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62 ArbeitsmarktverwaltungNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Abweisung eines Antrags auf Feststellung der Ausnahme von Dienstnehmern der Grazer Stadtwerke Verkehrsbetriebe von der Arbeitslosenversicherungspflicht unter Hinweis auf die Vorjudikatur; keine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung von Bediensteten der ÖBB und anderer Verkehrsbetriebe; verfassungsgerichtliche Kontrolle immer erst a posteriori; ausreichende Erörterung der maßgeblichen Rechtsfragen in der seinerzeitigen Verhandlung des bereits vom Verfassungsgerichtshof entschiedenen Falles hinsichtlich der EisenbahnbedienstetenSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführer sind Dienstnehmer der Verkehrsbetriebe der Grazer Stadtwerke AG und nach §7 des für sie geltenden Kollektivvertrages "definitiv gestellt".
Mit Schriftsatz vom 5. März 1996 beantragten sie bei der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen die Feststellung, daß sie und andere in einer Beilage zum Antrag namentlich genannte, in einem unkündbaren privatrechtlichen Dienstverhältnis zu den Grazer Stadtwerke AG-Verkehrsbetrieben stehende Dienstnehmer nicht der Arbeitslosenversicherungspflicht nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) unterliegen. Diesem Antrag wurde mit Bescheid vom 27. Februar 1997 nicht stattgegeben.
Dem dagegen erhobenen Einspruch blieb der Erfolg ebenso versagt wie der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark erhobenen Berufung.
2. Gegen den die Berufung als unbegründet abweisenden Bescheid der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 18. September 1997 richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums sowie eine Rechtsverletzung wegen Anwendung einer für verfassungswidrig erachteten Gesetzesbestimmung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Weiters erstattete die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen eine Äußerung, in der sie den Beschwerdevorwürfen entgegentritt. Dabei setzt sie sich kritisch mit der Entscheidung VfSlg. 14842/1997 auseinander und unterstützt in der Sache die Argumente der belangten Behörde.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Die Arbeitslosenversicherungspflicht ist im §1 AlVG geregelt. Gemäß §1 Abs1 AlVG (idF BGBl. 817/1993) sind für den Fall der Arbeitslosigkeit insbesondere Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind (lita), versichert, soweit sie in der Krankenversicherung aufgrund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert oder selbst versichert sind (§19a ASVG) oder Anspruch auf Leistungen einer Krankenfürsorgeanstalt haben und nicht gemäß Abs2 von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommen sind.
Neben den Dienstnehmern, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, zu einem Land, einem Gemeindeverband oder einer Gemeinde sowie zu einem von einer dieser Körperschaften verwalteten Betrieb, einer solchen Unternehmung, Anstalt, Stiftung oder einem solchen Fonds stehen und die gemäß §5 Abs1 Z3, 4 und 12 ASVG von der Vollversicherung nach §4 ASVG ausgenommen sind (§1 Abs2 litb AlVG), waren nach §1 Abs2 litc AlVG (idF vor BGBl. 817/1993) von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommen:
"c) Dienstnehmer, die in einem unkündbaren privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, zu einem Bundesland, einem Bezirk oder einer Gemeinde sowie zu einem von diesen Körperschaften verwalteten Betrieb, einer solchen Unternehmung, Anstalt, Stiftung oder einem solchen Fonds stehen, wenn ihnen aus diesem Dienstverhältnis Anwartschaft auf Ruhegenuß (Provision) zusteht, sowie Dienstnehmer, die in einem unkündbaren privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts stehen, wenn ihnen aus diesem Dienstverhältnis Anwartschaft auf Ruhegenuß (Provision) zusteht, sofern in gesetzlichen Vorschriften oder in den dienstrechtlichen Vorschriften ein Anspruch auf eine Ersatzleistung für den Fall der Arbeitslosigkeit und ein Anspruch auf eine Ersatzleistung für Karenzurlaubsgeld (§§26 bis 31) in einem diesem Bundesgesetz gleichwertigen Ausmaß vorgesehen sind;"
Durch ArtI des Bundesgesetzes BGBl. 817/1993 wurde das Arbeitslosenversicherungsgesetz diesbezüglich geändert. Z2, 21 und 22 des genannten Artikels bestimmten:
"2. §1 Abs2 litc wird aufgehoben. Die bisherigen litd und e erhalten die Bezeichnung litc und d.
...
21. Dem §79 werden folgende Abs7 und 8 angefügt:
'...
(8) §1 Abs1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 817/1993 tritt mit 1. Jänner 1995 in Kraft.'
22. Dem §80 wird folgender Abs3 angefügt:
'(3) §1 Abs2 litc tritt mit Ablauf des 31. Dezember 1994 außer Kraft.'"
Die Gesetzesänderung beruht auf einem Initiativantrag. Laut Ausschußbericht des Nationalrates (1332 BlgNR 18.GP) wurde der Initiativantrag wie folgt begründet:
"Die wirtschaftliche Situation und die finanzielle Lage der Arbeitslosenversicherung machen einige Abänderungen und Ergänzungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung bzw. der Insolvenz-Entgeltsicherung erforderlich, wobei das soziale
Augenmaß gewahrt werden soll. Im einzelnen wird bemerkt:
Zu ArtI:
...
Zu Z2:
In Anbetracht der finanziellen Situation der Arbeitslosenversicherung, die durch das stete Ansteigen der Arbeitslosenzahlen gekennzeichnet ist, sind die Regelungen über die Arbeitslosenversicherungsfreiheit bestimmter privatrechtlicher Dienstverhältnisse und der damit verbundene Entfall von Arbeitslosenversicherungsbeiträgen nicht mehr zu rechtfertigen."
