Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seinen stellvertretenden Vorsitzenden Mag. Albin Larcher über die Berufung des Herrn W. D., vertreten durch die H. und R. Rechtsanwälte GmbH, W., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 06.08.2008 zur Zl VA-40-2006, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
Mit dem angefochtenen Bescheid entzog die Bezirkshauptmannschaft Kufstein gemäß §§ 30, 32 und 39 FSG die tschechische Lenkberechtigung für die Klasse B, ausgestellt am 05.12.2007 von der Kommunalbehörde der Stadt Lovosice zur Zl ED291766 bis zu jenem Zeitpunkt zu dem die Entziehung der (österreichischen) Lenkberechtigung laut Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 03.04.2006, Zl VA-40-2006, ende, sohin bis zur Absolvierung einer Nachschulung und der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme. Weiters wurde einer allfälligen Berufung gemäß § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Begründend wurde auf die Bestimmung des § 30 Abs 3 FSG der durch die 11. Führerscheingesetzesnovelle BGBl I Nr 31/2008 in das Führerscheingesetz aufgenommen worden war, verwiesen. Die Bezirkshauptmannschaft Kufstein ging in ihrem Bescheid davon aus, dass aufgrund eines Führerscheinentzuges aus dem Jahr 2006 und der darin angeordneten Absolvierung einer Nachschulung nach wie vor ein aufrechtes Lenkverbot bestehen würde und somit die Anerkennung einer von einem anderem Mitgliedsstaat der Europäischen Union erteilten Lenkberechtigung unzulässig sei.
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Berufung erhoben und im Wesentlichen auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes verwiesen, demzufolge die Republik Österreich verpflichtet sei, die hier vorliegende tschechische Lenkberechtigung anzuerkennen. Dies deshalb, da gegen den Berufungswerber, derzeit keine Maßnahme mehr offen sei, die es erlaube eine tschechische Lenkberechtigung nicht anzuerkennen. Zur Untermauerung dieses Vorbringens wurde auf mehrere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes verwiesen.
A. Sachverhalt:
Der Berufungswerber ist seit 21.9.2001 durchgehend mit Hauptwohnsitz in K., XY 127, polizeilich gemeldet und war im Besitz einer Lenkberechtigung für alle Klassen (Führerschein vom 02.11.2004 zur Zl 705-4a-3076-2004-FS, ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein).
Mit Bescheid vom 03.04.2006 zur Zl VA-40-2006 wurde diese Lenkberechtigung für die Dauer von 17 Monaten, gerechnet ab dem 21.01.2006 (Tag der vorläufigen Abnahme des Führerscheins) entzogen. Weiters wurde mit demselben Bescheid das Recht aberkannt von einer allfälligen ausländischen Lenkberechtigung in Österreich für die Dauer der Entzugszeit Gebrauch zu machen. Als begleitende Maßnahme zu diesem Führerscheinentzug wurde gemäß § 24 Abs 3 FSG eine Nachschulung als begleitende Maßnahme angeordnet. Weiters wurde vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung unter Einbeziehung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Am 05.12.2007 stellte die kommunale Behörde der Stadt L. der Tschechischen Republik dem Berufungswerber eine Lenkberechtigung für die Gruppe B aus (Führerschein vom 05.12.2007 zur Zl ED291766).
Dieser tschechische Führerschein wurde dem Berufungswerber im Zuge einer Verkehrskontrolle am 17.07.2008 von Polizeibeamten der PI Kramsach abgenommen und in weiterer Folge der Bezirkshauptmannschaft Kufstein übermittelt. Daraufhin erließ die Bezirkshauptmannschaft Kufstein den nunmehr angefochtenen Bescheid.
Die Sachverhaltsfeststellungen ergaben sich aufgrund des vorliegenden erstinstanzlichen Führerscheinaktes zur Zl VA-40-2006 sowie durch Einsicht in den Akt des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol zur Zl 2008/20/2357. Anlässlich einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol am 01.10.2008 wurde der Sachverhalt vom Berufungswerber insoferne auch außer Streit gestellt.
B. Rechtliche Grundlagen:
Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz, FSG) BGBl I Nr 120/1997 idF BGBl I Nr 31/2008:
§ 24 (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1.
die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2.
die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs 5 ein neuer Führerschein auszustellen.
