Index
62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der E in K, vertreten durch Dr. Georg Kresbach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schubertring 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 23. Juli 1996, Zl. 120.480/3-7/96, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Roland V in B, 2. Vorarlberger Gebietskrankenkasse, 6850 Dornbirn, Jahngasse 4, 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, 4. Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, 5. Arbeitsmarktservice Vorarlberg, Landesgeschäftsstelle, 6901 Bregenz, Rheinstraße 32), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Aufwandersatzbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wird abgewiesen.
Begründung
Auf Grund einer im März 1995 im Gasthof der Beschwerdeführerin vorgenommenen Beitragsprüfung stellte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse mit Bescheid vom 3. August 1995 im Spruchpunkt I fest, dass der Erstmitbeteiligte Roland V. bereits vor seiner mit dem 1. Juni 1993 erfolgten Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse auf Grund seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin für die Zeit vom 15. Mai 1993 bis 31. Mai 1994 (gemeint offenbar: 31. Mai 1993) der Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 ASVG sowie gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlag. In weiteren, für das vorliegende Verfahren nicht bedeutsamen Spruchpunkten wurden für bestimmte Dienstnehmer Beitragsnachzahlungen, Sonderbeiträge und Verzugszinsen vorgeschrieben.
Die Gebietskrankenkasse stützte sich bei der genannten Feststellung insbesondere auf die Aussagen des Erstmitbeteiligten und des im angegebenen Zeitraum im selben Gastronomiebetrieb beschäftigten Küchenchefs Egon K., ferner auf den im Monat Mai 1993 erzielten Umsatz von S 415.043,--, der für den Einsatz von Dienstnehmern spreche.
In ihrem dagegen erhobenen Einspruch wandte sich die Beschwerdeführerin gegen die "völlig aus der Luft gegriffenen Berechnungen" und wies darauf hin, dass die Dienstnehmer die An- und Abmeldungen und den jeweiligen Lohn mit ihrer Unterschrift bestätigt hätten.
Mit Bescheid vom 23. Jänner 1996 schloss sich der Landeshauptmann von Vorarlberg der Beweiswürdigung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse an und gab diesem Einspruch mit der Maßgabe keine Folge, dass der Erstmitbeteiligte "für die Zeit vom 15.5.1993 bis zum 21.8.1994 der Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 ASVG sowie gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlag".
In ihrer dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus:
"Unrichtig ist, dass Herr Roland V. (der Erstmitbeteiligte), wie im Bescheid angeführt, ab Mitte Mai 1993 beschäftigt wurde (siehe Anmeldung von Herrn V. unterschrieben).
Die gemachte Angabe - Mitte Mai 93 -, und dass diese auch von Herrn K. (der anscheinend nicht einmal seine genaue Beschäftigungsverwendung mehr weiß) sind doch sehr wage und keineswegs qualifizierte Aussagen.
Unrichtig auch, die angeblichen Arbeitszeiten (siehe Stundenlisten von Herrn V. unterschrieben) und die angeblichen, ausbezahlten Löhne (siehe Lohnzettel von Herrn V. unterschrieben).
Auf Grund der von mir sehr genau geführten Aufzeichnungen, die eindeutig alle Behauptungen ad absurdum führen, erwarte ich die Aufhebung des Bescheides.
Ebenfalls stelle ich richtig, dass ich sehr wohl am 30.11.1995 eine Stellungnahme an die VGKK gesandt habe, und nicht wie im Bescheid angegeben, bis zum heutigen Tage keine eingelangt sei."
In einer Stellungnahme an die belangte Behörde vom 6. Juni 1996 führte die Beschwerdeführerin unter anderem Folgendes aus:
"Herr Roland V. hat sich auf eine Stellenanzeige für die Anstellung in meinem Betrieb beworben und danach die Beschäftigung ganz normal ausgeübt. Daher ist kein Grund vorhanden, dass Herr Roland V. zum Dienstgeber E. H. (der Beschwerdeführerin) in einem Abhängigkeitsverhältnis gestanden haben soll, wie er dies am 14.2.96 bei einer nochmaligen Befragung der GKK angibt.
Zur Feststellung der VGKK, dass im Monat Mai 1993 S 415.043,--
als Umsatz ausgewiesen sind und kein Dienstnehmer gemeldet gewesen sei, darf ich darauf verweisen, dass mir als Geschäftsinhaberin wohl gestattet ist, in meinem eigenen Betrieb zu arbeiten."
