TE UVS Tirol 2008/10/20 2008/K5/3024-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seine Kammer 5, bestehend aus dem Vorsitzenden Mag. Franz Schett, dem Berichterstatter Dr. Franz Triendl und dem weiteren Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst, über die Berufung des Herrn M. N., A., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 24.09.2008, Zl 2-1777/3-2008-N, betreffend eine Übertretung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 24.09.2008, Zl 2-1777/3-2008-N, wurde Herrn M. N., folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Sie haben zu einem unbestimmten Zeitpunkt, jedenfalls vor dem 27.08.2008 (Zeitpunkt der Feststellung) eine landwirtschaftliche Rekultivierung auf der Gp XY, KG A., durchgeführt ohne im Besitz einer abfallrechtlichen Bewilligung dafür zu sein.?

 

Die Erstinstanz ist aufgrund dieses Tatvorwurfes von einer Übertretung nach § 15 Abs 3 iVm § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 ausgegangen und hat über den Beschuldigten gemäß § 79 Abs 2 Z 3 leg cit eine Geldstrafe von Euro 2.500,00, bei Uneinbringlichkeit 25 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurden gemäß § 64 VStG mit 10 Prozent der Geldstrafe bestimmt.

 

Gegen diesen Strafbescheid hat Herr M. N. vor der Erstinstanz fristgerecht mündlich Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und dabei begründend ausgeführt wie folgt:

 

?Ich habe lediglich, den im Zuge eines Bauvorhabens, angefallenen Bauschutt ausgehoben und abgelagert und bin auch diesbezüglich im Besitz eines dafür notwendigen Baubescheides der Gemeinde A.

 

Meines Erachtens unterliegen die von mir durchgeführten Arbeiten keiner Bewilligungspflicht durch die Behörde, da ich lediglich ca 200m3 deponiert habe.

 

Darüberhinaus erscheint es mir nicht nachvollziehbar, weshalb die Behörde von einer reinen Schutzbehauptung ausgeht, da ich auch einen Baubescheid besitze und ist es für jedermann nachvollziehbar, dass ich auf meinem Hof gebaut habe. Im Übrigen wurde kein fremdes Material zugeführt.

 

Des weiteren kann mir kein vorsätzliches Handeln unterstellt werden, zumal ich weder von Seiten der BH Innsbruck noch von einer anderen Behörde aufgefordert wurde, die Aufschüttung einzustellen.?

 

Der Berufungswerber hat daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

 

A) Rechtsgrundlagen:

 

Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen relevant:

 

?1. Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl I Nr 102/2002, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 2/2008:

 

Allgemeine Behandlungspflichten für

Abfallbesitzer

§ 15

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.

hiefür genehmigten Anlagen oder

2.

für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

 

Strafhöhe

§ 79

(2) Wer

3. nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs 1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder die Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs 2 vermischt oder vermengt, begeht , sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist , eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 bis 7.270 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1.800 Euro bedroht.

 

2. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 5/2008:

 

§ 44a

Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;?

 

B) Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Um den Erfordernissen dieser Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu beschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Der Spruch eines Straferkenntnisses muss also so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, dh aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Verwaltungsübertretung geschlossen werden kann (vgl VwSlg 12.466 A/1987 ua).

 

Diesem Erfordernis trägt das angefochtene Straferkenntnis nicht Rechnung. Nach § 15 Abs 3 AWG 2002 strafbar ist die Sammlung, Behandlung und Lagerung von Abfällen außerhalb einer genehmigten Anlage oder eines für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Ortes sowie die Ablagerung von Abfällen außerhalb einer hiefür genehmigten Deponie.

Dem Berufungswerber wird nun zur Last gelegt, er habe dadurch gegen diese Bestimmung verstoßen, dass er zu einem unbestimmten Zeitpunkt vor dem 27.08.2008 auf Gst XY KG A. eine landwirtschaftliche Rekultivierung durchgeführt hat, ohne im Besitz der dafür erforderlichen abfallrechtlichen Bewilligung gewesen zu sein.