(2) Die Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann auch nur hinsichtlich bestimmter Klassen ausgesprochen werden, wenn der Grund für die Entziehung oder Einschränkung nur mit der Eigenart des Lenkens dieser bestimmten Klasse zusammenhängt. Die Entziehung bestimmter Klassen ist, wenn zumindest noch eine weitere Lenkberechtigung aufrecht bleibt, in den Führerschein einzutragen. Eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung für die Klassen C (C1) und D nach sich, eine Entziehung einer der Klassen C (C1) oder D zieht die Entziehung der jeweils anderen Klasse nach sich.
(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a eine Nachschulung anzuordnen:
1.
wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,
2.
wegen einer zweiten in § 7 Abs 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder
3.
wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 oder 1a StVO 1960. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs 2 nicht befolgt oder wurde dabei die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung jener Klasse, für die die angeordnete(n) Stufe(n) nicht absolviert wurde(n), bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Eine diesbezügliche Entziehung der Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung der Klassen C, C und E, D, D und E oder der Unterklasse C1 und C1 und E nach sich. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen.
(3a) Stellt sich im Laufe des gemäß Abs 3 zweiter und vierter Satz durchgeführten Entziehungsverfahrens heraus, dass der Betreffende von Alkohol abhängig ist, ist von einer Anordnung oder Absolvierung der noch nicht durchgeführten Untersuchungen oder Maßnahmen abzusehen.
(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.
(5) Die Nachschulungen dürfen nur von gemäß § 36 hiezu ermächtigten Einrichtungen durchgeführt werden. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat, dem Stand der Wissenschaft und Technik entsprechend, durch Verordnung die näheren Bestimmungen festzusetzen über
1.
die Voraussetzungen räumlicher und personeller Art für die Ermächtigung zur Durchführung von Nachschulungen,
2.
die fachlichen Voraussetzungen für die zur Durchführung von Nachschulungen Berechtigten,
3.
den Inhalt und zeitlichen Umfang der Nachschulungen,
4.
die Meldepflichten an die Behörde,
5.
Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Nachschulungen und
6.
die Zusammensetzung und Aufgaben des verkehrspsychologischen Koordinationsausschusses,
7.
die Kosten der Nachschulung.
§ 30. (1) Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen kann das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 auszusprechen. Für die Aberkennung ist die Behörde zuständig, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Führerscheinbesitzer seinen Aufenthalt hat; sie hat den Führerschein abzunehmen und bis zum Ablauf der festgesetzten Frist oder bis zur Ausreise des Besitzers zurückzubehalten, falls nicht gemäß Abs 2 vorzugehen ist. Hat der betroffene Lenker keinen Wohnsitz (§ 5 Abs 1 Z 1) in Österreich, ist seiner Wohnsitzbehörde auf Anfrage von der Behörde, die das Verfahren durchgeführt hat, Auskunft über die Maßnahme der Aberkennung zu erteilen.
(2) Betrifft das Verfahren gemäß Abs 1 den Besitzer eines Führerscheines, der in einem Staat ausgestellt wurde, der Vertragspartei eines Übereinkommens über die gegenseitige Anerkennung einer Maßnahme bei Verkehrsdelikten ist, so ist dessen Führerschein zusammen mit einer Sachverhaltsdarstellung an den Herkunftstaat zu übermitteln, wenn die Aberkennung auf Grund eines in diesem Übereinkommen genannten Deliktes erfolgt ist.
(3) Betrifft das Verfahren gemäß Abs 1 den Besitzer einer in einem EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung, der seinen Wohnsitz (§ 5 Abs 1 Z 1) in Österreich hat, so hat die Behörde eine Entziehung auszusprechen und den Führerschein des Betroffenen einzuziehen und der Ausstellungsbehörde zurückzustellen. Die Behörde hat auch die Entziehung der Lenkberechtigung eines anderen EWR-Staates anzuordnen, wenn eine Person mit Wohnsitz in Österreich eine solche Lenkberechtigung zu einem Zeitpunkt erlangt hat, in dem in Österreich bereits die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen war. In diesem Fall ist die Lenkberechtigung bis zu jenem Zeitpunkt zu entziehen, zu dem die bereits angeordnete Entziehungsdauer endet. Hat eine Person mit Wohnsitz in Österreich, der die Lenkberechtigung in Österreich wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung entzogen wurde, trotzdem in einem EWR-Staat eine Lenkberechtigung erworben, so ist diese anzuerkennen, es sei denn, ein gemäß § 24 Abs 4 eingeholtes amtsärztliches Gutachten bestätigt, dass die gesundheitliche Nichteignung nach wie vor besteht.
(4) Nach Ablauf der Entziehungsdauer hat der Betroffene einen Antrag auf Ausstellung eines österreichischen Führerscheines gemäß § 15 Abs 3 oder, falls die Entziehungsdauer länger als 18 Monate war, auf Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung zu stellen.
Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung)
Artikel 2
1.
Die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine werden gegenseitig anerkannt.
2.
Begründet der Inhaber eines gültigen Führerscheins mit einer von Artikel 7 Absatz 2 abweichenden Gültigkeitsdauer seinen ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem, der den Führerschein ausgestellt hat, so kann der Aufnahmemitgliedstaat nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Tag, an dem der Führerscheininhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats begründet hat, die in dem genannten Artikel vorgesehene Gültigkeitsdauer auf den Führerschein anwenden, indem er den Führerschein erneuert.
Artikel 11
1.
Hat der Inhaber eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat begründet, so kann er einen Antrag auf Umtausch seines Führerscheins gegen einen gleichwertigen Führerschein stellen. Es ist Sache des umtauschenden Mitgliedstaats, zu prüfen, für welche Fahrzeugklasse der vorgelegte Führerschein tatsächlich noch gültig ist.
2.
Vorbehaltlich der Einhaltung des straf- und polizeirechtlichen Territorialitätsgrundsatzes kann der Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes auf den Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins seine innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis anwenden und zu diesem Zweck den betreffenden Führerschein erforderlichenfalls umtauschen.
3.
Der umtauschende Mitgliedstaat leitet den abgegebenen Führerschein an die zuständige Stelle des Mitgliedstaats, der ihn ausgestellt hat, zurück und gibt die Gründe dafür an.
4.
Ein Mitgliedstaat lehnt es ab, einem Bewerber, dessen Führerschein in einem anderen Mitgliedstaat eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen wurde, einen Führerschein auszustellen.
Ein Mitgliedstaat lehnt die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins ab, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, deren Führerschein im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen worden ist.
Ein Mitgliedstaat kann es ferner ablehnen, einem Bewerber, dessen Führerschein in einem anderen Mitgliedstaat aufgehoben wurde, einen Führerschein auszustellen.
5.
Die Ersetzung eines Führerscheins infolge beispielsweise von Verlust oder Diebstahl kann nur bei den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats erlangt werden, in dem der Führerscheininhaber seinen ordentlichen Wohnsitz hat; diese nehmen die Ersetzung anhand der ihnen vorliegenden Informationen oder gegebenenfalls anhand einer Bescheinigung der zuständigen Behörden des Mitgliedstaats vor, die den ursprünglichen Führerschein ausgestellt haben.
6.
Tauscht ein Mitgliedstaat einen von einem Drittland ausgestellten Führerschein gegen einen EG-Muster-Führerschein um, so wird der Umtausch in dem EG-Muster-Führerschein vermerkt; dies gilt auch für jede spätere Erneuerung oder Ersetzung.
Der Umtausch darf nur dann vorgenommen werden, wenn der von einem Drittland ausgestellte Führerschein den zuständigen Behörden des umtauschenden Mitgliedstaats ausgehändigt worden ist. Verlegt der Inhaber dieses Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat, so braucht dieser Mitgliedstaat den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gemäß Artikel 2 nicht anzuwenden.
Artikel 12
Im Sinne dieser Richtlinie gilt als ordentlicher Wohnsitz der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder, im Falle eines Führerscheininhabers ohne berufliche Bindungen, wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen dem Führerscheininhaber und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, dh während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt.
Als ordentlicher Wohnsitz eines Führerscheininhabers, dessen berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem seiner persönlichen Bindungen liegen und der sich daher abwechselnd an verschiedenen Orten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten aufhalten muss, gilt jedoch der Ort seiner persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt. Diese letztgenannte Voraussetzung muss nicht erfüllt sein, wenn sich der Führerscheininhaber in einem Mitgliedstaat zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält. Der Besuch einer Universität oder einer Schule hat keine Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes zur Folge.
