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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des S in Schkortleben, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Brigitte Weirather, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 34/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 26. Juni 2001, Zl. uvs- 2001/K 2/036-5, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe als Lenker eines "dem Kennzeichen nach bestimmten Sattelzuges (mit deutschem Herkunftszeichen)" am 20. August 1998 von Italien kommend eine ökopunktpflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich nach Deutschland durchgeführt und dabei weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt, wie anlässlich einer Kontrolle durch Bedienstete des Landesgendarmiekommandos für Tirol, Verkehrsabteilung, Außenstelle Schönberg, am 20. August 1998 um 20.25 Uhr auf der
A 13 an der Hauptmautstelle Schönberg i.St. bei Kilometer 10,8 im Gemeindegebiet von Schönberg festgestellt worden sei. Durch das elektronische Abbuchungsgerät sei keine Abbuchung von Ökopunkten erfolgt, weil laut elektronischem Abbuchungssystem der Frächter bzw. das vom Beschwerdeführer gelenkte Kraftfahrzeug gesperrt gewesen sei. Über den Beschwerdeführer wurde daher nach § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 i.V.m. "den EG-Verordnungen 3298/94 und 1524/96" eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzarrest von 5 Tagen) verhängt.
In der Begründung wurde im Wesentlichen festgestellt, dass vom Umweltdatenträger keine Punkte hätten abgebucht werden können, weil das Fahrzeug im System gesperrt gewesen sei. Es gehe aus den Stellungnahmen der Firma Kapsch und des Bundesamtes für Güterverkehr hervor, dass der Unternehmer von dieser Sperre, die vom 29. Juli 1998 bis zum 24. August 1998 gegolten habe, am 30. Juli 1998 verständigt worden sei. Es hätte sich somit um eine längerfristige Sperre gehandelt. Der Beschwerdeführer habe - bei der Kontrolle - keine ausgefüllte Ökokarte mit entwerteten Ökopunkten vorgewiesen, eine solche entwertete Ökokarte sei erst um 22.00 Uhr vorgewiesen worden. Danach habe das Fahrzeug weiterfahren können. Den Beschwerdeführer treffe die Pflicht, sich vor Fahrtanfahrt zu vergewissern, ob Ökopunkte "vom Fahrzeug abgebucht werden können". Dieser Pflicht habe der Beschwerdeführer zuwider gehandelt.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde erwogen:
2.1. Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995 (in der Fassung BGBl. Nr. 17/1998) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist. Als solche Vorschriften der Europäischen Union kommen im Beschwerdefall die Regelungen in dem den EU-Beitrittsakten beigefügten Protokoll Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich, BGBl. Nr. 45/1995 - mit dem die wesentlichen Regelungen des Transitabkommens, BGBl. Nr. 823/1992, übernommen wurden, das primärrechtlichen Rang hat und entsprechend dem Art. 2 der EU-Beitrittsakte für Österreich und die anderen neuen Mitgliedstaaten das am 31. Dezember 1994 vorhandene Primärrecht modifizierte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, Zl. 96/03/0385) - und weiters die Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 in der Fassung der Verordnungen der Kommission (EG) Nr. 1524/96 vom 30. Juli 1996 in Betracht.
Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs "die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:
a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular
oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von
Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als
"Ökokarte" bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches
Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht
und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird; oder
c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten
Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß
Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass
es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ..."
2.2. Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Feststellung, dass er am 20. August 1998 eine Transitfahrt durch Österreich von Italien kommend nach Deutschland durchgeführt habe. Weiters lässt der Beschwerdeführer die maßgebliche Feststellung, dass er am 20. August 1998 nicht zum Zeitpunkt der Kontrolle um
21.25 Uhr, sondern erst um 22.00 Uhr eine ordnungsgemäß entwertete Ökokarte vorgelegt habe, und auch keine Entwertung der Ökopunkte mittels Umweltdatenträger erfolgt sei, unbestritten. Damit hat der Beschwerdeführer aber der sich für ihn aus Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission idF der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission ergebenden Verpflichtung, auf einer ökopunktepflichtigen Transitfahrt entweder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt (lit. a) oder ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht ("Umweltdatenträger"; lit. b) mitzuführen und auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, nicht entsprochen. Von daher ist für den Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, er sei von seinem Arbeitgeber angewiesen worden, für diese Transitfahrt "die noch vorhandenen Öko-Punkte in Papierform aufzubrauchen", nichts gewonnen. Vor diesem Hintergrund ist auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe eine Einvernahme des Arbeitgebers des Beschwerdeführers und des Beschwerdeführers selbst - aus der sich ergeben hätte, dass dem Beschwerdeführer der besagte Auftrag von seinem Arbeitgeber erteilt worden sei, und der Beschwerdeführer weiters ein äußerst genauer und umsichtiger Fahrer sei, dem bisher noch keine Fahrlässigkeit anzulasten gewesen sei - nicht zielführend.
2.3. Weiters wendet der Beschwerdeführer gegen den bekämpften Bescheid ein, dass in seinem Fall die Voraussetzungen des § 21 VStG für ein Absehen von der Strafe vorlägen. Gemäß § 21 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist das Verschulden geringfügig, wenn - unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) - das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurück bleibt. Diese Voraussetzung ist im Fall des Beschwerdeführers, dem seinem Vorbringen nach angesichts der fehlenden Möglichkeit einer automatischen Abbuchung von Öko-Punkten mittels Umweltdatenträgers von seinem Arbeitgeber die Verwendung von noch vorhandenen "Öko-Punkten in Papierform" aufgetragen wurde, der aber (wie erwähnt unbestritten) eine ordnungsgemäß entwertete Ökokarte nicht bei der besagten Kontrolle, sondern erst etwa eine halbe Stunde später vorgewiesen hat, jedoch nicht gegeben. Ebenso wenig zielführend ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass in seinem Fall die Voraussetzungen des § 20 VStG vorliegen würden, kann doch der von ihm diesbezüglich geltend gemachte Umstand, dass er "ein äußerst genauer und umsichtiger Fahrer" sei, dem bisher noch "keine Fahrlässigkeiten" anzulasten gewesen seien, angesichts seiner besagten im vorliegenden Fall (entgegen dem Auftrag seines Arbeitgebers) eingeschlagenen Vorgangsweise nicht als Milderungsgrund in Betracht kommen. Der damit von der belangten Behörde einzige zu berücksichtigende Milderungsgrund der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit kann aber auch bei Fehlen von Erschwerungsgründen noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe im Sinn des § 20 VStG bedeuten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0046).
2.4. Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 14. November 2001
Schlagworte
Erschwerende und mildernde Umstände Allgemein Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001030368.X00Im RIS seit
17.01.2002