TE UVS Tirol 2008/09/08 2007/13/3284-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.09.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Martina Strele über die Berufung des Herrn P. D., vertreten durch Dr. H. K., Dr. E. K., Dr. S. T., 6020 Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 30.10.2007, Zahl VK-3868-2007, nach der am 18.08.2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 70,-- (zu Spruchpunkt 1. Euro 30,-- und zu Spruchpunkt 2. Euro 40,--), zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber Folgendes zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 31.03.2007 um 10.30 Uhr

Tatort: Vomp, auf der A12 Inntalautobahn, auf Höhe Strkm. 50,273, in Fahrtrichtung Westen

Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY (D)

 

1.) Sie haben zu einem vor Ihnen am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,35 Sekunden festgestellt.

 

2.) Sie haben es als Zulassungsbesitzer unterlassen, der Bezirkshauptmannschaft Schwaz auf ihr schriftliches Verlangen vom 14.05.2007, zugestellt am 16.05.2007 binnen zwei Wochen ab Zustellung bekannt zu geben, wer ihr oben genanntes Fahrzeug, am 31.03.2007 um 10:30 Uhr, in Vomp, auf der A 12 Inntalautobahn, auf Höhe Strkm. 50,273 gelenkt hat.?

 

Der Beschuldigte habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.)

§ 18 Abs 1 StVO

2.)

§ 103 Abs 2 KFG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn folgende Geldstrafen verhängt:

1.)

Euro 150,--, 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe gem § 99 Abs 2c Z 4 StVO

2.)

Euro 200,--, 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe gem § 134 Abs 1 KFG

 

Gegen dieses Straferkenntnis brachte der Berufungswerber durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht nachfolgende Berufung ein:

 

?Das Straferkenntnis wird zur Gänze angefochten,

 

Hinsichtlich beider Spruchpunkte werden geltend gemacht unrichtige Sachverhaltsfeststellung, unrichtige Beweiswürdigung, unrichtige rechtliche Beurteilung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides.

 

1.

Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, am 31.03.2007 um 10.30 Uhr in Vomp, auf der A12 Inntalautobahn auf Höhe Streckenkilometer 50,273 in Fahrtrichtung Westen mit dem Personenkraftwagen XY (D) Verwaltungsübertretungen begangen zu haben.

 

2.

Zu Spruchpunkt 1 wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Es sei per Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,35 Sekunden festgestellt worden.

 

Der Beschuldigte hätte dadurch die Rechtsvorschrift des § 18 Abs 1 StVO verletzt und es wurde gegen ihn eine Geldstrafe in Höhe von Euro 150,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 36 h) gemäß § 99 Abs 2 Z 4 StVO verhängt.

 

Entgegen den Behauptungen und den Feststellungen der Behörde trifft es nicht zu, dass er zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten hätte, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Ein Beweis für die Ergebnisse zu dieser Feststellung der Behörde fehlt.

 

Bei dem Beschuldigten handelt es sich lediglich um den Zulassungsbesitzer des angeführten Fahrzeuges. Ob dieser zum fraglichen Zeitpunkt am fraglichen Ort das Fahrzeug auch gelenkt hat, hat sich im gesamten Verfahren nicht erwiesen und steht sohin auch nicht fest. Dies wird im Übrigen bestritten, Das Auto wurde am fraglichen Tag am fraglichen Ort abwechselnd von mehreren Personen gelenkt.

 

Beweis: Vernehmung des Beschuldigten

weitere Beweise in Vorbehalt

 

3.

Zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens stand für die Behörde fest oder bestand für die Behörde auch nur der Verdacht, dass der Zulassungsbesitzer des genannten PKW in dem in Frage stehenden Zeitpunkt am in Frage stehenden Ort das obige Fahrzeug lenkte.

 

Selbst wenn die Behörde die nach dem Einspruch des Beschuldigten ergangene Lenkeranfrage als Einleitung des Ermittlungsverfahrens wertete, brachte dieses kein Ergebnis, das einen Verdacht erhärten würde, der Zulassungsbesitzer sei zugleich Lenker des Fahrzeuges zum oben genannten Zeitpunkt gewesen. Zu erörtern wird unter der Berufung gegen Spruchpunkt 2 des Straferkenntnissen sein, dass die Behörde in diesem Fall nicht davon ausgehen konnte, dass die nicht erteilte Lenkerauskunft zu der Annahme der Behörde hätte führen dürfen, der Zulassungsbesitzer sei gleichzeitig auch Lenker gewesen.