Artikel 16
1.
Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen bis zum 19. Januar 2011 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um Artikel 1 Absatz 1, Artikel 3, Artikel 4 Absätze 1, 2 und 3 sowie Absatz 4 Buchstaben b bis k, Artikel 6 Absatz 1 sowie Absatz 2 Buchstaben a, c, d und e, Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b, c und d sowie Absätze 2, 3 und 5, die Artikel 8, 10, 13, 14 und 15 sowie Anhang I Nummer 2, Anhang II Nummer 5.2 in Bezug auf die Klassen A1, A2 und A und den Anhängen IV, V und VI nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.
2.
Sie wenden diese Vorschriften ab dem 19. Januar 2013 an.
3.
Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Vorschriften enthalten ferner den Hinweis, dass die Verweise in den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf die aufgehobene Richtlinie, als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie gelten. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme und die Formulierung dieses Hinweises.
4.
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.
C. Rechtliche Würdigung:
Der Richtlinie 2006/126/EG (ebenso wie der vorhergehenden Richtlinie 91/439/EWG ) ist der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Lenkberechtigungen anderer Mitgliedsstaaten zu entnehmen. Dieser Grundsatz wurde aufgestellt, um die Freizügigkeit von Personen zu erleichtern, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen niederlassen, in dem sie ihre Fahrprüfung abgelegt haben. Dazu hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Regelungen über die Ausstellung und die gegenseitige Anerkennung der Führerscheine durch die Mitgliedstaaten sowohl unmittelbaren als auch mittelbaren Einfluss auf die Ausübung der Rechte haben, die durch die Bestimmungen des Vertrages über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr gewährleistet werden. Im Hinblick auf die Bedeutung der Individualverkehrsmittel kann nämlich der Besitz eines vom Aufnahmestaat ordnungsgemäß anerkannten Führerscheins Einfluss auf die tatsächliche Ausübung einer großen Zahl von unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeiten und, allgemeiner gesagt, der Freizügigkeit durch die unter das Gemeinschaftsrecht fallenden Personen haben (Urteile vom 28. November 1978 in der Rechtssache XY, C., Slg 1978, 2293, Randnr 4, sowie S. und C., Randnr 23).
Soweit es Artikel 8 Absatz 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie 91/439 einem Mitgliedstaat erlaubt, die Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins dann nicht anzuerkennen, wenn auf dessen Inhaber in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme der Einschränkung, der Aussetzung, des Entzugs oder der Aufhebung der Fahrerlaubnis angewendet wurde, stellt er eine Ausnahme von dem in Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie enthaltenen allgemeinen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine dar. Nach ständiger Rechtsprechung sind die Bestimmungen einer Richtlinie, die von einem in dieser Richtlinie aufgestellten allgemeinen Grundsatz abweichen, eng auszulegen (vgl zu den Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz, dass die Mehrwertsteuer auf jede Dienstleistung erhoben wird, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt ausführt, Urteil vom 10. September 2002 in der Rechtssache XY, K., Slg 2002, I-XY, Randnr 28, und zu den Ausnahmen vom allgemeinen Grundsatz der Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise, die Zugang zu einem reglementierten Beruf verleihen, Urteil vom 29. April 2004 in der Rechtssache XY, Beuttenmüller, Slg 2004, I-XY, Randnr 64).
Unter Zugrundelegung des hier festgestellten Sachverhaltes stellt sich die Rechtsfrage ob die vom Berufungswerber erworbene tschechische Lenkberechtigung, von der er auch im Bundesgebiet Gebrauch machte und auf deren Gültigkeit er sich beruft, in Anbetracht seines österreichischen Hauptwohnsitzes auch durch österreichische Behörden anzuerkennen ist.
Hierbei ist als erstes die Frage des Hauptwohnsitzes des Berufungswerbers zu klären. Aus dem von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vorgelegten Führerscheinakt ergibt sich, dass der Berufungswerber seit 21.9.2001 durchgehend mit Hauptwohnsitz in K., XY 127, polizeilich gemeldet ist.
