TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/15 2000/07/0100

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Veröffentlicht am 15.11.2001
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Index

10/11 Vereinsrecht Versammlungsrecht;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §26;
AVG §37;
AVG §62;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
AVG §9;
VereinsG 1951 §4 Abs2 liti;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn sowie die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des Vereins "Hausgemeinschaft der Eigentumswohnanlage B Nr. X in Oberösterreich", vertreten durch Ing. AH in S, dieser vertreten durch Dr. Walter Rinner, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Freistädter Straße 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. Juli 2000, Zl. Wa-104039/17-2000-Pan/Ne, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit des Wasserrechts, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Wildbach- und Lawinenverbauung, Gebietsbauleitung Salzkammergut (damals: Bundesbauleitung Bad Ischl), wurde über deren Antrag mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (BH) vom 1. Februar 1960 die wasserrechtliche Bewilligung für die Verbauung und die Regulierung des Wbach-Unterlaufes im Gemeindegebiet von B erteilt. Projektsgemäß sollte die Gewässerstrecke von "hm 2.1 bis 1.5" (so in der einen integrierenden Bestandteil des Bewilligungsbescheides bildenden Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 15. Dezember 1959) mit Beton bzw. Holzbohlen überdacht werden. Mit Bescheid der BH vom 26. November 1968 wurde gemäß § 121 Abs. 1 WRG 1959 die Übereinstimmung der Ausführung mit der erteilten Bewilligung festgestellt.

Bei einem am 16. Oktober 1985 von der BH durchgeführten Lokalaugenschein wurde festgestellt, dass der im Grundbuch mit der Grundstücksnummer 553/1, KG G, (Eigentümerin dieser Bachparzelle sind die Österreichischen Bundesforste) einverleibte Wbach über eine Länge von rd. 70 lfm auch ab "ca. hm 0,8 bis hm 1,5 in abgedeckter Bauweise verbaut worden ist". Hiefür liege keine wasserrechtliche Bewilligung vor. Diese Verbauung sei durch die H. Eigentumswohnungen Gesellschaft m.b. H. im Zuge der Errichtung der Häuser A. I und II auf den Grundstücken Nr. 76/1 und 77/1, KG G, in welchen Wohnungseigentum begründet worden sei, erfolgt. Diese Grundstücke grenzten an den Wbach, Grundstück Nr. 553/1, KG G, welcher die vorgenannten verbauten Grundstücke vom Grundstück Nr. 77/2, KG G, welches in derselben Liegenschaft (EZ. 834, KG G) wie das Grundstück Nr. 77/1 eingetragen sei, trenne.

Mit Eingabe vom 5. Februar 1996 beantragte die Hausverwalterin des Hauses A I für "die Eigentümer der Liegenschaft" "in Absprache mit der Hausverwaltung des Hauses A II" die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung, mit dem Hinweis, dass ein entsprechendes Projekt nachgereicht werde. Der beschwerdeführende Verein ist seit dem Jahre 1989 zu 107/10000- Anteilen Miteigentümer des Grundstückes Nr. 76/1 KG G, mit welchen untrennbar das Wohnungseigentum an 3 Garagen "G 8" verbunden ist.

Mit Eingabe vom 17. Mai 1996 übermittelte der beauftragte Projektant das Projekt betreffend die "Überdeckung des Wbaches im Bereich des Parkplatzes der Wohnhausanlage 'A' in B" mit der Bitte um Durchführung des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens.

Mit Bescheid der BH vom 5. Dezember 1996 wurde "den Grundeigentümern bzw. Wohnungseigentümern der Wohnanlage A I in B (es folgt die namentliche Anführung der Eigentümer), vertreten durch die Hausverwaltung, und der Wohnanlage A II in B (es folgt die namentliche Anführung der Eigentümer), vertreten durch die Hausverwaltung, die Bewilligung zur Überdeckung des Wbaches im Bereich des Parkplatzes der Wohnungsanlage A in B sowie zur Errichtung und zum Betrieb aller hiezu dienenden Anlagen" unter Vorschreibung von verschiedenen "Nebenbestimmungen" erteilt. Eine Zustellung dieses Bescheides an den beschwerdeführenden Verein ist nicht aktenkundig.

