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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31975L0442 Abfallrahmen-RL Anh1 idF 31991L0156;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger und Dr. Josef Aichlreiter, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 9. Juni 2000, Zlen. UVS-5/10397/4-2000, UVS-5/10398/4-2000, UVS- 5/10399/4-2000, sowie UVS-5/10400/4-2000, betreffend Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnissen des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg je vom 23. Februar 1999 wurde dem Beschuldigten zur Last gelegt, als Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der M-GesmbH mit Sitz in Deutschland, S, für diese zu verantworten, dass zu vier näher genannten Zeitpunkten mit jeweils näher genannten Fahrzeugen Aushubmaterial transportiert und über den Grenzübergang Salzburg-Saalbrücke nach Deutschland verbracht worden sei. Das Aushubmaterial stamme aus der Baugrube des Bahnhofvorplatzes (Hauptbahnhof Salzburg), bzw. von einer Kanalbaustelle in Liefering (Stadtgebiet Salzburg); die Lenker der LKW hätten für diese notifizierungspflichtige Verbringung weder eine Abschrift des Notifizierungsbegleitscheines noch die erforderliche Bewilligung gemäß § 36 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) mitgeführt.
Die Strafbehörde erster Instanz erachtete dadurch jeweils die Verwaltungsübertretungen nach § 39 Abs. 1 lit. c Z. 16 in Verbindung mit § 37 Abs. 2 AWG als begangen; über den Beschwerdeführer wurden gemäß § 39 Abs. 1 lit. c Z. 16 AWG jeweils Geldstrafen in der Höhe von S 3.000,--, im Falle deren Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von je einem Tag, verhängt.
Der Beschwerdeführer erhob jeweils Berufung, in der er im Wesentlichen vorbrachte, es liege keine notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen vor, weil die Behörde übersehe, dass es sich um die Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen der grünen Liste der EG-Abfallverbringungsverordnung handle. Für ausschließlich zur Verwertung bestimmte und im Anhang II dieser Verordnung angeführte Abfälle würden daher die Bestimmungen der Richtlinie des Rates über Abfälle gelten. Im gegenständlichen Fall sei das Aushubmaterial in einem Rekultivierungsprojekt verwertet worden, und sohin einem Verwertungsverfahren nach der letztgenannten Verordnung unterzogen worden.
Die belangte Behörde führte am 10. Mai 2000 eine mündliche Verhandlung durch, in deren Rahmen der Beschwerdeführer die Abschrift eines Schreibens des Bayrischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen an das Amt der Salzburger Landesregierung vom 1. Oktober 1999 vorlegte und ergänzend vorbrachte, der jeweils ausgeführte unbelastete Erdaushub stelle keinen Abfall im Sinne der EU-Richtlinie dar und sei ebenso wenig Abfall "nach der Verordnung des Abfallwirtschaftsgesetzes". Begleitpapiere bzw. Notifizierungsbegleitscheine seien aus diesem Grund nicht erforderlich gewesen.
Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die Berufungen als unbegründet ab. Sie begründete dies damit, der Beschwerdeführer sei geständig, in vier Fällen unbelastetes Aushubmaterial aus zwei verschiedenen Bauprojekten im Stadtgebiet von Salzburg nach Deutschland transportiert zu haben. Nach seinen Angaben werde das Aushubmaterial als Rekultivierungsmaterial bei einer Kiesgrube verwertet werden. Die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, wonach eine notifizierungspflichtige Verbringung nicht vorliege, werde von der Berufungsbehörde nicht geteilt. Nach Wiedergabe des Wortlautes des § 2 Abs. 1 AWG wies die belangte Behörde darauf hin, dass dann, wenn begründete Zweifel darüber bestünden, ob eine Sache Abfall im Sinn des AWG sei, bzw. welcher Abfallart eine Sache gegebenenfalls zuzuordnen sei, oder ob eine bestimmte Sache bei der Verbringung gemäß § 34 ff AWG als notifizierungspflichtig erfasst sei, die Behörde entweder von Amts wegen oder auf Antrag des Verfügungsberechtigten dies mit Bescheid festzustellen habe (§ 4 AWG). Einen derartigen Antrag habe der Beschuldigte nach der Aktenlage nicht gestellt.
§ 34 AWG ordne bezüglich der Verbringung von Abfällen und Altölen die Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (in weiterer Folge: EG-VerbringungsV) an. Für die Beurteilung der Notifizierungspflicht des gegenständlichen Aushubmaterials seien die Bestimmungen der EG-VerbringungsV maßgeblich (§ 35 AWG). In Art. 1 Abs. 2 leg. cit. seien diverse Ausnahmebestimmungen vom Geltungsbereich taxativ aufgelistet. Nach Art. 1 Abs. 3 lit. a leg. cit. gelte diese Verordnung (mit weiterverweisenden, hier jedoch nicht relevanten Ausnahmen) nicht für die Verbringung von ausschließlich zur Verwertung bestimmten und in Anhang II aufgeführten Abfällen. Der Anhang II der EG-VerbringungsV (grüne Liste) sei in verschiedene Gruppen von Abfällen gegliedert; Aushubmaterial finde sich entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers jedoch nicht in dieser nach Abfallnummern erfassten Abfallliste, sodass die Auffangbestimmung des Art. 10 der zitierten Verordnung heranzuziehen sei. Art. 10 sehe nun vor, dass bei der Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen des Anhanges IV sowie von zur Verwertung bestimmten Abfällen, die noch keinem der Anhänge II, III oder IV zugeordnet worden seien, die Verfahren der Art. 6 bis 8 mit der Ausnahme gelten, dass die betroffenen zuständigen Behörden ihre Zustimmung schriftlich vor dem Beginn der Verbringung zu erteilen hätten. Zumal der Beschuldigte selbst die Verwertungsabsicht der Aushubmaterialien ins Treffen führe, in dem er von der Verwendung zur Rekultivierungsmaßnahme spreche, gehe er selbst von den Sachen als (verwertbaren) Abfall aus. Er wäre somit verpflichtet gewesen, im Sinne des Art. 10 vorzugehen.
Mit seiner Verantwortung, er habe sich ohnedies beim bayrischen Umweltministerium erkundigt und dort in Erfahrung gebracht, es liege kein notifizierungspflichtiger Vorgang vor, vermöge er sich nicht zu exkulpieren, weil er vor der Verbringung zumindest Auskünfte bei einer österreichischen Behörde (als Versandstaat) einholen oder auch einen Feststellungsbescheid hätte beantragen müssen. Er habe, indem er dies nicht vor der Verbringung getan habe, fahrlässig gehandelt.
Zur Strafbemessung sei fest zu halten, dass der Strafrahmen für die zur Last gelegten Übertretungen bis zu S 40.000,-- betrage. Die von der Erstinstanz verhängten Strafen betrügen nicht einmal 10 % der Höchststrafe und seien zufolge der nicht geringen Verletzung des Schutzzweckes der Norm und des Unrechtsgehaltes der Tat jedenfalls angemessen im Sinne des § 19 VStG. Der Schutzzweck bestehe darin, dass es durch die Verletzung der Notifizierungspflicht dem Versandstaat erschwert bzw. verunmöglicht werde, über die Art, Beförderung und Verwertung der Abfälle informiert zu sein, um alle für den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt erforderlichen Maßnahmen treffen zu können. Das Verschulden sei nicht gering, weil sich der Beschuldigte vor Verbringung über die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen bei den zuständigen Behörden hätte erkundigen müssen. Erschwerende Umstände seien nicht hervorgekommen, die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers sei bereits von der Erstinstanz als strafmildernd gewertet worden, weitere Milderungsgründe gebe es nicht zu berücksichtigen. Da Angaben zu den persönlichen Verhältnissen nicht gemacht worden seien, seien diese als durchschnittlich und geordnet zu schätzen gewesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Unter dem erstgenannten Aspekt bringt er vor, die belangte Behörde habe verkannt, dass unbelasteter Erdaushub nicht Abfall im Sinne des AWG sei. Mit dem Aushub sei der Eigentumsübergang an den Beschwerdeführer erfolgt; dieser wolle sich dieses Aushubmaterials jedoch nicht entledigen, sondern wirtschaftlich verwerten, sodass nach der Definition des § 2 Abs. 1 AWG kein Abfall vorliege. Die Erfassung und Behandlung im Sinne des AWG sei auch nicht im öffentlichen Interesse geboten, weil ein "frischer Erdaushub" jedenfalls als neue Sache anzusehen sei. Da ihn der Beschwerdeführer als Rekultivierungsmaterial und damit wiederum als Erdmaterial verwende, sei der Erdaushub jedenfalls bestimmungsgemäß verwendet worden. Darauf verweise auch die vorgelegte Stellungnahme der bayrischen Staatsregierung. Es sei somit keine Notifizierungspflicht gegeben, gegen welche der Beschwerdeführer verstoßen hätte.
Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe das von ihm vorgelegte Beweismittel, nämlich das Schreiben des bayrischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 1. Oktober 1999, in keiner Hinsicht gewürdigt; dies stelle aber eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar. Weiters sei aus Art. 13 der EG-VerbringungsV abzuleiten, dass der Schutzzweck dieser Verordnung darin liege, den Mitgliedstaaten, in welche Abfälle aus anderen Mitgliedstaaten verbracht würden, die Überwachung und Kontrolle der Verbringung zu ermöglichen. Wenn wie im vorliegenden Fall eine zuständige Behörde des Empfängerstaates des Aushubmaterials jedoch bereits feststelle, dass dieses für ihn keinen Abfall im Sinne der Verordnung darstelle, entfalle damit in Österreich als Versandstaat die Notifizierungspflicht nach § 35 AWG, da diese ja nur an die Verbringung in das Ausland anknüpfe. Dies ergebe sich nach Art. 3 und 6 der EG-VerbringungsV auch daraus, dass die Verbringung der zuständigen Behörde am Bestimmungsort zu notifizieren sei. Wenn diese Behörde davon ausgehe, dass keine notifizierungspflichtige Verbringung vorliege, könne eine derartige Notifizierung nach § 35 AWG gar nicht erfolgen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 AWG sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen, deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat (Z. 1), oder deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§1 Abs. 3) geboten ist (Z. 2). Nach Absatz 2 dieser Bestimmung ist eine geordnete Erfassung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse geboten, als eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist (Z. 1), oder solange sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht(Z. 2). Ist eine Sache Abfall und wird sie sodann einer Verwertung zugeführt (Altstoff), gilt sie gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle so lange als Abfall, bis sie oder die aus ihr gewonnenen Stoffe einer zulässigen Verwendung oder Verwertung zugeführt werden.
Gemäß § 3 Abs. 1 AWG gilt dieses Bundesgesetz für gefährliche Abfälle (§ 2 Abs. 5) und Altöle (§ 21). Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle gilt dieses Bundesgesetz für nicht gefährliche Abfälle nur hinsichtlich der in dieser Gesetzesstelle näher aufgezählten Paragraphen, insbesondere der hier maßgeblichen §§ 37 Abs. 2 und 39 AWG.
Nach § 39 Abs. 1 lit. c Z. 16 AWG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 40.000,-- zu bestrafen, wer entgegen § 37 Abs. 2 die Abschrift des Notifizierungsbegleitscheines oder die erforderliche Bewilligung nicht mitführt oder vorweist.
Nach § 37 Abs. 2 AWG ist bei einer notifizierungspflichtigen Verbringung von Abfällen oder Altölen eine Abschrift des Notifizierungsbegleitscheines sowie die erforderliche Bewilligung gemäß § 36 mitzuführen.
§ 34 Abs. 1 AWG sieht vor, dass für Verbringungen von Abfällen oder Altölen die Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft, ABl. EG Nr. L 30 vom 6. Februar 1993, S. 1 (EG-VerbringungsV) anzuwenden ist.
Nach § 35 Abs. 1 AWG hat derjenige, der eine gemäß EG-VerbringungsV notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen oder Altölen aus Österreich durchzuführen beabsichtigt, dies dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu notifizieren (§ 35a). Nicht notifizierungspflichtig ist die Verbringung von ausschließlich zur Verwertung bestimmten und in Anhang II der EG-VerbringungsV aufgeführten Abfällen, mit Ausnahme jener in einer Verordnung gemäß § 34 Abs. 3 bestimmten Abfälle.