Die Bestreitung des "Abhängigkeitsverhältnisses" bezieht sich auf die Aussage des Erstmitbeteiligten vom 14. Februar 1996, er habe die Belege, die ihm die Beschwerdeführerin vorgelegt habe, unterschrieben, weil er in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Dienstgeber gestanden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den Einspruchsbescheid auf Grund folgender Beweiswürdigung:
"Der als erwiesen angenommene entscheidungswesentliche Sachverhalt ist, soweit er den Zeitraum vom 01.06.1993 bis 21.08.1994 betrifft, unstrittig. In diesem Zeitraum war Herr V. von der Berufungswerberin zur Sozialversicherung gemeldet. Strittig ist, soweit die hier nur zu beurteilende Versicherungspflicht betroffen ist, lediglich der Zeitraum vom 15. bis 31. Mai 1993. Die Vorarlberger Gebietskrankenkasse hat diesbezüglich eine neuerliche Befragung von Roland V. durchgeführt. Dieser gab an, dass er seit Mitte Mai 1993 beim Gasthof Sch. gearbeitet habe. Er sei in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Berufungswerberin gestanden und habe daher die Belege, die ihm vorgelegt worden seien, unterschrieben. Da diese Aussage glaubwürdiger als die unterschriebenen Lohnzettel ist, war der erwiesene Sachverhalt wie oben angegeben festzustellen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem "Recht auf Nichtfeststellung des Unterliegens der Versicherungspflicht ... von Herrn Roland V. ... für die Zeit vom 15.5.1993 bis 31.5.1993" sowie in Verfahrensrechten verletzt. Sie rügt, die belangte Behörde habe festgestellt, die Tatsache der Beschäftigung des Erstmitbeteiligten ab dem 15. Mai 1993 wäre "unbestritten". Auf Grund des solcherart umschriebenen Beschwerdepunktes hat der Verwaltungsgerichtshof nur zu prüfen, ob die belangte Behörde rechtswidrig gehandelt hat, wenn sie die Versicherungspflicht für den Zeitraum vom 15. bis 31. Mai 1993 bejaht hat (§ 41 Abs. 1 VwGG). Die Frage, ob die Einspruchsbehörde den Zeitraum des bescheidmäßigen Abspruchs auf 21. August 1994 erweitern durfte, muss daher unerörtert bleiben. Im Zusammenhalt mit der oben wiedergegebenen Beweiswürdigung und der diese Feststellung einleitenden Satz ist jedoch klar ersichtlich, das sich die belangte Behörde nur im Ausdruck vergriffen und mit "unbestritten" tatsächlich "festgestellt" gemeint hat.
Im Verwaltungsverfahren war lediglich der Beginn des Dienstverhältnisses des Erstmitbeteiligten strittig. Das - entsprechende Feststellungen vermissende - Beschwerdevorbringen, der Erstmitbeteiligte sei im Zeitraum vom 15. Mai 1993 bis 31. Mai 1993 nicht "als Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigt" gewesen bzw. es bestehe die "Möglichkeit einer geringfügigen Beschäftigung gemäß § 5 Abs 1 Zif 2 ASVG" unterliegt dem vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot. Die Feststellungen über den vom Beschwerdeführer im strittigen Zeitraum erzielten Lohn über der Geringfügigkeitsgrenze ergeben sich aus der dem erstinstanzlichen Bescheid angeschlossenen Beitragsnachverrechnung vom 3. August 1995.
Eine Verletzung des Parteiengehörs erblickt die Beschwerdeführerin darin, dass ihr mit Schreiben des Landeshauptmannes vom 13. Oktober 1995 lediglich die Stellungnahme der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 19. September 1995 betreffend den Einspruch (nicht jedoch die Niederschriften über Zeugeneinvernahmen) zur Kenntnisnahme und Äußerung übermittelt worden wäre. Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin nicht behauptet, an der Möglichkeit einer Akteneinsicht gehindert worden zu sein, enthält die Beschwerde keine für die Wahrnehmbarkeit des angeblichen Verfahrensmangels durch den Verwaltungsgerichtshof erforderliche Darlegung seiner Relevanz.
Soweit sich die Beschwerdeführerin schließlich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde wendet, ist ihr zu erwidern, dass dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG nur die Prüfung der Schlüssigkeit, aber nicht der Richtigkeit der Beweiswürdigung obliegt (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053 m.w.N.). Eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung vermag die Beschwerdeführerin mit ihrem Argument, den unterschriebenen Lohnbestätigungen der Dienstnehmer müsste eine höhere Glaubwürdigkeit zukommen als deren persönlichen Angaben vor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, jedoch nicht aufzuzeigen.
Die Beschwerde ist somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 416/1994. Die
mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat keinen Anspruch auf Aufwandersatz, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
Wien, am 21. November 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1997080397.X00Im RIS seit
21.03.2002