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L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, in der Beschwerdesache 1. der Interessentschaft L-Alm und 2. des H in P, beide vertreten durch Dr. Harald Vill, Dr. Helfried Penz und Mag. Christoph Rupp, Rechtsanwälte in Innsbruck, Anichstraße 5a, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 2. August 2001, Zl. LAS-623/7-00, betreffend Absonderung von Anteilsrechten von der Stammsitzliegenschaft, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:
Mit Kaufvertrag vom 15. Dezember 2000 (mit Nachtragsvereinbarung vom 6. Februar 2001) hat V die mit dem geschlossenen Hof "Unterholz" in EZ. 45 I KG P, Gerichtsbezirk Sterzing, verbundenen 36/396-Anteile an der L-Alpe in EZ. 218 GB F an K verkauft. Die Verkäuferin leistet Gewähr dafür, dass mit den verkauften Anteilen zumindest die Berechtigung verbunden ist, 18 Stück Rindvieh (GVE) auf das Gst 1862 der KG F (dieses 656,2534 ha große Grundstück mit der Benützungsart "Alpe" ist in EZ 218 vorgetragen) während der gesamten Alpzeit aufzutreiben. Gemäß Nachtragsvereinbarung sollten die kaufgegenständlichen Anteilsrechte realrechtlich mit der Z-Alpe in EZ 216 GB F und für den Fall, dass dies agrarbehördlich nicht bewilligt werden sollte, mit dem geschlossenen Hof "Brugger" in EZ 90009 GB M verbunden werden. Sowohl in EZ 216 GB F als auch in EZ 90009 GB M ist das Eigentumsrecht für den Käufer K einverleibt. Mit den beiden vorgenannten Liegenschaften des Käufers ist bisher ein Miteigentums- bzw. Anteilsrecht an der L-Alpe in EZ 218 GB F nicht verbunden.
Mit Eingabe vom 22. Jänner 2001 haben die Vertragsparteien an die Agrarbehörde den Antrag auf Bewilligung des Kaufvertrages vom 15. Dezember 2000 gemäß § 38 Abs. 3 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996, LGBl. Nr. 74 (TFLG 1996) gestellt. Mit der weiteren Eingabe vom 6. Februar 2001 haben die Vertragsparteien die Nachtragsvereinbarung vom 6. Februar 2001 vorgelegt und ihren Antrag vom 22. Jänner 2001 dahin ergänzt, die Agrarbehörde wolle die Absonderung der bisher mit der Stammsitzliegenschaft "Unterholz" in EZ 45 I KG P, verbundenen Mitgliedschaft an der Agrargemeinschaft L-Alpe in EZ 218 GB F und die realrechtliche Verbindung dieser Mitgliedschaft mit der Liegenschaft EZ 216 GB F, in eventu mit der Liegenschaft EZ 90009, GB M, gemäß § 38 Abs. 3 TFLG 1996 bewilligen.
Mit Bescheid vom 15. Mai 2001 verweigerte das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz die beantragte Bewilligung gemäß § 38 Abs. 4 lit. c und Abs. 5 TFLG 1996.
Die Antragsteller erhoben Berufung.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 2. August 2001 gab die belangte Behörde der Berufung Folge und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahin ab, dass die Bewilligung zur Absonderung des Anteilsrechtes an der L-Alpe in EZ 218 GB F von der Stammsitzliegenschaft EZ 45 I KG P und deren Verbindung mit EZ 90009 GB M als neuer Stammsitzliegenschaft gemäß dem Kaufvertrag vom 15. Dezember 2000, Nachtragsvereinbarung vom 6. Februar 2001, abgeschlossen zwischen V als Verkäuferin und K als Käufer erteilt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die Beschwerdeführer bringen zur Beschwerdelegitimation vor, auch wenn ihnen auf Grund des § 74 Abs. 5 TFLG 1996 im Verfahren zur Bewilligung der Absonderung von Anteilsrechten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken keine Parteistellung zukomme, seien sie durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt, weil es durch die Bewilligung der Absonderung zu einer dem wirtschaftlichen Zweck der Agrargemeinschaft abträglichen Zersplitterung und durch die agrarbehördliche Bewilligung des Kaufvertrages vom 15. Dezember 2000 zum Nachteil aller anderen Berechtigten zu einer Vermehrung der Weiderechte komme.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 38 Abs. 3 TFLG 1996 darf die mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundene Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft von der Stammsitzliegenschaft nur mit Bewilligung der Agrarbehörde abgesondert werden.