Nach § 35 Abs. 2 AWG übermittelt der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft die Notifizierung an die zuständige Behörde am Bestimmungsort und eine Abschrift an den Empfänger und an die für die Durchfuhr zuständigen Behörden. Die Weiterleitung der Notifizierung kann unterbleiben, wenn unmittelbar Einwände gegen die Verbringung von Abfällen oder Altölen zur Beseitigung in Übereinstimmung mit Art. 4 Abs. 3 EG-VerbringungsV erhoben werden.
§ 35a AWG nennt Notifizierungsunterlagen und beinhaltet eine Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft zur Erlassung näherer Bestimmungen über Inhalt, Form und Anwendung des Notifizierungsbegleitscheines.
§ 36 Abs. 1 AWG sieht schließlich vor, dass der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft über jede von der EG-VerbringungsV erfasste notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen oder Altölen nach, aus oder durch Österreich bescheidmäßig abzusprechen hat.
Die im vorliegenden Zusammenhang relevanten Bestimmungen der EG-VerbringungsV lauten:
"Artikel 1
(1) Diese Verordnung gilt für die Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Gemeinschaft.
...
(3) a) mit Ausnahme der Buchstaben b, c, d und e sowie des Art. 11 und des Art. 17 Abs. 1, 2 und 3 gilt diese Verordnung nicht für die Verbringung von ausschließlich zur Verwertung bestimmten und in Anhang II aufgeführten Abfällen.
b) für solche Abfälle gelten alle Bestimmungen der Richtlinie 75/442/EWG. ...
Artikel 2
Im Sinne dieser Verordnung sind
a) "Abfälle": Abfälle im Sinne des Artikel 1 Buchstabe a) der Richtlinie 74/442/EWG;
b) ...
Artikel 6
Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen
(1) Beabsichtigt die notifizierende Person unbeschadet des Art. 25 Abs. 2 und des Art. 26 Abs. 2, zur Verwertung bestimmte Abfälle des Anhangs III von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat zu verbringen und/oder sie durch einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten durchzuführen, so notifiziert sie dies der zuständigen Behörde am Bestimmungsort und übermittelt den zuständigen Behörden am Versandort und den zuständigen Transitbehörden sowie dem Empfänger eine Kopie des Notifizierungsschreibens.
...
(3) Die Notifizierung erfolgt mit Hilfe des Begleitscheines, der von der zuständigen Behörde am Versandort ausgestellt wird.
...
(8) Eine zuständige Behörde am Versandort kann nach Maßgabe der einzelstaatlichen Vorschriften beschließen, an Stelle der notifizierenden Person die Notifizierung gegenüber der zuständigen Behörde am Bestimmungsort selbst vorzunehmen; sie übermittelt dann eine Kopie des Notifizierungsschreibens an den Empfänger und an die für die Durchfuhr zuständige Behörde.
Artikel 8
(1) ....
(3) Jede Sendung ist mit einer Kopie oder auf Ersuchen der zuständigen Behörde mit einer beglaubigten Kopie des Begleitscheines zu versehen.
Artikel 10
Für die Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen des Anhanges IV sowie von zur Verwertung bestimmten Abfällen, die noch keinem der Anhänge II, III oder IV zugeordnet sind, gelten die Verfahren der Art. 6 bis 8 mit der Ausnahme, dass die betroffenen zuständigen Behörden ihre Zustimmung schriftlich vor dem Beginn der Verbringung zu erteilen haben."
Artikel 1 der Richtlinie 75/442/EWG des Rates über Abfälle
(Abfallrahmen-Richtlinie) lautet (auszugsweise):
"Artikel 1
Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:
a) "Abfall": alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.