2. Nach dem - insofern unbestrittenen - Vorbringen der Beschwerdeführer waren diese sogenannten definitiven Dienstnehmer der Grazer Stadtwerke AG-Verkehrsbetriebe gemäß §1 Abs2 litc AlVG idF vor der Novelle BGBl. 817/1993 und als solche von der Arbeitslosenversicherungspflicht nach dem AlVG befreit.
3. a) In der Beschwerde wird die Auffassung vertreten, die Einbeziehung der definitiv gestellten, sohin unkündbaren Dienstnehmer, die nach dienstvertraglichen Regelungen Arbeitslosenversicherungsschutz und Karenzgeldansprüche genießen, in die (gesetzliche) Arbeitslosenversicherung sei sachlich nicht gerechtfertigt, weil diese de facto nicht in die Situation kommen könnten, Ansprüche nach dem AlVG geltend zu machen. Das abzudeckende Risiko sei bei diesen Dienstnehmern im Vergleich zu anderen Dienstnehmern vernachlässigbar gering, sodaß eine Gleichstellung mit jenen verfassungswidrig sei. Unsachlich sei es auch, daß - aufgrund des §22 Abs5 BundesbahnG 1992 - bestimmte ÖBB-Bedienstete anders als die Bediensteten anderer Verkehrsunternehmungen von der Arbeitslosenversicherungspflicht weiterhin ausgenommen seien, weshalb die Einbeziehung der vormals von §1 Abs2 litc AlVG erfaßten Personen gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße.
b) Die belangte Behörde beantragt die Abweisung der Beschwerde; der Verfassungsgerichtshof habe die angegriffene Rechtsvorschrift schon mit VfSlg. 14842/1997 als verfassungsmäßig qualifiziert. Zwar teile die belangte Behörde nicht die Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, daß mit ArtI des Bundesgesetzes BGBl. 817/1993 auch jene Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen, die vormals in einem unkündbaren privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund gestanden sind, in die Arbeitslosenversicherungspflicht einbezogen wurden, sodaß eine Gleichheitswidrigkeit nicht gegeben sei, die dann anzunehmen wäre, wenn bloß die Bediensteten der ÖBB, nicht aber gleichartig beschäftigte Bedienstete anderer Verkehrsunternehmungen (und sonstiger in der genannten Bestimmung des §1 Abs2 litc AlVG idF vor BGBl. 817/1993 angeführter Dienstgeber) aus der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommen wären. Ungeachtet dessen sei aber die bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendete Bestimmung verfassungsrechtlich unbedenklich.
4. a) Der Verfassungsgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung VfSlg. 14842/1997 ausführlich mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit jener Bestimmung im Bundesgesetz BGBl. 817/1993 auseinandergesetzt, durch die §1 Abs2 litc AlVG aufgehoben wurde. Er hat mit näherer Begründung dargetan, daß der Gesetzgeber durch die Einbeziehung der vormals durch die genannte Bestimmung des AlVG ausgenommenen Gruppen von Dienstnehmern in die Arbeitslosenversicherungspflicht ungeachtet des Umstandes, daß bei den einbezogenen Personen das versicherte Risiko nur in seltenen Fällen zum Tragen kommen kann, bundesverfassungsrechtliche Schranken nicht verletzt hat. Denn es sei Sache des Gesetzgebers, den Kreis der Personen zu bestimmen, die in bezug auf ein bestimmtes versichertes Risiko zu einer Riskengemeinschaft zusammengefaßt werden und dabei auch bisher nicht versicherte Personen in die Versicherungspflicht einzubeziehen. Dabei sei der Gesetzgeber an die Vorgaben der Bundesverfassung, insbesondere an das sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ergebende Sachlichkeitsgebot gebunden; in concreto habe er bei der Erweiterung des Kreises der Personen, die in der Arbeitslosenversicherung pflichtversichert sind, durch die zitierte Bestimmung der Novelle BGBl. 817/1993 diesen Rahmen aber nicht verletzt.
b) Auch treffe das von der Beschwerde - im damals entschiedenen ebenso wie im gegenständlichen Fall - vorgebrachte Argument nicht zu, daß die Bediensteten der Unternehmung "Österreichische Bundesbahnen" von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommen seien, was die Einbeziehung von Dienstnehmern, für die gleichartige Verhältnisse vorliegen, in die Arbeitslosenversicherungspflicht verfassungswidrig machen würde. Der Verfassungsgerichtshof führte im zitierten Erkenntnis aus, daß der Gesetzgeber in der Tat gegen den Gleichheitsgrundsatz verstieße, würde er die definitiv gestellten Bediensteten der damals beschwerdeführenden Linzer Elektrizitäts-, Fernwärme- und Verkehrsbetriebe AG, deren Dienstverhältnis auf privatrechtlichem Vertrag beruht, im Hinblick auf ihre Arbeitslosenversicherungspflicht anders behandeln, als die definitiv gestellten Bediensteten des Unternehmens "Österreichische Bundesbahnen", deren Dienstverhältnis auf privatrechtlichem Vertrag beruht und die vormals in einem unkündbaren privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund gestanden sind.