Die im Instanzenzug gegen diesen Bescheid (unter anderem auch von Ing. A.H., dem nunmehrigen Vorstandsvorsitzenden des beschwerdeführenden Vereins, und seiner Ehegattin) erhobenen Berufungen wurden mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. Juli 1999 abgewiesen. Der beschwerdeführende Verein hatte keine Berufung erhoben; eine Zustellung des Berufungsbescheides an ihn ist ebenfalls nicht aktenkundig.

Gegen diesen Berufungsbescheid erhob unter anderem auch der nunmehr beschwerdeführende Verein Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2001, Zl. 99/07/0151, wurde der angefochtene Bescheid (u.a. auf Grund der Beschwerde des Vereins) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Am 27. August 1999 hatte der beschwerdeführende Verein einen Antrag auf Zustellung des Bescheides der BH vom 5. Dezember 1996 gestellt. Begründet wurde der Antrag im Wesentlichen damit, dass die beschwerdeführende Partei im Grundbuch als Miteigentümerin eingetragen sei und ihr somit Parteistellung zukomme. Die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides erfolgte am 7. September 1999.

Die gegen diesen Bescheid in der Folge erhobene Berufung der beschwerdeführenden Partei wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. Juli 2000 gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurückgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass bereits im Laufe des Berufungsverfahrens Ing. A.H. auch darüber hinaus als Vertreter der beschwerdeführenden Partei, nämlich der "Hausgemeinschaft der Eigentumswohnanlage B Nr. X in Oberösterreich", Verein nach dem Vereinsgesetz, aufgetreten sei. Die Vertretungsbefugnis auch für den Verein sei nicht zu Unrecht angenommen worden. Die "Hausgemeinschaft der Eigentumswohnanlage B Nr. X in Oberösterreich" sei daher im Berufungsverfahren gemäß § 10 AVG vertreten gewesen und der Berufungsbescheid sei bereits rechtswirksam ihrem Vertreter zugestellt worden. Daher sei die Berufung gemäß § 68 AVG zurückzuweisen gewesen. Im Übrigen sei gegen den Berufungsbescheid vom 15. Juli 1999 auch von der "Hausgemeinschaft der Eigentumswohnanlage B Nr. X in Oberösterreich" Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden. Da somit eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde anhängig sei, könne aus diesem Grund das Verfahren nicht nochmals durch Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gmunden aufgerollt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 102 WRG 1959 lautete (auszugsweise):

"§ 102. (1) Parteien sind:

     a)        der Antragsteller;

     b)        diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder

Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, ferner ..."

§ 9 AVG lautet:

"§ 9. Insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, ist sie von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen."

Jeder Verein, der unter Beachtung der Ordnungsvorschriften des VereinsG gegründet wurde, ist juristische Person und besitzt Rechtspersönlichkeit. Bei Vereinen bestimmen deren Statuten den Vertreter; maßgebend sind jene Personen, die nach den Statuten (§ 4 Abs. 2 lit. i VereinsG 1951) zur Vertretung des Vereines nach außen berufen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1992, Zl. 91/17/0047).

§ 1 der Vereinsstatuten des beschwerdeführenden Vereins ("Zweck des Vereins") sieht vor, dass Zweck des Vereins die gemeinsamen Verwaltungsaufgaben der selbstständigen Wohnungseigentümergemeinschaften der Häuser A I und A II unter Beachtung der zwischen den beiden Wohnungseigentumsgemeinschaften bestehenden Sonderverträge wahrzunehmen ist. Der Verein ist Miteigentümer von 107/10000-Anteilen des Grundstückes Nr. 76/1, KG G.

Gemäß § 3 der Vereinsstatuten ("Mitglieder des Vereins") kann nur derjenige Vereinsmitglied sein, der Wohnungseigentümer der "Liegenschaft" Nr. 530 beziehungsweise Nr. 538 ist. Die Mitgliedschaft wird automatisch mit dem Wohnungseigentum erworben und erlischt mit Übergang des Wohnungseigentums auf einen anderen.