Die Kommission erstellt nach dem Verfahren des Artikels 18 spätestens zum 1. April 1993 ein Verzeichnis der unter die Abfallgruppen in Anhang I fallenden Abfälle. Dieses Verzeichnis wird regelmäßig überprüft und erforderlichenfalls nach demselben Verfahren überarbeitet;"
Die Entscheidung 94/3/EG der Kommission vom 20. Dezember 1993 (in der durch die Entscheidung der Kommission vom 24. November 1999 angepassten - im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden - Fassung ABl. Nr. L 316 vom 10. Dezember 1999) über ein Abfallverzeichnis gemäß Artikel 1 Buchstabe a) der Richtlinie 75/442/EWG des Rates über Abfälle (Europäischer Abfallkatalog - EWC) beinhaltet unter der Überschrift "Erde und Hafenaushub" den Punkt 17 05 01 "Erde und Steine."
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, die grenzüberschreitenden Transporte von Erdaushub ohne Notifizierungsbegleitschein oder eine Bestätigung nach § 16 AWG verantworten zu müssen. Allerdings macht er in der Beschwerde geltend, der transportierte Erdaushub sei kein Abfall im Sinne des AWG, weshalb es sich nicht um eine notifizierungspflichtige Verbringung gehandelt habe. Aushubmaterial stelle vor dem Aushub keine bewegliche Sache dar, da er mit dem Boden fest verbunden sei. Mit dem Aushub sei aber bereits der Eigentumsübergang an den Beschwerdeführer erfolgt, der sich dieses Materials jedoch nie habe entledigen wollen, sondern dies wirtschaftlich verwertet habe. Nach der Definition des § 2 AWG liege daher kein Abfall vor. Weiters sei ein "frischer Erdaushub" als neue Sache anzusehen, weshalb seine Erfassung und Behandlung als Abfall nach § 2 AWG nicht im öffentlichen Interesse geboten sei.
Der Beschwerdeführer hat bis zur mündlichen Berufungsverhandlung die Abfalleigenschaft des Erdaushubs nicht in Frage gestellt und seine rechtliche Argumentation auf den Umstand gestützt, dieser zur Verwertung bestimmte Abfall falle unter die grüne Liste der EG-VerbringungsV und sei daher nicht notifizierungspflichtig. Erst in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde brachte er vor, der Erdaushub "stelle keinen Abfall im Sinn der EU-Richtlinie und ebenso wenig Abfall nach der Verordnung des AWG" dar; Notifizierungspflicht sei deshalb nicht gegeben.
Im Verwaltungsstrafverfahren hatte der Beschwerdeführer sachverhaltsmäßig vorgebracht, der Aushub stamme aus näher bezeichneten Baustellen und werde von ihm abtransportiert und verwertet. Er hat während des gesamten Verwaltungsstrafverfahrens insbesondere keine Behauptung des Inhaltes aufgestellt, dass er selbst (bzw. sein Unternehmen) - wohl: durch eine entsprechende Vertragsgestaltung - bereits mit dem Aushubvorgang Eigentum an diesem Material erworben hätte. Die auf diesem neuen Sachverhaltsvorbringen basierende rechtliche Schlussfolgerung des Beschwerdeführers, wonach an der (erst durch die Trennung vom Boden) beweglichen Sache Erdaushub nie Entledigungsabsicht des Eigentümers bzw. Inhabers bestanden habe, war aber schon deshalb nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen, weil dieses erstmals in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete Vorbringen wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht weiter zu berücksichtigen war.
Es ist vielmehr von der Abfalleigenschaft des Erdaushubs auszugehen.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind unter "Eigentümer oder Inhaber" einer Sache nicht nur die (zeitlich gesehen) letzten Inhaber einer Sache zu sehen, sondern sämtliche aktuellen wie historischen Eigentümer oder Inhaber dieser Sache. Besteht bei einem Voreigentümer oder Vorinhaber Entledigungsabsicht, dann wird die Sache zum Abfall und verliert diese erst wieder durch eine zulässige Verwertung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 1995, Zl. 93/04/0241, und vom 11. September 1997, Zl. 96/07/0223).