 

4.

Dem Beschuldigten wurden von der Bezirkshauptmannschaft Schwaz wesentliche Partelenrechte vorenthalten. So hätte ein rechtmäßiges Ermittlungsverfahren die Möglichkeit für den Beschuldigten mit sich gebracht, zu Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen. Durch eine Lenkeranfrage wird dem Beschuldigten nicht die Möglichkeit gegeben, Stellung zu nehmen. Dies schon deswegen nicht, da für den Fall, dass auf die Lenkeranfrage nicht ordnungsgemäß geantwortet wird, eine Strafe in Aussicht gestellt wird. Eine Pflicht zur Stellungnahme widerspricht aber unter anderem dem in Art 6 EMRK festgeschriebenen Recht auf ein faires Verfahren. Zudem heißt es in Art 6 Abs 2 EMRK, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, bis zu dem gesetzlichen Nachweis seiner Schuld. Diesfalls hat sich die Schuld des Beschuldigten nicht erwiesen. Er hätte daher für die Bezirkshauptmannschaft Schwaz als unschuldig angesehen werden müssen. Dies wurde unterlassen und wird entsprechend gerügt.

 

Dem Beschuldigten wurde bereits in der Strafverfügung vorgeworfen, zur fraglichen Zeit am fraglichen Ort Lenker des Fahrzeuges gewesen zu sein.

 

In seiner Stellungnahme vom 21.06.2007 hat der Beschuldigte unter Pkt 3 ausgeführt, es stünde keineswegs fest, dass die Verwaltungsübertretung von ihm begangen worden sei. Auf diese Einwendung hin wäre das Verfahren gegen den Beschuldigten einzustellen gewesen bzw hätten Ermittlungen in Form von Zeugenvernehmungen udgl. angestellt werden müssen. Statt dessen wurde ein Monat nach Zulassung der Strafverfügung an den Beschuldigten eine Lenkerhebung gerichtet und somit ein weiteres Verfahren, diesmal im Rahmen des KFG, eröffnet. Mit der Eröffnung dieses Verfahrens präjudizierte sich die Behörde im Verfahren wegen Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes hinsichtlich Täterschaft und Schuld des Beschuldigten. Richtig wäre gewesen, das Verfahren aufgrund der Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes einzustellen, sobald keine oder eine in den Augen der Behörde unzureichende Antwort auf ihre Lenkeranfrage erfolgt war. Diesfalls fehlte nämlich der Beweis dafür, dass der Beschuldigte tatsächlich Lenker des Kraftfahrzeuges zum fraglichen Zeitpunkt war. In diesem Fall entspricht es eben nicht, wie noch darzustellen sein wird, der Mitwirkungspflicht des Zulassungsbesitzers, der solche Auskünfte nur im Vorfeld eines Strafverfahrens aus informativen Gründen zu erteilen hat. Die Pflicht zur Beantwortung einer Lenkeranfrage nach § 103 Abs 2 KFG betrifft nämlich nicht den Beschuldigten, sondern den Zulassungsbesitzer. Die Auskunft hat lediglich informativen Charakter und nicht, wie in diesem Falle, verfahrensentscheidenden. Ein Ermittlungsverfahren, bei dem schon in dessen Vorfeld das Ergebnis der Ermittlungen feststeht, ist kein Ermittlungsverfahren. Eine Lenkeranfrage ist kein Beweis und somit ein unzulässiges Beweismittel. Es handelt sich höchstens um einen antizipierten Beweis, der einer von der Behörde vorweggenommenen Beweiswürdigung folgte. Eine solche Beweiswürdigung beraubt den Beschuldigten seiner verfassungsrechtlich garantierten Verteidigungsrechte und belastet das Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. VwGH 20.12.1990, 90/01/0134 ua).

 

5.