Strittig war im seinerzeitigen Verfahren, ob die Übergangsbestimmung des §22 Abs1 und 5 BundesbahnG 1992 die Ausnahme jener Bediensteten der Unternehmung "Österreichische Bundesbahnen", die vormals in einem unkündbaren privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund gestanden sind, von der Arbeitslosenversicherungspflicht bewirkte. Diese Frage entschied der Verfassungsgerichtshof aufgrund einer am Wortlaut des §22 BundesbahnG 1992 orientierten und den systematischen Zusammenhang mit der Novelle BGBl. 817/1993 bedenkenden sowie das Erfordernis verfassungskonformer Interpretation beachtenden Auslegung dahin, daß der Gesetzgeber mit der Novelle BGBl. 817/1993 die Ausnahme der von §1 Abs2 litc AlVG idF vor dieser Novelle erfaßten Dienstnehmer von der Arbeislosenversicherungspflicht im Ergebnis insgesamt beseitigt habe und die genannte Gruppe der Bediensteten der "Österreichischen Bundesbahnen" damit seit 1. Jänner 1995 der Arbeitslosenversicherungspflicht unterliege.
Im einzelnen begründete dies der Verfassungsgerichtshof folgendermaßen:
"Aus Anlaß der Ausgliederung des Wirtschaftskörpers 'Österreichische Bundesbahnen' sah der Gesetzgeber vor, daß das (neu gegründete) Unternehmen Österreichische Bundesbahnen die Rechte und Pflichten des Bundes gegenüber den aktiven Bediensteten und den Empfängern von Ruhe- und Versorgungsgenüssen fortsetzt (§21 Abs1 Satz 1 BundesbahnG 1992 sowohl in der Stammfassung, BGBl. 825/1992, als auch in der Fassung der durch das Erkenntnis VfSlg. 14075/1995 ausgelösten Nov. BGBl. 182/1996, die rückwirkend mit 1. April 1995 (richtig: 1996) in Kraft gesetzt wurde. In §22 leg.cit. bestimmte der Gesetzgeber:
'(1) Bis zu ihrer Neuregelung bleiben durch dieses Bundesgesetz die Bestimmungen über das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsverhältnis unberührt.
...
(4) Die nach den im Abs1 genannten Bestimmungen in ein Dienstverhältnis zu den Österreichischen Bundesbahnen aufgenommenen Bediensteten haben, wenn sie innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten der in Abs2 genannten neuen Rechtsgrundlagen ihre Bereitschaft zum Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis nach den in Abs1 genannten Rechtsgrundlagen erklären, Anspruch auf gleichzeitige Aufnahme in ein Arbeitsverhältnis zu den Österreichischen Bundesbahnen nach den Rechtsgrundlagen für neu eintretende Bedienstete.
(5) Der Anwendungsbereich von Rechtsvorschriften des Bundes, in ihrer jeweils geltenden Fassung, die auf Regelungsinhalte gemäß Abs1 und die diesen Regelungsinhalten bis zum 31. Dezember 1992 zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse abstellen, bleibt unberührt.'
Aus der zuletzt wiedergegebenen Bestimmung des §22 Abs5 BundesbahnG 1992 leiten sowohl die beschwerdeführende Gesellschaft als auch der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales die Ausnahme jener ÖBB-Bediensteten von der Arbeitslosenversicherungspflicht ab, deren Dienstverhältnis gemäß §21 Abs1 BundesbahnG 1992 übergeleitet wurde.
Dieses Ergebnis ist aber von §22 Abs5 BundesbahnG 1992 nicht gedeckt. Nach §22 Abs1 leg.cit. bleiben nämlich nur die Bestimmungen über das 'Dienst-, Besoldungs- und Pensionsverhältnis' unberührt. Wenn es nun im §22 Abs5 heißt, daß der Anwendungsbereich von bundesgesetzlichen Vorschriften, die auf 'Regelungsinhalte gemäß Abs1' abstellen, unberührt bleibt, ergibt schon eine Wortinterpretation, daß davon nicht auch die sozialversicherungsrechtlichen oder die - hier interessierenden - arbeitslosenversicherungsrechtlichen Rechtsvorschriften erfaßt werden, also ebenfalls unberührt bleiben. Eine die Wortfolge 'Bestimmungen über das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsverhältnis' auch auf solche Rechtsvorschriften ausdehnende Interpretation verbietet sich schon deshalb, weil sie zu jenem gleichheitswidrigen Ergebnis führte, das die beschwerdeführende Gesellschaft moniert, mögen sich möglicherweise Anhaltspunkte für eine solche Auslegung aus den nicht völlig eindeutig formulierten Erläuterungen zur RV betreffend das BundesbahnG 1992, 652 BlgNR 18.GP, S 16, ableiten lassen, in denen es zu §22 Abs5 heißt:
'Weiters soll sichergestellt werden, daß die jeweils geltenden Rechtsvorschriften des Bundes, deren Anwendungsbereich sich für die Österreichischen Bundesbahnen ausdrücklich ergibt, unberührt bleiben sowie daß jene Rechtsvorschriften, die bisher auf die Dienstverhältnisse der ÖBB-Bediensteten auf Grund deren Qualifikation als Dienstverhältnisse zum Bund anzuwenden waren, weiterhin anzuwenden sind; weiters wird sichergestellt, daß jene Regelungen, die aus diesem Grund nicht anzuwenden waren, auch hinkünftig nicht anzuwenden sind.'
Nun ist es zwar richtig, daß die Anordnung in §22 Abs1 BundesbahnG 1992, daß die dienstrechlichen Vorschriften der betroffenen Personen unberührt bleiben, angesichts der damaligen Rechtslage im Arbeitslosenversicherungsrecht Auswirkungen auf deren Arbeitslosenversicherungpflicht hatte. Durch die AlVG-Novelle BGBl. 817/1993 und die dadurch erfolgte Einbeziehung der vordem nach §1 Abs2 litc AlVG ausgenommenen Personen ging aber diese Auswirkung verloren. §22 Abs5 ist daher nicht dahin zu verstehen, daß die ehemaligen Bediensteten der ÖBB nicht von der Änderung im AlVG betroffen sind; vielmehr sind auch diese - nach Wegfall des §1 Abs2 litc AlVG - in die Arbeitslosenversicherung einbezogen. §22 Abs5 BundesbahnG 1992 hat lediglich bewirkt, daß den von ihm erfaßten ÖBB-Bediensteten der ihnen durch die Rechtsvorschriften nach Abs1 eingeräumte Anspruch auf eine Ersatzleistung für den Fall der Arbeitslosigkeit bzw. des Karenzurlaubes weiterhin erhalten bleibt."