Gemäß § 8 Abs. 17 der Vereinsstatuten ("Vertretungsregeln") ist - mit Ausnahme der Abgabe rechtsgeschäftlicher Verpflichtungserklärungen im Namen des Vereins - nach außen hin zur Vertretung des Vereins nur der Vorsitzende des Vorstandes oder sein Stellvertreter befugt. Ing. A.H. war seit 26. September 1998 Vorsitzender des Vorstandes des Vereins. Davor bekleidete F.H. diese Funktion. Ing. A.H. ist - ebenso wie seine Ehegattin - zu 319/20000-Anteilen Miteigentümer des Grundstückes Nr. 77/1 KG G.

Unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt die beschwerdeführende Partei vor, Ing. A.H. sei (nur) als Wohnungseigentümer als Partei dem Verfahren beigezogen worden; Zustellungen an ihn als Privatperson hätten keine Rechtswirkungen für den Verein auslösen können. Der Bescheid erster Instanz sei gegenüber der beschwerdeführenden Partei noch nicht erlassen gewesen, als Ing. A.H. für sich als Partei Berufung erhoben hätte. Die Berufungsentscheidung sei der beschwerdeführenden Partei genauso wenig wie der erstinstanzliche Bescheid zugestellt worden. Da keine entschiedene Sache für die beschwerdeführende Partei vorliege, hätte die belangte Behörde sehr wohl in der Sache selbst über die Berufung entscheiden müssen. Die belangte Behörde habe somit die Frage der Zustellung an die beschwerdeführende Partei als übergangene Partei und der entschiedenen Sache unrichtig beurteilt und daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Mit diesem Vorbringen befindet sich die beschwerdeführende Partei im Recht:

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2001 dargestellt hat, zählt der beschwerdeführende Verein zu den Antragstellern des wasserrechtlich zu bewilligenden Projektes. Unbestritten kam dem beschwerdeführenden Verein im Wasserrechtsverfahren Parteistellung zu.

Vorauszuschicken ist, dass eine von der belangten Behörde angenommene Vertretung des beschwerdeführenden Vereins durch Ing. A.H. auf Grundlage des § 10 AVG - gemeint wohl: bevor dieser als Vorstandsvorsitzender des Vereins auf Grund der Statuten zur Vertretung nach außen befugt war - im vorgelegten Akt mangels einer diesbezüglichen Erklärung des Vereins keine Deckung findet.

Im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides war F.H. zur Vertretung nach außen befugtes Organ des beschwerdeführenden Vereins. Der Zustellverfügung dieses Bescheides ist unter Nr. 92 die Zustellung des Bescheides an die "Familie" (F.)H. und unter Nr. 76 die Zustellung an Ing. A.H. zu entnehmen. Eine Zustellung an den beschwerdeführenden Verein ergibt sich daraus nicht.

Ing. A.H. und seine Ehegattin erhoben neben anderen Parteien gegen den Bescheid erster Instanz Berufung; zu diesem Zeitpunkt war er noch gar nicht vertretungsbefugtes Organ des Vereins. Die Position eines Vorstandsvorsitzenden des Vereins bekleidet er (erst) seit 26. September 1998.

Am 28. Dezember 1998 erstattete der beschwerdeführende Verein, vertreten durch Ing. A.H., an die Berufungsbehörde einen Schriftsatz mit folgendem Inhalt:

"In zwischenzeitlicher Stellungnahme zu ihrem Schreiben vom 11. 11. 1998 teile ich mit, dass ich durch meine Bestellung als Vorsitzender des Vereines der Eigentumswohnanlagen B sowie als Vorsitzender des Verwaltungsbeirates der Wohnanlage X meinen seinerzeitig persönlich als Eigentümer einer Wohneinheit im Haus I abgegebenen Einspruch in seiner Verantwortung auf die Gesamtheit der Betroffenen nun wahrzunehmen habe. Es ist mir daher die Verpflichtung auferlegt, die Interessen aller 85 Eigentumswohnungsinhaber zu vertreten. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, die gegenständlichen Akten zu erheben und einzusehen, sowie die Stellungnahmen der beiden Hausverwaltungsbeiräte und des Vereinsvorstandes einzuholen und zu koordinieren. Da letztere nicht ständig in B anwesend sind, bitte ich um Verständnis, wenn dies erst Anfang des kommenden Jahres möglich ist.

