Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Christian Erkinger über die Berufung der Frau I C, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. M F, H 20, D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 12.02.2008, GZ.: 15.1 11110/2007, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 12.02.2008, GZ.:
15.1 11110/2007, wurde der Berufungswerberin angelastet, sie habe am 24.09.2007 um 07.10 Uhr im Gemeindegebiet von B G die Gemeindestraße L im Bereiche des Hauses Nr. 18 die Fahrbahn nicht in angemessener Eile überquert zu haben, weil sie in der Mitte der Fahrbahn des öffentlichen Weges, Grundstück-Nr. 1026 (öffentlicher Weg), KG N, gestanden sei und somit den Kraftfahrzeugverkehr behindert habe, sodass der Lenker des LKWs mit dem behördlichen Kennzeichen, Herr W W, an der Weiterfahrt gehindert worden sei. Wegen dieser Übertretung des § 76 Abs 5 StVO wurde über sie eine Geldstrafe in der Höhe von ? 150,00 (1 Tag und 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. In der dagegen erhobenen rechtzeitigen Berufung verweist die Berufungswerberin über ihre ausgewiesene Vertreterin auf einen Beschluss des Gemeinderates vom 05.03.1998, wonach entsprechend dieses Planes nicht das Grundstück 1026, sondern das Grundstück 1023 in das Grundstück 1016 einmündet. Somit stelle dieser Teilbereich nicht mehr eine öffentliche Weganlage dar. Es handle sich somit um eine Privatstraße, die vom Anwendungsbereich der StVO ausgenommen sei. Jedenfalls habe sich die Berufungswerberin am Weg aufgehalten, um aus ihrer Sicht auf den Privatweg, jedenfalls aber auf die ungeklärten Besitzverhältnisse hinzuweisen. Ihr sei jedoch angelastet worden, den Weg nicht in angemessener Eile überquert zu haben. Sie sei nicht als Fußgängerin im Sinne des § 76 StVO anzusehen und habe somit nicht den Tatbestand des § 76 Abs 5 StVO verwirklicht. Im Übrigen habe auch sie nicht überraschend die Fahrbahn vor den Fahrzeugen mit dem Kennzeichen und betreten. Im Übrigen werden ihr auch Übertretungen am 17.09.2007 und 02.10.2007 vorgeworfen. Soweit überhaupt die Anwendbarkeit der StVO und die Strafbarkeit danach gegeben sei, sei von einem fortgesetzten Delikt auszugehen. Hiebei werde auf die diesbezügliche verwaltungsrechtliche Judikatur (vgl. VwGH 05.07.1982, Zl. 3593/80) hingewiesen. Es werde beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen. Unter Ladung der Verfahrensparteien und erforderlichen Zeugen wurde die beantragte öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt und konnte anlässlich dieser der für die Entscheidungsfindung wesentliche Sachverhalt wie folgt festgestellt werden: Demnach hat die Berufungswerberin am 24.09.2007 um 07.10 Uhr die Gemeindestraße L im Bereich des Hauses Nr. 18 durch ihre Person und durch das Aufstellen einer Scheibtruhe insoferne blockiert, als sie Herrn W W für einen Zeitraum von 5 bis 10 Minuten an der Weiterfahrt gehindert hat. Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die Aussage des Zeugen W und auch des Zeugen BI M. Der Meldungsleger verwies im Wesentlichen auf die Festhaltungen in der Anzeige. Ergeben hat sich aus den getroffenen Feststellungen, dass die Berufungswerberin zu diesem Zeitpunkt, d.h. zumindest für den Zeitpunkt der anzunehmenden Übertretung nicht als Fußgängerin den öffentlichen Weg benutzt hat, sondern zum Zwecke einer Behinderung bzw. Demonstration, um auf ihrer Ansicht nach ungeklärte Besitzverhältnisse hinzuweisen, sich dort aufhielt. Diese Umstände ergeben sich nachweislich und nachvollziehbar einerseits aus der Anzeige, andererseits auch aus den Angaben des Anzeigers W anlässlich der durchgeführten Berufungsverhandlung. Die erkennende Behörde hat anhand der getroffenen Feststellungen in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen: Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 76 Abs 5 StVO haben Fußgänger die Fahrbahn in angemessener Eile zu überqueren. Außerhalb von Schutzwegen haben sie den kürzesten Weg zu wählen; hiebei dürfen sie den Fahrzeugverkehr nicht behindern. In diesem Zusammenhang konnte insbesondere aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren abgeklärt werden, dass die Berufungswerberin sich tatsächlich am 24.09.2007, um 07.10 Uhr im Bereich der Fahrbahn des öffentlichen Weges Grundstück Nr. 1026 (Gemeindestraße L) aufgehalten hat, um auf offenbar nicht geklärte Besitzverhältnisse hinzuweisen. Sie hat, wie bereits festgestellt wurde, dabei mit einer Scheibtruhe die Fahrbahn für eine längere Zeit blockiert. Zur Last gelegt wurde ihr, dass sie als Fußgängerin die Fahrbahn nicht in angemessener Eile überquert habe, dadurch, dass sie auf der Mitte der Fahrbahn gestanden sei und auch Personen an der Weiterfahrt gehindert habe. Die Bestimmungen des § 76 StVO regeln den Fußgängerverkehr. Demgegenüber stehen die Bestimmungen des § 82 StVO, die die Benützung von Straßen zu verkehrsfremden Zwecken regeln. Auch wenn diesbezügliche Abgrenzungsfragen nicht immer leicht und eindeutig zu beurteilen sind, ist auch schon vom Schutzzweckgedanken her davon auszugehen, dass die Schutznorm des § 76 Abs 5 StVO in erster Linie dem Schutz des Fußgängers dient und darüber hinaus ganz allgemein die Vermeidung von Verkehrsunfällen bezweckt. Von der Intention der Benutzung der Straße war nun davon auszugehen, dass die Berufungswerberin, dies wurde im Übrigen auch vom Meldungsleger bestätigt, sich deshalb auf der Straße aufhielt, um, wie bereits erwähnt, darauf hinzuweisen, dass es sich ihrer Meinung nach um einen Privatweg handle und sie aus diesem Grund auch den Weg absichtlich blockierte. Schon aus diesem Grund geht die erkennende Behörde davon aus, dass im Sinne einer diesbezüglichen teleologischen Interpretation die Anwendung des § 76 Abs 5 StVO für derartige Umstände nicht gegeben war, sondern allenfalls § 82 StVO zur Anwendung gelangen hätte müssen (vgl. hiebei als argumentum e contrario VwGH 12.07.1963, Zl. 392/62, wonach für die Zulässigkeit der Unterstellung unter die Vorschrift des § 76 Abs 1 leg cit auch von Bedeutung ist, ob ein Fußgänger die Straße überqueren wollte oder ob er sich aus anderen Gründen auf die Fahrbahn begab). Nur im letzteren Fall hätte in dieser Entscheidung § 76 Abs 1 StVO angewendet werden können und zwar auch dann, wenn ein Betreten der Fahrbahn überraschend erfolgt wäre. Auch wenn diese Entscheidung auf § 76 Abs 1 StVO Bezug nimmt, war relevant, ob die Berufungswerberin als Fußgängerin im Sinne des Gesetzes, sei es nun § 76 Abs 1 oder § 76 Abs 5 StVO, anzusehen war. Gerade derartiges war in der gegenständlichen Causa jedoch nicht anzunehmen (vgl. in diesem Zusammenhang auch VwGH 24.03.1982, Zl. 3162/80, ÖJZ 1982, 585, wonach jemand, der sich auf die Fahrbahn legt und den Verkehr behindert, um dadurch auf die ungeklärten Besitzverhältnisse am Straßengrund aufmerksam zu machen, nicht als Fußgänger im Sinne des § 76 (hier Abs 1) leg cit anzusehen ist). Ein solches Verhalten verwirklicht den Tatbestand des § 99 Abs 3 lit d leg cit, demzufolge jede Benützung einer Straße zu verkehrsfremden Zwecken ohne Bewilligung verboten ist, sofern das Gesetz für ein solches Verhalten nicht einen eigenen Straftatbestand vorsieht. Somit ist nicht nur das Liegen auf der Fahrbahn, sondern sehr wohl auch das Stehen, Sitzen oder sonstige Verweilen auf der Fahrbahn als je nach Intention des Verweilens, in welcher Form auch immer dies gestaltet ist, im Sinne der getroffenen Ausführungen zu qualifizieren. Aus den genannten Gründen war somit der diesbezüglich angenommene Sachverhalt unrichtigerweise der Vorschrift des § 76 StVO subsumiert worden und somit spruchgemäß zu entscheiden.