5. a) Die belangte Behörde meint, es sei ungeachtet des zitierten Erkenntnisses weiterhin die Rechtsauffassung zulässig,
"wonach die Vorschriften über die Arbeitslosenversicherungspflicht bei der Regelung betreffend das 'Dienst-, Besoldungs- und Pensionsverhältnis' in §22 Abs1 und 5 BundesbahnG mitgedacht wurden und von diesen Bestimmungen daher auch mitumfaßt sind. Diese Rechtsauffassung wird durch den Umstand gestützt, daß zum Entstehungszeitpunkt der Regelung keine Arbeitslosenversicherungspflicht für ÖBB-Bedienstete bestand und für den Gesetzgeber somit kein Anlaß für einen ausdrücklich formulierten Ausschluß der Arbeitslosenversicherungspflicht bestand. §22 Abs5 Bundesbahngesetz, den der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. Juni 1997 nicht vollständig zitiert, betrifft - anders als §22 Abs1 Bundesbahngesetz 1992 - nicht nur Regelungen über das 'Dienst-, Besoldungs- und Pensionsverhältnis', sondern seinem ausdrücklichen Wortlaut nach alle Rechtsvorschriften des Bundes, die auf derartige Regelungsinhalte (also das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsverhältnis) und die diesen Regelungsinhalten bis zum 31. Dezember 1992 zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse abstellen. Unter solchen bundesgesetzlichen Rechtsvorschriften, die auf dienst-, besoldungs- und pensionsrechtliche Regelungen der ÖBB-Bediensteten 'abstellen', sind aber ohne Zweifel auch die bundesgesetzlichen Vorschriften des Sozialversicherungsrechtes im allgemeinen und des Arbeitslosenversicherungsrechtes im besonderen zu verstehen.
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu §22 Abs5 BundesbahnG (652 BlgNR 18. GP, 16) bieten für diese Auslegung eine zusätzliche Stütze. Dort heißt es unter anderem, es 'soll sichergestellt werden, daß die jeweils geltenden Rechtsvorschriften des Bundes ... die bisher auf die Dienstverhältnisse der ÖBB-Bediensteten aufgrund deren Qualifikation als Dienstverhältnis zum Bund anzuwenden waren, weiterhin anzuwenden sind; weiters wird sichergestellt, daß jene Regelungen, die aus diesem Grund nicht anzuwenden waren, auch hinkünftig nicht anzuwenden sind'. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß nach der Absicht des Gesetzgebers alle bisher nicht auf die ÖBB anzuwendenden Vorschriften - zu denen auch die Regelungen über die Arbeitslosenversicherung zählen - für diese auch weiterhin nicht gelten sollen. Da §22 Abs5 auch durch die Neufassung des §1 Abs2 litc Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) nicht außer Kraft gesetzt wurde, kann er daher in der dargelegten Bedeutung als lex specialis zum AlVG angesehen werden. Für diese Ansicht lassen sich - entgegen der seinerzeit angenommenen Meinung des Verfassungsgerichtshofes - schließlich auch auf Grund einer verfassungskonformen Auslegung Argumente des vom Verfassungsgerichtshof selbst bei anderer Gelegenheit betonten Vertrauensschutzes ins Treffen führen. Haben doch die ÖBB und ihre Bediensteten auf die Nichteinbeziehung in die Arbeitslosenversicherung und die damit verbundene Befreiung von der Beitragsleistung vertraut. Dieses Vertrauen würde bei einer Einbeziehung ohne besondere Übergangsfristen in verfassungswidriger Weise enttäuscht werden.
Dazu kommt noch die vom Gesetzgeber im Bundesgesetz BGBl. I Nr. 16/1998 klar herausgestrichene Tatsache, daß für die arbeitsrechtlichen Ansprüche der ab 2000 in zwei Schritten in die Arbeitslosenversicherungspflicht einbezogenen Eisenbahnbediensteten der Bund haftet. Insoweit ergibt sich - zusätzlich zum für diese Personengruppe und deren Dienstgeber wegen der erwähnten Spezialregelung im Bundesbahngesetz 1992 besonders qualifiziert zu schützenden Vertrauen in das Weiterbestehen der Ausnahme von der Arbeitslosenversicherungspflicht - ein wesentlicher Unterschied zu anderen unkündbaren privatrechtlichen Bediensteten, deren Ansprüche nicht so fundamental abgesichert sind.
Der Gesetzgeber hat durch die neue gesetzliche Regelung klar zum Ausdruck gebracht, daß er die Einbeziehung aller unkündbaren privatrechtlichen Bediensteten in die Arbeitslosenversicherung, die vom Verfassungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis als verfassungsrechtlich geboten angenommen wurde, beabsichtigt.