Wir haben zwischenzeitlich durch einen Aushang in beiden Häusern eine Vorinformation abgegeben und mit einer Kostenaufstellung nach vorliegenden Angeboten und ergänzenden Schätzungen, wonach jeder Eigner einer Wohnung mit ca. 4-5 Monats-Betriebskostenbeiträge zu belasten wäre.

In ersten Stellungnahmen wird dieses Vorhaben massiv abgelehnt und mit verschiedenen Einwendungen begründet. Weiters wurden zwischenzeitlich verschiedene Maßnahmen der Wildbachverbauung durchgeführt, welche bei der Verhandlung der BH keinerlei Berücksichtigung gefunden haben.

Wir werden uns auch einen allen Notwendigkeiten gerecht werdenden Vorschlag zurecht legen und wünschen uns hiezu Ihr behördliches Einverständnis."

Das Berufungsrecht fließt unmittelbar aus der Parteistellung. Die Berufung einer Partei gegen einen ihr zwar nicht zugestellten, jedoch seinem Inhalt nach zur Kenntnis gelangten und durch Zustellung an eine andere Partei erlassenen Bescheid ist zulässig (vgl. unter vielen die hg. Erkenntnisse vom 13. März 1990, Zl. 86/07/0061, und vom 25. April 1996, Zl. 95/07/0216).

Der beschwerdeführende Verein konnte daher als Partei die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides begehren und sodann Berufung erheben. Er konnte aber auch, da der ihm (durch Zustellung an seinen - als Miteigentümer Parteistellung genießenden - damaligen Vorstandsvorsitzenden) zur Kenntnis gelangte Bescheid durch Zustellung an die anderen Verfahrensparteien erlassen war, von seinem Berufungsrecht schon zuvor Gebrauch machen. Wird nun von der "übergangenen Partei" sogleich Berufung erhoben, anstatt zuerst die Zustellung des Bescheides zu begehren, so ist damit das Berufungsrecht der Partei verbraucht. Eine neuerliche, nach Bescheidzustellung erfolgte Berufung wäre diesfalls als unzulässig zurückzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 1996, Zl. 95/07/0234).

Wäre in dem oben wiedergegebenen Schriftsatz vom 28. Dezember 1998 eine Berufungserhebung durch den beschwerdeführenden Verein zu erblicken, hätte dieser damit zwar sein Berufungsrecht verbraucht; die Zurückweisung der nach Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides an den beschwerdeführenden Verein am 7. September 1999 erhobenen (zweiten) Berufung wäre aber auch diesfalls nur dann rechtmäßig gewesen, wenn die Berufungsbehörde über die (erste) Berufung auch tatsächlich entschieden hätte.

Im Schriftsatz vom 28. Dezember 1998 ist aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Erhebung einer Berufung durch den Verein sondern allenfalls die Ankündigung einer solchen nach Gewährung der (beantragten) Akteneinsicht, nach Durchführung weiterer Erhebungen und Gespräche mit den betroffenen Miteigentümern zu erblicken. Darüber hinaus hat die Berufungsbehörde über eine dem Verein zuzurechnende "Berufung" im (zwischenzeitig aufgehobenen) Berufungsbescheid vom 15. Juli 1999 auch gar nicht entschieden.

