TE UVS Steiermark 2008/09/19 30.8-66/2007

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Mag. Manja Schlossar-Schiretz über die Berufung des Herrn J J P, wohnhaft in K, A-M-Straße 119, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 10.07.2007, GZ: 15.1 5135/2007, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen am 05.05.2007 um ca 21.30 Uhr in K durch die M von der W Straße kommend in Richtung Mü bis auf Höhe Haus Nr. 2 in einem vermutlich durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt und sich nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organs der Straßenaufsicht geweigert, sich zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Suchtgift einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt vorführen zu lassen. Die Verweigerung sei am 05.05.2007 um

21.55 Uhr auf der Stadtpolizeidienststelle in Kapfenberg erfolgt. Wegen Verletzung des § 99 Abs 1 lit b in Verbindung mit § 5 Abs 5 erster Satz und Abs 9 StVO wurde über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs 1 leg cit eine Geldstrafe in Höhe von ? 1.300,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit 14 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung in der der Berufungswerber ausführt, dass er noch niemals in seinem Leben Drogen genommen habe. Er sei in der M von Stadtpolizisten angehalten und zum Alkotest aufgefordert worden. Er habe Blasversuche unternommen, welche aber vermutlich auf Grund seiner Müdigkeit gescheitert seien. Daraufhin sei der Berufungswerber zur Dienststelle der Stadtpolizei mitgenommen worden. Dort sei er ohne Angabe von Gründen aufgefordert worden, zu einem Arzt mitzufahren. Der Berufungswerber habe dies empört abgelehnt. Am 10.07.2007 sei dem Berufungswerber vom Strafreferenten der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur ein Strafanerkenntnis vorgelegt worden. Dies habe er unterschrieben, um seinen Führerschein wiederzuerhalten. Erst nachträglich habe er gelesen, dass er verdächtig gewesen sei, Drogen genommen zu haben. Der Berufungswerber sei auch von den Beamten der Stadtpolizei nicht darauf aufmerksam gemacht worden, dass beabsichtigt sei, einen Drogentest an ihm vornehmen zu lassen. Der Berufungswerber sei von den Beamten ohne Angabe von Gründen auf die Dienststelle mitgenommen worden. Der Berufungswerber sei jederzeit bereit, an sich einen Drogentest vornehmen zu lassen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe, noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß der Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG, welche gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches, als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Auf Grund des von der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grundlage der in Anwesenheit des Berufungswerbers und unter Beiziehung der erforderlichen Zeugen am 02.09.2008 durchgeführten öffentlichen, mündlichen Verhandlung ergeben sich folgende Feststellungen: Der Berufungswerber lenkte am 05.05.2007 um ca 21.30 Uhr in K durch die M von der W Straße kommend in Richtung Mü bis auf Höhe Haus Nr. 2 den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen. AI G K und RI P S waren zu dieser Zeit gemeinsam im Dienst. Sie führten in der M Alkoholkontrollen durch. Das Fahrzeug des Berufungswerbers fiel den Beamten deshalb auf, weil es langsam und holprig auf die Beamten zufuhr. Zuerst gingen die Beamten davon aus, dass ein Alkoholisierter das Fahrzeug lenkte. RI P S hielt den Berufungswerber an. Als dieser die Fahrzeugtür öffnete, war es für die Beamten augenscheinlich, dass mit dem Berufungswerber etwas nicht stimmte. Der Berufungswerber wirkte apathisch. Er wurde von den Beamten aufgefordert, zu einem Alkotest zum Posten mitzukommen. Der Berufungswerber kam dieser Aufforderung anstandslos nach. In der Stadtpolizei forderte der Meldungsleger RI S den Berufungswerber noch einmal ausdrücklich auf, einen Alkomattest zu machen. Der Alkomat befindet sich bei der Stadtpolizei Kapfenberg in einem kleinen Raum. Der Berufungswerber machte zwar Blasversuche, diese waren aber ungeeignet, ein gültiges Messergebnis zu erzielen. Die Beamten brachen den Alkomattest daraufhin ab. Dies war auch der Zeitpunkt, als AI K RI S darauf aufmerksam machte, dass er keinen Alkoholgeruch in dem kleinen Raum, in welchem der Alkomat untergebracht ist, wahrnehmen konnte. AI K kam der Verdacht, dass der Berufungswerber unter Drogeneinfluss stehen könnte, weshalb er ihm mit einer Lampe in die Augen leuchtete und feststellte, dass dieser vergrößerte Pupillen hatte. Die Beamten waren sich unsicher, was die Ursache für das für sie eigenartige, apathische Verhalten des Berufungswerbers war, weshalb AI K den Berufungswerber aufforderte, mit ins Krankenhaus zu fahren, um sich dort einer Blutkontrolle unterziehen zu lassen. Die Beamten gingen davon aus, dass sich die Ursache für das für sie eigenartige Verhalten des Berufungswerbers anhand einer Blutuntersuchung würde feststellen lassen. Der Berufungswerber verstand diese Aufforderung, verweigerte sie aber. Er dachte, die angekündigte Blutabnahme solle im Zusammenhang mit den Blasfehlversuchen am Alkomaten erfolgen. Daraufhin brachen die Beamten die Amtshandlung mit der Bemerkung ab, dass sich die Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur beim Berufungswerber melden würde. Dem Berufungswerber wurde nicht erklärt, weshalb die Blutabnahme erfolgen sollte. Diese Feststellungen stützen sich insbesondere auf die Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark, welche am 02.09.2008 stattgefunden hat. Sowohl der Berufungswerber, als auch die Zeugen AI G K und RI P S gaben insbesondere übereinstimmend an, dass der Berufungswerber zuerst zum Alkotest und in weiterer Folge zur Durchführung einer Blutuntersuchung im Krankenhaus aufgefordert wurde. In rechtlicher Hinsicht ist nunmehr auszuführen: § 5 Abs 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden StVO): Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken, noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt. § 5 Abs 5 StVO: Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt Dienst habenden oder im Sinne des § 5a Abs 4 ausgebildeten oder von der Landesregierung hiezu ermächtigten Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs 2 1. keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs 1 erreichenden Alkoholgehalt ergeben hat oder 2. aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war. Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen; die genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