Auf Grund des besonders gelagerten Sachverhaltes dürfte es auch aus rechtsstaatlichen Gründen nicht dem Gleichheitsgebot widersprechen, daß jene Personengruppe, die gewissermaßen auf eine besondere gesetzliche Bestandsgarantie und Haftung vertrauen kann, nicht auf Grund der Begründung des Ergebnisses eines Bescheidprüfungsverfahrens, das eine andere Personengruppe betroffen hat, ohne minuziöse Ermittlung der Übereinstimmungen und der Unterschiede zu ähnlichen Personengruppen, ohne Möglichkeit der Mitwirkung und vor allem ohne rechtliches Gehör in der Konsequenz abrupt und sogar rückwirkend in die Arbeitslosenversicherungspflicht einbezogen wird. Eine im Ergebnis überfallartige Einbeziehung jener Bediensteten der ÖBB, die vormals in einem unkündbaren Dienstverhältnis zum Bund gestanden sind, ist offenbar nach Ansicht des Gesetzgebers diesen Bediensteten und ihrem Dienstgeber nicht zumutbar. Der Gesetzgeber hat daher von seinem im Rahmen des verfassungsrechtlich Vertretbaren liegenden Spielraum Gebrauch gemacht und gleichzeitig keinen Zweifel daran gelassen, daß mit Ausnahme einer unverzichtbaren Übergangsphase die Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, daß alle unkündbaren privatrechtlichen Bediensteten hinsichtlich der Arbeitslosenversicherungspflicht gleich zu behandeln sind, ohne Einschränkungen gelten soll. Hätte der Gesetzgeber Zweifel an der Verfassungskonformität der im Bundesgesetz BGBl. I Nr. 16/1998 getroffenen Übergangsregelung gehabt, hätte er seinen ausdrücklichen Willen durch eine Verfassungsbestimmung vor Überprüfung schützen können.
Es wurden den ÖBB daher im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen für jene Bediensteten, die vormals in einem unkündbaren Dienstverhältnis zum Bund standen, keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge vorgeschrieben."
b) Auch die beteiligte Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen meint, daß §22 Abs5 BundesbahnG 1992 (in der folgenden Wiedergabe als "BBG" bezeichnet) nicht das Unberührtbleiben von Rechtsvorschriften des Bundes anordne, die das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrecht der ÖBB-Bediensteten regeln, sondern anordne, daß jene Rechtsvorschriften des Bundes weiterhin anzuwenden seien, die auf dienst-, besoldungs- und pensionsrechtliche Regelungsinhalte abstellen, und führt dazu aus:
"Genau dieser Gesichtspunkt wird im Erkenntnis des VfGH vom 12. Juni 1997 unseres Erachtens übersehen, wenn dort aus dem Umstand, daß es sich beim AlVG um ein dem Sozialversicherungsrecht zuzuordnendes Gesetz handelt, gefolgert wird, ein solches könne nicht von §22 Abs5 BBG erfaßt sein. Das Gegenteil ist richtig.
Das AlVG zählt vielmehr unserer Ansicht nach gerade zum 'Kernbereich' jener Gruppe von Bundesgesetzen, die §22 Abs5 BBG gemeint hat. Denn auf das AlVG und auf sozialversicherungsrechtliche Vorschriften im allgemeinen trifft die in §22 Abs5 BBG explizit normierte Voraussetzung ganz besonders deutlich zu, daß es (das AlVG) bzw. sie (sozialversicherungsrechtliche Gesetzesbestimmungen) auf Regelungsinhalte im Sinne des §22 Abs1 BBG 'abstellen'. Daneben gibt es naturgemäß zahlreiche andere Gesetze, die von §22 Abs5 BBG erfaßt sind. Dies gilt zB für das Arbeiter-Abfertigungsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Urlaubsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Gewährung von Überbrückungshilfen sowie das Arbeitszeitgesetz.
Gerade bei der durch die AlVG-Novelle BGBl. 1993/817 aufgehobenen, früheren Vorschrift des §1 Abs2 litc AlVG wird deutlich, daß die (damalige) Nichtanwendung des AlVG an die besondere Beschaffenheit von Dienstverhältnissen anknüpfte, wobei diese Beschaffenheit auf zweierlei Weise gegeben sein mußte:
Einerseits durch einen bestimmten Regelungsinhalt des Dienstverhältnisses, nämlich die Unkündbarkeit und andererseits aufgrund der Art des Dienstgebers (einer Gebietskörperschaft oder einer von einer solchen verwalteten Unternehmung).
Das AlVG ist somit eine Rechtsvorschrift des Bundes, die auf einen in §22 Abs1 BBG genannten Regelungsinhalt und auf einem solchen Regelungsinhalt zugrunde liegende Rechtsverhältnisse - nämlich auf ein unkündbares Dienstverhältnis von ÖBB-Bediensteten - 'abstellt' im Sinne des §22 Abs5 BBG.
Daraus folgt einerseits, daß die durch §1 Abs2 litc AlVG in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des BBG 1992 geltenden Fassung normierte Nichtanwendung des AlVG auf unkündbare ÖBB-Bedienstete mit Inkrafttreten eben dieses BBG 1992 durch §22 Abs5 leg. cit. aufrecht erhalten worden ist und andererseits, daß sich daran aufgrund §22 Abs5 leg. cit. auch durch die AlVG-Novelle BGBl. 1993/817 nichts geändert hat.
Grundlage für den zweiten Teil der im vorigen Absatz geäußerten Rechtsauffassung ist diesbezüglich die Wortfolge 'in ihrer jeweils geltenden Fassung' in §22 Abs5 BBG.