Unbestritten handelt es sich bei den ausgeführten Materialien um Aushub, der aus einer Baugrube am Hauptbahnhof Salzburg bzw. von einer Kanalbaustelle stammt und mit dessen Abtransport der Beschwerdeführer beauftragt ist. Dass die Eigentümer und Inhaber dieses Aushubs (Bauherrn) sich mit dem Auftrag an den Beschwerdeführer zum Abtransport des Abbaumaterials desselben nicht hätten entledigen wollen, wurde im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht; das Gegenteil liegt auf der Hand. Damit ist das Abbaumaterial zum Abfall geworden. Ist aber der subjektive Abfallbegriff erfüllt, bedarf es keinerlei Auseinandersetzung mit dem objektiven Abfallbegriff mehr (vgl. auch dazu das soeben zitierte hg. Erkenntnis vom 11. September 1997).
Die Argumentation des Beschwerdeführers, § 2 Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 AWG - fehlende Notwendigkeit der geordneten Erfassung und Behandlung im öffentlichen Interesse - werde verwirklicht, was mit dem Hinweis auf das Entstehen einer "neuen" Sache und deren "bestimmungsgemäßer Verwendung" unterstreichen wird, war für die Qualifikation als Abfall ohne Relevanz, weil diese Bestimmung (nur) auf den objektiven Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 Z. 2 AWG Bezug nimmt.
Auf die in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde erstatteten Hinweise auf mangelnde Abfalleigenschaft des Erdaushubs auf Grund der EU-Richtlinie (gemeint wohl: Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle, ABl. Nr. L 194 vom 25. Juli 1975 in der Fassung der Richtlinie 91/156/EWG) und "der Verordnung zum AWG" (was damit gemeint ist, ist nicht nachvollziehbar) kommt der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht mehr zurück. Ergänzend sei in diesem Zusammenhang aber bemerkt, dass auch dieser Hinweis zu keiner anderen Einschätzung führt. Die genannte Abfallrahmen-Richtlinie definiert in ihrem Artikel 1 lit. a) den Abfallbegriff dahingehend, dass darunter - unter in Anhang I fallende - Stoffe und Gegenstände fallen, deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Das Verzeichnis der unter die Abfallgruppen des Anhanges I fallenden Abfälle (Europäischer Abfallkatalog - EWC) beinhaltet nun - in der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltenden Fassung - unter Punkt 17 05 01 auch "Erde und Steine."
Dass vorliegendenfalls der subjektive Abfallbegriff erfüllt wurde, wurde bereits dargetan. Auch auf Basis der Abfallrahmen-Richtlinie liegt daher Abfall vor (vgl. im Zusammenhang mit der Abfalleigenschaft von Brennholz dazu auch das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, Zl. 96/07/0132).
Stellte der Erdaushub aber im Zeitpunkt der Verbringung Abfall (im subjektiven Sinn) dar, war im gegenständlichen Zusammenhang ohne Bedeutung, ob dieser später einer zulässigen Verwertung zugeführt wurde und allenfalls später aus diesem Grund die Abfalleigenschaft verlor.
Auch die Notifizierungspflicht dieses Abfalles ist gegeben. Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, dass die EG-VerbringungsV zwar nach Art. 1 Abs. 3 lit. a (vgl. auch den inhaltsgleichen § 35 Abs. 1 letzter Satz AWG) nicht für die Verbringung von ausschließlich zur Verwertung bestimmten und in Anhang II aufgeführten Abfälle gilt, dass Erdaushub aber in Anhang II (grüne Liste) nicht aufgezählt ist. Erdaushub findet sich in keinem der Anhänge zur EG-VerbringungsV.
Nach Art. 10 der zitierten Verordnung sind (u.a.) für die Verbringung und Verwertung von Abfällen, die noch keinem der Anhänge II, III oder IV zugeordnet worden sind, also auch für die Verbringung des gegenständlichen Erdaushubs, die Verfahren der Art. 6 bis 8 mit der Ausnahme anzuwenden, dass die betroffenen zuständigen Behörden ihre Zustimmung schriftlich vor dem Beginn der Verbringung zu erteilen haben.
