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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Wortfolge "als offensichtlich unbegründet abgewiesen oder" im ersten Satz des §32 Abs1 AsylG 1997 mit E v 11.12.98, G210/98 ua.Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit 27.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 2. Jänner 1998 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Guinea, gemäß §6 Z3 AsylG 1997 als offensichtlich unbegründet abgewiesen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß §8 AsylG 1997 als zulässig festgestellt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer innerhalb der zweitägigen Rechtsmittelfrist des §32 Abs1 erster Satz AsylG 1997 Berufung, die vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 21. Jänner 1998 abgewiesen wurde.
Dieser Berufungsbescheid ist Gegenstand der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher die Verletzung in Rechten infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm geltend gemacht wird; insbesondere wird darin vorgebracht, daß die in §32 Abs1 erster Satz AsylG 1997 getroffene Regelung über die zweitägige Berufungsfrist verfassungswidrig sei.
2. Aus Anlaß der Beschwerde B825/98 leitete der Verfassungsgerichtshof nach Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der in §32 Abs1 erster Satz AsylG 1997 enthaltenen Wortfolge "als offensichtlich unbegründet abgewiesen oder" ein und hob sie - auch aufgrund von Anträgen des Unabhängigen Bundesasylsenates - mit Erkenntnis vom 11. Dezember 1998, G210/98 ua., als verfassungswidrig auf.
3. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr dem Rechtsbestand angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren
(VfSlg. 10616/1985; 11711/1988; VfGH 27.11.1995, B314/95; VfGH 24.6.1998, B430/98).
Die nichtöffentliche Beratung im erwähnten Verfahren G210/98 ua. begann am 3. Dezember 1998. Die vorliegende, nach Bewilligung der Verfahrenshilfe eingebrachte Beschwerde langte beim Verfassungsgerichtshof am 28. April 1998 ein, war also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt (s. auch dazu VfGH 24.6.1998, B430/98).
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
II. Die Kostenentscheidung
gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 4.500 S enthalten.
III. Von der Durchführung einer
mündlichen Verhandlung wurde in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B515.1998Dokumentnummer
JFT_10018784_98B00515_00