Der Zweck dieser Wortfolge ist es, die mit §22 Abs5 gemeinten Rechtsvorschriften des Bundes (insbesondere Bundesgesetze) hinsichtlich ihrer Anwendung oder Nichtanwendung auf die ÖBB bzw. deren Bedienstete für den Zeitraum nach Inkrafttreten des BBG 1992 gegen spätere Novellen dieser bundesrechtlichen Vorschriften gleichsam zu 'immunisieren'. Andernfalls hätte der Gesetzgeber anordnen können bzw. müssen, daß der Anwendungsbereich von Rechtsvorschriften des Bundes in ihrer bis zum 31. Dezember 1992, also bis zum Inkrafttreten des BBG 1992 geltenden Fassung durch dieses Bundesgesetz unberührt bleiben solle (oder ähnliches).
§22 Abs5 BBG gewinnt so den Charakter einer Spezialvorschrift (lex specialis) gegenüber den in den von §22 Abs5 BBG erfaßten Rechtsvorschriften des Bundes enthaltenen Normen.
Spätere allgemeine Vorschriften heben nach den anerkannten Regeln der Gesetzeskonkurrenz frühere Spezialnormen grundsätzlich nicht auf. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn dem Gesetzgeber eine Kodifikationsabsicht unterstellt werden kann.
Nun läßt sich aus den Materialien zur AlVG-Novelle BGBl. 1993/817 zwar das Anliegen nach einer Ausweitung des Kreises der in der Arbeitslosenversicherungspflicht einbezogenen Personen erkennen, es findet sich jedoch kein Hinweis, der darauf schließen ließe, daß der AlVG-Gesetzgeber gleichsam beiläufig auch der Bestimmung des §22 Abs5 BBG 1992 derogieren wollte. Ein solches Regelungsanliegen hätte deutlicher zum Ausdruck kommen müssen."
III. Die Beschwerde ist zulässig,
aber nicht begründet:
1. a) Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner in VfSlg. 14842/1997 näher begründeten Rechtsansicht, die Einbeziehung der vordem durch §1 Abs2 litc AlVG ausgenommenen Dienstnehmer in die Arbeitslosenversicherungspflicht sei verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. oben Pkt. II.4.):
Die belangte Behörde und die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen tragen Argumente für die These vor, die definitiv gestellten Bediensteten der ÖBB seien durch die Aufhebung des §1 Abs2 litc AlVG nicht betroffen worden und nach wie vor von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommen. Selbst wenn man mit den Vertretern dieser Auffassung davon ausginge, daß der mögliche Wortsinn eine solche Interpretation zu tragen geeignet sei, verbieten folgende Überlegungen dieses Ergebnis:
Die referierte Ansicht geht von der Auffassung aus, die Übergangsvorschrift des §22 Abs5 BundesbahnG 1992 habe bewirkt, daß der einfache Gesetzgeber auch künftig die Rechtsvorschriften nicht abändern dürfe, für die die bezogene Bestimmung angeordnet hat, daß sie hinsichtlich ihres Anwendungsbereiches unberührt bleiben. Die Bestimmung sei als lex specialis durch die spätere Änderung des AlVG nicht tangiert worden. Nun trifft aber schon die Prämisse dieser Auffassung nicht zu: §22 Abs5 BundesbahnG 1992 betrifft eine größere Anzahl von Rechtsvorschriften, bezieht sich aber nur auf definitiv gestellte Bedienstete der ÖBB; die Aufhebung des §1 Abs2 litc AlVG betrifft zwar eine größere Anzahl von Dienstnehmern, aber bloß die Frage der Arbeitslosenversicherungspflicht. Die Bestimmung ist daher lex specialis hinsichtlich ihres sachlichen Geltungsbereiches, während §22 Abs5 BundesbahnG 1992 lex specialis hinsichtlich des persönlichen Geltungsbereiches ist. In einer solchen Konstellation kann keine Rede davon sein, daß die ältere Vorschrift durch die jüngere nicht verändert werden kann. Für die Auffassung aber, daß der einfache Gesetzgeber bei Erlassung des §22 Abs5 BundesbahnG 1992 diese Regelung gegen spätere Veränderungen jedweder Art immunisieren wollte, läßt sich ein Beleg nicht finden, war es doch die Funktion dieser Bestimmung, Verschlechterungen von Rechtspositionen hintanzuhalten, die mit der Ausgliederung der ÖBB per se verbunden gewesen wären; die Aufhebung der vordem bestehenden Ausnahmebestimmung des §1 Abs2 litc AlVG durch die Novelle BGBl. 817/1993 hätte sich aber auf die betroffene Gruppe von Bundesbahnbediensteten auch ausgewirkt, wenn die ÖBB nicht ausgegliedert worden wären. Angesichts dessen braucht der Frage nicht nachgegangen zu werden, ob es dem einfachen Gesetzgeber von Verfassungs wegen überhaupt möglich und gestattet wäre, den Regelungsgehalt einer Vorschrift vor Veränderung durch spätere Akte der einfachen Gesetzgebung zu schützen.
Dazu kommt, daß das von der Bundesministerin und der Versicherungsanstalt vertretene Ergebnis - wie der Verfassungsgerichtshof schon im zitierten Vorerkenntnis dargetan hat - der Vorschrift einen verfassungswidrigen Inhalt beimißt. Denn es sind weder im Verfahren, das zum Vorerkenntnis geführt hat, noch in diesem Verfahren Umstände hervorgekommen, die es sachlich rechtfertigen würden, die Bediensteten von Verkehrsunternehmungen (und andere von der Aufhebung der Befreiungsbestimmung im AlVG betroffene Dienstnehmer) je nach dem unterschiedlich zu behandeln, ob sie bei den ÖBB oder bei einem anderen (Verkehrs)Unternehmen beschäftigt sind. Dies wird vor dem Hintergrund des hier zur Entscheidung stehenden Falles, in dem es um die Frage der Rechtfertigung der Einbeziehung von Dienstnehmern eines Verkehrsunternehmens einer Landeshauptstadt in die Arbeitslosenversicherungspflicht geht, ebenso deutlich wie angesichts des der Entscheidung VfSlg. 14842/1997 zugrundeliegenden Sachverhaltes.
