TE Vfgh Erkenntnis 1998/12/16 B2747/97

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.12.1998
beobachten
merken

Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/02 Gehaltsgesetz 1956

Norm

GehG 1956 §22
PG 1965 §56
ASVG §308

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Vorschreibung eines Pensionsbeitrages für die Zeit des Karenzurlaubes der Beschwerdeführerin bei gleichzeitiger bloßer Anrechnung der dem Bund geleisteten Überweisungsbeträge

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Beschwerdeführerin steht seit 1. Oktober 1978 als Mittelschulprofessorin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Für die Zeit vom 2. September 1991 bis 6. September 1992 wurde der Beschwerdeführerin gemäß §75 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 Karenzurlaub unter Entfall der Bezüge zur Ausübung einer Tätigkeit beim Magistrat Linz gewährt. Für die Zeit ihres Karenzurlaubes hat die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft sowohl als privatrechtlich Bedienstete der Stadt Linz als auch als Vertragslehrerin Pensionsbeiträge nach dem ASVG entrichtet.

1.2. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom 10. Februar 1997 wurde der gemäß §308 Abs4 ASVG zu leistende Überweisungsbetrag mit S 10.684,80 festgesetzt und ausgesprochen, daß die Beschwerdeführerin für sämtliche Ansprüche aus der Pensionsversicherung für die Zeit ihres Karenzurlaubes vom 2. September 1991 bis 6. September 1992 entfertigt sei. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Einspruch erhoben, der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. Juli 1997 abgewiesen wurde.

1.3. Mit Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom 23. Februar 1997 wurde der Beschwerdeführerin für die Zeit ihres Karenzurlaubes vom 2. September 1991 bis 6. September 1992 gemäß §22 Gehaltsgesetz 1956 ein Pensionsbeitrag von S 48.384,82 vorgeschrieben, wobei ausgesprochen wurde, daß sich dieser Beitrag aufgrund der Leistung des Überweisungsbetrages gemäß §308 Abs4 ASVG auf der Grundlage des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. Juli 1997 auf S 37.700,02 reduziere. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 24. September 1997 abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

2. Gegen den zuletzt genannten Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte infolge der Anwendung verfassungswidriger Gesetze behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides begehrt wird.

2.1. Die Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen vor, daß sie im Gleichheitsrecht wegen des Zusammenwirkens von §22 Abs11 Gehaltsgesetz 1956 und §308 Abs4 ASVG verletzt worden sei. Nach §56 Abs1 Pensionsgesetz 1965 sei ein besonderer Pensionsbeitrag nur zu leisten, soweit der Bund für die angerechnete Ruhegenußvordienstzeit keinen Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen erhalte, hingegen müsse nach §22 Abs11 Gehaltsgesetz 1956 ein Pensionsbeitrag auch für die Zeit eines Karenzurlaubes entrichtet werden, wenn für diese Zeit der Bund einen Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen erhalten hat; der geleistete Überweisungsbetrag wäre auf den so zu entrichtenden Pensionsbeitrag nur anzurechnen. Die Regelung sei im Zusammenhang damit zu sehen, daß für voll angerechnete Karenzurlaubszeiten auch ein voller Pensionsbeitrag zu entrichten sei. Die Beschwerdeführerin habe mehr als das Doppelte an Beitragsleistung zu erbringen gehabt als ein Beamter, der keinen Karenzurlaub in Anspruch nimmt. Sie sei nicht nur gegenüber Beamten, die durchgehend ohne Karenzurlaub Dienst verrichten, schlechtergestellt, sondern auch gegenüber allen Beamten mit gleich langer Karenzurlaubszeit, die während dieser Zeit nicht ASVG-pensionsversicherungspflichtig wären, sondern zum Beispiel ein Studium betrieben hätten.

2.2. Die Beschwerdeführerin bringt gegen §308 ASVG im wesentlichen vor, daß der Überweisungsbetrag pauschaliert sei. Die Pauschalierung sei infolge der Entwicklung der EDV überholt, sie bewirke (durch die in §308 Abs6 ASVG festgelegten unterschiedlichen Prozentsätze) eine Schlechterstellung der Frauen und habe mit der Entwicklung der Höchstbeitragsgrundlage und der Verschiebung des durchschnittlichen Pragmatisierungsalters nicht Schritt gehalten.

3. Die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie unter Hinweis auf die von ihr aufgrund des Art18 B-VG anzuwendenden Gesetze die angefochtene Entscheidung verteidigt und die Abweisung der Beschwerde begehrt.

4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

4.1. Die im Beschwerdefall maßgebende Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

4.1.1. §308 Abs1 ASVG normiert im wesentlichen, daß bei Aufnahme eines (ASVG-)Versicherten in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis (das ist zB das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis) und bei Anrechnung von (ASVG-)Beitragsmonaten für den Ruhegenußanspruch der (ASVG-)Versicherungsträger dem Dienstgeber (über dessen Antrag oder über Antrag des Dienstnehmers) einen Überweisungsbetrag zu leisten hat (im wesentlichen 7 % der Bemessungsgrundlage für jeden in der Pensionsversorgung angerechneten Beitragsmonat).

Gemäß §308 Abs4 ASVG gilt sinngemäß Gleiches, wenn ein in einem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis stehender Dienstnehmer gegen Entfall des Entgelts beurlaubt wurde (und dieses Dienstverhältnis auch nach dem Ende der Beurlaubung aufrecht bleibt): Der Überweisungsbetrag ist hier bezüglich der während der Beurlaubung erworbenen Beitragsmonate zu leisten. Für die Berechnung des Überweisungsbetrages gilt in allen Fällen Abs6, wonach bei Frauen der Prozentsatz von 40 %, bei Männern der Prozentsatz von 55 % der am Stichtag geltenden monatlichen Höchstbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung maßgebend ist.

4.1.2. §22 Abs11 Gehaltsgesetz 1956 normiert: Wenn ein Beamter für die Zeit eines Karenzurlaubes Pensionsbeiträge entrichtet hat und der Bund für diese Zeit einen Überweisungsbetrag erhält, ist der Überweisungsbetrag auf die in Betracht kommenden Monate gleichmäßig aufzuteilen. Die entrichteten Pensionsbeiträge sind dem Beamten insoweit zu erstatten, als sie durch die Teile des Überweisungsbetrages gedeckt sind.

4.2.1. Die vorliegende Beschwerde ist nicht geeignet, beim Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Vorschrift über die Leistung eines Pensionsbeitrages nach §22 Abs11 Gehaltsgesetz 1956 zu erwecken. Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn Pensionsbeiträge auch für Zeiten eines Karenzurlaubes, für welche der Bund Überweisungsbeträge erhalten hat, zu leisten sind und die Überweisungsbeträge bloß angerechnet werden. Bei jenem Karenzurlaub handelt es sich um eine voll angerechnete ruhegenußfähige Zeit, die im Unterschied zu sonstigen Zeiten, für die Überweisungsbeträge geleistet werden, bei Bestehen eines aufrechten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses freiwillig zu bestimmten "privaten", wenn auch im Interesse des Dienstgebers liegenden (daher Anrechnung auf die Vorrückung in höhere Bezüge und auf den Ruhegenuß) Zwecken (Ausbildung (oder hier: andere Berufsausübung)) in Anspruch genommen wird. Bedenken der Verfassungswidrigkeit mag auch der Hinweis auf §56 Abs1 Pensionsgesetz 1956 schon deshalb nicht entstehen lassen, weil der besondere Pensionsbeitrag nach dieser Bestimmung für den Fall der Neubegründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zu leisten ist und damit einen völligen anderen Sachverhalt als §22 Abs11 Gehaltsgesetz 1956 voraussetzt.

4.2.2. Soweit die Beschwerdeführerin verfassungsrechtliche Bedenken gegen §308 ASVG vorbringt, ist diese Bestimmung im Beschwerdefall nicht präjudiziell; für die Vorschreibung von Pensionsbeiträgen ist nach §22 Gehaltsgesetz 1956 nur maßgebend, inwieweit Überweisungsbeträge geleistet wurden (vgl. für das Verhältnis des §308 ASVG zu §56 Abs1 Pensionsgesetz 1965 VfSlg. 10636/1985).

Auch sonst ist keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte oder eine Rechtsverletzung wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen hervorgekommen. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Sozialversicherung, Überweisung, Dienstrecht, Karenzurlaub, Pensionsbeitrag, Pensionsbeitrag besonderer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B2747.1997

Dokumentnummer

JFT_10018784_97B02747_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten