TE UVS Burgenland 2008/10/27 156/12/08012

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Veröffentlicht am 27.10.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Dr. Giefing über die Berufung des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt *** in *** vom 15.10.2008, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 24.09.2008, Zl. 300-4072-2008, wegen Bestrafung nach dem LMSVG zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 24.09.2008, Zl. 300-4072-2008, wurde der Berufungswerber (BW) schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der *** GesmbH mit Sitz in ***, zu verantworten, dass in der weiteren Betriebsstätte in ***, das Produkt Eiswürfel (eigene Erzeugung), entgegen den Vorschriften des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes in Verkehr gebracht worden sei, obwohl es verboten ist, Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, in Verkehr zu bringen. In der Probe seien aerobe Keime bei 22 Grad Celsius (über 30.000 KBE/ml) und aerobe Keime bei 36 Grad Celsius (8.000 KBE/ml) nachweisbar gewesen. Wegen Übertretung des § 5 Abs. 5 Z. 2 LMSVG iVm. § 5 Abs. 1 Z. 1 LMSVG wurde über den BW gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG eine Geldstrafe von 400 Euro verhängt sowie Untersuchungskosten in der Höhe von 82,50 Euro auferlegt.

 

Dagegen wurde fristgerecht mit näherer Begründung Berufung erhoben.

 

Die Berufung ist aus folgenden Gründen berechtigt:

 

§ 5 LMSVG lautet in der hier maßgeblichen geltenden Fassung:

 

§ 5. (1) Es ist verboten, Lebensmittel, die

1.

nicht sicher gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind, d. h. gesundheitsschädlich oder für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, oder

2.

verfälscht oder wertgemindert sind, ohne dass dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist, oder

3.

den nach den § 4 Abs. 3, §§ 6 oder 57 Abs. 1 erlassenen Verordnungen nicht entsprechen, in Verkehr zu bringen.

(2) Es ist verboten, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen oder zu bewerben. Zur Irreführung geeignete Angaben sind insbesondere

1.

zur Täuschung geeignete Angaben über die Eigenschaften des Lebensmittels, wie Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart;

2.

Angaben von Wirkungen oder Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt;

3.

Angaben, durch die zu verstehen gegeben wird, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen.

(3) Es ist verboten, beim Inverkehrbringen oder in der Werbung einem Lebensmittel Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuzuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen zu lassen. Dies gilt nicht für diätetische Lebensmittel, soweit es sich um wahrheitsgemäße Angaben über den diätetischen Zweck handelt.

(4) Die Verbote der Abs. 2 und 3 gelten sinngemäß auch für die Aufmachung.

(5) Lebensmittel sind

1.

gesundheitsschädlich, wenn sie geeignet sind, die Gesundheit zu gefährden oder zu schädigen;

2.

für den menschlichen Verzehr ungeeignet, wenn die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet ist;

3.

verfälscht, wenn ihnen wertbestimmende Bestandteile, deren Gehalt vorausgesetzt wird, nicht oder nicht ausreichend hinzugefügt oder ganz oder teilweise entzogen wurden, oder sie durch Zusatz oder Nichtentzug wertvermindernder Stoffe  verschlechtert wurden, oder ihnen durch Zusätze oder Manipulationen der Anschein einer besseren Beschaffenheit verliehen oder ihre Minderwertigkeit überdeckt wurde, oder wenn sie nach einer unzulässigen Verfahrensart hergestellt wurden;

4.

wertgemindert, wenn sie nach der Herstellung, ohne dass eine weitere Behandlung erfolgt ist, eine erhebliche Minderung an wertbestimmenden Bestandteilen oder ihrer spezifischen, wertbestimmenden Wirkung oder Eigenschaft erfahren haben, soweit sie nicht für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind.

 

Nach § 44a VStG hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, u. a. die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten (Z. 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z. 2).

 

Die als erwiesen angenommene Tat, das ist der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt, muss konkretisiert, d. h. insbesondere nach Ort und Zeit seiner Verwirklichung präzise und so bestimmt umschrieben werden, dass kein Zweifel daran aufkommen kann, wofür der Täter bestraft worden ist. Es muss eine eindeutige Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich sein. Die Umschreibung der Tat muss so genau sein, dass der Täter in der Lage ist, im weiteren Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten; insbesondere in zeitlicher und örtlicher Hinsicht muss das Verhalten so exakt umschrieben sein, dass sichergestellt ist, dass der Beschuldigte nicht nochmals wegen derselben Tat verfolgt wird.

 

Im Bescheidspruch bedarf es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes daher der Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind. Der Spruch eines Straferkenntnisses muss also so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, d.h. dass aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Verwaltungsübertretung geschlossen werden kann.

 

Mit dem bloßen Hinweis, der BW sei dafür verantwortlich, dass Eiswürfel in Verkehr gebracht worden sind, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, wird nicht mit der gemäß § 44a Z. 1 VStG erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, welche Tat - Handlung oder Unterlassung - dem BW als Verwaltungsübertretung zur Last gelegt worden ist; es lässt sich aus dem Spruch des Bescheides auch nicht erkennen, worin das Inverkehrbringen bestanden habe bzw. durch welche Vorgangsweise dies geschehen sein soll (vgl. etwa VwGH 18.10.1999, 98/10/004, VwGH 21.2.1983, 81/10/0046). Da diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten ist, war der angefochtene Bescheid zu beheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG einzustellen.

 

In Ansehung dieses Ergebnisses hat der BW auch nicht die Kosten der Lebensmitteluntersuchung zu bezahlen:

 

Nach § 71 Abs. 3 LMSVG ist im Verwaltungsstrafverfahren im Straferkenntnis der zum Kostenersatz verpflichteten Partei der Ersatz der Kosten an die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (oder an die jeweilige Untersuchungsanstalt der Länder) vorzuschreiben. Aus der Verwendung des Wortes ?Straferkenntnis? durch den Gesetzgeber folgt, dass eine Kostenauferlegung nur dann stattfinden kann, wenn es zu einer Bestrafung des Beschuldigten kommt. Dies ergibt sich auch daraus, dass § 71 Abs. 2 LMSVG für das gerichtliche Strafverfahren hinsichtlich der Kosten der Untersuchung auf die Bestimmungen der §§ 389 bis 392 StPO verweist. Diese sehen eine Kostenauferlegung auch nur für den Fall vor, dass das gerichtliche Strafverfahren durch Verurteilung endet. Es wird nicht angenommen, dass im gerichtlichen Strafverfahren eine Kostenauferlegung nicht zulässig sei, wenn es zu keiner Verurteilung kommt, im Verwaltungsstrafverfahren aber den Beschuldigten in jedem Fall eine Verpflichtung zur Kostentragung träfe.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die belangte Behörde wird auf die Informationspflichten nach § 91 LMSVG hingewiesen.

Schlagworte
Kosten der Untersuchung, Inverkehrbringen, Anfordernisse an Spruch des Bescheides
Zuletzt aktualisiert am
11.11.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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