Es liegt daher eine von der EG-VerbringungsV erfasste notifizierungspflichtige Verbringung zur Verwertung vor, bei der nach § 37 Abs. 2 AWG eine Abschrift des Notifizierungsbegleitscheines sowie die erforderliche Bewilligung nach § 36 mitzuführen ist. Die belangte Behörde ging daher zutreffend davon aus, dass der Beschwerdeführer wegen des Nichtmitsichführens einer Abschrift des Notifizierungsbegleitscheines oder der erforderlichen Bewilligung nach § 36 AWG die Verwirklichung des Tatbestands des § 39 Abs. 1 lit. c Z. 16 AWG zu verantworten hatte.
Wenn der Beschwerdeführer nun vorbringt, aus Artikel 13 der EG-VerbringungsV sei abzuleiten, dass der Schutzzweck dieser Verordnung in der Überwachung und Kontrolle eines Mitgliedstaates hinsichtlich der Verbringung von Abfall aus anderen Mitgliedstaaten liege, der Empfängerstaat jedoch bereits die fehlende Abfalleigenschaft festgestellt habe und daher nach § 35 AWG keine notifizierungspflichtige Ausfuhr vorliege, geht er schon deshalb fehl, weil Artikel 13 EG-VerbringungsV die Verbringung von Abfällen innerhalb eines Mitgliedstaates regelt; dieser Sachverhalt liegt im gegenständlichen Fall, wo es unbestritten um die Verbringung zwischen Mitgliedstaaten (Österreich und Deutschland) geht, aber nicht vor. Selbst wenn nun der Empfängerstaat - wie das vorgelegte Schreiben des Bayrischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen, wenn auch ohne Bezugnahme auf irgendeine rechtliche Grundlage, nahe legt - davon ausgeht, es liege kein Abfall vor, entbindet dies den Beschwerdeführer nicht von der Einhaltung der im AWG bzw. der EG-VerbringungsV festgelegten Erfordernisse einer Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen.
Auch der Einwand, es könne (faktisch) eine Notifizierung gar nicht erfolgen, weil die Behörde am Bestimmungsort von der fehlenden Notifizierungspflicht ausgehe, ändert daran nichts. Der österreichische Gesetzgeber hat von der in Artikel 6 Abs. 8 der EG-VerbringungsV eröffneten Möglichkeit, an Stelle der notifizierenden Person die Notifizierung durch die Behörde am Versandort selbst gegenüber der Behörde am Bestimmungsort vorzunehmen, insofern Gebrauch gemacht, als nach § 35 Abs. 2 AWG der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (als zuständige Behörde am Versandort) die Notifizierung an die zuständige Behörde am Bestimmungsort und eine Abschrift an den Empfänger und an die für die Durchführ zuständigen Behörden zu übermitteln hat. Daher muss die Notifizierung beim Export wie auch beim Import lediglich an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erfolgen. Angesichts der sich aus den österreichischen Rechtsnormen zweifelsfrei ergebenden Verpflichtung zur Notifizierung dieser Verbringung (beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) ist für den Notifizierungspflichtigen die Frage der Rechtsansicht des Empfängerstaates nicht weiter von Bedeutung.
Schließlich verweist der Beschwerdeführer auch unter dem Aspekt eines Verfahrensmangels auf das zitierte Schreiben des Bayrischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 1. Oktober 1999. Es trifft zwar zu, dass der belangten Behörde insofern ein Verfahrensmangel unterlaufen ist, als sie dieses Schreiben in ihrer Bescheidbegründung nicht erwähnt. Der Beschwerdeführer verabsäumt es jedoch, die Relevanz dieser Unterlassung darzutun, geht doch - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - aus dem Schriftsatz gerade nicht hervor, aus welchen rechtlichen Erwägungen davon ausgegangen wurde, es liege nach der EG-VerbringungsV kein notifizierungspflichtiger Abfall vor. Dass der Beschuldigte mit seinem Verweis auf das Schreiben des Bayrischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 1. Oktober 1999 einen Rechtsirrtum geltend machen wollte, ist seinem Vorbringen im Übrigen nicht zu entnehmen. Gegen die Strafbemessung des angefochtenen Bescheides finden sich keine Beschwerdeausführungen, sodass darauf nicht näher einzugehen war.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. November 2001
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Gemeinschaftsrecht Verordnung EURallg5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000070087.X00Im RIS seit
11.03.2002