§ 5 Abs 9 StVO: Die Bestimmungen des Abs 5 gelten auch für Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden; wer zum Arzt gebracht wird, hat sich der Untersuchung zu unterziehen. Die in Abs 5 genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen. § 5 Abs 10 StVO (Verfassungsbestimmung): An Personen, die gemäß Abs 9 zu einem Arzt gebracht werden, ist nach Feststellung einer Beeinträchtigung, die auf eine Suchtgifteinnahme schließen lässt, eine Blutabnahme vorzunehmen. Die Betroffenen haben die Blutabnahme vornehmen zu lassen. § 99 Abs 1 lit b StVO: Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von ? 1.162,00 bis ? 5.813,00, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht. Im Anlassfall wurde der Berufungswerber auf den Verdacht der Meldungsleger hin, in einem vermutlich durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, aufgefordert, mit ins Krankenhaus zu fahren, um sich dort einer Blutkontrolle unterziehen zu lassen. Der Berufungswerber hat, wie von ihm ausdrücklich zugegeben, die Blutabnahme, zu der er vom Meldungsleger aufgefordert wurde, verweigert, allerdings hätte er zu dieser nicht einmal aufgefordert werden dürfen. Gemäß § 5 Abs 10 StVO setzt die Aufforderung zur Blutabnahme jedenfalls voraus, dass bei Personen, die zu einem Arzt gebracht wurden, eine Beeinträchtigung, die auf eine Suchtgifteinnahme schließen lässt, festgestellt wird. Bei der Untersuchung nach dem § 5 Abs 9 StVO handelt es sich um die so genannte klinische Untersuchung durch einen Arzt, bei der der Grad der Beeinträchtigung des Fahrvermögens anhand von Verhaltensweisen der untersuchten Person (wie die Finger-Finger-Probe, Geradeausgehen auf einem Strich und dergleichen) eingeschätzt wird. Da der Berufungswerber aber nicht aufgefordert wurde, sich einer Untersuchung durch einen Arzt unterziehen zu lassen, sondern ausdrücklich, ohne einem Arzt vorgeführt worden zu sein, zur Blutabnahme aufgefordert wurde, war es rechtswidrig, die Verweigerung der Blutabgabe der Verweigerung der ärztlichen Untersuchung im Sinne des § 5 Abs 9 StVO 1960 gleichzuhalten (in Analogie dazu: VwGH 24.10.2000, Zl. 2000/11/0114). Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Da der Berufungswerber mangels gesetzlicher Grundlage, die im Anlassfall vor der Vorführung zu einem Arzt eine Blutabnahme verpflichtend vorsehen würde, die ihm im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, war der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das gegen den Berufungswerber geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Schlagworte
Aufforderung ärztliche Untersuchung Blutabnahme Suchtgiftbeeinträchtigung Verweigerung
Zuletzt aktualisiert am
09.02.2009
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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