Wenn die belangte Behörde die unterschiedliche Behandlung damit rechtfertigen will, daß die Bediensteten der ÖBB nicht abrupt in die Arbeitslosenversicherungspflicht einbezogen werden sollten, so ist sie darauf zu verweisen, daß die Einbeziehung der Bediensteten der ÖBB durch Aufhebung der Befreiungsbestimmung des §1 Abs2 litc AlVG durch das Bundesgesetz BGBl. 817/1993 keineswegs abrupter erfolgt ist, als die Einbeziehung anderer Personen, die bis zum Wirksamkeitsbeginn der genannten Novelle von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommen waren. Wieso "eine im Ergebnis überfallartige Einbeziehung jener Bediensteten der ÖBB, die vormals in einem unkündbaren Dienstverhältnis zum Bund gestanden sind, ... offenbar ... diesen Bediensteten und
ihrem Dienstgeber ... nicht zumutbar" sein soll, eine
gleichartige Einbeziehung anderer Gruppen bisher von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommenen Dienstnehmer aber schon, ist nicht nachvollziehbar. Der Umstand schließlich, daß sich der Verfassungsgerichtshof mit der Interpretation von Rechtsvorschriften vor dem Hintergrund des Gleichheitsgrundsatzes erst nach deren Geltungsbeginn auseinandersetzen kann (was im Effekt tatsächlich dazu führen kann, daß der Regelungsgehalt von generellen Normen erst nach ihrem Wirksamkeitsbeginn abschließend geklärt werden kann), ist eine notwendige Konsequenz des Umstandes, daß die verfassungsgerichtliche Kontrolle von Bescheiden und von generellen Rechtsnormen nach dem Konzept der Art139 bis 140a und 144 B-VG erst nach dem Geltungsbeginn bzw. der Rechtskraft des zu überprüfenden Aktes zulässig ist.
b) Was schließlich die Behauptung der Bundesministerin anlangt, der Verfassungsgerichtshof habe im Vorerkenntnis die maßgebliche Gesetzesstelle des §22 Abs5 BundesbahnG 1992 nicht vollständig zitiert und die Entscheidung sei ohne ausreichende Erörterung getroffen worden, ist festzuhalten, daß beide Unterstellungen schlechterdings falsch sind. Hinsichtlich der ersten Behauptung genügt es auf die - oben auszugsweise wiedergegebene - Entscheidung selbst zu verweisen; was die zweite Kritik betrifft, ist die Behörde darauf hinzuweisen, daß die Interpretation des §22 BundesbahnG 1992 in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof am 12. Juni 1997 erörtert wurde und die Parteien des Verfahrens, somit auch die Bundesministerin, in der schriftlichen Ladung zu dieser Verhandlung ausdrücklich darauf hingewiesen wurden, daß die Frage der Interpretation des §22 Abs5 im Verhältnis zu §22 Abs1 BundesbahnG 1992, die Frage, ob sich durch die Novellierung des AlVG die Bedeutung dieser Vorschriften geändert hat, und auch die Frage der Anwendung auf die betroffene Gruppe von ÖBB-Bediensteten Gegenstand besonderer Erörterung in der mündlichen Verhandlung sein werden.
c) Zur Frage, ob der Gesetzgeber durch den Gleichheitssatz im Interesse des Vertrauensschutzes gehalten gewesen wäre, die einmal gewährte Ausnahme von der Arbeitslosenversicherungspflicht insgesamt aufrecht zu erhalten, hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 14842/1997 eingehend Stellung genommen und dazu ausgeführt:
"Nach der mit VfSlg. 12186/1989 beginnenden ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes können gesetzliche Vorschriften mit dem Gleichheitsgrundsatz in Konflikt geraten, weil und insoweit sie die im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage handelnden Normunterworfenen nachträglich belasten. Insbesondere werden Normunterworfene, die im Vertrauen auf eine (rückwirkend geänderte) Rechtslage disponiert haben, in diesem Vertrauen enttäuscht, wenn die gesetzlichen Regelungen nun an Handlungen Belastungen knüpfen, an die im Zeitpunkt der Handlung selbst entsprechende Rechtsfolgen nicht geknüpft waren.
Ein solcher Sachverhalt liegt indessen hier nicht vor. Die Einbeziehung in die Arbeitslosenversicherungspflicht ist nicht etwa derart erfolgt, daß für bereits zurückgelegte Zeiten eines Arbeitsverhältnisses eine Versicherungs- und damit Beitragspflicht begründet worden wäre. Es ist vielmehr eine bis zum Inkrafttreten der Novelle BGBl. 817/1993 versicherungsfreie Tätigkeit infolge der inzwischen eingetretenen Änderung der Rechtslage zu einer versicherungspflichtigen geworden. Enttäuscht worden ist damit die Hoffnung, daß die aufgrund der gegebenen Rechtslage bestehende Versicherungsfreiheit weiterhin aufrecht bleibt. Eine solche Enttäuschung kann aber jede Änderung der Rechtslage bewirken. Stets werden Dispositionen unter Bedachtnahme auf die geltende Rechtslage getroffen und durch deren Verschlechterung in ihren Auswirkungen nachteilig beeinflußt. Das Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage genießt jedoch als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. VfSlg. 11368/1987, 13461/1993, 13657/1993). Es steht dem Gesetzgeber vielmehr frei, die Rechtslage für die Zukunft anders und auch für die Normunterworfenen ungünstiger zu gestalten. Nur unter besonderen Umständen verbietet der Gleichheitsgrundsatz dem Gesetzgeber eine solche die Rechtsposition verschlechternde Rechtsgestaltung. Derartige Umstände sind etwa dann anzunehmen, wenn der Normunterworfene durch eine in Aussicht gestellte Begünstigung zu einem bestimmten Aufwand veranlaßt wurde, der dann wegen Wegfalls der Begünstigung frustriert wird (VfSlg. 12944/1991).