Dieser Berufungsbescheid wurde - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - dem beschwerdeführenden Verein auch nicht zugestellt; der Zustellverfügung des Berufungsbescheides vom 15. Juli 1999 ist nur zu entnehmen, dass unter Nr. 3 dem Ing. A.H. als Berufungswerber - dieser hatte als Partei des Verfahrens gemeinsam mit seiner Ehegattin mit Schriftsatz vom 27. Dezember 1996 Berufung erhoben - der Bescheid zugestellt wurde; eine rechtswirksame Zustellung an den beschwerdeführenden Verein ist daraus keinesfalls abzuleiten.

Die belangte Behörde hätte daher die Berufung des beschwerdeführenden Vereins aus den von ihr genannten Gründen nicht zurückweisen dürfen.

Eine Zurückweisung der Berufung des beschwerdeführenden Vereins wäre aber auch unter folgendem Gesichtspunkt nicht möglich gewesen:

Dann, wenn die Berufungsbehörde bereits eine Sachentscheidung getroffen hat (hier: durch den Berufungsbescheid vom 15. Juli 1999), kann ein Rechtsmittel gegen einen erstinstanzlichen Bescheid nicht mehr ergriffen werden, gehört doch dieser nicht mehr dem Rechtsbestand an. Dies gilt in gleicher Weise für eine übergangene Partei; auch sie kann, weil der erstinstanzliche Bescheid (nach Ergehen der Berufungsentscheidung) nicht mehr existent ist, nur noch den an seine Stelle getretenen Berufungsbescheid bekämpfen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 1992, Zl. 91/10/0240, und vom 6. Juli 1999, Zl. 99/10/0105). Bei aufrechtem Berufungsbescheid wäre eine Zurückweisung der nach Erlassung dieses Bescheides erhobenen Berufung des beschwerdeführenden Vereins gegen den erstinstanzlichen Bescheid mit der Rechtsordnung in Einklang gestanden.

Dieser Berufungsbescheid, der an die Stelle des Bescheides erster Instanz getreten war, wurde aber vom Verwaltungsgerichtshof mit dem zitierten hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2001 aufgehoben. Nach § 42 Abs. 3 VwGG trat das dortige Verfahren damit in das Stadium zurück, in dem es sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte. Diese "ex tunc"-Wirkung des aufhebenden Erkenntnisses bewirkt nun, dass die Rechtslage zwischen Erlassung des angefochtenen Bescheides und seiner Aufhebung so zu betrachten ist, als sei der Bescheid nie erlassen worden (vgl. unter vielen die hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 2000, Zl. 99/10/0244, und vom 24. Jänner 2001, Zl. 2000/16/0051). Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet im vorliegenden Fall, dass davon auszugehen ist, dass der Berufungsbescheid vom 15. Juli 1999 nie erlassen wurde; er konnte daher auch nie an die Stelle des Bescheides erster Instanz treten. Eine auf das Außerkrafttreten des erstinstanzlichen Bescheides gestützte Zurückweisung der vorliegenden Berufung des beschwerdeführenden Vereins käme daher ebenfalls nicht in Frage.

Aus dem Vorgesagten ergibt sich daher, dass - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - gegenüber dem beschwerdeführenden Verein keine entschiedene Sache vorliegt und dass über die von diesem gegen den Bescheid erster Instanz erhobene Berufung in der Sache selbst zu entscheiden ist.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der beschwerdeführende Verein gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juli 1999 (dort: als Fünftbeschwerdeführer) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben hatte. Der beschwerdeführende Verein konnte gegen diesen Berufungsbescheid nach § 26 Abs. 2 VwGG Beschwerde trotz des Umstands erheben, dass ihm dieser Bescheid nicht zugestellt worden war.

Die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Zurückweisung der Berufung des beschwerdeführenden Vereins erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. November 2001

Schlagworte

Übergangene ParteiInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit juristische Person Personengesellschaft des HandelsrechtsParteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungZurückweisung wegen entschiedener SacheRechtsnatur und Rechtswirkung der BerufungsentscheidungVoraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des BerufungswerbersVoraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungsrecht und Präklusion (AVG §42 Abs1)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000070100.X00

Im RIS seit

11.03.2002

Zuletzt aktualisiert am

30.04.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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