Andererseits lässt sich dem von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein abgenommenen und im Führerscheinakt einliegendem tschechischen Führerschein entnehmen, dass der Berufungswerber zumindest zum Zeitpunkt der Ausstellung des tschechischen Führerscheines am 5.12.2007 auch über einen Wohnsitz in T., Tschechien, verfügte.
Zwar wurde durch Art 12 der Richtlinie 2006/126/EG eine einheitliche Definition des ?ordentlichen Wohnsitzes? vorgenommen, allerdings ist diese Bestimmung erst ab 19.1.2013 zwingend anzuwenden und fehlt derzeit eine innerstaatliche Umsetzung dieser Bestimmung. Der Europäische Gerichtshof hat sich mit der Frage der Wohnsitzvoraussetzung bereits befasst und ist in seinem Urteil vom 26.6.2008, XY und XY zu folgendem Ergebnis gelangt:
Nach gefestigter Rechtsprechung sieht Art 1 Abs 2 der Richtlinie 91/439 die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine ohne jede Formalität vor. Diese Bestimmung erlegt den Mitgliedstaaten eine klare und unbedingte Verpflichtung auf, die keinen Ermessensspielraum in Bezug auf die Maßnahmen einräumt, die zu erlassen sind, um dieser Verpflichtung nachzukommen (vgl in diesem Sinne Urteile vom 29. Oktober 1998, A., XY, Slg 1998, I-XY, Randnrn 41 und 43, vom 10. Juli 2003, Kommission/Niederlande, XY, Slg 2003, I-XY, Randnrn 60 und 61, K., Randnr 45, Beschlüsse vom 6. April 2006, H., XY, Randnr 25, und vom 28. September 2006, K., XY, Randnr 27) (RZ 50).
Es ist Aufgabe des Ausstellermitgliedstaats zu prüfen, ob die im Gemeinschaftsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, insbesondere diejenigen hinsichtlich des Wohnsitzes und der Fahreignung, erfüllt sind und ob somit die Erteilung, gegebenenfalls die Neuerteilung, einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist. Wenn die Behörden eines Mitgliedstaats einen Führerschein gemäß Art 1 Abs 1 der Richtlinie 91/439 ausgestellt haben, sind die anderen Mitgliedstaaten somit nicht befugt, die Beachtung der in dieser Richtlinie aufgestellten Ausstellungsvoraussetzungen nachzuprüfen (vgl in diesem Sinne Beschlüsse H., Randnr 34, und K., Randnr 27). Der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ist nämlich als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber dieses Führerscheins am Tag der Erteilung des Führerscheins diese Voraussetzungen erfüllte (vgl in diesem Sinne Urteil Kommission/Niederlande, Randnr 75, Beschluss vom 11. Dezember 2003, D. S. C., XY, Randnr 21, und Urteil K., Randnr 46) (RZ 52 u 53).
Art 7 Abs 5 der Richtlinie 91/439, wonach jede Person nur Inhaber eines einzigen von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins sein kann, schreibt nämlich die Einmaligkeit der Fahrerlaubnis fest. Als Vorbedingung, die die Prüfung der Einhaltung der übrigen in dieser Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen bei einem Führerscheinbewerber ermöglicht, hat die Wohnsitzvoraussetzung, nach der sich der Ausstellermitgliedstaat bestimmt, daher eine besondere Bedeutung im Verhältnis zu den übrigen in der Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen. Folglich kann, wenn sich zwar nicht anhand von vom Aufnahmemitgliedstaat stammenden Informationen, aber auf der Grundlage von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststellen lässt, dass die in Art 7 Abs 1 Buchst b der Richtlinie 91/439 aufgestellte Wohnsitzvoraussetzung zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins nicht erfüllt war, der Aufnahmemitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet auf den Inhaber dieses Führerscheins eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist, es ablehnen, die Fahrberechtigung anzuerkennen, die sich aus dem zu einem späteren Zeitpunkt von einem anderen Mitgliedstaat außerhalb einer Sperrzeit ausgestellten Führerschein ergibt. )(RZ 70 u 72).