Solche oder vergleichbare Umstände ... sind für den Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar:
Im vorliegenden Fall führt der Wegfall der Versicherungsfreiheit dazu, daß ab 1. Jänner 1995 Arbeitslosenversicherungsbeiträge entrichtet werden müssen; gleichzeitig werden aber Anwartschaften erworben. In dem Umstand, daß daneben aufgrund anderer gesetzlicher oder dienstvertraglicher Regelungen ein Anspruch auf Ersatzleistung für den Fall der Arbeitslosigkeit bzw. des Karenzurlaubes gegenüber dem Dienstgeber besteht, und daß die Versicherung in der Regel zu keiner Versicherungsleistung führen wird, ist eine Verletzung eines geschützten Vertrauens ... nicht zu erblicken."
Diesen Erwägungen ist auch unter dem Blickwinkel der in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahmen nichts hinzuzufügen.
d) Schließlich weisen sowohl die belangte Behörde als auch die Versicherungsanstalt auf das Bundesgesetz BGBl. I 16/1998 hin und suchen aus dessen Regelung ihre Rechtsauffassung zu stützen.
Mit ArtII und III des genannten Bundesgesetzes wurde das AlVG und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz folgendermaßen geändert:
Im AlVG wurde dem §1 ein Abs7 angefügt, der folgenden Wortlaut hat:
"(7) Abs1 (Arbeitslosenversicherungspflicht) ist auf Eisenbahnbedienstete, für deren arbeitsrechtliche Ansprüche der Bund haftet und die unkündbar sind, ab 1. Jänner 2000 anzuwenden."
Dem §2 des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes wurde ein Abs7 folgenden Wortlautes angefügt:
"(7) Für Bedienstete gemäß §1 Abs7 AlVG beträgt der Arbeitslosenversicherungsbeitrag ab 1. Jänner 2000 2 vH, ab 1. Jänner 2001 4 vH und ab 1. Jänner 2002 den für die übrigen Versicherten festgesetzten Prozentsatz."
Das Gesetz BGBl. I 16/1998 ist, da es eine besondere Inkrafttretensregelung nicht enthält, mit 10. Jänner 1998, dem Beginn des auf den Tag der Herausgabe des Bundesgesetzblattes folgenden Tages (Art49 Abs1 B-VG) in Kraft getreten. Es ist daher ausgeschlossen, daß ihm in dem Zeitpunkt, in dem der bekämpfte Bescheid erlassen wurde, rechtliche Relevanz zukam (weshalb auch die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens in Ansehung der zitierten Bestimmung aus Anlaß dieses Verfahrens nicht in Betracht zu ziehen war). Die mögliche Argumentation, aus der zitierten Bestimmung sei - nach Art eines e-contrario-Schlusses - abzuleiten, daß die definitiv gestellten ÖBB-Bediensteten bis zum 31. Dezember 1999 der Arbeitslosenversicherung nicht unterliegen, verbietet sich aus den schon genannten verfassungsrechtlichen Gründen (vgl. Pkt. III.1.a)): Zwar wäre es dem Gesetzgeber von der Verfassung nicht verwehrt (gewesen), in einer solchen Situation, in der die Praxis der Sozialversicherungsbehörden bis zur Entscheidung VfSlg. 14842/1997 davon ausging, daß die definitiv gestellten ÖBB-Bediensteten von der Arbeitslosenversicherungs- und -beitragspflicht ausgenommen waren, eine Regelung zu schaffen, die eine Belastung für vergangene Zeiten vermeidet oder verringert; eine Verlängerung des verfassungswidrigen Zustandes wäre aber verfassungswidrig.
Zur Stützung ihrer Auffassung trägt die Bundesministerin weiters vor:
"Hätte der Gesetzgeber Zweifel an der Verfassungskonformität der im Bundesgesetz BGBl. I Nr.16/1998 getroffenen Übergangsregelung gehabt, hätte er seinen ausdrücklichen Willen durch eine Verfassungsbestimmung vor Überprüfung schützen können."
Dieses "Argument" verkennt die Funktion der Bundesverfassung als normative Grundlage der österreichischen Rechtsordnung und als Rahmen und Grenze für die Tätigkeit des einfachen Gesetzgebers grundlegend. Es ist daher entbehrlich, der Frage im einzelnen nachzugehen, ob und welcher Argumentationswert der damit angesprochenen Überlegung im vorliegenden Zusammenhang zukommt.
e) Der Verfassungsgerichtshof hat somit auch unter dem Blickwinkel des vorliegenden Falles keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Rechtsvorschriften.
2. Bei der Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides könnte die beschwerdeführende Gesellschaft nur durch in die Verfassungssphäre reichende Vollzugsfehler in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden sein. Solches ist aber nicht hervorgekommen.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
3. Gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG konnte diese Entscheidung ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Verhandlung, Rechtsschutz, VfGH / Sachentscheidung Allg, Arbeitslosenversicherung, Bundesbahnbedienstete, Geltungsbereich eines Gesetzes, Derogation, lex specialisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B2658.1997Dokumentnummer
JFT_10018789_97B02658_00