Aus Spruchpunkt 1 geht nicht hervor, wer Normadressat der Bestimmung des § 18 Abs 1 StVO bzw § 99 Abs 2c Z4 StVO ist, und ob der Beschuldigte ein Adressat dieser Norm ist. Normadressat des § 99 Abs 2c Z4 kann nur der Lenker eines Fahrzeuges sein. Dies wurde dem Beschuldigten allerdings nicht vorgeworfen.

 

Sohin mangelt es dem Spruch an einem wesentlichen Tatbestandsmerkmal, wodurch dieser der Bestimmung des § 44a Z 1 VStG widerspricht. Der Spruch enthält nicht die als erwiesen angenommene Tat. Das ist vor allem unter dem Aspekt wesentlich, dass der Beschuldigt bzw der Lenker des Fahrzeuges nicht angehalten wurde, sondern die Anzeige lediglich auf einer Videomessung beruht. Auf diese Weise steht nicht fest, ob der Beschuldigte auch Lenker des Fahrzeuges war. Dies macht in besonderer Weise den Vorhalt, die Verwaltungsübertretung als Lenker eines Fahrzeuges begangen zu haben, notwendig. Das Fehlen dieses wesentlichen Tatbestandmerkmales wird gerügt.

 

6.

Vorgeworfener Tatzeitpunkt war der 31.03.2007 um 10:30 Uhr. Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Gemäß Abs 2 beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben 1 Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen 6 Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Daraus folgt, dass die Verwaltungsübertretung der Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes nach 6 Monaten verjährt und nach diesem Zeitpunkt nicht mehr verfolgt werden kann. Laut § 32 Abs 1 VStG ist Beschuldigter eine in Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache. Gemäß § 32 Abs 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigte gerichtete Amtshandlung und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung Ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

Im Lichte des oben zu § 44 a VStG Gesagten handelt es sich weder bei der Strafverfügung noch bei dem Straferkenntnis hinsichtlich des Spruchpunktes ?Sicherheitsabstand" um eine taugliche Verfolgungshandlung, weiche die Verjährung unterbrechen würde. Daraus folgt, dass die Verwaltungsübertretung bereits am 30.09.2007 um 10:30 Uhr verjährt war. Eine Verfolgungshandlung gegen den Beschuldigten ist somit nicht zulässig. Das Verfahren wäre vielmehr von Amts wegen einzustellen gewesen. Der Eintritt der Verfolgungsverjährung bildet nämlich einen Umstand, der die Verfolgung nach § 45 Abs 1 Z 3 ausschließt,

 

7.

Unter Spruchpunkt 2 wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe es als Zulassungsbesitzer unterlassen, der Bezirkshauptmannschaft Schwaz auf deren schriftliches Verlangen vom 14.05.2007, zugestellt am 16.05.2007, binnen 2 Wochen ab Zustellung bekannt zu geben, wer oben genanntes Fahrzeug am 31.03.2007 um 10:30 in Vomp auf der A12 Inntalautobahn auf Höhe Streckenkilometer 50,273 gelenkt habe. Der Beschuldigte hätte dadurch die Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG übertreten und es wurde gegen ihn eine Geldstrafe in Höhe von Euro 200,00, Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden, gemäß § 134 Abs 1 KFG verhängt.

 

8.

Voraussetzung dafür, dass der Zulassungsbesitzer die Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG übertreten kann, ist, dass er zu einer solchen Auskunftserteilung verpflichtet ist. Dies trifft Im konkreten Fall nicht zu:

 

Zum Zeitpunkt der Lenkererhebung (14.05.2007) war schon ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Zulassungsbesitzer eingeleitet worden. Seit Erlassung der Strafverfügung vom 16.04.2007 galt der Zulassungsbesitzer nunmehr als Beschuldigter. Dies, obwohl der Beschuldigte gegen die Strafverfügung vom 16.04.2007 fristgerecht Einspruch erhob.

