TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/20 2001/09/0192

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Veröffentlicht am 20.11.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
15 Rechtsüberleitung Unabhängigkeitserklärung Übergangsrecht
Rechtsbereinigung;
64/03 Landeslehrer;

Norm

B-VG Art65 Abs3;
LDG 1984 §105;
ÜG 1920 §25 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde des E S, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 2. Oktober 2000, Zl. IVa-725129/103, betreffend die Zurückweisung eines Gnadengesuches nach § 105 LDG 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund des Beschwerdevorbringens vor dem Verfassungsgerichtshof und dem Verwaltungsgerichtshof und des vorgelegten angefochtenen Bescheides von Folgendem aus:

Der Beschwerdeführer stand bis zu seiner disziplinarrechtlich erfolgten Entlassung als Landeslehrer in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol. Vorhergegangen war seine strafgerichtliche Verurteilung zu einer bedingt und gemäß § 44 Abs. 2 StGB unter bedingter Nachsicht der Rechtsfolgen verhängten Freiheitsstrafe von 14 Monaten nach den §§ 207 und 212 StGB.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis richtete der Beschwerdeführer am 13. September 2000 ein Gnadengesuch unter Hinweis auf seine langjährige Dienstzeit, seine positiven Leistungen, sein besonderes Engagement im Beruf und den seinerzeit nur auf eine Geldstrafe ausgerichtet gewesenen Antrag des Disziplinaranwaltes im Disziplinarverfahren an die belangte Behörde, ersuchte um Umwandlung der disziplinären Entlassung in eine Geldstrafe und erklärte seine Bereitschaft, unverzüglich vom Vorruhestandsmodell Gebrauch zu machen und in Pension zu gehen.

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde wie folgt:

"Ihr Antrag auf bescheidmäßige Erledigung Ihres Gnadenansuchens gemäß § 105 LDG 1984 vom 14. September 2000 wird mangels Parteistellung im Sinn des § 8 AVG

zurückgewiesen."

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe ersucht, die über ihn mit Disziplinarerkenntnis vom 20. Jänner 1999 bzw. Berufungserkenntnis vom 3. Mai 1999 ausgesprochene Entlassung "im Gnadenwege in die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von fünf Monatsbezügen zu vermindern" und gebeten, über das gegenständliche Gnadenansuchen bescheidmäßig zu entscheiden. Das öffentlichrechtliche Dienstverhältnis des Beschwerdeführers sei mit Ablauf des 30. April 1999 durch Entlassung aufgelöst worden. Nach § 16 Abs. 3 LDG 1984 seien damit - soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt sei - alle aus dem Dienstverhältnis sich ergebenden Anwartschaften, Rechte und Befugnisse des Landeslehrers und seiner Angehörigen erloschen. Ansprüche des Landeslehrers, die sich auf die Zeit vor der Auflösung des Dienstverhältnisses bezögen, seien hiervon unberührt. Gemäß § 1 LDG 1984 sei dieses Bundesgesetz auf die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu den Ländern stehenden Lehrer (Landeslehrer) für Volks-, Haupt- und Sonderschulen, für Polytechnische Schulen und für Berufsschulen (einschließlich der hauswirtschaftlichen Berufsschulen) sowie auf die Personen, die einen Anspruch auf Ruhe-(Versorgungs-)Bezug aus einem solchen Dienstverhältnis haben (Art. 14 Abs. 2 B-VG), anzuwenden. Ein Lehrer, über den die Disziplinarstrafe der Entlassung rechtskräftig verhängt worden sei, gehöre einerseits dem in § 1 LDG 1984 aufgezählten Personenkreis nicht mehr an und habe andererseits die sich aus dem Dienstverhältnis ergebenden Anwartschaften, Rechte und Befugnisse verloren (§ 16 Abs. 3 LDG 1984). Schon aus diesen Gründen scheide eine Parteistellung des Entlassenen in einem Verfahren, das nicht Ansprüche des Landeslehrers zum Gegenstand habe, die sich auf die Zeit vor der Auflösung des Dienstverhältnisses bezögen, aus. Davon abgesehen werde dem Bestraften eines Disziplinarverfahrens durch § 105 LDG 1984 weder ein Antragsrecht noch ein Anspruch auf die Ausübung des Gnadenrechtes an sich, noch ein Anspruch auf Gnadenübung in einem bestimmten Sinne eingeräumt (vgl. in diesem Sinn Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Oktober 1987, Zl. 87/09/0179).

Gegen diesen Bescheid wandte sich der Beschwerdeführer zunächst an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers vom 27. Juni 2001 mit Beschluss vom 29. Juni 2001, B 2096/00-5, an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Die über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte Beschwerde enthält folgenden Beschwerdepunkt:

"Durch den angefochtenen Bescheid bin ich in meinem Recht auf (positive) Sachentscheidung über einen von mir gestellten Gnadenantrag nach § 105 LDG 1984 durch unrichtige Anwendung dieser Norm verletzt."

Inhaltlich wird in der vorliegenden Beschwerde ein Vergleich mit § 187 des Finanzstrafgesetzes angestellt, es wird darauf hingewiesen, dass der von der belangten Behörde genannte Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes, Zl. 87/09/0179, sich nicht auf das LDG 1984, sondern auf Bundesbeamte bezogen habe, bei denen es keine dem § 105 vergleichbare Bestimmung gäbe, und es wird der gravierende soziale Unterschied in der Auswirkung einer Disziplinarstrafe nach einer Dienstzeit von 33 Jahren im Verhältnis zu einer kürzeren Dienstzeit herausgestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, dass der von der belangten Behörde genannte Beschluss nicht das LDG 1984 betroffen hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber in seinem Beschluss vom 16. April 1986, Zl. 86/09/0051 = Slg. N.F. Nr. 12.110 A, zu § 105 LDG 1984 ausgeführt, dass in der Abweisung einer Gnadenbitte schon begrifflich keine Rechtsverletzung gelegen sein könne, weil der Begriff der Gnade auch nach § 105 LDG 1984 genauso wenig wie bei dem für Bundesbedienstete vorgesehenen Gnadenrecht des Bundespräsidenten eine Beschränkung erfahren habe. Es müsse vielmehr schon aus der Verwendung des Ausdruckes "Gnade" im Zusammenhang mit der inhaltlichen Regelung geschlossen werden, dass weder ein Anspruch auf die Ausübung dieser Gnade an sich noch ein Anspruch auf Gnadenübung in einem bestimmten Sinne bestehe. Da weder aus § 105 LDG 1984 - auch im Zusammenhang mit dem übrigen Bestimmungen des VII. Abschnittes - ein Antragsrecht des Bestraften hervorgehe noch sonst wo irgendein Rechtsanspruch auf Erfüllung derartiger Gnadenbitten vorgesehen sei, bestehe kein subjektives Recht auf Ausübung des Gnadenrechtes.

Die Bestimmung des § 105 LDG 1984 entspricht in ihrem Wortlaut jener des § 57 des Landeslehrer-Dienstgesetzes, BGBl. Nr. 245/1962, und ist mit Erlassung des LDG 1984 an deren Stelle getreten. Mit letzterer Vorschrift wurde wiederum der ebenfalls den weitgehend selben Wortlaut aufweisende § 1 des Bundesgesetzes vom 25. Juli 1956 über das Gnadenrecht in Disziplinarangelegenheiten der Landeslehrer, BGBl. Nr. 172/1956, ersetzt. § 105 LDG 1984 ist damit auf eine Bestimmung zurückzuführen, mit welcher für Landeslehrer eine dem Gnadenrecht in Disziplinarangelegenheiten der Bundesangestellten in § 25 Abs. 3 des Verfassungs-Übergangsgesetzes vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des BGBl. Nr. 368 vom Jahre 1925 entsprechende Regelung geschaffen werden sollte (vgl. dazu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum angeführten Bundesgesetz 30 BlgNR, 8. GP). Insofern hat die belangte Behörde zu Recht auf die hg. Entscheidung vom 22. Oktober 1987, Zl. 97/09/0179, Slg 12566/A, hingewiesen, auch nach dieser Bestimmung besteht weder ein Anspruch auf Ausübung der Gnade, noch auf Gnadenübung in einem bestimmten Sinn.

Soweit der Beschwerdeführer auf § 187 FinStrG hinweist und meint, ebenso wie bei dieser Vorschrift sei auch hinsichtlich des § 105 LDG 1984 ein subjektives Recht auf gesetzeskonforme Ausübung des Gnadenrechts anzuerkennen, übersieht er somit einerseits den bereits anhand der Entstehungsgeschichte angeführten Inhalt dieser Bestimmung und andererseits, dass auch dem einfachen Gesetzesrecht Vorschriften, die zur Aufhebung oder Abänderung von Bescheiden, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, nicht fremd sind (vgl. § 68 Abs. 2 AVG).

Es ist daher die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass im gegebenen Zusammenhang kein Antragsrecht des Beschwerdeführers gegeben war. Da dies bereits auf Grundlage der Beschwerde klar ist, konnte diese gemäß § 35 VwGG ohne weiteres Verfahren und ohne weitere Kosten für den Beschwerdeführer abgewiesen werden.

Wien, am 20. November 2001

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001090192.X00

Im RIS seit

18.03.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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