Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn H. H., XY-Straße 2, K., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. S. H., XY-Straße 3, K., vom 02.10.2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 16.09.2008, Zl SB-41-2008, betreffend Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 73,00, zu bezahlen.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde Herrn Holzer zur Last gelegt, er habe es als der gewerberechtliche Geschäftsführer der H. Gaststättenbetriebs GesmbH mit dem Sitz in K. zu verantworten, dass diese Gesellschaft die mit den Bescheiden vom 29.10.1991, Zl 2-5818/2, vom 20.12.2006, Zl 2.1A-1398/9, und vom 05.09.2008, Zl 2.1A-1398/18, genehmigte Betriebsanlage im Standort K., XY-Straße 2, insofern ohne gewerbebehördliche Bewilligung geändert betrieben hat, als in dem gegenständlichen Gastgarten am XY Platz 1 in K. Gäste am 24.05.2007 bis 04.20 Uhr und am 24.06.2008 bis 00.10 Uhr mit Getränken bewirtet wurden. Diese Änderung (Überschreitung der Betriebszeit des Gastgartens) sei geeignet gewesen, die Nachbarn durch Lärm (Lärm durch die Gäste, Musiklärm) zu belästigen. Er habe dadurch gegen § 366 Abs 1 Z 3 iVm § 81 Abs 1 und § 74 Abs 2 Z 1 GewO 1994 verstoßen, weshalb gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994 über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 365,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 96 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Seine Beitragspflicht zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurde mit Euro 36.50 bestimmt.
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Herr H. durch seinen Rechtsvertreter vorbringt, dass hinsichtlich des Vorfalles am 24.06.2008 um 00.15 Uhr die beiden Polizeibeamten definitiv keinen Lärm bzw keine Musik feststellen hätten können. Die Anzeigerin M. S. habe auch nicht genau bestimmen können, woher der Lärm kam. Recherchen des Beschuldigten hätten mittlerweile ergeben, dass an diesem Abend im Hotel ?XY? eine Party stattfand und dass der Lärm mit Sicherheit von dort ausgegangen sei. Hinsichtlich dieses Faktums werde die umgehende Einstellung des Verfahrens beantragt. Hinsichtlich des Faktums am 24.05.2008 werde bestritten, dass um diese Zeit noch Gäste bewirtet wurden. Es habe sich um Gäste aus der Kellerbar C. gehandelt, die auf ein Taxi warteten. Dies sei dem Beschuldigten nicht vorzuwerfen, weshalb auch hinsichtlich dieses Faktums beantragt werde, der Berufung stattzugeben und das Verfahren einzustellen. Als Beweis angeboten werde die Einvernahme des Beschuldigten.
Beweis aufgenommen wurde in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11.11.2008 durch die informative Befragung des Rechtsvertreters stellvertretend für den nicht anwesenden Berufungswerber sowie durch die zeugenschaftliche Einvernahme von C. W. und T. G., sowie durch die Verlesung der Akten der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel und des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol.
Der Zeuge C. W. gab bei seiner Einvernahme Folgendes an:
?Zu H. H. stehe ich in einem Dienstnehmerverhältnis und war Barkeeper an der Schirmbar. Ich habe während der Saison grundsätzlich jeden Tag bzw jede Nacht dort gearbeitet. Wenn mir nun die Tage 23./24.05.2008 bzw 23./24.06.2008 vorgehalten werden, so habe ich ein Problem damit, meine Erinnerung diesen beiden Nächten zuzuordnen. Ich kann mich nur einmal an einen Vorfall mit der Polizei erinnern, der sich noch vor Mitternacht abspielte; die Polizisten waren damals beim Souvenirgeschäft mit der Anschrift XY Platz Nr 4 gewesen. Da zu dieser Zeit bereits die Musik an der Schirmbar abgeschaltet war, dachte ich mir nichts dabei. Der zu dieser Zeit ebenfalls anwesende T. G. begab sich dann zu den Polizisten und besprach mit diesen etwas, über dessen Inhalt ich jedoch nicht Bescheid weiß. Ich kann jedenfalls nicht sagen, an welchem Tag sich dieses von mir geschilderte Ereignis abgespielt hat. An diesem Tag war ich hinter der Bar und hielt sich meiner Erinnerung nach noch ein Gast an der Theke auf. Dieser Gast hatte schon bezahlt gehabt und sein Getränk noch ausgetrunken. Wenn ich nach den Schließzeiten des Betriebes ?C.? gefragt werde, so gebe ich an, dass das Restaurant um 24.00 Uhr und die Kellerbar meines Wissens nach um 5.00 Uhr in der Früh schließen.
Von der Polizei wurde mir niemals gesagt, dass ein Frau S. sich über Lärm von unserer Schirmbar beschwert hätte. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass einmal gegen 4.00 Uhr in der Früh die Polizei bei der Schirmbar vorbeigefahren wäre und ich um diese Zeit noch Gäste bewirtet hätte. T. G. berichtete mir damals, als er zu den Polizisten beim Souvenirgeschäft hinüberging, dass es um die Sperrstunde unseres Betriebes gegangen wäre.?
Der Zeuge T. G. gab Folgendes an:
?Ich war Dienstnehmer von Herrn H. Ich habe als Kellner für die H. Gaststättenbetriebs GmbH gearbeitet. Wenn mich der Verhandlungsleiter danach fragt, ob ich mich an die Nächte vom 23. auf den 24. Mai bzw vom 23. auf den 24. Juni 2008 bei der Schirmbar noch erinnern kann, so gebe ich dazu an, dass ich mich noch an ein Ereignis erinnern kann, welches etwa gegen 23.00 Uhr sich abgespielt haben dürfte. Es war damals so, dass die Bar mehr oder weniger schon geschlossen war, die Musik bereits abgestellt war und sich noch zwei Gäste an der Bar draußen aufgehalten haben, die bereits bezahlt hatten. Diese haben noch ihre Getränke ausgetrunken. Dann ist eine Polizeistreife gekommen; diese fuhren zum Souvenirgeschäft N., welches neben dem Restaurant ?C.? etabliert ist. Einer der beiden Polizisten gab mir, der ich an der Bar stand, ein Handzeichen, dass ich zu ihm kommen sollte, was ich dann auch machte. Der Polizist teilte mir mit, dass Anzeige wegen Ruhestörung erhoben würde. Ich sagte dann, dass keine Musik ist und von unserem Betrieb kein Lärm mehr ausgeht, was er mir gegenüber dann auch bestätigte. Er teilte mir mit, dass eine Frau Anzeige wegen Lärmerregung erstattet hätte. Ich teilte daraufhin dem Polizisten mit, dass er zum Hotel ?XY? schauen sollte, weil dort ein Sportwagentreffen stattfand und der Lärm offenbar von dort herkommen müsse. Ich kann mich noch erinnern, dass beim Hotel ?XY? die Fenster offen waren und von dort Lärm auf die Straße drang. Der Lärm war einerseits Musiklärm und andererseits Gelächter und Geschrei von den anwesenden Personen. Dann sind die Polizisten wieder gefahren. Ich glaube mich zu erinnern, dass sie sagten, dass sie zu dieser Frau noch einmal hinfahren müssten. Zu dieser Zeit räumte C. W. gerade die Bar zusammen. Das Restaurant ?C.? schließt um 24.00 Uhr, die Kellerbar kann bis 6.00 Uhr in der Früh offen halten. Die Gäste von der Kellerbar dürfen nicht Getränke vom Keller zur Schirmbar hinaus mitnehmen.
Wenn mir der Inhalt der Anzeige vom 08.07.2008, Rubrik ?Beweismittel?, vorgehalten wird, so gebe ich dazu an, dass ich mir einbilde, dass das schon gegen 23.00 Uhr gewesen wäre. An mehr als zwei oder drei Gäste kann ich mich nicht erinnern. Neue Getränke wurden nicht mehr ausgeschenkt. Wenn ich zum Vorfall vom 24.05.2008 gefragt werde, muss ich dazu angeben, dass ich mich daran nicht erinnern kann und ich dort sicher nicht dabei war. Zu den beiden Tatzeiten herrschte auch keine so genannte Freinacht in K. Auf der anderen Seite des XY-Platzes im Bereich der Haus. Nr 1 befinden sich ein Taxistandplatz und ein Würstelstand.?
Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:
Unerheblich ist im gegenständlichen Verfahren die Frage, ob bzw woher es tatsächlich zu einer Lärmbelästigung gekommen ist. Der Betrieb eines Gastgartens nach 23.00 Uhr ist grundsätzlich geeignet, die Nachbarn durch Lärm zu beeinträchtigen. Damit stellt eine Verlängerung der Betriebszeit darüber hinaus eine bewilligungspflichtige Anlagenänderung dar.
Entscheidend ist gegenständlich ausschließlich, ob zu den Tatzeiten der Gastgarten betrieben wurde. Abgesehen davon, dass sich dieser Eindruck jeweils den Polizeibeamten geboten hatte, wäre es unsinnig, wenn bei geschlossenem Betrieb noch Personal mit den Gästen an der Bar ist. Die beiden Zeugen T. G. und C. W. konnten ihre Erinnerung an den einen Vorfall nicht mehr mit Sicherheit irgendeinem bestimmten Datum zuordnen. Ihre Aussagen sind deshalb nicht geeignet, die eindeutigen Angaben in den Anzeigen in Zweifel zu ziehen. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass die Aufzeichnungen der Polizeibeamten hinsichtlich Datum und Uhrzeit korrekt sind. Es besteht deshalb kein Zweifel, dass an Gäste Getränke verabreicht wurden bzw diesen deren Konsumation im Gastgarten lange nach der konsentierten Betriebszeit erlaubt wurde. Ein Betrieb des Gastgartens ist damit vorgelegen. Wenn sich dort bloß Personen aufgehalten hätten, die davor aus der Kellerbar hiezu gekommen sind und auf ein Taxi warteten, hätte sich kein Personal mehr an der Schirmbar um die Gäste kümmern dürfen. Es besteht somit kein Zweifel am Vorliegen der angelasteten Übertretungen.
Der Unrechtsgehalt einer derartigen Übertretung ist nicht unerheblich, weil der Betrieb eines Gastgartens im dicht verbauten Gebiet nach 23.00 Uhr grundsätzlich geeignet ist, die Anrainer zu belästigen. Als Verschulden liegt grobe Fahrlässigkeit vor, weil vom Berufungswerber kein Kontroll- und Sanktionssystem aufgezeigt wurde, um solche Überschreitungen zu verhindern. Die Erstbehörde hat den gesetzlichen Strafrahmen von bis zu Euro 3.600,00 zu knapp über 10 Prozent ausgeschöpft, was in Anbetracht dreier einschlägiger Strafvormerkungen nicht überhöht ist.