 

Da bereits eine Strafverfügung ergangen ist, in der der Zulassungsbesitzer einer Verwaltungsübertretung beschuldigt wird, liegt in der Zustellung der Lenkeranfrage an ihn eine Verletzung des Rechtes nach Art 6 Abs 1 EMRK zu schweigen und sich nicht selbst zu bezichtigen (vgl, UVS Vorarlberg GZ 1-774/04, 10.06.2005, UVS Steiermark GZ 30.16-28/2006, 22.05.2006). Im Gegensatz zu den bisher vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig gemachten Verfahren wurde hier nämlich der Zulassungsbesitzer sehr wohl mit einer Strafe dazu angehalten, eine Information zu erteilen, die ihm im Zusammenhang mit einem Strafverfahren belasten hätte können. Zum Zeitpunkt der Lenkererhebung wurde der Zulassungsbesitzer vielmehr von der Behörde beschuldigt, eine Verwaltungsübertretung begangen zu haben. Der Zulassungsbesitzer hat sich lediglich der ihm zukommenden Verteidigungsrechte bedient. Dies kann nicht unter Strafe stehen. Eine derartige Strafe widerspricht fundamentale Menschenrechten und belastet das Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit

 

9.

Laut Straferkenntnis wäre Tatzeitpunkt der 31.03.2007 um 10:30 Uhr gewesen. Tatort wäre demnach Vamp auf der A12 Inntalautobahn auf Höhe Streckenkilometer 50,273 in Fahrtrichtung Westen gewesen. Dies ist aber im Hinblick auf Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses vom 30.10.2007 denkunmöglich. Es ist denkunmöglich, jemandem vorzuwerfen, er habe zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten unmöglich gewesen wäre und es andererseits als Zulassungsbesitzer im selben Zeitpunkt und am selben Ort es unterlassen, der Bezirkshauptmannschaft Schwaz auf ihr schriftliches Verlangen bekannt zu geben, wer das genannte Fahrzeug zu dieser Tatzeit gelenkt hat.

 

10.

Gemäß § 44 a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderem die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Laut Rechtssprechung ist dieses Erfordernis so zu verstehen, dass einerseits die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und andererseits die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vgl. VwGH 13.06.1984, Sig 11466 A). Die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift die durch die Tat verletzt worden sein soll, ist im konkreten Fall nicht möglich. Es ist nicht möglich, dem Beschuldigten am 31.03.2007 eine Nichterteilung der Lenkeranfrage zuzuordnen. Eine Erteilung oder Nichterteilung der Lenkerauskunft kann nämlich nur zeitlich nach einer Verwaltungsübertretung, welche Grund für die Lenkeranfrage ist, erfolgen. Daraus folgt auch, dass die Identität der Tat nicht unverwechselbar feststeht. Dazu kommt, dass Tatort der Übertretung § 103 Abs 2 KFG der Ort ist, an dem die anfragende Behörde ihren Sitz hat (VwGH verst. Sen. 31.01.1996, 93/03/0.256). Die Bezirkshauptmannschaft Schwaz als anfragende Behörde hat ihren Sitz nicht in der Gemeinde Vomp, Ein anderer vorgeworfener Tatort ist aus dem Straferkenntnis vom 30.10.2007 nicht ersichtlich. Dies wird gerügt.

 

11.

In seinem Erkenntnis vom 22.10.1999 GZ 99102/0216 hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht erkannt, dass in Ansehung einer Übertretung nach § 103 Abs 2 KFG bei Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat unverwechselbar feststehen muss, um welche Aufforderung, deren Nichtbefolgung dem Beschuldigten zur Last gelegt wird, es sich handelt. Dabei muss zur Konkretisierung der Tatzeit im Sinne des § 44 a Z 1 VStG das Datum der Aufforderung, jedenfalls das Datum der Zustellung der schriftlichen Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe im Spruch des Straferkenntnisses scheinen. Diesen Anforderungen genügt das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz im konkreten Fall nicht. Damit ist das Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

 

Auch die Tatzelt kann nicht mit jener Zeit identisch sein, zu der das Grunddelikt begangen worden sein soll. Tatzeit des Deliktes nach § 103 Abs 2 KFG ist zumindest das Ende der 14-tägigen Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft. Eine derartige Tatzeit findet sich im Spruch des Straferkenntnisses nicht. Selbst wenn man das in Spruchpunkt 2 angegebene Datum als Tatzeit werten wollte, wurde diese Datum nicht als Tatzeit ausgewiesen und widerspricht der zu beiden Spruchpunkten angegebenen Tatzeit 31.03.2007. Dies bedeutet jedenfalls eine Belastung des Straferkenntnisses mit Inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

 

Aus diesen Gründen stellt der Beschuldigte den

 

ANTRAG,

der Unabhängige Verwaltungssenat möge die beantragten Beweise aufnehmen, eine Berufungsverhandlung anberaumen und das Straferkenntnis hinsichtlich beider Spruchpunkte beheben und das Verfahren gern § 45 Abs 1 Z 1, 2 u. 3 VStG einstellen.?