Wenn man diese Judikatur dem hier vorliegendem Sachverhalt gegenüberstellt, so ergeben sich in Anbetracht der Angabe des Wohnsitzes des Berufungswerbers im tschechischen Führerschein zum Zeitpunkt der Erteilung der tschechischen Lenkberechtigung keine Bedenken, dass der Berufungswerber die Wohnsitzvoraussetzung erfüllte und ändert auch ein melderechtlicher Hauptwohnsitz in Österreich (seit 21.9.2001) nichts an diesem Ergebnis. Daraus ergibt sich dann aber zwingend die grundsätzliche örtliche Zuständigkeit der tschechischen Führerscheinbehörden.
Als zweite Frage ist daher zu klären, zu welchem Zeitpunkt der Berufungswerber die tschechische Lenkberechtigung erwarb und welche führerscheinrechtliche Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt in Österreich gegen ihn verfügt waren.
Die Bezirkshauptmannschaft Kufstein entzog die Lenkberechtigung des Berufungswerbers für die Dauer von 17 Monaten gerechnet ab 21.1.2006 bis 21.6.2007. Begleitend zu diesem befristeten Entzug verfügte die Bezirkshauptmannschaft Kufstein auch begleitende Maßnahmen vor deren Erfüllung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe. Diese begleitende Maßnahmen bestanden zum Einen aus einer amtsärztlichen Untersuchung, unter Einbeziehung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme iSd § 8 FSG, und zum Anderen in der Absolvierung einer Nachschulung iSd § 24 Abs 3 FSG.
Als der Berufungswerber am 5.12.2007 in L. eine neue Lenkberechtigung für die Gruppe B erwarb, war somit zwar die Entzugsdauer abgelaufen, allerdings waren die verfügten begleitenden Maßnahmen noch nicht erfüllt.
Tschechien hat die sich aus der Richtlinie 2006/126/EG ergebenden Verpflichtungen im nationalen Recht umgesetzt. Das Verfahren für die Antragsbearbeitung ist durch das Gesetz Nr 361/2000 C. (in seiner derzeit geltenden Fassung) über den Straßenverkehr und zur Änderung bestimmter Vorschriften sowie durch die Verordnung Nr 31/2001 C. (in ihrer derzeit geltenden Fassung) über Führerscheine und Führerscheinregister geregelt.
In Ansehung der vorab zitierten Richtlinie 2006/126/EG kann dem Berufungswerber das Nichterfüllen dieser Auflagen jedoch nicht in der Art angelastet werden, dass deshalb seine (in Tschechien erteilte) Lenkberechtigung entzogen wird.
Der Europäischen Gerichtshofes hat sich in seiner Entscheidung vom 26.6.2008, XY (Z.), XY (S.), XY (S.) mit der Frage der Überprüfung der Fahreignung anhand unterschiedlicher nationaler Systeme befasst und kam zu folgendem Ergebnis:
Wenn die Behörden eines Mitgliedstaats einen Führerschein gemäß Art 1 Abs 1 der Richtlinie 91/ 439 ausgestellt haben, sind die anderen Mitgliedstaaten somit nicht befugt, die Beachtung der in dieser Richtlinie aufgestellten Ausstellungsvoraussetzungen nachzuprüfen (vgl in diesem Sinne Beschlüsse H., Randnr 34, und K., Randnr 27). Der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ist nämlich als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber dieses Führerscheins am Tag der Erteilung des Führerscheins diese Voraussetzungen erfüllte (vgl in diesem Sinne Urteil Kommission/ Niederlande, Randnr 75, Beschluss vom 11. Dezember 2003, D. S. C., XY, Randnr 21, und Urteil K., Randnr 46). Der Umstand, dass ein Mitgliedstaat gemäß Nr 5 des Anhangs III der Richtlinie für jede Erteilung eines Führerscheins eine strengere ärztliche Untersuchung als die in diesem Anhang beschriebenen vorschreiben kann, berührt daher nicht die Verpflichtung dieses Mitgliedstaats, die Führerscheine anzuerkennen, die die anderen Mitgliedstaaten entsprechend der Richtlinie ausgestellt haben (RZ 50).
Daraus folgt, erstens, dass ein Aufnahmemitgliedstaat, der die Erteilung einer Fahrerlaubnis insbesondere nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis von strengeren nationalen Voraussetzungen abhängig macht, die Anerkennung eines zu einem späteren Zeitpunkt von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins nicht allein mit der Begründung ablehnen kann, dass der Inhaber diesen neuen Führerschein gemäß einer nationalen Regelung erlangt hat, die nicht dieselben Anforderungen aufstellt, wie sie der Aufnahmemitgliedstaat vorsieht (RZ 51).