Nach § 38 Abs. 4 lit. b TFLG 1996 ist die Bewilligung nach Abs. 3 zu verweigern, wenn durch die Absonderung eine dem wirtschaftlichen Zweck der Agrargemeinschaft abträgliche Zersplitterung oder Anhäufung von Anteilsrechten eintritt.
Nach § 74 Abs. 5 TFLG 1996 sind Parteien im Verfahren zur Bewilligung der Absonderung von Anteilsrechten (§ 38 Abs. 3 und 6) und zur Bewilligung der Teilung von Stammsitzliegenschaften (§ 39 Abs. 1) die Eigentümer der bisher berechtigten Stammsitzliegenschaften, die Inhaber eines walzenden Anteilsrechtes und die Erwerber von Anteilsrechten und von Trennstücken einer Stammsitzliegenschaft; im Fall des § 38 Abs. 4 lit. c Z. 2 ist auch die Gemeinde Partei. Wenn im Zuge der Absonderung Anteilsrechte mit einer Stammsitzliegenschaft verbunden werden, an deren Eigentum bereits Anteilsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken gebunden sind, oder wenn im Zuge der Teilung einer Stammsitzliegenschaft die mit dieser bisher verbundenen Anteilsrechte aufgeteilt werden, so ist die Agrargemeinschaft vor der Erlassung des Bescheides zur Frage einer allfälligen, dem wirtschaftlichen Zweck der Agrargemeinschaft abträgigen Anhäufung oder Zersplitterung von Anteilsrechten zu hören. In diesen Fällen ist der Agrargemeinschaft weiters der die Absonderung oder Teilung bewilligende Bescheid mitzuteilen.
Nach dieser Bestimmung kam den Beschwerdeführern im Verwaltungsverfahren zur Bewilligung der Absonderung von Anteilsrechten keine Parteistellung zu. Sie meinen aber, sie seien trotzdem zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde berechtigt, weil durch die Absonderung in ihre Rechte eingegriffen werde.
Es kann dahin gestellt bleiben, welche Folgen es hätte, wenn durch die Genehmigung der Absonderung tatsächlich in Rechte der Beschwerdeführer eingegriffen würde, da ein solcher Eingriff mit der Genehmigung der Absonderung nicht verbunden ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 6. März 1990, 89/07/0123, zur Rechtslage nach dem Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetz 1978, LBGl. Nr. 54/1978 idF LGBl. Nr. 18/1984, ausgesprochen, dass einzelnen Mitgliedern der Agrargemeinschaft kein Recht eingeräumt ist, dafür Sorge zu tragen, dass durch die Absonderung nicht eine dem wirtschaftlichen Zweck der Agrargemeinschaft abträgliche Zersplitterung oder Anhäufung von Anteilsrechten eintritt.
An dieser Rechtslage hat sich durch das TFLG 1996 nichts geändert; vielmehr wurde durch die ausdrückliche Beschränkung der Parteien im § 74 Abs. 5 leg.cit. der Grundsatz, dass einzelnen Mitgliedern der Agrargemeinschaft kein Recht auf Einhaltung des § 38 Abs. 4 lit. b TFLG 1996 eingeräumt ist, ausdrücklich verankert.
Hingegen hat der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis vom 6. März 1990, 89/07/0123, die Auffassung vertreten, dass § 74 Abs. 4 TFLG 1978 in Verbindung mit § 38 Abs. 4 lit. b TFLG 1978 eine Parteistellung der Agrargemeinschaft im Verfahren betreffend die agrarbehördliche Genehmigung einer Absonderung von Mitgliedschaftsrechten von der Stammsitzliegenschaft begründete und dass damit der Agrargemeinschaft das Recht eingeräumt wurde, dafür Sorge zu tragen, dass durch die Absonderung nicht eine dem wirtschaftlichen Zweck der Agrargemeinschaft abträgliche Zersplitterung oder Anhäufung von Anteilsrechten eintritt. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Recht der Agrargemeinschaft, eine Zersplitterung oder Anhäufung von Anteilsrechten zu verhindern, aus der Bestimmung des § 38 Abs. 4 lit. b TFLG 1978, welcher das Verbot einer solchen Anhäufung oder Zersplitterung enthielt, in Verbindung mit den Bestimmungen über die Parteistellung abgeleitet.
Gegenüber dieser Rechtslage nach dem TFLG 1978 ist durch das TFLG 1996 eine entscheidende Änderung eingetreten, weil dieses der Agrargemeinschaft keine Parteistellung im Verfahren zur Genehmigung der Absonderung mehr einräumt und ihr damit auch das Recht nimmt, dem Verbot der Anhäufung oder Aufsplitterung zum Durchbruch zu verhelfen. Der Agrargemeinschaft kommt damit auch kein Recht mehr zu, in das durch die Genehmigung der Absonderung eingegriffen werden könnte. Bei der Beurteilung der Frage, ob durch eine Bestimmung in einem Gesetz auch subjektive Rechte begründet werden sollen, kommt nämlich der Regelung der Parteistellung als Instrument zur Durchsetzung eines solchen Rechtes Bedeutung zu. Dadurch dass das TFLG 1996 im Verfahren zur Genehmigung der Absonderung von Anteilsrechten der Agrargemeinschaft keine Parteistellung zugesteht, hat der Gesetzgeber auch die Entscheidung getroffen, dass die Bestimmung des § 38 Abs. 4 lit. b leg.cit. der Agrargemeinschaft kein subjektives Recht einräumt, sondern dass die Einhaltung dieser Bestimmung der Behörde überantwortet ist. Dagegen bestehen auch keine rechtlichen Bedenken, da es grundsätzlich dem Ermessen des Gesetzgebers überlassen ist, ob er eine von ihm geschaffene Bestimmung des objektiven Rechts auch zu einem subjektiven Recht macht oder nicht.
Anders könnte es sich allenfalls bei der von den Beschwerdeführern angesprochenen Vermehrung der Weiderechte verhalten. Die Beschwerdeführer meinen offenbar, durch die Genehmigung der Absonderung würden Weiderechte Dritter begründet, die bisher nicht bestanden und dadurch würden die bereits bestehenden Weiderechte der Beschwerdeführer eingeschränkt.
Diese Auffassung erweist sich als unzutreffend.
Die behördliche Genehmigung der Absonderung von Anteilsrechten von der Stammsitzliegenschaft stellt keinen bindenden Abspruch über Bestand und Umfang solcher Anteilsrechte dar. Sie ist lediglich eine der Voraussetzungen dafür, dass ein bestehendes Anteilsrecht auf eine andere Stammsitzliegenschaft übertragen werden darf. Hingegen kann die Genehmigung bisher nicht bestehende Anteilsrechte nicht begründen und bestehende nicht in ihrem Umfang verändern. Bestand und Umfang der Anteilsrechte sind im Verfahren zur Genehmigung der Absonderung für die genehmigende Behörde Vorfragen, über die nicht bindend zu entscheiden ist. Daraus folgt aber, dass durch die im Beschwerdefall erfolgte Genehmigung ein Eingriff in schon bestehende Weiderechte der Beschwerdeführer gar nicht erfolgen kann, so dass sich eine Untersuchung erübrigt, welche Konsequenz es hätte, wenn der Gesetzgeber diese Rechte durch Verweigerung der Parteistellung als Instrument ihrer Durchsetzung einschränkte oder zum Erlöschen brächte.
Es erweist sich daher, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt sein können.
Die Beschwerde war daher in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 15. November 2001
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Besondere Rechtsgebiete Diverses Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001070126.X00Im RIS seit
11.03.2002