 19.08.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr. Christoph Purtscher über die Berufung des Herrn M. S., K. i. T., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 15.01.2008, Zahl WS-23-2007, betreffend eine Übertretung nach dem Tierseuchengesetz, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 15.01.2008, Zahl WS-23-2007, wurde Herrn M. S. nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

?Der Beschuldigte M. S. hat als Verantwortlicher für den landwirtschaftlichen Betrieb in K., Betriebsnummer XY, seine Meldeverpflichtung gemäß § 5 Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2005 (TKZVO 2005), in der geltenden Fassung, nicht erfüllt, indem er es im Zuge der jährlichen VIS-Erhebungen unterlassen hat, auf Anfrage des Betreibers des Veterinärinformationssystems seine Stamm- und Betriebsdaten mitzuteilen.?

Dadurch habe der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2005 (TKZVO 2005) begangen und wurde über ihn gemäß § 63 Abs 1 Tierseuchengesetz eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,00 (Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden) verhängt. Ferner wurde ihm ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens vorgeschrieben.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat Herr M. S. fristgerecht Berufung erhoben und begründend vorgebracht, dass er seit 2007 nur mehr 20 Hühner im Stall habe.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

 

Sachverhalt:

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt, insbesondere in die Anzeige der Bundesanstalt Statistik Österreich vom 11.10.2007.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens sieht die Berufungsbehörde folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt als erwiesen an:

Am 09.03.2007 wurde dem Berufungswerber von der Bundesanstalt Statistik Österreich als Betreiber des Veterinärinformationssystems (VIS) ein Schreiben mit entsprechendem VIS-Jahreserhebungsformular für das Jahr 2007 samt Ausfüllanleitung geschickt. Am 09.05.2007 folgte ein Erinnerungsschreiben und am 18.07.2007 ein Mahnschreiben. Ob diese Schreiben dem Berufungswerber tatsächlich zugekommen sind, konnte nicht geklärt werden.

Der Berufungswerber hat auf diese Schreiben nicht geantwortet.

 

Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus der Anzeige der Bundesanstalt Statistik Österreich vom 11.10.2007.

 

Rechtliche Beurteilung:

Die Erstinstanz hat ihrer Entscheidung nachfolgende Bestimmung der Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2005, BGBl II Nr 210/2005, zugrunde gelegt:

 

?§ 5

(1) Im Zuge von jährlichen VIS-Erhebungen haben die von dieser Verordnung erfassten Tierhalter auf Anfrage des Betreibers des VIS ihre Stamm- und Betriebsdaten gemäß § 3 Abs 2 Z 1 lit a bis f und Z 2 mitzuteilen. Hierfür hat der Betreiber des VIS diesen Tierhaltern das entsprechende Formular jährlich spätestens Mitte März zu übermitteln. Diese übermittelten Formulare sind von den Betriebsinhabern oder von den von diesen Beauftragen mit dem Stichtag 1. April vollständig und richtig ausgefüllt bis spätestens 15. April zurückzusenden.

 

(6) Jede natürliche oder juristische Person, die in der Erhebung gemäß Abs 1 und 2 angeschrieben wird, ist verpflichtet, vom Betreiber des VIS übermittelte Schreiben schriftlich zu beantworten.?

 

Ebenfalls maßgeblich ist nachstehende Bestimmung des Tierseuchengesetzes , TSG, RGBl Nr 177/1909, idF BGBl Nr 136/2006:

 

?§ 63

(1) Wer

a.

es unterlässt, eine Anzeige zu erstatten, die ihm nach diesem Bundesgesetz oder nach den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Anordnungen obliegt; oder

b.

bei Ausstellung von Ursprungsbescheinigungen die Unwahrheit bezeugt; oder

c.

den Vorschriften der §§ 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 15a, 19, 20, 22, 24, 31a, 32 und 42 lit a bis f oder den auf Grund dieser Bestimmung erlassenen Anordnung zuwiderhandelt; oder

d.

den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Anordnungen über Schutzimpfungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 4 360 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu drei Wochen zu bestrafen.

(2) Wer die in Abs 1 angeführten Verwaltungsübertretungen aus Fahrlässigkeit begeht, ist mit Geldstrafe bis zu 1 450 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zehn Tagen zu bestrafen.?

 

Schließlich ist noch nachfolgende Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 5/2008, beachtlich:

 

?§ 44a

Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1.

die als erwiesen angenommene Tat;

2.

die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.

die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.

den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.

im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

§ 45

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.

die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2.

der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder  ausschließen;

3.

Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.?

 

Der Berufung kommt bereits aus nachstehenden Erwägungen Berechtigung zu:

 

§ 44a Z 1 VStG bestimmt, dass der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, ?die als erwiesen angenommene Tat? zu enthalten hat. Das heißt, dass jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist (VwGH 5.12.1983, 82/10/0125).

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z 1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt (VwGH verst Sen 13.6.1984 Slg 11466 A). Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein.

 

Diesen Anforderungen wird durch das vorliegende Straferkenntnis nun aber nicht entsprochen. Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten M. S. vorgeworfen, dass er als Verantwortlicher für den landwirtschaftlichen Betrieb in K., Betriebsnummer XY, seine Meldeverpflichtung gemäß § 5 Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2005 nicht erfüllt hat, indem er es im Zuge der jährlichen VIS-Erhebungen unterlassen hat, auf Anfrage des Betreibers des Veterinärinformationssystems seine Stamm- und Betriebsdaten mitzuteilen. Dabei wird in keinster Weise erwähnt, dass es sich, wie aus der Anzeige ersichtlich, um die VIS-Erhebungen des Jahres 2007 und damit um die Daten des Jahres 2007 handelt. Damit wird aber mit dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dem Erfordernis des § 44a Z 1 VStG nicht Rechnung getragen, weil die Tat nicht so eindeutig umschrieben wurde, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist.

Eine entsprechende Präzisierung des Tatvorwurfes war der Berufungsbehörde verwehrt. Die Berichtigung von Tatbestandsmerkmalen durch die Berufungsbehörde setzt nämlich voraus, dass innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG eine entsprechende Verfolgungshandlung hinsichtlich der wesentlichen Tatbestandsmerkmale erfolgt ist. Dies war vorliegend allerdings nicht der Fall.

 

Aufgrund dieser Erwägungen hatte daher die Entscheidung im gegenständlichen Fall in der Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses wegen Widerspruches zu § 44a Z 1 VStG zu bestehen. Im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretene Verfolgungsverjährung war das Strafverfahren außerdem nach § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.

 

Der Vollständigkeit halber wird noch darauf hingewiesen, dass vorliegend , ungeachtet der Verpflichtung nach § 5 Abs 6 Tierkennzeichnungs- und Registrierverordnung 2005 , auch nicht geklärt ist, inwieweit es sich beim Berufungswerber tatsächlich um einen von der Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2005 erfassten Tierhalter handelt.

Schlagworte
Dabei, wird, in, keinster, Weise, erwähnt, dass, es, sich, wie, aus, der, Anzeige, ersichtlich, um, die, VIS-Erhebungen, des, Jahres, 2007, und, damit, um, die, Daten, des, Jahres, 2007, handelt, Damit, wird, aber, mit, dem, Spruch, des, angefochtenen, Straferkenntnisses, dem, Erfordernis, des, § 44a, Z 1, VStG, nicht, Rechnung, getragen
Zuletzt aktualisiert am
18.11.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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