Zweitens verbietet es der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine, dass ein Aufnahmemitgliedstaat die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins mit der Begründung ablehnt, dass der Inhaber dieses Führerscheins nach vom Aufnahmemitgliedstaat stammenden Informationen zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins die Voraussetzungen für dessen Erlangung nicht erfüllt hat (vgl in diesem Sinne Beschluss D. S. C., Randnr 22, und Urteil K., Randnr 47) (RZ 52).
Insbesondere hat der Gerichtshof in Randnr 38 des Beschlusses Kremer entschieden, dass es die Art 1 Abs 2 sowie 8 Abs 2 und 4 der Richtlinie 91/ 439 einem Mitgliedstaat verwehren, das Recht zum Führen eines Kraftfahrzeugs aufgrund eines in einem anderen Mitgliedstaat zu einem späteren Zeitpunkt ausgestellten Führerscheins und damit Gültigkeit dieses Führerscheins in seinem Hoheitsgebiet nicht anzuerkennen, solange der Inhaber dieses Führerscheins, auf den im erstgenannten Mitgliedstaat eine Maßnahme des Entzugs einer früher erteilten Fahrerlaubnis ohne gleichzeitige Anordnung einer Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis angewendet worden ist, die Voraussetzungen nicht erfüllt, die nach den Rechtsvorschriften dieses Staates für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis vorliegen müssen, einschließlich einer Überprüfung der Fahreignung, die bestätigt, dass die Gründe für den Entzug nicht mehr vorliegen (RZ 61).
Die Bezirkshauptmannschaft Kufstein hat im angefochtenem Bescheid die am 5.12.2007 (in Tschechien) erteilte Lenkberechtigung des Berufungswerbers bis zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens unter Einbeziehung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme entzogen. Indem sie hierbei allerdings auf eine bescheidmäßige Vorschreibung nach österreichischem Recht zu einem Zeitpunkt vor Erteilung der tschechischen Lenkberechtigung Bezug nahm (Bescheid der BH Kufstein vom 3.4.2006), hat sie de facto eine Nachprüfung der Ausstellungsvoraussetzungen der tschechischen Lenkberechtigung angeordnet. Wie der vorzitierten Entscheidung zu entnehmen ist widerspricht ein derartiges Vorgehen aber Art 1 Abs 1 der Richtlinie 91/439/EWG und war daher der Argumentation der Bezirkshauptmannschaft Kufstein nicht zu folgen.
Dem Berufungswerber wurde jedoch auch eine zweite begleitenden Maßnahme, nämlich die Absolvierung einer Nachschulung aufgetragen. Auch mit dieser Frage hat sich der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinem Urteil vom 26.06.2008, XY (W.) und XY (F.) befasst und folgende Grundsätze vorgegeben:
Der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ist als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber dieses Führerscheins am Tag der Erteilung des Führerscheins diese Voraussetzungen erfüllte (vgl in diesem Sinne Urteil Kommission/Niederlande, Randnr 75, Beschluss vom 11. Dezember 2003, D. S. C., XY, Randnr 21, und Urteil K., Randnr 46) Daraus folgt, dass ein Aufnahmemitgliedstaat, der die Erteilung einer Fahrerlaubnis insbesondere nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis von strengeren nationalen Voraussetzungen abhängig macht, die Anerkennung eines zu einem späteren Zeitpunkt von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins nicht allein mit der Begründung ablehnen kann, dass der Inhaber diesen neuen Führerschein gemäß einer nationalen Regelung erlangt hat, die nicht dieselben Anforderungen aufstellt, wie sie der Aufnahmemitgliedstaat vorsieht) (RZ 53 u 54).
Zudem ist Art 8 Abs 4, der einem Mitgliedstaat erlaubt, die Gültigkeit eines Führerscheins nicht anzuerkennen, der in einem anderen Mitgliedstaat von einer Person erworben wurde, auf die im Hoheitsgebiet des ersten Mitgliedstaats eine Maßnahme der Einschränkung, der Aussetzung, des Entzugs oder der Aufhebung des Führerscheins angewendet wurde, eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine und aus diesem Grund eng auszulegen (vgl in diesem Sinne Urteil K., Randnrn 70 und 72, sowie Beschlüsse H., Randnr 35, und K., Randnr 28) (RZ 60).
Da nämlich die Ausstellung eines Führerscheins durch einen Mitgliedstaat unter Einhaltung der in der Richtlinie 91/439 vorgeschriebenen Mindestvoraussetzungen, darunter denjenigen in Anhang III der Richtlinie über die Fahrtauglichkeit, erfolgen muss, liefe es der Verpflichtung der gegenseitigen Anerkennung ohne Formalitäten zuwider, Art 8 Abs 4 Satz 1 der Richtlinie dahin auszulegen, dass frühere Inhaber einer Fahrerlaubnis, die in einem Mitgliedstaat entzogen oder aufgehoben wurde, generell verpflichtet werden können, bei den zuständigen Behörden dieses Mitgliedstaats die Erlaubnis zu beantragen, von der Fahrberechtigung Gebrauch zu machen, die sich aus einem zu einem späteren Zeitpunkt in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ergibt.
Auf diese Bestimmung kann sich ein Mitgliedstaat auch nicht berufen, um einer Person, auf die eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins zu versagen, der ihr möglicherweise später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wird (vgl in diesem Sinne Urteil K., Randnr 76, sowie Beschlüsse H., Randnr 27, und K., Randnr 29). Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine, der den Schlussstein des mit der Richtlinie 91/439 eingeführten Systems darstellt, würde nämlich geradezu negiert, hielte man einen Mitgliedstaat für berechtigt, die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins unter Berufung auf seine nationalen Vorschriften unbegrenzt zu verweigern (Urteil K., Randnr 77, und Beschlüsse H., Randnr 28, und K., Randnr 30) (RZ 62 u 63).
Würde man der Rechtsansicht der Bezirkshauptmannschaft Kufstein folgen, so käme man zum Ergebnis, dass nach Entziehung einer Lenkberechtigung unter gleichzeitiger Vorschreibung einer Nachschulung, vor einer Neuerteilung einer Lenkberechtigung, eine neue Lenkberechtigung nur mehr nach österreichischem Recht erteilt werden kann. Diese Problematik ist auch dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.5.2007 zu Zl 2006/11/0259 zu Grunde gelegen und führte den VwGH zur Entscheidung, dass aus Anlass einer gemäß § 30 Abs 1 FSG 1997 gegenüber einem Besitzer einer ausländischen Lenkberechtigung ausgesprochenen Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, zusätzlich keine Nachschulung nach § 24 Abs 3 FSG 1997 anzuordnen ist. Dieser Judikatur folgend, kann aber eine Neuerteilung einer Lenkberechtigung in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union zu keiner anderen Lösung führen als deren Entziehung.
Zusammengefasst ist der vorliegenden Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so zu werten, dass die (österreichische) Lenkberechtigung des Berufungswerbers zwar für einen bestimmten Zeitraum entzogen war und für diesen Zeitraum eine Sperrfrist im Sinne der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes bestand, allerdings ist diese Sperrfrist mit 21.6.2007 abgelaufen. Nachfolgend stand es dem Berufungswerber frei unter Einhaltung bestimmter nationaler Vorschriften (Nachschulung, amtsärztliche Untersuchung und verkehrspsychologische Stellungnahme) wieder eine Lenkberechtigung zu erwerben. Wenn aber der Erwerb der Lenkberechtigung grundsätzlich möglich ist und nur mehr im Ermessen des Betroffenen steht, kann nicht mehr von einer Sperrfrist, im Sinne eines behördlich verfügten Verbotes, gesprochen werden.
Insofern der Berufungswerber einen Wohnsitz in Tschechien begründete und dort nach Ablauf der Führerscheinentzugsdauer eine tschechische Lenkberechtigung erwarb, wurde damit aber eine zulässige neue Lenkberechtigung erteilt.
Entgegen der Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Kufstein handelt es sich daher nicht um einen Sachverhalt, der unter die Bestimmung des § 30 Abs 3 FSG subsumierbar ist. Aus diesem Grund war der angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.