Dieser Tatvorwurf ist der als verletzt angesehenen Verwaltungsvorschrift nicht zuordenbar. Dem Schuldspruch lässt sich zunächst nicht entnehmen, dass der Berufungswerber Abfälle iSd AWG 2002 behandelt hat. Weiters ist aufgrund der Tatumschreibung nicht erkennbar, ob die Erstinstanz von einer Abfallbehandlungsmaßnahme (Verwertungs- oder Beseitigungsmaßnahme) ausgegangen ist und wenn ja, von welcher. Bei den durchgeführten Schüttungen könnte es sich, wenn diese mit Abfällen iSd AWG 2002 erfolgt ist, entweder um eine Beseitigungsmaßnahme (Ablagerung auf dem Boden) oder aber um eine Verwertungsmaßnahme (Aufbringung auf dem Boden zum Zwecke der Landwirtschaft) handeln. Diesbezüglich fehlt allerdings , wie erwähnt , eine Klarstellung. Im Falle einer angenommenen Ablagerung von Abfällen wäre dem Berufungswerber außerdem anzulasten, dass diese außerhalb einer genehmigten Deponie erfolgt ist, im Falle einer angenommenen Abfallverwertungsmaßnahme, dass diese außerhalb einer genehmigten Anlage bzw eines dafür vorgesehenen geeigneten Ortes vorgenommen wurde. Auch auf diese Tatbestandsmerkmale wird im erhobenen Tatvorwurf kein Bezug genommen. Wenn es im Schuldspruch schließlich heißt, dass der Berufungswerber die landwirtschaftliche Rekultivierung ohne abfallrechtliche Bewilligung durchgeführt habe, lässt sich auch dies mit dem Tatbild einer Übertretung nach § 15 Abs 3 AWG nicht in Einklang bringen. Im AWG 2002 ist zwar die Erteilung der Bewilligung für die Tätigkeit als Abfallsammler und Abfallbehandler sowie für die Errichtung und den Betrieb von Abfallbehandlungsanlagen vorgesehen, nicht aber die Erteilung einer Genehmigung für die bloße Durchführung einer konkreten Verwertungs- oder Beseitigungsmaßnahme. Vielmehr wird vom Gesetzgeber , wie erwähnt , bestimmt, dass derartige Behandlungsmaßnahmen außerhalb von genehmigten Anlagen oder dafür vorgesehenen geeigneten Orte grundsätzlich untersagt sind, bzw Ablagerungen von Abfällen ausschließlich in dafür genehmigten Deponien erfolgen dürfen.

Eine Richtigstellung des Tatvorwurfes war der Berufungsbehörde verwehrt. ?Sache? des Berufungsverfahrens im Sinne des § 66 Abs 4 AVG ist nämlich, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat (vgl VwGH v. 24.06.1948 in Slg NF Nr 460/A, v. 23.06.1975 in Slg NF Nr 8855/A und v. 27.06.1975 in Slg NF Nr 88641A), immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat. Demnach darf die Berufungsbehörde ohne Überschreitung ihrer Befugnis nur die Frage prüfen, ob der Beschuldigte die ihm von der Erstbehörde angelastete Tat begangen hat oder nicht. Hingegen fehlt der Berufungsbehörde die Sachbefugnis zur Wahrnehmung einer dem Beschuldigten von der Erstbehörde nicht vorgeworfenen bzw von dieser nicht als erwiesen angenommenen Tat.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund würde es eine unzulässige Auswechslung der Tat bedeuten, wenn die dem Berufungswerber anzulastende Tat erstmals im Berufungserkenntnis so modifiziert wird, dass sie unter § 79 Abs 2 Z 3 iVm 15 Abs 3 AWG 2002 subsumiert werden kann.

 

Folgerichtig war der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis zu beheben. Von der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war indes abzusehen, weil die in Rede stehende Maßnahme offenkundig im Zeitraum zwischen März und August 2008 gesetzt worden ist und damit die Verfolgungsverjährungsfrist für einen korrekten Tatvorwurf noch nicht geendet hat. Der Vollständigkeit halber wird außerdem angemerkt, dass in einem fortgesetzten Verfahren jedenfalls ergänzende Erhebungen durchzuführen wären, um eine eindeutige rechtliche Qualifikation des Sachverhaltes zu ermöglichen. So fehlen insbesondere Feststellungen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob gegenständlich von einer Beseitigungs- oder Verwertungsmaßnahme auszugehen ist. Ebenfalls wird angemerkt, dass die im angefochtenen Straferkenntnis erfolgte Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Tagen keine gesetzliche Deckung findet. Da das AWG 2002 bezüglich der Ersatzfreiheitsstrafe keine Regelungen trifft, darf diese gemäß § 16 Abs 2 VStG maximal zwei Wochen betragen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Dem, Berufungswerber, wird, zur, Last, gelegt, er, habe, dadurch, gegen, diese, Bestimmung, verstoßen, dass, er, zu, einem, unbestimmten, Zeitpunkt, vor, dem, 27.08.2008, auf Gst XY, eine, landwirtschaftliche, Rekultigierung, durchgeführt, hat, ohne, im, Besitz, der, dafür, erforderlichen, abfallrechtlichen, Bewilligung, zu, sein, Dieser, Tatvorwurf, ist, der, als, verletzt, angesehenen, Verwaltungsvorschrift, nicht zuordenbar
Zuletzt aktualisiert am
18.11.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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