 

Auf Grund dieser Berufung wurde am 18.08.2008 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt. In dieser wurde Beweis aufgenommen durch  Einvernahme des Zeugen Abt.Insp. P. B. sowie durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt als auch in den Akt der Berufungsbehörde. Der Berufungswerber ist trotz ausgewiesener Ladung an seine Rechtsvertreter nicht erschienen.

 

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens steht nachfolgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der Berufungswerber hat am 31.03.2007 um 10.30 Uhr auf der Inntalautobahn A 12 im Gemeindegebiet von Vomp bei Straßenkilometer 50,273 in Fahrtrichtung Westen den PKW mit dem Kennzeichen XY (D) gelenkt und dabei zu dem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre.

 

Mittels Videomessung wurde ein zeitlicher Abstand von 0,35 Sekunden festgestellt. Der Berufungswerber hat bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 93 km/h einen Abstand von 9 Metern eingehalten. Er war am zweiten Fahrstreifen unterwegs.

 

Bei der gegenständlichen Abstandsmessung hat es sich um eine routinemäßige Abstandsmessung von Abt.Insp. B. P., welcher bereits seit ungefähr 8 Jahren Abstandsvideomessungen durchführt, gehandelt. Die gegenständliche Abstandsmessung erfolgte mit dem Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät VKS 3.0 mit der Identifikationsnummer A05. Dieses Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät wurde zuletzt am 03.11.2005 geeicht. Die Nacheichfrist endet am 31.12.2008.

 

Der diesem Verwaltungsstrafverfahren zu Grunde liegenden Anzeige der Landesverkehrsabteilung Tirol vom 01.04.2007, Zahl A1/XY, sind drei Lichtbilder der gegenständlichen Abstandsmessung angeschlossen. Auf diesen Lichtbildern und insbesondere auf Lichtbild Nr. 3 ist eindeutig erkennbar, dass das gemessene Fahrzeug, nämlich jenes des Berufungswerbers, nur einen Abstand von 9 Metern bei einer eingehaltenen Geschwindigkeit von 96 km/h eingehalten hat. Ein Abstand zwischen zwei Leitlinien ist 12 Meter lang, die Leitlinie selbst 6 Meter. Auch daran kann man im Gegenstandsfall eindeutig erkennen, dass das in Rede stehende Fahrzeug des Berufungswerbers den einzuhaltenden Abstand nicht eingehalten hat.

 

Diese Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus der diesem Verwaltungsstrafverfahren zu Grunde liegenden Anzeige, den drei Lichtbildern im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt (Auswertung der Videoaufzeichnung) in Verbindung mit der Aussage des Meldungslegers Abt.Insp. B. P. anlässlich der durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Der einvernommene Zeuge Abt.Insp. B. P. hinterließ anlässlich seiner Einvernahme vor der Berufungsbehörde einen äußerst glaubwürdigen Eindruck und gab es für die Berufungsbehörde keinerlei Grund dessen Angaben auch nur ansatzweise in Zweifel zu ziehen. Für die Berufungsbehörde ergeben sich bei der gegenständlichen Sachlage keinerlei Hinweise dafür, dass etwa dieser Zeuge die gegenständliche Abstandsmessung nicht korrekt durchgeführt hat. Dass das verwendete Abstandsmessgerät VKS 3.0 mit der Identifikationsnummer A05 zum Tatzeitpunkt ordnungsgemäß geeicht gewesen ist ergibt sich aus dem angesprochen Eichschein des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 03.11.2005.

 

Der verfahrensgegenständliche PKW ist laut Halterauskunft des deutschen Kraftfahrbundesamtes auf den Berufungswerber P. D. in D-60320 Frankfurt a.M., zugelassen.

