TE UVS Tirol 2008/09/03 2008/31/2658-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2008
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Christian Hengl über die Berufung des W. S., H. i.T., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. M. J., I., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 30.7.2008, Zl 703-4-1055-2008-FSE, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 35 Abs 1 Führerscheingesetz (FSG) wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschuldigten die mit Führerschein der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 4.1.2007, Zl XY erteilte Lenkberechtigung für die Klassen A, B und F für einen Zeitraum von sechs Wochen, gerechnet ab Rechtskraft dieses Bescheides, entzogen.

 

Weiters wurde ein Lenkverbot in Bezug auf das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung ausgesprochen, sowie das Recht aberkannt, von einer allfällig erteilten ausländischen Lenkberechtigung auf die Dauer des Entzuges  der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

 

Schließlich wurde als begleitende Maßnahme die Teilnahme an einer Nachschulung angeordnet.

 

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben und darin vorgebracht wie folgt:

 

?In dem umseits bezeichneten Führerscheinentzugsverfahren erhebt der Betroffene, W. S., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 30.07.2008, GZl 073-4-1055-2008-FSE, zugestellt am 04.08.2008, fristgerecht nachstehende

Berufung:

an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol.

 

Der betreffende Bescheid wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten und hiezu ausgeführt wie folgt:

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dem Berufungswerber für die Klassen A, B und F erteilte Lenkerberechtigung laut Führerschein der BH Innsbruck vom 04.01.2007, FSZl XY, für einen Zeitraum von sechs Wochen entzogen. Zudem wurde als begleitende Maßnahme die Teilnahme an einer Nachschulung angeordnet.

Der Bescheid wird damit begründet, dass gemäß § 26 Abs 3 FSG die Lenkerberechtigung auf die Dauer von sechs Wochen zu entziehen ist, wenn das zweite Mal innerhalb von zwei Jahren im Ortsgebiet die jeweilige zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten wird. Zudem sei, wenn innerhalb von zwei Jahren eine im § 7 Abs 3 und 4 genannte Übertretung begangen wurde, eine Nachschulung anzuordnen.

Dem angefochtenen Bescheid ist allerdings nicht zu entnehmen, welche Verwaltungsübertretungen dem Bescheid zu Grunde gelegt werden. Der Bescheid ist daher tatsächlich überhaupt nicht begründet. Dem Bescheid ist also nicht zu entnehmen, ob tatsächlich die Voraussetzungen zum Entzug der Lenkerberechtigung nach § 26 Abs 3 FSG sowie zur Anordnung einer Nachschulung nach § 24 Abs 3 Z 2 FSG vorliegen.

Unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch vor der KFG-Novelle 2005 dargestellten Rechtsansicht, wonach der Entzug der Lenkerberechtigung dann nicht mehr gerechtfertigt ist, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Führerscheinentzugsverfahrens mehr als ein Jahr verstrichen ist und die betreffende Person in dieser Zeit dem Verkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist (zB VwGH 11.07.2000,98/110303), ergibt sich, dass tatsächlich entgegen der Ansicht der Erstbehörde keine wiederholte Begehung einer Geschwindigkeitsüberschreitung vorliegt, welche im Sinne der Bestimmung des § 7 Abs 1 FSG die Verkehrsunzulässigkeit ausschließen würde.

 

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre daher das Führerscheinentzugsverfahrens einzustellen.

 

Der Berufungswerber stellt sohin folgende

Anträge:

 

1.)

auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung;

2.)

den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 30.07.2008, GZl 703-4-1055-2008-FSE, in Stattgebung dieser Berufung ersatzlos zu beheben und das Führerscheinentzugsverfahren einzustellen.?

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat hierüber wie folgt erwogen:

 

Im gegenständlichen Fall sind folgende gesetzlichen Bestimmungen maßgeblich:

 

Gemäß § 3 Abs 1 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die:

1.

das für die angestrebte Klasse erforderliche Mindestalter erreicht haben (§ 6),

2.

verkehrszuverlässig sind (§ 7),

3.

gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),

4.

fachlich zum Lenken eines Kraftfahrzeuges befähigt sind (§§ 10 und 11) und

5.

den Nachweis erbracht haben, in lebensrettenden Sofortmaßnahmen bei einem Verkehrsunfall oder, für die Lenkberechtigung für die Klasse D, in Erster Hilfe unterwiesen worden zu sein.

 

Gemäß § 7 Abs 1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs 3) und ihrer Wertung (Abs 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.

die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.

sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs 3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

 

4. die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;

 

Gemäß § 24 Abs 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.

die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.

die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs 2 in den Führerschein einzutragen.

 

Gemäß § 25 Abs 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

 

Gemäß § 26 Abs 3 FSG hat im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs 3 Z 4 genannten Übertretung , sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs 3 Z 3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs 1 oder 2 vorliegt , die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

 

Der Berufung kommt Berechtigung zu:

 

Aktenkundig ist, dass die beiden Übertretungen gemäß § 26 Abs 3 FSG vom 17.6.2006 und 19.6.2007 resultieren, der zeitliche Zusammenhang von zwei Jahren gemäß § 26 Abs 3 letzter Satz FSG somit gegeben ist.

 

Ebenso aktenkundig ist jedoch, dass die zweite Übertretung mehr als ein Jahr vor Einleitung des gegenständlichen Entziehungsverfahrens am 30.7.2008 erfolgt ist.

 

Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt ein Delikt im Sinn des § 7 Abs 3 Z 4 jedenfalls dann nicht mehr die Entziehung der Lenkberechtigung der betreffenden Person, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens mehr als ein Jahr verstrichen und die betreffende Person in dieser Zeit im Verkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist (vgl etwa 23.03.2004, Zl 2004/11/0008).

 

Dem von der Berufungsbehörde eingeholten  Auszug der Strafvormerkungen ist zu entnehmen, dass nach dem nunmehr strafgegenständlichen Delikt vom 19.6.2007 zwar am 4.7.2007 und am 9.7.2007 noch zwei weitere Delikte (offenbar Geschwindigkeitsüberschreitungen innerhalb einer 30 km/h-Zone) begangen wurden, der Beschuldigte sich darüber hinaus aber bis zur Einleitung des Entziehungsverfahrens mehr als ein Jahr wohlverhalten hat.

 

Vor dem Hintergrund dieser Tatsachen erweist sich der mit dem gegenständlichen Bescheid von der Erstbehörde verfügte Führerscheinentzug über sechs Wochen daher als unzulässig.

 

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

 

HINWEIS:

Für die Vergebührung des Berufungsantrages (samt Beilagen) sind Euro 13,20 bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zu entrichten. Dieser Betrag ist binnen zwei Wochen nach Erhalt des Zahlscheines einzuzahlen.

Schlagworte
Gemäß, der, ständigen, Rechtsprechung, des, Verwaltungsgerichtshofes, rechtfertigt, ein, Delikt, im, Sinn, des, § 7, Abs 3, Z 4, jedenfalls, dann, nicht, mehr, die, Entziehung, der, Lenkberechtigung, der, betreffenden, Person, wenn, zwischen, der, Tat, und, der, Einleitung, des, Entziehungsverfahrens, mehr, als, ein, Jahr, verstrichen, und, die, betreffende, Person, in, dieser, Zeit, im, Verkehr, nicht, nachteilig, in, Erscheinung, getreten, ist, (vgl etwa 23.03.2004, Zl 2004/11/0008)
Zuletzt aktualisiert am
19.11.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten