Index
L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger-Heis, über die Beschwerde des S W in Z, vertreten durch Dr. Josef W. Deitzer, Rechtsanwalt in Schwechat, Wienerstraße 36-38, gegen den Gemeinderat der Gemeinde Zwölfaxing, vertreten durch Dr. Rolf Schuhmeister und Dr. Walter Schuhmeister, Rechtsanwälte in Schwechat, Bruck-Hainburger Straße 7, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bauangelegenheit (weitere Partei: M R in S), zu Recht erkannt:
Spruch
In Anwendung des § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 62 VwGG und § 73 AVG wird wie folgt entschieden:
I. Der Antrag des Beschwerdeführers, gemäß § 35 der NÖ Bauordnung 1996 einen Beseitigungsauftrag hinsichtlich des Schwimmbeckens und des Wohnwagens auf dem Grundstück Nr. 34/5 der Katastralgemeinde Zwölfaxing zu erlassen, wird abgewiesen.
II. Der Gemeinderat der Gemeinde Zwölfaxing ist auf Grund des Devolutionsantrages des Beschwerdeführers verpflichtet, binnen acht Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses hinsichtlich der Gerätehütte im Ausmaß von 1,7 m x 2,0 m einen Bescheid unter Zugrundelegung folgender Rechtsanschauung zu erlassen:
1. Der Beschwerdeführer hat als Anrainer Anspruch darauf, dass über seinen Antrag mit schriftlichem Bescheid abgesprochen wird.
2. Ist die Gerätehütte noch auf dem Grundstück Nr. 34/5 der KG Zwölfaxing abgestellt, ist diesbezüglich gemäß § 35 der NÖ BO vorzugehen.
Die Gemeinde Zwölfaxing hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit einem am 22. März 1999 bei der Gemeinde eingelangten Antrag beantragte der Beschwerdeführer als Anrainer die Entfernung des Wohnwagens auf der Liegenschaft des L.F. in Auweg 12 (Grundstück Nr. 34/5, EZ 229 der KG Zwölfaxing).
Mit einem weiteren Antrag vom 4. August 1999, eingelangt bei der Gemeinde am 6. August 1999, beantragte der nunmehr anwaltlich vertretene Beschwerdeführer, hinsichtlich des Wohnwagens, einer Gerätehütte und eines Schwimmbeckens einen auf § 35 der Bauordnung gestützten Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Beschwerdeführer sei Eigentümer des Grundstückes Auweg 10, das an das Grundstück Nr. 34/5 angrenze. Auf dem Nachbargrundstück seien Fundamente für die Aufstellung eines Wohnwagens hergestellt worden, wobei dieser Wohnwagen, da er so aufgestellt werde, dass ein Bewegen des Wohnwagens nicht möglich erscheine, ein Bauwerk im Sinne der Bauordnung darstelle. Dieser Wohnwagen werde vom Bestandnehmer des Grundstückes zu Wohnzwecken verwendet, obwohl weder ein Kanalanschluss vorliege noch ein genehmigter Wasseranschluss bestehe. Weiters sei auf dem Grundstück ein mit einem betonierten Fundament versehenes Schwimmbad errichtet worden, das ebenfalls ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben darstelle, auch hier sei keine Baubewilligung beantragt worden. Weiters sei eine freistehende Gerätehütte errichtet worden.
Mit Schreiben vom 2. August 1999 teilte der Bürgermeister der Gemeinde Zwölfaxing der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung mit, dass auf der gegenständlichen Liegenschaft ein Wohnwagenabstellplatz baubehördlich genehmigt sei. Ein Geräteschuppen bis 6 m2 Größe und ein Schwimmbecken bis 50 m3 Inhalt seien nach der Niederösterreichischen Bauordnung nicht bewilligungspflichtig.
Im Akt liegt ein Bescheid vom 11. September 1996 ein, mit dem Frau M.R. die baubehördliche Bewilligung für das Abstellen eines Wohnwagens auf der Liegenschaft Auweg 12, Grundstück Nr. 34/5, EZ 229, KG Zwölfaxing, erteilt wurde. Die Bewilligung ist mit fünf Jahren befristet, der Bescheid wurde von M.R. und dem Grundeigentümer L.F. am 13. September 1996 übernommen. Laut Angabe des Beschwerdeführers und der Gemeinde ist der Ehemann der M.R., nämlich die weitere Partei des Verfahrens, Eigentümer der Baulichkeiten.
Am 16. Mai 2000 langte bei der Gemeinde Zwölfaxing ein Devolutionsantrag des Beschwerdeführers auf Übergang der Entscheidungspflicht an den Gemeinderat hinsichtlich des am 6. August 1999 eingebrachten Antrages ein.
Am 19. Februar 2001 langte beim Verwaltungsgerichtshof die Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers ein, da der Gemeinderat über den Devolutionsantrag nicht innerhalb der Frist des § 73 AVG entschieden habe.
Mit Verfügung vom 26. Februar 2001, eingelangt bei der belangten Behörde am 2. März 2001, leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein. Gemäß § 36 Abs. 2 wurde der belangten Behörde die Beschwerde mit dem Auftrag zugestellt, innerhalb der Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Mit der am 12. Juni 2001 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Gegenschrift legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt vor und führte aus, eine Verletzung der Entscheidungspflicht liege nicht vor. Der Beschwerdeführer begehre immer wieder, dass die Gemeinde einen Bescheid erlasse, mit welchem aufgetragen werden möge, die auf der Nachbarliegenschaft errichteten "Bauwerke" abzubrechen. Seitens der Gemeinde seien die Beschwerden des Beschwerdeführers ernst genommen worden, es habe auch Rückfragen bei der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung bzw. auch beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise gegeben. Hinsichtlich des abgestellten Wohnwagens existiere der Bescheid vom 11. September 1996, mit welchem auf dieser Liegenschaft das Abstellen des Wohnwagens genehmigt werde. Die Beschwerde sei auch zum Anlass genommen worden, um die Situation an Ort und Stelle einer Überprüfung zu unterziehen, diese Überprüfung sei im Beisein des Bausachverständigen D.I.M. am 16. März 2001 erfolgt, dabei sei festgestellt worden, dass die Baubewilligung hinsichtlich des Wohnwagen-Abstellplatzes eingehalten werde, weitere Bewilligungen für das Schwimmbad oder Kinderspielgeräte seien nicht erforderlich. Ein Geräteschuppen bis 6 m2 Größe und ein Schwimmbecken bis 50 m3 Inhalt seien nach der Niederösterreichischen Bauordnung nicht bewilligungspflichtig. Es gebe daher keinen Grund, den vom Beschwerdeführer gewünschten Bescheid zu erlassen, es könne daher auch - als logische Konsequenz - keine Säumnis in der Erlassung des Bescheides bestehen. Es werde daher der Antrag gestellt, die Beschwerde als kostenpflichtig und unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer hat als Nachbar im baupolizeilichen Verfahren nach § 35 NÖ Bauordnung 1996 Parteistellung hinsichtlich eines baupolizeilichen Auftrages. Er hat auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen letztlich auch vor diesem verfolgbaren Anspruch auf eine bescheidmäßige Erledigung seines Antrages, weshalb die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, über diesen Antrag bescheidmäßig abzusprechen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. März 1989, Zl. 87/05/0195, und die dort zitierte Vorjudikatur). Während im Allgemeinen nach den österreichischen Bauordnungen und der hiezu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Nachbarn ein Anspruch auf die Erteilung eines behördlichen Auftrages nicht zusteht, hat der Verwaltungsgerichtshof im Anwendungsbereich des § 118 der NÖ Bauordnung 1976 ein solches Recht des Nachbarn dann bejaht, wenn durch den vorschriftswidrig errichteten Bau subjektiv-öffentliche Rechte des Nachbarn verletzt werden. Dasselbe gilt auch für die nunmehr in Kraft stehende Bauordnung 1996. In diesem Zusammenhang ist auch auf den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A, zu verweisen, wonach beschwerdeberechtigt gemäß Art. 132 B-VG ein Antragsteller ist, der als Partei im Verwaltungsverfahren berechtigt war, die Entscheidungspflicht der belangten Behörde geltend zu machen, und zwar selbst dann, wenn die Entscheidung nach der Rechtslage nur in einer Zurückweisung bestehen kann. Daraus folgt für den Beschwerdefall, dass die belangte Behörde entgegen ihrer Ansicht über den Antrag des Beschwerdeführers jedenfalls bescheidmäßig entscheiden hätte müssen, sei es durch Abweisung oder durch Stattgebung seines Antrages.
Da seit Einbringung des Antrages vom 6. August 1999 bis zur Einbringung des Devolutionsantrages die Frist des § 73 AVG verstrichen war, ist die Entscheidungspflicht zunächst auf den Gemeinderat der Gemeinde Zwölfaxing übergegangen. Weil nach Einbringung des Devolutionsantrages keine Entscheidung des Gemeinderates erfolgte, wurde die Säumnisbeschwerde nach Verstreichen der in § 27 VwGG vorgesehenen Frist mit Recht eingebracht. Da die belangte Behörde innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist über den Antrag des Beschwerdeführers nicht entschieden hat, ist die Pflicht zur Entscheidung auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.
ad I.) Hinsichtlich des Antrages auf Erlassung eines Beseitigungsauftrages für das Schwimmbecken ist festzustellen, dass gemäß § 17 NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 2000-6, nach dessen Z. 2 die Auf- oder Herstellung von Wasserbecken mit einem Fassungsvermögen bis zu 50 m3 bewilligungs- und anzeigefrei ist. Da auch der Beschwerdeführer nicht behauptet, dass das Wasserbecken ein größeres Fassungsvermögen als 50 m3 aufweise und der Wohnwagen, wie anlässlich einer im Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes durchgeführten Überprüfung am 12. September 2001 festgestellt wurde, zwischenzeitlich entfernt wurde, war der Antrag auf Erlassung eines Beseitigungsauftrages hinsichtlich des Schwimmbeckens und des Wohnwagens als unbegründet abzuweisen.
ad II.) Gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 NÖ BO hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerks anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt und
das Bauwerk unzulässig ist (§ 15 Abs. 3 und § 23 Abs. 1) oder der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung
erforderlichen Antrag oder die Anzeige nicht innerhalb der von der Baubehörde bestimmten Frist ab der Zustellung der Aufforderung hiezu eingebracht hat.
Das Grundstück Nr. 34/5 ist im Flächenwidmungsplan als Bauland-Wohngebiet ausgewiesen.
Da das Ausmaß der hier beschwerdegegenständlichen Gerätehütte weniger als 6 m2 beträgt, hat die Baubehörde den Eigentümer dieser Hütte aufzufordern, das anzeigepflichtige Vorhaben (§ 15 Abs. 1 Z. 1 BO) anzuzeigen (vgl. auch das im Akt einliegende Schreiben der NÖ Landesregierung vom 27. November 2000). Erfolgt keine Bauanzeige, dann hat der Bürgermeister einen Beseitigungsauftrag zu erlassen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Schriftsatzaufwandsersatz nur einmal zuerkannt werden kann.
Wien, am 13. November 2001
Schlagworte
Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001050036.X00Im RIS seit
06.02.2002Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009