 

Der Zulassungsbesitzer ist gemäß § 103 Abs 2 KFG verpflichtet, Auskunft darüber zu erteilen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt eines nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Wenn solche Auskünfte nicht ohne entsprechende Aufzeichnungen gegeben werden können, sind solche zu führen. Wenn auch der Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs 1 Z 3 KFG das Lenken eines Kraftfahrzeuges Personen, also einer Mehrzahl, überlassen darf und daher zulässig ist, diesen ein Kraftfahrzeug zur abwechselnden Benützung zu überlassen, so ist der Zulassungsbesitzer trotzdem verpflichtet, die betreffende einzelne Person zu benennen. Insoweit greift die Vorschrift zur Führung von Aufzeichnungen Platz. Demzufolge ist der Zulassungsbesitzer verpflichtet die Auskunft zu erteilen.

 

Im Gegenstandsfall wurde der Berufungswerber zu Handen seines Rechtsvertreters mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 14.05.2007 aufgefordert binnen zwei Wochen Auskunft darüber zu erteilen, wer das Fahrzeug mit dem Kennzeichen XY am 31.03.2007 um 10.30 Uhr in Vomp auf der A 12 Inntalautobahn auf Höhe Straßenkilometer 50,273 gelenkt hat. Diese Lenkererhebung wurde dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers am 16.05.2007 zugestellt.

 

Binnen der gesetzten Frist langte keinerlei Stellungnahme des Berufungswerbers ein.

 

Am 06.08.2007 erging seitens der Erstbehörde, der Bezirkshauptmannschaft Schwaz, eine Aufforderung zur Rechtfertigung wegen Übertretung nach § 103 Abs 2 KFG. In seiner Stellungnahme vom 20.08.2007 führte der Rechtsvertreter des Berufungswerbers im Wesentlichen aus, dass das Schweigerecht eines Beschuldigten ein fundamentaler Rechtsgrundsatz jeder Rechtsordnung sei. Außerdem sei wegen der in Rede stehenden Abstandsverletzung am 16.04.2007 eine Strafverfügung erlassen worden, wogegen der Berufungswerber am 27.04.2007 Einspruch eingelegt habe. Erst am 14.05.2007 wurde eine Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe an den Berufungswerber erlassen. Zu diesem Zeitpunkt sei dem Berufungswerber als Zulassungsbesitzer des in Rede stehenden PKW?s mit der Strafverfügung vom 16.04.2007 allerdings schon vorgeworfen worden, die genannte Abstandsverletzung begangen zu haben.

 

Gemäß § 103 Abs 2 letzter Satz KFG treten gegenüber der Befugnis der Behörde derartige Auskünfte zu verlangen, Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück. Der Zulassungsbesitzer hat sohin kein Entschlagungsrecht betreffend der Beantwortung der Frage nach dem Lenker, auch wenn er damit sich selbst oder nahe Angehörige einer Verwaltungsübertretung beschuldigten würde. Eine Verletzung dieser Auskunftspflicht ist bereits dann gegeben, wenn der Auskunftspflichtige die Auskunft nicht erteilt, unabhängig von den Gründen, die ihn bzw. sie dazu bewogen haben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes legt § 103 Abs 2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zu Grunde sicher zu stellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Die auf Grund einer behördlichen Anfrage nach § 103 Abs 2 KFG erteilte Auskunft darf weder in sich widersprüchlich noch unklar sein.

 

Im Gegenstandsfall ist der Berufungswerber der Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 14.05.2007 zur Bekanntgabe des Lenkers zum Tatzeitpunkt nicht nachgekommen.

 

Insofern hat der Berufungswerber zu Spruchpunkt 2. gegen die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG in objektiver Hinsicht zuwider gehandelt.

Auch geht die Berufungsbehörde davon aus, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu Spruchpunkt 1. in objektiver Hinsicht begangen hat.

 

§ 18 Abs 1 StVO normiert, dass der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeuge einzuhalten hat, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Was die innere Tatseite anlangt, ist festzuhalten, dass es sich bei den dem Berufungswerber angelasteten Verwaltungsübertretungen um sogenannte Ungehorsamsdelikte handelt, weil zum Tatbestand der betreffenden Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch der Eintritt einer Gefahr gehört. Für derartige Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass dann ohne weiteres Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Glaubhaft machen bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Täter hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und die entsprechenden Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen. Diese Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber nicht gelungen, zumal er die entsprechende Auskunft nicht erteilte und auch keine Aufzeichnungen vorgelegt hat. Auch wurden keine Beweise vorgelegt, die es ihm unmöglich gemacht hätten, der Auskunftspflicht nachzukommen.

 

Somit steht für die Berufungsbehörde zweifelsfrei fest, dass der Berufungswerber die ihm zu Last gelegte Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 KFG auch in subjektiver Weise zu vertreten hat.

 

Da der Berufungswerber, wie oben ausgeführt, den Lenker bzw die Auskunftsperson des in Rede stehenden Fahrzeuges zum Tatzeitpunkt nicht benannt hat, fällt ihm als Verschulden zur Last und konnte die Berufungsbehörde das Untätigbleiben des Zulassungsbesitzers im Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Vorhalt eines bestimmten strafbaren Verhaltens den Schluss ableiten, der Zulassungsbesitzer sei selbst der Täter gewesen.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes befreit der Grundsatz der Amtswegigkeit im Verwaltungsstrafverfahren die Partei nicht von der Verpflichtung zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen. Demzufolge ist die Behörde erster Instanz berechtigt davon ausgegangen, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs 1 iVm § 99 Abs 2c Z 4 StVO begangen hat.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass der Unrechtsgehalt der übertretenen Normen keinesfalls unerheblich ist. So soll durch den Schutzzweck des § 18 Abs 1 StVO der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer sowie dem Schutz des Lenkers dienen. In Anbetracht der allgemeinen Verkehrssituation ist festzustellen, dass ein Großteil der auf Autobahnen verursachten Unfälle im Zusammenhang mit Geschwindigkeitsüberschreitungen und Unterschreitungen von Mindestabständen stehen. Durch § 103 Abs 2 KFG soll die Feststellung des Lenkers durch die Behörde und somit eine effiziente Strafverfolgung ermöglicht werden.

 

Als Verschuldensgrad wird dem Berufungswerber Fahrlässigkeit vorgeworfen. Erschwerende Umstände lagen kein vor, mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet.

 

Unter Berücksichtigung, dass die einschlägigen Strafbestimmungen Geldstrafen in Höhe von Euro 72,-- bis Euro 2.180,--, bei Übertretungen nach § 103 Abs 2 KFG bis zu Euro 5.000,-- vorsehen sowie unter Berücksichtigung sämtlicher Strafzumessungskriterien sind die über den Berufungswerber verhängten Geldstrafen zu Spruchpunkt 1. Euro 150,-- und zu Spruchpunkt 2. Euro 200,-- nicht als überhöht zu betrachten.

 

Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers konnte anlässlich der durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung keine Angaben zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Berufungswerbers machen. Die Verhängung der Geldstrafen in diesen Höhen ist jedoch auch gegen solche Personen zulässig, die kein oder nur ein geringes Einkommen haben, weil eine Strafe nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Unbill darstellen soll. Die Verhängung von Geldstrafen in Höhe von Euro 150,-- und Euro 200,-- war daher aus spezialpräventiven Gründen notwendig, um den Berufungswerber künftig von derartigen Übertretungen abzuhalten.

 

Es war daher das Straferkenntnis der Erstbehörde zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

Hinweis: Der Verwaltungsgerichtshof hat die Behandlung der fristgerecht erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 21.11.2008, Zahl 2008/02/0355, abgelehnt.

Schlagworte
Nach, der, Rechtsprechung, des Verwaltungsgerichtshofes, befreit, der, Grundsatz, der Amtswegigkeit, im, Verwaltungsstrafverfahren, die, Partei, nicht, von, der, Verpflichtung, zur, Ermittlung, des, maßgeblichen, Sachverhaltes, beizutragen, Demzufolge, ist, die, Behörde, erster, Instanz, berechtigt, davon, ausgegangen, dass, der, Berufungswerber, die, ihm, zur Last, gelegte, Verwaltungsübertretung, nach, 18 §, Abs 1, iVm § 99, Abs 2c, Z 4, StVO, begangen, hat
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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